03.12.2010 | Gutscheine für Waren und Dienstleistungen
Ausgabe und Einlösung von Gutscheinen nun doch umsatzsteuerpflichtig?
von Dipl.-Finw. Jürgen Serafini, Troisdorf
Die Ausgabe von Gutscheinen, die zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen, dürfte gerade zu Weihnachten wieder ihren Höhepunkt erreichen. Bislang sah der Fiskus darin in der Regel weder eine umsatzsteuerliche Leistung noch die Vereinnahmung einer beim Emittenten bereits der Umsatzbesteuerung zu unterwerfenden Anzahlung. Nachdem der EuGH in einem britischen Verfahren jüngst den Weiterverkauf solcher Gutscheine als umsatzsteuerpflichtigen Vorgang gewertet hat, ist jedoch fraglich, ob an dieser Sichtweise noch länger festgehalten werden kann (EuGH 29.7.10, C-40/09, Abruf-Nr. 103927). |
Sachverhalt
Das britische Pharmaunternehmen A bot seinen Angestellten neben ihrem Grundgehalt Beträge aus einem „Vergünstigungsfonds“ an. Die Beschäftigten konnten sich ihr Guthaben allerdings auch in Einkaufsgutscheinen abgelten lassen. Die Gutscheine hatten einen Nennwert von 10 GBP, das Fondsguthaben der Mitarbeiter wurde jedoch nur um 9,25 bis 9,55 GBP reduziert. Die Gutscheine erhielten die Mitarbeiter von der A, die diese allerdings nicht unmittelbar von den Gutscheinemittenten, sondern von einem Zwischenhändler erworben hatte, der Mehrwertsteuer in Rechnung stellte. A nahm an, der Gutscheineinkauf sei ihren operativen Gemeinkosten zuzurechnen und berechtige sie daher zum Vorsteuerabzug, während die Weitergabe an die Mitarbeiter unentgeltlich erfolge und daher nicht der Umsatzsteuer unterliege. Als die Finanzverwaltung dieser Beurteilung nicht folgte, erhob die A Klage. Auf Vorlage der Streitfrage stellte der EuGH hierzu klar, die Gutscheinweitergabe an die Arbeitnehmer sei als „sonstige Leistung“ einzustufen und erfolge auch entgeltlich, da sie mit dem individuellen Vergütungsanspruch aus dem Fonds verrechnet werde.
Anmerkungen
Der EuGH betont, der Anwendungsbereich einer „wirtschaftlichen Tätigkeit“ i.S. der Leistungserbringung sei gemeinschaftsrechtlich weit zu fassen, sodass die entgeltliche Weitergabe von Einkaufsgutscheinen als mehrwertsteuerpflichtige Leistung eingeordnet werden müsse. Auch wenn die Einkaufsgutscheine nur den Bezug von Warenlieferungen ermöglichten, sei die Weitergabe der Gutscheine selbst bereits als Dienstleistung anzusehen, da die Gutscheine in den Händen der jeweiligen Besitzer ein „zukünftiges und seinem Gegenstand nach noch unbestimmtes Recht auf Leistungsbezug“ verkörperten. Die Gutscheinweitergabe erfolge auch gegen Entgelt, da der Dienstleistung der A der Verzicht der Arbeitnehmer auf einen anteiligen Vergütungsanspruch gegenüberstehe. Demnach habe die A - korrespondierend zum Vorsteuerabzug aus dem Gutscheineinkauf - die Gutscheinweitergabe der Umsatzsteuer zu unterwerfen.
Praxishinweise
Bislang ging der deutsche Fiskus davon aus, dass die Ausgabe von Gutscheinen nur dann bereits der Anzahlungsbesteuerung i.S. von § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 4 UStG zu unterwerfen sei, wenn sie als Vorausentgelt auf einen bereits hinreichend konkretisierbaren Umsatz erfolgte (vgl. Abschn. 181 Abs. 3 UStR). Konnte der Gutschein z.B. bei mehreren rechtlich selbstständigen Händlern einer Handelskette eingelöst werden, fehlte es an der Bestimmbarkeit des leistenden Unternehmers. Zum gleichen Ergebnis führte es auch, wenn dem Gutscheininhaber bei einem bestimmten Händler eine ganze Palette unterschiedlicher Leistungen zur Auswahl stand (z.B. Buchhandelsgutscheine für ermäßigt besteuerte Bücher oder regelsatzbesteuerte Tonträger bzw. Kinogutscheine auch für Restaurationsumsätze des Kinos). In diesem Sinne hatten sich sowohl der EuGH (21.2.06, C-419/02), als auch der BFH (24.8.06, V R 16/05) geäußert.
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