Musterfall
Verschmelzung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung
In demselben Verbreitungsgebiet wird die Automarke AU durch zwei selbständige und voneinander nicht abhängige Gesellschaften mbH, nämlich die X- und die Y-GmbH vertreten. Der Hersteller AU bewegt die Gesellschafter dazu, beide Gesellschaften zu einem Unternehmen zusammenzuschließen.
Ein unabhängiger Berater soll Vorschläge für eine Zusammenführung der beiden Unternehmen ausarbeiten. Dabei soll davon ausgegangen werden, daß für das Gesamtunternehmen die Rechtsform einer GmbH beibehalten werden soll. Zu den zivil- bzw. gesellschaftsrechtlichen Erfordernissen und den steuerlichen Auswirkungen soll Stellung genommen werden.
An der X-GmbH (Stammkapital 200.000 DM) sind beteiligt:
1. der Gesellschafter Adam X mit 60 v.H. (120.000 DM),
2. seine beiden Söhne Berthold und Erich X mit je 20 v.H
(je 40.000 DM).
An der Y-GmbH (Stammkapital 300.000 DM) sind beteiligt:
1. der Gesellschafter Karl Y mit 75 v.H. 225.000 DM
2. seine Ehefrau Klara mit 25 v.H. (75.000 DM).
Die Einlagen sind bei beiden Gesellschaften voll eingezahlt. Die Geschäftsanteile gehören bei beiden Gesellschaften zum Privatvermögen der Gesellschafter. Die Anschaffungskosten sind mit der Stammeinlage identisch. Als Geschäftsführer der X-GmbH erhält Adam X ein Gehalt von 8.000 DM monatlich; Karl Y erhält ein Geschäftsführergehalt von 10.000 DM monatlich. Beide Gesellschafter sollen auch Geschäftsführer der neuen Gesellschaft werden. Beide sollen ein monatliches Gehalt von 10.000 DM erhalten.
Aus den Bilanzen ergibt sich folgendes Bild:
Bilanz der X-GmbH zum 31. 12. 1994
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Grund und Boden 20.000 DM | Stammkapital 200.000 DM
Gebäude 120.000 DM | Rücklagen 80.000 DM
sonst. | Verbindlichkeiten 140.000 DM
Anlagevermögen 200.000 DM |
Forderungen 50.000 DM |
Bankguthaben 30.000 DM |
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420.000 DM | 420.000 DM
Bilanz der Y-GmbH zum 31. 12. 1994
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Grund und Boden 30.000 DM | Stammkapital 300.000 DM
Gebäude 150.000 DM | Rücklagen 70.000 DM
sonst. |
Anlagevermögen 180.000 DM | Verbindlichkeiten 130.000 DM
Bankguthaben 140.000 DM |
------------------------------------------------------------------
500.000 DM | 500.000 DM
Die wirklichen Werte des Aktivvermögens betragen:
1. bei der X-GmbH 600.000 DM (stille Reserven 180.000 DM)
2. bei der Y-GmbH 750.000 DM (stille Reserven 250.000 DM),
die nur in den Grundstücken (Grund und Boden und Gebäude)
enthalten sind.
Der Berater prüft und schlägt vor:
1. Verschmelzung durch Aufnahme oder Neugründung?
Die Verschmelzung kann in der Weise erfolgen, daß die eine GmbH die andere GmbH aufnimmt (Verschmelzung durch Aufnahme, § 2 Nr. 1 UmwG), also z.B. die Y-GmbH die X-GmbH, oder daß im Wege der Neugründung die X-GmbH und die Y-GmbH ihr Vermögen auf eine neu zu gründende GmbH (Z-GmbH) übertragen (Verschmelzung durch Neugründung, 2 Nr. 2 UmwG).
Bei der Verschmelzung wird das Vermögen der übertragenden GmbH als Ganzes (Gesamtrechtsnachfolge) auf eine andere GmbH (übernehmender Rechtsträger) gegen Gewährung von Anteilen des übernehmenden oder des neuen Rechtsträgers an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers übertragen (§ 2 UmwG). Die Verschmelzung durch Aufnahme erscheint zunächst als die einfachere Lösung, weil sich die Neugründung einer GmbH erübrigt. Dabei müssen die Gesellschafter der einen GmbH "ihre" GmbH aufgeben, während die Gesellschafter der anderen GmbH "ihre" GmbH (wenn auch in veränderter Form) fortführen. Dagegen mögen sich vielfach emotionale Gründe ins Feld führen lassen: Eine Neugründung wird möglicherweise den Entschluß zur Aufgabe der eigenen GmbH erleichtern.
Die Frage, unter welcher Firma die "neue" GmbH geführt werden soll, hat keinen Einfluß auf die Entscheidung von Verschmelzung durch Aufnahme oder Neugründung. Die "neue" GmbH kann eine Firma wählen, die nach allgemeinen Grundsätzen (vgl. § 4 GmbHG) zulässig ist, bei Aufnahme die bisherige Firma beibehalten oder die Firma der übertragenden GmbH fortführen (§ 18 Abs. 1 S. 1 UmwG). Aus wirtschaftlichen und rechtlichen Gründen ist die Verschmelzung durch Aufnahme sinnvoller; auch Kostengründe sprechen für diese Form der Verschmelzung.
2. Verschmelzung durch Aufnahme
Die Verschmelzung durch Aufnahme wird - soweit nicht besondere Gründe dem entgegenstehen - zweckmäßigerweise in der Weise durchgeführt, daß die wirtschaftlich stärkere GmbH als übernehmender Rechtsträger fungiert. Das Vermögen der übertragenden GmbH wird durch die Verschmelzung als Ganzes auf die Y-GmbH übertragen. Die Gesellschafter der X-GmbH erhalten Geschäftsanteile an der Y-GmbH.
3. Durchführung der Verschmelzung
3.1 Verschmelzungsvertrag - Entwurf des Verschmelzungsvertrags
Grundlage der Verschmelzung ist der Verschmelzungsvertrag, der von den vertretungsberechtigten Geschäftsführern der beiden an der Verschmelzung beteiligten GmbHs abzuschließen ist (§ 4 Abs. 1 S. 1 UmwG). Der Vertrag bedarf zur Wirksamkeit der Zustimmung der Gesellschafter der beteiligten GmbHs (§ 13 Abs. 1 S. 1 UmwG). Der Verschmelzungsvertrag kann abgeschlossen werden
- vor der Beschlußfassung der Gesellschafter. Die nachfolgende Beschlußfassung bedeutet Genehmigung des Verschmelzungsvertrags;
- nach der Beschlußfassung der Gesellschafter. Die Geschäftsführer handeln bei Vertragsabschluß mit Einwilligung der Gesellschafter; der Vertrag wird mit Abschluß wirksam.
Liegt zur Zeit der Beschlußfassung ein Verschmelzungsvertrag noch nicht vor (Fall 1), können die Gesellschafter einen solchen auch nicht billigen. Als Beschlußgrundlage dient in einem solchen Falle ein Entwurf des Verschmelzungsvertrags. An den genehmigten Entwurf sind die Geschäftsführer gebunden. Bei Abweichungen wird der Vertrag nicht wirksam; es wird dann eine nachträgliche Beschlußfassung erforderlich. Der Entwurf muß den gesamten Inhalt des Verschmelzungsvertrags ( 5 UmwG) enthalten (vgl. § 5 Abs. 1 S. 1 UmwG).
3.2 Inhalt des Verschmelzungsvertrags
Die Angaben, die der Verschmelzungsvertrag (oder sein Entwurf) mindestens enthalten muß, sind in § 5 Abs. 1 UmwG aufgeführt. Die Gesellschafter können weitere Regelungen treffen, z.B. Änderungen des Gesellschaftsvertrags der übernehmenden GmbH.
3.2.1 Das Umtauschverhältnis der Anteile und evtl. bare Zuzahlungen (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 UmwG)
Der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf muß zusätzlich für jeden Gesellschafter der X-GmbH den Nennbetrag des Geschäftsanteils bestimmen, den die übernehmende Y-GmbH ihm zu gewähren hat (§ 46 Abs. 1 S. 1 UmwG). Das Umtauschverhältnis ist so festzulegen, daß die Gesellschafter der übertragenden GmbH einen ausreichenden Gegenwert für ihre (untergehenden) Geschäftsanteile erhalten (§ 15 Abs. 1 S. 1 UmwG). Ist das Umtauschverhältnis zu niedrig, kann der benachteiligte Gesellschafter zwar keine Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses erheben, wohl aber einen Ausgleich durch bare Zuzahlung verlangen (§ 14 Abs. 2, § 15 Abs. 1 UmwG). Für das Umtauschverhältnis sind die wirklichen Werte, nicht die Buchwerte zugrunde zu legen. Unter Zugrundelegung der tatsächlichen Werte ergibt sich folgende Vermögensbeteiligung:
Gesamtvermögen der X-GmbH
1. Stammkapital 200.000 DM
2. Rücklagen 80.000 DM
3. Stille Reserven 180.000 DM
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460.000 DM
Gesamtvermögen Y-GmbH
1. Stammkapital 300.000 DM
2. Rücklagen 70.000 DM
3. Stille Reserven 250.000 DM
----------
620.000 DM
Die Stämme X und Y sind im Verhältnis 46:62 zu beteiligen. Bleibt es bei der Beteiligung von 300.000 DM des Stammes Y, steht dem Stamm X eine Beteiligung von 225.000 DM zu.
Dazu ist eine Kapitalerhöhung um mindestens 225.000 DM erforderlich. Gründe, die eine Kapitalerhöhung verbieten (vgl. § 54 Abs. 1 UmwG) bzw. nicht erforderlich machen (vgl. § 54 Abs. 2 UmwG), sind nicht ersichtlich.
Die Kapitalerhöhung, die auf der Einbringung infolge der Verschmelzung beruht, ist eine Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage (Scholz/Priester, Rn. 14 zu § 55 GmbHG). § 56 GmbHG, der die Besonderheiten der Sacheinlage regelt, ist nicht unter den nicht anwendbaren Vorschriften für die Kapitalerhöhung bei Verschmelzung in 55 Abs. 1 UmwG genannt. 56 GmbHG ist deshalb auch bei der Verschmelzung zu beachten.
Die Aufstockung auf einen Betrag über die Kapitalbeträge der beiden Gesellschaften (500.000 DM) hinaus ist gewinneutral nicht möglich. Ein Ausgleich könnte auch durch bare Zuzahlung erfolgen, die jedoch den zehnten Teil des Gesamtnennbetrags der gewährten Geschäftsanteile nicht übersteigen darf (§ 54 Abs. 4 UmwG). Ein voller Ausgleich ist auf diesem Wege nicht zu erreichen. Angesichts der Verhältnisse beider Gesellschaften ist an eine mit der Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage zu kombinierende Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln zu denken, da beide Gesellschaften ausreichend Rücklagen besitzen, die hierfür verwendet werden können (vgl. § 57c ff. GmbHG). Fraglich erscheint nur, ob eine solche Kombination zulässig ist. Die Zulässigkeit wird grundsätzlich bejaht, wenn beide Kapitalerhöhungen durch getrennte Beschlußfassungen getroffen werden (was auch in einer Gesellschafterversammlung geschehen kann, vgl. Scholz/Priester, Rn. 14 vor § 57c GmbHG).
Streitig ist dagegen, ob beide Kapitalerhöhungen in einem einzigen Beschluß beschlossen werden können (vgl. Lutter/Hommelhoff, Rn. 12 zu § 57c GmbHG; Baumbach/Hueck/Zöllner, Rn. 8 zu § 1 KapErhG in
GmbHG), jedoch hat das OLG Düsseldorf (Beschluß v. 25. 10. 85, GmbHR 86, 192) die Kombination bejaht.
Das Stammkapital soll auf 600.000 DM erhöht werden. Der Betrag jeder neuen Stammeinlage muß mindestens 50 DM betragen und durch zehn teilbar sein (§ 55 Abs. 1 UmwG). Die Verschmelzung darf erst eingetragen werden, nachdem die Kapitalerhöhung eingetragen ist (§ 53 UmwG). Die Stammeinlagen sind wie folgt (gerundet) zu verteilen:
Stamm X 255.550 DM
davon Adam X (60 v. H.) 153.330 DM
Berthold X (20 v. H.) 51.110 DM
Erich X (20 v. H.) 51.110 DM
Stamm Y 344.450 DM
davon Karl Y (75 v. H.) 258.340 DM
Klara Y (25 v. H.) 86.110 DM
----------- ----------
600.000 DM 600.000 DM
3.2.2 Zeitpunkt
Der Verschmelzungsbetrag muß auch den Zeitpunkt, von dem an die Geschäftsanteile an der neuen GmbH gewinnberechtigt sind, enthalten (§ 5 Abs. 1 Nr. 5 UmwG).
3.2.3 Verschmelzungsstichtag ( 5 Abs. 1 Nr. 6 UmwG)
Verschmelzungsstichtag ist handelsrechtlich der Tag, von dem an die Handlungen des übertragenden Rechtsträgers als für Rechnung des übernehmenden Rechtsträgers vorgenommen gelten (§ 5 Abs. 1 Nr. 6 UmwG). Diese "Rückbeziehung" ist erforderlich, weil die Verschmelzung erst mit der Eintragung in das Handelsregister wirksam wird (§ 20 Abs. 1 UmwG). Die Rückwirkung ist auf einen Zeitraum von acht Monaten beschränkt (§ 17 Abs. 2 UmwG). Diese Rückwirkung ermöglicht es, die letzte Bilanz als Schlußbilanz zu verwenden. Der handelsrechtliche Verschmelzungsstichtag ist zugleich der steuerliche Übertragungsstichtag (§ 2 Abs. 1 UmwStG).
4. Auswirkungen auf den Gewinn der übertragenden GmbH
Die übertragende GmbH kann eine Gewinnauswirkung dadurch vermeiden, daß sie in ihrer steuerlichen Schlußbilanz für ihr letztes Wirtschaftsjahr die übergegangenen Wirtschaftsgüter insgesamt mit dem Wert ansetzt, der sich nach den steuerrechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung ergibt (§ 1 Abs. 1 S. 1 UmwStG).
Die Voraussetzungen für die Fortführung der Buchwerte sind erfüllt, da sichergestellt ist, daß die in dem übergegangenen Vermögen enthaltenen stillen Reserven später bei der übernehmenden GmbH der Körperschaftsteuer unterliegen (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 UmwStG) und die Gegenleistung in Gesellschaftsrechten besteht (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 UmwStG).
Der Ansatz eines höheren Wertes ist zulässig, wobei jedoch die Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter nicht überschritten werden dürfen. Bei einem Ansatz von Zwischenwerten ist für alle Wirtschaftsgüter der gleiche Aufstockungsmaßstab anzulegen (z.B. alle Wirtschaftsgüter werden um 50 v.H. der Differenz zwischen Buchwert und Teilwert erhöht; allg. M. vgl. BMF-Schreiben vom 15. 4. 1986, BStBl I, 64, Tz. 32; Glade/Steinfeld, Umwandlungsgesetz, Rn. 766).
Für eine Entscheidung zugunsten der Realisierung stiller Reserven besteht im vorliegenden Fall keine Veranlassung, zumal die stillen Reserven im Grund und Boden und in den Gebäuden enthalten sind, denen entweder keine Abschreibungsmöglichkeit gegenübersteht (Grund und Boden) oder nur eine zeitlich stark verzögerte (Gebäude). Die Aufstockung der Buchwerte bei nur einzelnen Wirtschaftsgütern ist nicht möglich. Die X-GmbH wird daher stille Reserven nicht aufdecken.
Die Entscheidung über die Fortführung bzw. Aufstockung der Buchwerte trifft allein die übertragende X-GmbH; die übernehmende Y-GmbH ist an diese Entscheidung gebunden (§ 12 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 UmwStG). Im Verschmelzungsvertrag kann eine Regelung darüber vereinbart werden, wie die übertragende GmbH zu verfahren hat. Zur Vermeidung von Mißverständnissen sollte eine solche Vereinbarung erfolgen.
5. Auswirkungen auf den Gewinn der übernehmenden GmbH
Die übernehmende GmbH hat die auf sie übergegangenen Wirtschaftsgüter mit den in der Schlußbilanz der übertragenden GmbH enthaltenen Werten anzusetzen (§ 12 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 UmwStG). Ein Übernahmegewinn entsteht bei Fortführung der Buchwerte nicht. Der Steuerfreiheit in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen Buchwert der Anteile und dem Wert, mit dem die übergegangenen Wirtschaftsgüter zu übernehmen sind (§ 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG), kommt im vorliegenden Fall keine Bedeutung zu, da die übernehmende GmbH keine Anteile an der übertragenden GmbH besitzt (vgl. § 4 Abs. 4 S. 2 UmwStG).
Die übernehmende Y-GmbH tritt bezüglich der Absetzung für Abnutzung, der erhöhten Absetzungen, der Sonderabschreibungen, der Inanspruchnahme einer Bewertungsfreiheit oder eines Bewertungsabschlages, der den steuerlichen Gewinn mindernden Rücklagen sowie der Anwendung der Vorschriften des 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 und 3 EStG (Ansatz von Teilwerten) sowie der Frist i.S. des 5 Abs. 2 KapErhStG in die Rechtsstellung der übertragenden GmbH ein (§ 12 Abs. 3 S. 1 UmwStG).
6. Verdeckte Gewinnausschüttung durch Geschäftsführergehälter?
Die Verschmelzung wird handelsrechtlich erst mit der Eintragung im Handelsregister wirksam. Zum gleichen Zeitpunkt erlischt die übertragende GmbH, ohne daß es einer besonderen Löschung bedürfte (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UmwG). Im Innenverhältnis gelten die Handlungen der übertragenden GmbH bereits ab dem im Verschmelzungsvertrag festgelegten Zeitpunkt (Verschmelzungsstichtag) als für Rechnung der übernehmenden GmbH vorgenommen (vgl. § 5 abs. 1 Nr. 6 UmwG).
Steuerlich bedeutet dies, daß das Einkommen und das Vermögen der übertragenden GmbH und der übernehmenden GmbH so zu ermitteln sind, als ob das Vermögen der übertragenden GmbH mit Ablauf des Stichtags der Bilanz, die dem Vermögensübergang zugrunde liegt (steuerlicher Übertragungsstichtag), auf die übernehmende GmbH übergegangen wäre (§2 S. 1 UmwStG).
Im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gehen auch Geschäftsführerverträge (u.a.) auf die übernehmende GmbH über. Ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt, richtet sich nach den Verhältnissen zum Verschmelzungsstichtag. Durch die Verschmelzung ändern sich die Beteiligungsverhältnisse. Eine beherrschende Gesellschafterstellung kann dadurch erworben werden bzw. verlorengehen. Im Sinne der verdeckten Gewinnausschüttung handelt es sich um eine rückwirkende Vereinbarung, wenn im Verschmelzungsvertrag die Geschäftsführergehälter zum steuerlichen Verschmelzungsstichtag erhöht werden. Diese Vereinbarung stellt eine verdeckte Gewinnausschüttung dar, weil es an einer von vornherein bestehenden klaren und eindeutigen Festlegung fehlt.
Die Geschäftsführervergütung für Karl Y bleibt unverändert; zumindest hinsichtlich einer unzulässigen Rückwirkung ergeben sich keine Probleme. Für Adam X wird (rückwirkend) die Geschäftsführervergütung um 2000 DM monatlich erhöht.
Adam X ist beherrschender Gesellschafter der X-GmbH; er ist nicht mehr beherrschender Gesellschafter der neuen Y-GmbH. Die Rückwirkung ist unschädlich, wenn die Verhältnisse der neuen Y-GmbH maßgebend sind. Grundsätzlich sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Vereinbarung entscheidend (vgl. Abschnitt 31 Abs. 6 S. 9 KStR). Da ist Adam X noch beherrschender Gesellschafter. Die Vereinbarung wird jedoch für die neue Y-GmbH getroffen, an der er nicht mehr als beherrschender Gesellschafter beteiligt sein wird. Man wird deshalb wohl davon ausgehen müssen, daß die Verhältnisse der neuen Y-GmbH maßgebend sind. Zu bedenken ist jedoch, daß für die beherrschende Gesellschafterstellung nicht in jedem Falle eine Beteiligung von mehr als 50 v.H. erforderlich ist. Es genügt u.a., daß mehrere Gesellschafter mit gleichgerichteten Interessen zusammenwirken, um eine ihren Interessen entsprechende einheitliche Willensbildung herbeizuführen (vgl. Abschnitt 31 Abs. 6 S. 7 KStR). Die Gleichbehandlung der Geschäftsführergehälter spricht für diesen Schluß, so daß die Erhöhung des Geschäftsführergehalts für Adam X für den rückwirkenden Zeitraum eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen würde.
Um eine solche Konsequenz, die sich allein aus dem Verbot rückwirkender Vereinbarungen bei beherrschenden Gesellschaftern ergibt, zu vermeiden, andererseits die geplante Gleichstellung dennoch zu erreichen, ist anzuraten, bereits bei Beginn der Verschmelzungsverhandlungen das Geschäftsführergehalt, selbstverständlich unter Beachtung der Angemessenheitsgrundsätze für die X-GmbH, dem späteren Niveau der neuen Y-GmbH anzupassen. Auch hier ist Rückwirkung nicht zulässig.
7. Auswirkungen der Verschmelzung bei den Gesellschaftern
Für die Gesellschafter der übernehmenden Y-GmbH ergeben sich keine steuerlichen Auswirkungen.
Steuerliche Auswirkungen können sich für die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft, da sich die Geschäftsanteile im Privatvermögen befinden, nur dann ergeben, wenn die Voraussetzungen des § 17 EStG (Veräußerungsgewinn bei wesentlicher Beteiligung) oder des § 23 EStG (Spekulationsgeschäft) erfüllt sind. Vorliegend gewinnt nur § 17 Bedeutung. Eine wesentliche Beteiligung (mehr als 25 v.H.) liegt für den Gesellschafter Adam X (60 v.H.) vor.
An und für sich liegt bei der Verschmelzung ein Anteilstausch vor (Anteile der X-GmbH werden gegen Anteile der Y-GmbH eingetauscht), der der Besteuerung unterliegen würde. Eine solche Auswirkung wird jedoch dadurch vermieden, daß die untergehenden Anteile als mit den Anschaffungskosten (hier dem Betrag der Stammeinlage) als veräußert und die erworbenen neuen Anteile als mit diesem Wert angeschafft gelten (§ 13 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 UmwStG).
Fraglich ist, welche Forderungen sich in Ansehung der an der aufnehmenden GmbH erworbenen Anteile bei einer späteren Veräußerung ergeben. § 13 Abs. 2 S. 2 UmwStG bestimmt hierzu, daß die im Zuge des Vermögensübergangs erworbenen Anteile als Anteil im Sinne des § 17 EStG gelten. Die vor der Verschmelzung bestehende wesentliche Beteiligung wird an der aufnehmenden Gesellschaft fortgesetzt, auch wenn die Beteiligung nun nicht mehr wesentlich im vorgenannten Sinne ist.
Die Beteiligung des Gesellschafters Adam X beträgt auch an der neuen Y-GmbH mehr als 25 v.H. und erfüllt somit schon aus diesem Grunde die Voraussetzungen des § 17 EStG.
8. Gewerbesteuerliche Auswirkungen
Für die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen der Gewerbesteuer ist die Rückwirkung auf den steuerlichen Übertragungsstichtag (§ 2 Abs. 1 S. 2 UmwStG) zu beachten.
Ein Übertragungsgewinn unterliegt der Gewerbesteuer. Der Gewerbeertrag entspricht dabei dem Übertragungsgewinn (§ 19 Abs. 1 UmsStG). Da vorliegend ein Übertragungsgewinn infolge Fortführung der Buchwerte nicht anfällt, entsteht insoweit auch kein steuerpflichtiger Gewerbeertrag.
Ein Überahmegewinn entsteht nicht; es erübrigt sich daher die Frage nach der Gewerbesteuerpflicht. Im übrigen wäre ein solcher Gewinn ohnehin steuerfrei (§ 18 Abs. 2, § 19 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG).
9. Grunderwerbsteuerliche Auswirkungen
Das UmwStG enthält keine besondere Regelung für den Grunderwerb. Es kommen deshalb die allgemeinen Regelungen des GrEStG zur Anwendung.
9.1 Grundstücke der übernehmenden GmbH
Die übernehmende GmbH erfährt durch die Verschmelzung keine Identitätsänderung. Sie ist unverändert Eigentümerin ihrer Grundstücke, so daß ein grunderwerbsteuerlicher Vorgang nicht ausgelöst wird.
9.2 Grundstücke der übertragenden GmbH
9.2.1 Steuertatbestand - Zeitpunkt der Entstehung der Steuer
Die Grundstücke der übertragenden GmbH gehen auf die übernehmende GmbH im Wege der Gesamtrechtsnachfolge über. Da die Wirkungen der Verschmelzung mit der Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister der übernehmenden GmbH eintreten (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG), wird zu diesem Zeitpunkt, zu dem die übertragende GmbH erlischt (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG), auch der Übergang des Eigentums an den Grundstücken bewirkt.
Es wird damit der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG erfüllt; denn der Verschmelzungsvertrag begründet keinen Anspruch auf Übereignung der Grundstücke i.S. des § 3 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG (vgl. BFH 18.7.79, BStBl II, 683; BFH 16.2.94, BStBl II, 866). Der Eigentumsübergang ist lediglich Folge der Verschmelzung (vgl. Glade/Steinfeld, UmwStG, Rn. 1507; Hofmann, GrEStG, Rn. 19 zu § 1; Abschnitt 11.1 des UmwVerschmErl vom 13. 7. 1984).
9.2.2 Berechnung der Steuer-Bemessungsgrundlage
Bemessungsgrundlage ist die Gegenleistung (BFH 18.7.79 BStBl II, 683). Diese besteht in den Gesellschaftsanteilen, die die Gesellschafter der übertragenden GmbH von der übernehmenden GmbH erhalten, und in den übernommenen Verbindlichkeiten (Glade/Steinfeld, Rn. 1507; Hofmann, Rn. 49 zu § 9 GrEStG; BFH 18.7.79 BStBl II, 866; vgl. auch BFH 19.2.92 BFH/NV 1992, 838; UmwVerschmErl vom 13. 7. 1984, Tz. 11.2 i.V.m. Tz. 8.2 und 1.2.1).
Die Gegenleistung errechnet sich nach folgender Formel (vgl. UmwVerschmErl, Tz. 1.2.1):
Gesamtgegenleistung x Teilwert des Grundstücks
---------------------------------------------------------- = Gegenleistung
Teilwert der sonstigen Gegenstände + Teilwert Grundstück
Bei einer Gesamtgegenleistung von 600.000 DM ergibt sich eine anteilige Gegenleistung von 320.000 DM. Bei einem Steuersatz von 2 v.H. ( 11 Abs. 1 GrEStG) ergibt sich eine Grunderwerbsteuer in Höhe von 6.400 DM.
10. Umsatzsteuerliche Auswirkungen
Durch die übertragende Verschmelzung wird der Betrieb der X-GmbH veräußert; die Betriebsveräußerung ist jedoch nach 1 Abs. 1a UStG nicht steuerbar, da der Erwerber, die Y-GmbH, Unternehmer ist und das Unternehmen fortführt. Eine Betriebsveräußerung ist vorliegend gegeben.
Die Rückwirkung der Verschmelzung beschränkt sich auf die ESt/KSt, die GewSt und die VSt (vgl. § 2 Abs. 1 UmwStG). Die Unternehmereigenschaft im umsatzsteuerlichen Sinne wird hiervon nicht berührt. Bis zum Verlust der Rechtsfähigkeit durch Eintragung der Verschmelzung bleibt die X-GmbH Unternehmerin mit allen sich daraus ergebenden Folgerungen: Die Umsätze werden von ihr (nicht der übernehmenden GmbH) getätigt, so daß Rechnungen mit Vorsteuerausweis unter ihrem Namen auszustellen sind. Voranmeldungen sind für Voranmeldungszeiträume bis zum Wirksamwerden der Verschmelzung von ihr abzugeben (vgl. Schwedhelm/Streck/Mack, GmbHR 1995, 100).
11. Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals
Für den Vermögensübergang der übertragenden GmbH ist grundsätzlich nicht die Ausschüttungsbelastung i.S. des § 27 KStG herzustellen. § 38 Abs. 1 S. 1 KStG bestimmt für den Fall, daß das Vermögen einer Kapitalgesellschaft durch Gesamtrechtsnachfolge auf eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft übergeht, daß die nach den §§ 30 - 37 KStG ermittelten Eigenkapitalanteile der übertragenden Kapitalgesellschaft den entsprechenden Teilbeträgen der übernehmenden Kapitalgesellschaft hinzuzurechnen sind (z.B. das EK 45 der übertragenden GmbH wird dem EK der übernehmenden GmbH hinzugerechnet).
Die Zurechnung erfolgt erstmals in der Gliederung zum Schluß des Wirtschaftsjahres, in das der steuerliche Übertragungsstichtag fällt (Abschnitt 93 Abs. 2 S. 1 KStR).
Die Verschmelzung ist eine Gesamtrechtsnachfolge i.S. des § 38 Abs. 1 S. 1 KStG (vgl. Abschnitt 93 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KStR). Maßgebend ist die zum Verschmelzungsstichtag durchzuführende letzte gesonderte Feststellung (Abschnitt 93 Abs. 2 S. 2 KStR).
Durch die Regelung des § 38 Abs. 1 S. 1 KStG bleibt die auf dem verwendbaren Eigenkapital der übertragenden GmbH lastende KSt in vollem Umfange für die Herstellung der Ausschüttungsbelastung bei der übernehmenden GmbH erhalten.
Soweit eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln stattgefunden hat, ist § 29 Abs. 3 KStG entsprechend anwendbar (§ 38 Abs. 1 S. 2 KStG), d.h. dieser Teil des Nennkapitals gehört zum verwendbaren Eigenkapital (§ 29 Abs. 3 KStG). Es gilt dafür belastetes Eigenkapital (Rücklagen) als verwendet.
Literaturhinweise:
Fischer, Michael
Verschmelzung von GmbH in der Handels- und Steuerbilanz
DB 1995, S. 485
Patt, Joachim / Rasche, Ralf
Aktuelle Fragen zu den Einbringungstatbeständen des Umwandlungssteuerrechts
FR 1995, S. 432
Schaumburg, Prof. Dr. Harald
Die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften nach neuem Umwandlungssteuerrecht
FR 1995, S. 211
Streck, Dr. Michael / Mack, Alexandra / Schwedhelm, Dr. Rolf
Verschmelzung und Formwechsel nach dem neuen Umwandlungsgesetz
GmbHR 1995, S. 161
Streck, Dr. Michael /Posdziech, Ortwin
Verschmelzung und Formwechsel nach dem neuen Umwandlungssteuergesetz
GmbHR 1995, S. 271 u. S. 357
Wochinger, Peter / Doetsch, Ewald
Das neue Umwandlungssteuergesetz und seine Folgeänderungen bzw. Auswirkungen bei der Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer
DB 1994, Beilage 14
Checkliste "Verschmelzung"
1. Verschmelzungsvertrag entwerfen und notariell beurkunden lassen (§§4 - 6 UmwG).
2. Verschmelzungsvertrag dem Betriebsrat zuleiten (§5 Abs. 3 UmwG).
3. Verschmelzungsbericht fertigen (§ 8 UmwG). Auf den Verschmelzungsbericht kann aber durch notarielle Erklärung verzichtet werden.
4. Verschmelzungsprüfung (§§ 9 - 12 UmwG). Sie ist aber nur auf Verlangen eines Gesellschafters erforderlich (§§ 48 UmwG).
5. Gesellschafterversammlung einberufen, dabei Verschmelzungsvertrag bzw. Entwurf beifügen und Tagesordnungspunkte angeben (§§ 47, 49 UmwG).
6. Jahresabschlüsse und Lageberichte der zu verschmelzenden GmbHs der letzten drei Jahre in den Geschäftsräumen der Gesellschaft zur Einsichtnahme durch die Gesellschafter auslegen (§§ 49 Abs. 2 UmwG).
7. Auf der Gesellschafterversammlung den Verschmelzungsbeschluß mit Dreiviertel-Mehrheit fassen (§§ 50 Abs. 1 UmwG).
8. Kapitalerhöhungsbeschluß bei der aufnehmenden GmbH fassen (§§ 56 ff. GmbHG, §§ 55 UmwG).
9. Anmeldung zum Handelsregister vornehmen (§§ 16, 17, 53 UmwG).
10. Erstellung der Schlußbilanz der übertragenden GmbH und Einbuchung der übergehenden Wirtschaftsgüter in der aufnehmenden GmbH.
11. Arbeitnehmer, Gläubiger, Finanzamt, Sozialversicherungsträger usw. über die neue Unternehmensstruktur informieren. Für die Stellung der Arbeitnehmer gilt § 323 Abs. 2 UmwG.
Quelle: Gestaltende Steuerberatung - Ausgabe 09/1995, Seite 13