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  • 01.06.2005 | Europäischer Gerichtshof

    Vorsteuerabzug aus „nachträglichen Betriebsausgaben“ möglich

    von Dipl.-Finw. Jürgen Serafini, Troisdorf
    Der Vorsteuerabzug aus Vorbereitungskosten für den Unternehmensaufbau sowie aus Kosten der laufenden Unternehmensbewirtschaftung war bislang unstreitig möglich. Noch nicht abschließend geklärt war allerdings, ob ein solcher Vorsteuerabzug auch noch aus den nach endgültiger Betriebsbeendigung entstandenen „nachträglichen Betriebsausgaben“ in Betracht kommt. Der EuGH hat dies jüngst unter gewissen Voraussetzungen zugelassen (EuGH 3.3.05, C-32/03, Abruf-Nr. 051446).

     

    Sachverhalt

    Die 1989 gegründete dänische KG D betrieb in gemieteten Räumen ein Restaurant. Im Mietvertrag war eine erstmalige Kündigungsmöglichkeit erst zum 30.9.98 vorgesehen. Als die KG Ende 1993 ihren Betrieb einstellte, bemühte sie sich um eine Auflösung des Mietverhältnisses bzw. alternativ um einen Nachmieter. Die Bemühungen waren jedoch erfolglos, die Räume standen seitdem leer. Bis September 1998 machte D auch nach Einstellung ihrer Tätigkeit weiterhin den Vorsteuerabzug aus Miete und sonstigen Raumbewirtschaftungskosten geltend. Die dänischen Steuerbehörden verlangten daraufhin im Anschluss an eine Prüfung die Rückzahlung der Vorsteuerbeträge, da D fünf Jahre lang keine Umsätze mehr ausgeführt und erklärt habe. Beschwerde und Klage hiergegen blieben erfolglos. Das Gericht argumentierte, das Recht auf Vorsteuerabzug setze den – hier nicht mehr gegebenen – Zusammenhang der Ausgaben mit einer unternehmerischen Tätigkeit voraus. D habe jedoch seit der Betriebseinstellung in 1993 keine umsatzsteuerlich relevante wirtschaftliche Tätigkeit mehr ausgeübt. Die Revisionsinstanz setzte das Verfahren aus und fragte den EuGH, 

     

    1.ob D angesichts der vorübergehenden Unkündbarkeit des Mietvertrags auch noch nach Betriebsbeendigung eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. von Art. 4 Abs. 1bis 3 der 6. EG-RL ausgeübt habe und
    2.ob der sich bei Bejahung der Vorlagefrage 1 ergebende Vorsteuerabzug voraussetze, dass sich der Mieter in der verbleibenden Mietzeit fortgesetzt und aktiv um eine alternative Nutzung der Mietsache zu Einnahmezwecken bemüht habe sowie ob die Länge des „Unkündbarkeitszeitraums“ für die Vorsteuerbeurteilung eine Rolle spiele.

     

    Anmerkungen

    Der EuGH löst die Vorlagefragen über die allgemeinen Besteuerungsprinzipien des Gemeinschaftsrechts: Artikel 4 der 6. EG-RL benutze in der Definition der unternehmerischen Betätigung in Absatz 2 den ergänzenden Passus „alle Tätigkeiten“, was darauf schließen lasse, dass die entsprechende wirtschaftliche Tätigkeit in verschiedenen aufeinander folgenden Tätigkeitsphasen bestehen könne. Mithin umfasse eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. von Art. 4 Abs. 1 nicht nur die vorbereitende Aufbauphase oder die sich anschließende Phase des aktiven Wirtschaftens, sondern auch zugehörige Nachbereitungshandlungen.