01.10.2006 | Kapitalgesellschaften
Ermessensfehler bei Haftungsbescheiden gegen GmbH-Geschäftsführer
Bezahlt eine GmbH ihre Steuerschulden nicht, so kommen als Haftungsschuldner eine Reihe von Personen in Betracht. Nimmt die Finanzverwaltung dann nicht alle Haftungsschuldner in Anspruch, muss sie ihre Auswahl begründen. Etwaige Unzulänglichkeiten führen zur Rechtswidrigkeit des Haftungsbescheides bzw. des Einspruchsbescheides. Da solche Fehler in der Praxis immer wieder vorkommen, sollte der Steuerberater Haftungsbescheide immer wieder auf Ermessensfehler hin überprüfen. Worauf dabei zu achten ist, erfahren Sie in diesem Beitrag.
1. Anforderungen an die Ermessensausübung
Mit der Abwägung, ob und wen sie in Anspruch nehmen will, trifft die Finanzbehörde eine Entscheidung auf zwei Stufen. Auf der ersten Stufe hat sie zu entscheiden, ob sie überhaupt einen Haftungsbescheid erlassen will (Entschließungsermessen). Entscheidet sich das Finanzamt für den Erlass eines Haftungsbescheides, hat es auf der zweiten Stufe zu entscheiden, wen es in Anspruch nehmen will (Auswahlermessen). Beide Entscheidungen müssen grundsätzlich im Haftungsbescheid, spätestens aber in der Einspruchsentscheidung dokumentiert werden. Fehlt es an einer Dokumentation, so kann der Inanspruchgenommene nicht prüfen, ob der Haftungsbescheid rechtmäßig ergangen ist oder nicht. Das Gleiche gilt für das Finanzgericht in einem späteren Klageverfahren.
Ausnahme: Nur wenn das Ermessen „vorgeprägt“ ist, brauchen keine Ermessenserwägungen im Haftungsbescheid/Einspruchsbescheid enthalten zu sein. Dies wäre laut BFH z.B. bei der Inanspruchnahme eines Steuerhinterziehers der Fall (BFH 27.3.06, BFH/NV 06, 1254).
Stellt das FG fest, dass das Ermessen fehlerhaft ausgeübt worden ist, so kann es nicht seine eigene Ermessenserwägung an die Stelle der Finanzbehörde setzen (§ 102 S. 1 FGO). Kommt es zu einem Urteil, wird das FG den Haftungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufheben. Das Finanzamt kann dann einen neuen Haftungsbescheid erlassen. Es muss dann erneut sein Ermessen ausüben und dokumentieren. Da vor allem beim Auswahlermessen immer wieder Fehler auftreten, sollte der Berater dieser Prüfung ein besonderes Augenmerk widmen.
2. Ermittlung der Haftungs-, Steuer- und Entrichtungsschuldner
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