Kapitalgesellschaften
Steuerfreie Veräußerungsgewinne und Dividenden nach § 8b KStG – Teil 2
von Rechtsanwalt/Steuerberater Dr. Hans-Gerd Wienands, Köln
Kapitalgesellschaften, die ihrerseits an anderen Kapitalgesellschaften beteiligt sind, können die zufließenden Dividenden und Veräußerungsgewinne künftig nach § 8b KStG steuerfrei vereinnahmen. Auf die Steuerbefreiung von Dividenden nach § 8b Abs. 1 KStG sind wir ausführlich in GStB 2000, 345 eingegangen. Heute geht es um die Steuerbefreiung von Veräußerungsgewinnen nach § 8b Abs. 2 KStG.
1. Zeitlicher Anwendungsbereich
Der zeitliche Anwendungsbereich der Neufassung des § 8b Abs. 2 KStG ist in § 34 Abs. 1, Abs. 1a und Abs. 6d Nr. 2 KStG geregelt. Es wird nicht auf die den Veräußerungsgewinn erzielende, sondern auf die veräußerte Kapitalgesellschaft abgestellt, um den zeitlichen Anwendungsbereich zu definieren. Gegenüber der Anwendbarkeit des neuen § 8b Abs. 1 KStG tritt eine zeitliche Verzögerung um ein Jahr ein.
1.1 Wirtschaftsjahr gleich Kalenderjahr
Der neue § 8b Abs. 2 KStG findet erstmalig Anwendung „nach Ablauf des ersten Wirtschaftsjahres (2001), das dem letzten Wirtschaftsjahr folgt (2000), das in dem Veranlagungszeitraum endet, in dem das alte Körperschaftsteuergesetz letztmalig Anwendung findet (Veranlagungszeitraum 2000).“ Vereinfacht ausgedrückt: Entspricht das Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr, sind Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen ab 1.1.2002 steuerbefreit (vgl. § 34 Abs. 1 KStG).
1.2 Abweichendes Wirtschaftsjahr
Bei abweichendem Wirtschaftsjahr der veräußerten Kapitalgesellschaft kommt § 8b Abs. 2 KStG erstmals nach Ablauf des Wirtschaftsjahres 2001/2002 zur Anwendung (§ 34 Abs. 1a KStG). Umfasst das Wirtschaftsjahr zum Beispiel den Zeitraum 1.5. bis 30.4., sind Gewinne aus der Veräußerung der Kapitalgesellschaft somit ab 1.5.2002 steuerbefreit. Denn der neue § 8b Abs. 2 KStG findet erst Anwendung „nach Ablauf des ersten Wirtschaftsjahres (1.5.2001 bis 30.4.2002), das dem letzten Wirtschaftsjahr folgt (1.5.2000 bis 30.4.2001), das in dem Veranlagungszeitraum endet, in dem das alte Körperschaftsteuergesetz letztmalig Anwendung findet (Veranlagungszeitraum 2001).“
1.3 Rumpfwirtschaftsjahr vor dem 1.1.2001
Bei Rumpfwirtschaftsjahren, die vor dem 1.1.2001 beginnen, ist § 8b Abs. 2 KStG auf die veräußerte Kapitalgesellschaft erstmals nach Ablauf des Wirtschaftsjahres 2001/2002 anzuwenden (§ 34 Abs. 1a KStG). Umfasst das Rumpfwirtschaftsjahr den Zeitraum 1.12.2000 bis 30.4.2001, sind Gewinne aus der Veräußerung der Kapitalgesellschaft somit erst ab 1.5.2002 steuerbefreit. Denn der neue § 8b Abs. 2 KStG findet erstmalig Anwendung „nach Ablauf des ersten Wirtschaftsjahres (1.5.2001 bis 30.4.2002), das dem letzten Rumpfwirtschaftsjahr folgt (1.12.2000 bis 30.4.2001), das in dem Veranlagungszeitraum endet, in dem das alte Körperschaftsteuergesetz letztmalig Anwendung findet (Veranlagungszeitraum 2001).“
1.4 Rumpfwirtschaftsjahr nach dem 31.12.2000
Bei Rumpfwirtschaftsjahren, die nach dem 31.12.2000 beginnen, ist § 8b Abs. 2 KStG schon in 2001 anwendbar. Läuft das Rumpfwirtschaftsjahr also vom 1.1.2001 bis zum 30.4.2001, sind Gewinne aus der Veräußerung der Kapitalgesellschaft nach Ablauf des Wirtschaftsjahres 2000/2001, somit bereits ab 1.5.2001 steuerbefreit. Denn „nach Ablauf des ersten Wirtschaftsjahres (1.1.2001 bis 30.4.2001), das dem letzten Wirtschaftsjahr folgt (1.1.2000 bis 31.12.2000), das in dem Veranlagungszeitraum endet, in dem das alte Körperschaftsteuergesetz letztmalig Anwendung findet (Veranlagungszeitraum 2000),“ gilt bereits der neue § 8b Abs. 2 KStG. § 34 Abs. 1a KStG greift hier nicht, da das Rumpfwirtschaftsjahr nicht vor dem 1.1.2001 begonnen hat. Hinweis: Regelmäßig wird die Steuerbefreiung jedoch daran scheitern, dass die einjährige Behaltefrist des § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG nicht erfüllt sein wird.
Beispiel 1
Die A-GmbH hält 100 Prozent der Anteile an der B-GmbH. Die A-GmbH bringt die Beteiligung am 1.4.2001 zu Buchwerten in die am 1.2.2001 gegründete C-GmbH ein (§ 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG). Die C-GmbH hat ein Wirtschaftsjahr vom 1.5. bis 30.4., somit ein Rumpfwirtschaftsjahr für die Zeit vom 1.2. bis 30.4.2001. Am 1.5.2001 veräußert die A-GmbH die Beteiligung an der C-GmbH.
Lösung: Der neue § 8b Abs. 2 KStG ist zwar anwendbar. Die A-GmbH hält die Beteiligung jedoch nicht länger als ein Jahr. Die Vorbesitzzeit hinsichtlich der Beteiligung an der B-GmbH ist auf die Vorbesitzzeit hinsichtlich der Beteiligung an der C-GmbH nicht anrechenbar, da die Beteiligung an der C-GmbH im Wege des Tausches (gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten) erworben wurde (= Veräußerungsvorgang; Schmidt/Glanegger, EStG, § 6b Rz 72). Die C-GmbH kann lediglich die Vorbesitzzeit der A-GmbH hinsichtlich der Beteiligung an der B-GmbH anrechnen (§§ 22 Abs. 1, 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG).
1.5 Problem Beteiligungsverkauf Auslandsgesellschaften
Umstritten ist, ob die o.g. Anwendungszeitpunkte bei der Veräußerung in- und ausländischer Gesellschaftsanteile gleichermaßen gelten. Zuweilen wird die Auffassung vertreten, die Befreiung nach § 8b Abs. 2 KStG n.F. für den Verkauf von Anteilen an Auslandsgesellschaften gelte bereits ab 1.1.2001. Die Finanzverwaltung scheint aber wohl von gleichen Anwendungszeitpunkten auszugehen.
2. Persönlicher Anwendungsbereich
Der persönliche Anwendungsbereich des § 8b Abs. 2 KStG umfasste bislang unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 oder 6 KStG. Doppelt ansässige Kapitalgesellschaften waren nach Auffassung der Verwaltung nicht begünstigt, da sie nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 oder 6 KStG, sondern nach Nr. 5 unbeschränkt steuerpflichtig sind(vgl. Abschn. 41 Abs. 2 und 13 KStR; BFH 23.6.92, BStBl II, 972; siehe auch Bruns, in: Arthur Andersen, KStG, § 8b Rz 202). Nunmehr umfasst der persönliche Anwendungsbereich des § 8b Abs. 1 KStG uneingeschränkt alle steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften i.S.v. §§ 1 und 2 KStG. Damit profitieren im Wesentlichen doppelt ansässige Kapitalgesellschaften von der Erweiterung des § 8b Abs. 2 KStG.
Auch die Zwischenschaltung von Personengesellschaften war bislang nach – allerdings umstrittener – Ansicht der Finanzverwaltung für die Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG schädlich (Abschn. 41 Abs. 2 KStR, OFD Frankfurt 24.5.2000, S 2750a A-1-St II 11). Durch § 8b Abs. 6 Satz 1 KStG wird diese sachlich ungerechtfertigte Diskriminierung der zwischengeschalteten Personengesellschaft und ihrer Anteilseigner nunmehr aufgehoben.
§ 8b Abs. 2 KStG ist aber nicht anzuwenden, wenn die – zwischengeschaltete – Personengesellschaft ihrerseits eine Beteiligung i.S.v. § 8b Abs. 2 KStG veräußert. Nur wenn die Kapitalgesellschaft ihre Beteiligung an der Mitunternehmerschaft veräußert, greift § 8b Abs. 2 KStG, soweit durch die Veräußerung anteilig ein Gewinn aus der Veräußerung einer der Mitunternehmerschaft zuzuordnenden Beteiligung i.S.v. § 8b Abs. 2 KStG entsteht. Denn die Veräußerung der mitunternehmerischen Beteiligung gilt als Veräußerung der anteiligen der Mitunternehmerschaft gehörenden Wirtschaftsgüter.
Beispiel 2
Die A-GmbH ist an der A-GmbH & Co. KG zu 50 Prozent beteiligt. Ihr Kapitalkonto beträgt 500.000 DM (31.12.01). Mit Ablauf des 31.12.01 veräußert die A-GmbH ihren Mitunternehmeranteil für 5 Mio. DM. Von dem Veräußerungsgewinn entfallen 1 Mio. DM auf eine Beteiligung der A-GmbH & Co. KG an der B-GmbH.
Lösung: In Höhe von 1 Mio. DM ist der Gewinn steuerfrei (§ 8b Abs. 2 KStG), in Höhe von 3,5 Mio. DM ist er steuerpflichtig. Für die Gewerbesteuer ist der Veräußerungsgewinn insgesamt steuerfrei (Abschn. 39 Abs. 1 Nr. 1 Satz 12 GewStR).
Hinweis: Es ist noch ungeklärt, ob § 8b Abs. 2 KStG auch für die auf der Ebene der Personengesellschaft anfallende Gewerbesteuer gilt. Zwar findet das KStG auf die Mitunternehmerschaft an sich keine Anwendung (Abschn. 39 Abs. 1 Nr. 1 Satz 13 GewStR). Nach Sinn und Zweck sollte der Veräußerungsgewinn aber nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Eine Klarstellung durch den Gesetzgeber ist wünschenswert.
3. Sachlicher Anwendungsbereich
Der sachliche Anwendungsbereich des § 8b Abs. 2 KStG umfasste bislang Gewinne aus der Veräußerung von ausländischen Kapitalgesellschaften. Nunmehr umfasst der sachliche Anwendungsbereich des § 8b Abs. 2 KStG Gewinne aus der Veräußerung aller Kapitalgesellschaften, sowohl in- als auch ausländischer. Es muss sich allerdings um Kapitalgesellschaften handeln, deren Leistungen bei der veräußernden Kapitalgesellschaft zu Einnahmen aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG führen.
3.1 Organgesellschaften
Es wurden Zweifel geäußert, ob auch Beteiligungen an Organgesellschaften nach § 8b Abs. 2 KStG privilegiert sind. Die ablehnende Haltung wird damit begründet, dass Leistungen dieser Kapitalgesellschaften bei der veräußernden Kapitalgesellschaft nicht zu Einnahmen aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG bzw. § 20 Abs. 1 Nr. 9 und 10 Buchst. a EStG führen. Die Dividendenzahlung auf Grund eines Ergebnisabführungsvertrages sei keine Einnahme im Sinne dieser Vorschriften.
Zwar ist der Befund richtig, soweit er die Einordnung der Einnahmen betrifft. Dem Ergebnis ist aber nicht zuzustimmen. Denn weder Sinn und Zweck noch der Wortlaut der Regelung rechtfertigen es, Organgesellschaften aus dem Anwendungsbereich des § 8b Abs. 2 KStG herauszunehmen. Die Bezugnahme des § 8b Abs. 2 KStG dient abstrakt der Definition derjenigen Kapitalgesellschaften, deren Anteile nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei veräußert werden können. Es kommt nicht darauf an, ob der Veräußerer konkret von der betroffenen Kapitalgesellschaft Einnahmen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG bzw. § 20 Abs. 1 Nr. 9 und 10 Buchst. a EStG bezieht. Im Übrigen können auch Organgesellschaften während des Bestehens der Organschaft Leistungen erbringen, die beim Empfänger zu Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG führen. Führt eine Organgesellschaft Gewinne aus vororganschaftlicher Zeit ab, dann unterliegen diese nicht dem Regime des Ergebnisabführungsvertrages (§§ 14 ff. KStG). Diese Mehrabführungen sind vielmehr als originäre Dividende zu behandeln, für die die Ausschüttungsbelastung herzustellen und die mit dem verwendbaren Eigenkapital der Organgesellschaft zu verrechnen ist (BMF 28.10.97, BStBl I, 939; Witt in: Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, § 14 KStG Rz 12).
Ob sich die hier vertretene Auffassung durchsetzen wird, ist aber fraglich. Wer Organgesellschaften veräußern will, sollte daher in Betracht ziehen, die Organschaft vorher zu beenden. Da das Organschaftsrecht in absehbarer Zeit vollkommen neu gestaltet werden soll, könnte auch – sofern möglich – bis zu einer gesetzlichen Neuregelung gewartet werden.
3.2 Veräußerungsgewinn
Als steuerfreie Gewinne aus einer Veräußerung gelten Gewinne aus:
- Übertragungen von Beteiligungen gegen Entgelt;
- verdeckten Einlagen (§ 8b Abs. 2 Satz 3 KStG);
- verdeckten Gewinnausschüttungen (vgl. BFH 6.7.2000, I B 34/00, Blümich/Menk, § 8b KStG Rz 17; Eilers/Wienands, in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, § 8b Rz 185 ff.; a.A. Abschn. 41 Abs. 5 Satz 5 KStR und FG Hessen, EFG 2000, 330, Rev. unter I B 34/00);
- Wertaufholungen i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG, sofern die den Wertaufholungsgewinnen zu Grunde liegenden Teilwertabschreibungen nicht steuermindernd geltend gemacht wurden (§ 8b Abs. 2 Satz 1 und 2 KStG; zur Rechtslage beim alten § 8b Abs. 2 KStG vgl. Eilers/Wienands, aaO, § 8b Rz 193.1 m.w.N.);
- Ausschüttungen von EK 04;
- Übertragungsvorgängen im Rahmen des Umwandlungssteuerrechts (zum Meinungsstreit beim alten § 8b Abs. 2 KStG vgl. Tz 03.11 UmwSt-Erlass, BStBl I 98, 268; Widmann/Mayer, UmwStG 1995 Kurzkommentierung S 229; Eilers/Wienands, aaO, § 8b Rz 193).
Hierzu einige Beispiele:
Beispiel 3 (verdeckte Gewinnausschüttung)
Die B-GmbH veräußert ihre Beteiligung an der C-GmbH (Buchwert 100.000 DM) für 1 Mio. DM an ihre Mutter A-GmbH. Der Betriebsprüfer stellt fest, dass der gemeine Wert 1,2 Mio. DM beträgt und erhöht den Gewinn um 200.000 DM (§ 8b Abs. 3 Satz 2 KStG).
Lösung: Der Gewinn ist m.E. nach § 8b Abs. 2 KStG steuerbefreit. Es ist kein Grund ersichtlich, warum zwar die verdeckte Einlage, nicht aber die verdeckte Gewinnausschüttung begünstigt sein soll. Durch die verdeckte Gewinnausschüttung wird lediglich der Zahlungsweg abgekürzt. An Stelle eines Hin- und Herzahlens von Geld (Kaufpreis und Ausschüttung) wird die Beteiligung in Form einer Sachdividende unmittelbar an den Anteilseigner ausgekehrt. Die steuerrechtliche Interessenlage ist in beiden Fällen identisch.
Beispiel 4 (Wertaufholung)
Die A-GmbH hat ihre Beteiligung an der B-GmbH wegen dauernder Wertminderung zum 31.12.99 um 100.000 DM abgeschrieben. Zum 31.12.2002 sind die Voraussetzungen für die Teilwertabschreibung wieder weggefallen. Die A-GmbH erhöht den Buchwert gewinnwirksam um 100.000 DM.
Lösung: Der Gewinn ist nicht nach § 8b Abs. 2 KStG steuerbefreit, da sich die Teilwertabschreibung in 1999 steuerlich ausgewirkt hat.
Beispiel 5 (Ausschüttung von EK 04)
Die A-GmbH ist an der B-GmbH beteiligt (Buchwert der Beteiligung 100.000 DM). Die B-GmbH schüttet in 2002 EK 04 in Höhe von 200.000 DM an die A-GmbH aus.
Lösung: Soweit die Ausschüttung von EK 04 den Beteiligungsbuchwert übersteigt, kommt es zu einem Ertrag bei der A-GmbH (BFH 16.3.94, BStBl II, 527). Nach § 8b Abs. 2 KStG sind auch Gewinne aus der Auflösung oder der Herabsetzung von Nennkapital freigestellt. Die Ausschüttung von EK 04 hat aus steuerrechtlicher Sicht ähnliche Rechtsfolgen wie die Herabsetzung des Nennkapitals (BFH 16.3.94, aaO). Daher muss die Ausschüttung von EK 04 wie die Herabsetzung des Nennkapitals gewertet und steuerfrei gestellt werden.
Veräußerungsgewinne sind nicht von der Besteuerung freigestellt, soweit in der Vergangenheit eine steuermindernde Teilwertabschreibung der Beteiligung vorgenommen wurde. Übersteigt der Gewinn die Teilwertabschreibung, ist der übersteigende Betrag nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei. Übersteigt die Teilwertabschreibung den Veräußerungsgewinn, ist nur der Veräußerungsgewinn steuerpflichtig. Der übersteigende Betrag bleibt bis zur Höhe der Teilwertabschreibung außer Ansatz und wirkt sich endgültig steuermindernd aus.
Beispiel 6 (Veräußerung nach TW-Abschreibung)
Die A-GmbH hat ihre Beteiligung an der B-GmbH wegen dauernder Wertminderung zum 31.12.99 um 100.000 DM abgeschrieben. Die A-GmbH veräußert die Beteiligung am 1.6.2002 mit einem Gewinn von 150.000 DM.
Lösung: Der Gewinn ist nur in Höhe von 50.000 DM steuerbefreit (150.000 DM ./. 100.000 DM Teilwertabschreibung zum 31.12.99).
Abwandlung: Der Veräußerungsgewinn beträgt 50.000.
Lösung: Der Gewinn ist zwar nicht steuerbefreit. Soweit der Gewinn niedriger ist als die ursprüngliche Teilwertabschreibung (50.000 DM), erfolgt aber auch keine Korrektur der Teilwertabschreibung.
Hinweis: Betroffen ist die Veräußerung von Beteiligungen, bei denen Teilwertabschreibungen vor dem 1.1.2002 vorgenommen wurden. Ab 2002 sind steuerwirksame Teilwertabschreibungen bei Beteiligungen i.S.d. § 8b Abs. 2 KStG nicht mehr möglich (§ 8b Abs. 3 EStG).
4. Sperrfristen, Mindestbeteiligung
§ 8b Abs. 2 KStG sieht keine Mindestbeteiligung vor, das heißt, auch kleinste Beteiligungen an Kapitalgesellschaften können von Kapitalgesellschaften steuerfrei veräußert werden.
4.1 Behaltefrist des § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG
Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist aber, dass die Anteile im Zeitpunkt der Veräußerung (Übergang des wirtschaftlichen Eigentums) seit mindestens einem Jahr (Behaltefrist) ununterbrochen zum Betriebsvermögen der veräußernden Kapitalgesellschaft gehört haben.
Für die Fristberechnung gelten die §§ 108 Abs. 1 AO, 187 bis 193 BGB. Maßgebend für den Beginn der Frist ist der Anschaffungszeitpunkt. Der im Rahmen des § 6b EStG möglicherweise auch maßgebliche Herstellungszeitpunkt kommt als Beginn der Vorbesitzzeit im Rahmen des § 8b Abs. 2 KStG nicht in Betracht, da es an einem herstellbaren Wirtschaftsgut (Beteiligung!) mangelt. Das Fristende wird bestimmt durch die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums (= Veräußerungsakt; Bruns, in: Arthur Andersen, § 8b Rz 165, a.A. Buyer, in: Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, § 8b KStG Rz 130, wonach es auf das schuldrechtliche Geschäft ankommen soll).
4.2 Behaltefrist des § 8b Abs. 4 KStG
Eine weitere Hürde für die Steuerbefreiung findet sich in § 8b Abs. 4 KStG, der die Veräußerung eingebrachter bzw. einbringungsgeborener Anteile betrifft. § 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 KStG will verhindern, dass steuerverstricktes Betriebsvermögen in Kapitalgesellschaften eingebracht und die einbringungsgeborenen Anteile an der Kapitalgesellschaft zeitnah steuerfrei veräußert werden. § 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 KStG will vereiteln, dass nicht nach § 8b Abs. 2 KStG begünstigte Steuerpflichtige ihre Anteile an Kapitalgesellschaften in andere Kapitalgesellschaften einbringen und die eingebrachten Anteile zeitnah von der anderen Kapitalgesellschaft steuerfrei veräußert werden. Betroffen sind insbesondere Fälle, in denen von Personenunternehmen gehaltene Beteiligungen an Kapitalgesellschaften steuerneutral oder weitgehend steuerneutral nach § 20 Abs. 1 UmwStG eingebracht werden. Die Gewinne aus der Veräußerung solcher eingebrachten oder einbringungsgeborenen Anteile sind steuerpflichtig. Allerdings gibt es von der Steuerpflicht wiederum Ausnahmen, die in § 8b Abs. 4 Satz 2 KStG geregelt sind:
- Erfolgt die Veräußerung der eingebrachten bzw. einbringungsgeborenen Anteile erst nach Ablauf von sieben Jahren (gerechnet ab dem Zeitpunkt der Einbringung), so ist die Veräußerung nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei (§ 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 KStG).
- Sind die Anteile an der Kapitalgesellschaft nach § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG eingebracht worden, so ist der Gewinn aus der Veräußerung der eingebrachten Kapitalgesellschaftsanteile auch ohne Einhaltung der Sieben-Jahres-Frist nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei. Allerdings greift die Steuerbefreiung wiederum dann nicht, wenn die Anteile an der eingebrachten Kapitalgesellschaft aus einer vorangegangenen Einbringung des Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG hervorgegangen sind und die Veräußerung innerhalb der Sieben-Jahres-Frist erfolgt (§ 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 KStG). Besonderheiten gelten im Übrigen bei der Einbringung von Anteilen an ausländischen Kapitalgesellschaften.
Die Vorschrift des § 8b Abs. 4 KStG ist sehr kompliziert, weil sie zum einen doppelte Verneinungen enthält und zum anderen umfangreich auf Vorschriften des Umwandlungssteuerrechts verweist. Daher werden nachfolgend einige Einzelfälle anhand von Beispielen erörtert.
Beispiel 7
Die A-GmbH unterhält mehrere voneinander unabhängige Teilbetriebe. Weil sie einen ihrer Teilbetriebe veräußern möchte, überlegt sie, diesen nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG zum Buchwert in eine neu zu gründende B-GmbH einzubringen und die Anteile an der B-GmbH 13 Monate später steuerfrei zu veräußern.
Lösung: Die Veräußerung durch die A-GmbH wäre steuerpflichtig, da die Anteile an der B-GmbH einbringungsgeboren sind (§ 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 KStG). Die Ausnahmevorschriften des § 8b Abs. 4 Satz 2 KStG gelten nicht, da zwischen Einbringung und Veräußerung nicht mehr als sieben Jahre liegen und keine Einbringung i.S.d. § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG, sondern i.S.d. § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG vorliegt.
Beispiel 8
Einzelunternehmer A will seinen Betrieb veräußern. Er überlegt, den Betrieb zum Buchwert nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG in die B-GmbH und die Anteile an der B-GmbH anschließend nach § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG in die A-GmbH einzubringen. Die A-GmbH soll die Anteile an der B-GmbH 13 Monate später später veräußern.
Lösung: Die Veräußerung durch die A-GmbH wäre steuerpflichtig, da die Anteile an der B-GmbH von A eingebracht wurden und dieser nicht zu den nach § 8b Abs. 2 KStG begünstigten Steuerpflichtigen gehört (§ 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 KStG). Die Ausnahmeregelung des § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 KStG gilt nicht, da zwischen Veräußerung und Einbringung nicht mehr als sieben Jahre liegen. Auch § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 KStG greift nicht. Zwar hat A die Anteile an der B-GmbH nach § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG in die Kapitalgesellschaft eingebracht, diese Anteile sind aber aus einer vorangegangenen Einbringung des Einzelunternehmens nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG hervorgegangen.
Beispiel 9
A ist Einzelunternehmer und hält in seinem Betriebsvermögen eine 100-Prozent-Beteiligung an der B-GmbH, die er vor zwei Jahren gegründet hat. Er will diese Beteiligung veräußern und bringt sie daher nach § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die A-GmbH ein. Diese soll die Anteile an der B-GmbH zeitnah (das heißt nach Ablauf der Ein-Jahres-Frist des § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG) veräußern.
Lösung: Die Veräußerung durch die A-GmbH wäre steuerfrei. Zwar wurden die Anteile an der B-GmbH von A eingebracht, der nicht zu den nach § 8b Abs. 2 KStG begünstigten Steuerpflichtigen gehört (§ 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 KStG). Auch liegen zwischen Veräußerung und Einbringung nicht mehr als sieben Jahre. Allerdings greift hier § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 KStG, denn A hat die Anteile nach § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG eingebracht. Dieser Einbringung ist kein Vorgang nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG vorausgegangen. Ob dies dem Sinn und Zweck des Gesetzes entspricht, muss bezweifelt werden. Der Wortlaut ist allerdings eindeutig.
Beispiel 10
Die A-GmbH gliedert ihre 100-prozentige Beteiligung an der B-GmbH zum 31.12.2000/1.1.2001 gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in ihre Tochter C-GmbH aus (Vertrag vom 1.5.2001, Eintragung im Handelsregister am 1.6.2001). Die Ausgliederung erfolgt nach § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG zum Buchwert. Die A-GmbH veräußert die Beteiligung an der C-GmbH am 1.4.2005 mit Gewinn.
Lösung: Der Gewinn ist nach § 8b Abs. 2 KStG steuerbefreit. Zwar sind die Anteile an der C-GmbH einbringungsgeboren (§ 21 UmwStG), soweit sie durch die Einbringung der B-GmbH geschaffen wurden. Da die eingebrachten Anteile an der B-GmbH ihrerseits aber nach § 8b Abs. 2 KStG hätten steuerfrei veräußert werden können, unterliegen auch die einbringungsgeborenen Anteile an der C-GmbH nicht der Behaltefrist von sieben Jahren.
Beispiel 11
A ist zu 100 Prozent an der A-GmbH & Co. KG beteiligt. Die A-GmbH & Co. KG bringt zum 31.12.2000/1.1.2001 ihre Beteiligung an der B-GmbH gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten zum Buchwert nach § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG in die C-GmbH ein (Vertrag vom 1.5.2001, Eintragung im Handelsregister am 1.6.2001). Die C-GmbH veräußert die Beteiligung am 1.4.2005 mit Gewinn.
Lösung: Der Gewinn ist nach § 8b Abs. 2 KStG steuerbefreit. Als Einbringender gilt der A (Tz 20.05 UmwSt-Erlass, BStBl I 98, 268). Die A-GmbH & Co. KG hätte die Anteile an der B-GmbH zwar nicht steuerfrei veräußern können, da nur der A an ihr beteiligt war (§ 8b Abs. 6 Satz 1 KStG). Dies löst bei der C-GmbH jedoch keine siebenjährige Behaltefrist aus, da es sich um eine Einbringung i.S.d. § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG handelt (§ 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 KStG; vgl. auch Beispiel 9).
Beispiel 12
Die A-GmbH gliedert ihren Teilbetrieb T zum 31.12.2000/1.1.2001 gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten zum Buchwert nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG in ihre Tochter B-GmbH aus (Vertrag vom 1.5.2001, Eintragung im Handelsregister am 1.6.2001). Die A-GmbH veräußert die Beteiligung an der B-GmbH am 1.4.2008 mit Gewinn. Fraglich ist, ob der Gewinn nach § 8b Abs. 2 KStG steuerbefreit ist. Dies wäre der Fall, wenn die Sieben-Jahres-Frist nach § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 KStG abgelaufen ist, da es sich bei den neu geschaffenen Anteilen um einbringungsgeborene Anteile i.S.v. § 21 UmwStG handelt.
Lösung: Das wirtschaftliche Eigentum an den einbringungsgeborenen Anteilen erwarb die A-GmbH am 1.5.2001, spätestens am 1.6.2001 mit Eintragung im Handelsregister. Nach meinem Dafürhalten beginnt der Fristlauf jedoch bereits am 31.12.2000, da der Teilbetrieb bereits seit dem 31.12.2000 als im wirtschaftlichen Eigentum der B-GmbH stehend gilt (Tz 02.04, 02.06 UmwSt-Erlass, BStBl I 98, 268). Ein potenzieller Einbringungsgewinn entsteht bei der A-GmbH folglich mit Ablauf des 31.12.2000. Demnach wird die A-GmbH mit Ablauf des 31.12.2000 behandelt, als habe sie die neuen Anteile an der B-GmbH erworben. Damit beginnt die Frist für Zwecke des § 8b Abs. 2, 4 KStG am 1.1.2001 und endet am 31.12.2007. Die Veräußerung ist steuerfrei (a.A. Buyer, in: Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, § 8b KStG Rz 130 = handelsrechtliche Wirksamkeit der Sacheinlage durch Eintragung im Handelsregister).
5. Veräußerungsverluste
Der neue § 15 Abs. 4 Satz 5 EStG sieht einen beschränkten Verlustausgleich für Verluste aus den Veräußerungen von Anteilen an Kapitalgesellschaften vor, sofern der Verlust innerhalb eines Gewerbebetriebes entsteht und die fraglichen Anteile weniger als ein Jahr zum Betriebsvermögen gehören. Solche Verluste können nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften verrechnet werden. Für Kapitalgesellschaften wird diese Regelung durch § 8b Abs. 3 KStG verdrängt. Danach sind Veräußerungsverluste stets und in vollem Umfang nicht mit Gewinnen der Kapitalgesellschaft verrechenbar. Zudem sind Teilwertabschreibungen zukünftig unzulässig. Dadurch wird das so genannte Kombinationsmodell gegenstandslos. Gleiches gilt für das so genannte Umwandlungsmodell (§ 4 UmwStG n.F.).
Veräußerungsverluste und Teilwertabschreibungen werden auch dann nicht berücksichtigt, wenn die Veräußerung oder das wertmindernde Ereignis innerhalb der ein- bzw. siebenjährigen Sperrfrist erfolgen. Im Gegensatz dazu sind Gewinne aus Anteilsveräußerungen innerhalb der Sperrfristen steuerpflichtig. Die Verlustausgleichsbeschränkung des § 8b Abs. 3 KStG wird daher wohl noch für einen verfassungsrechtlichen Streit sorgen.
Quelle: Gestaltende Steuerberatung - Ausgabe 11/2000, Seite 366