01.04.2007 | Niedersächsisches FG
Die Neuregelung zur Pendlerpauschale ist eindeutig verfassungswidrig
Im Rahmen des StÄndG 2007 hat der Gesetzgeber die Pendlerpauschale bekanntlich neu geregelt. Ab 1.1.07 können Fahrtkosten danach nur noch ab dem 21. Entfernungskilometer „wie“ Werbungskosten berücksichtigt werden. Bereits im Gesetzgebungsverfahren wurde diese Regelung scharf kritisiert. Das Niedersächsische FG hat die Neuregelung nun in seinem Vorlagebeschluss vom 27.2.07 für verfassungswidrig erachtet und das BVerfG angerufen (8 K 549/06, 2 BvL 1/07, Abruf-Nr. 070852; a.A. allerdings FG Baden-Württemberg 7.3.07, 13 K 283/06, Abruf-Nr. 071050). |
1. Sachverhalt
Die Kläger sind Ehegatten, die jeweils Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit erzielen. Vom gemeinsamen Wohnort sind die Arbeitsstätten in unterschiedlicher Richtung 41 km bzw. 54 km entfernt. Im Lohnsteuerermäßigungsverfahren beantragten sie für diese Fahrten die Eintragung eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte. Das Finanzamt berücksichtigte die Fahrten für beide Ehegatten jeweils erst ab dem 21. Entfernungskilometer und trug den Freibetrag dann jeweils unter Anrechnung des Werbungskostenpauschbetrages ein. Der hiergegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg. Im Klageverfahren hat das Niedersächsische FG die gegen die Neuregelung des § 9 Abs. 2 EStG vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken geteilt und daher nach Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG i.V.m. § 80 BVerfGG das BVerfG angerufen.
2. Anmerkungen
Der Vorlagebeschluss ist in mehrfacher Hinsicht erörterungswürdig:
2.1 Rechtsschutzbedürfnis
So ist zunächst ein kleines Fragezeichen angebracht, ob die gut begründete Entscheidung vom BVerfG überhaupt zur Entscheidung angenommen wird. Dagegen könnte sprechen, dass sich mit Zeitablauf der Klagegegenstand (Eintragung eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte) erledigt. Hat das Finanzamt nämlich nach Ablauf des Kalenderjahres 2007 (jedenfalls aber nach Einleitung des Veranlagungsverfahrens) noch nicht über einen Antrag auf Eintragung eines Freibetrages entschieden, so kann sich die Eintragung im Lohnsteuerabzugsverfahren nicht mehr auswirken und es entfällt das Rechtschutzbedürfnis (vgl. BFH/NV 94, 783). Der Arbeitnehmer kann dann seine Rechte ausschließlich bei der Veranlagung geltend machen.
Über eine bereits anhängige Klage wegen Eintragung auf der Lohnsteuerkarte kann aber – worauf das FG zu Recht hinweist – noch entschieden werden, wenn das Anfechtungsbegehren in die Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 100 Abs. 1 S. 4 FGO übergeleitet wird. Es wird dann nur noch darüber entschieden, ob die Ablehnung der Eintragung rechtswidrig war (vgl. dazu Schmidt/Drenseck, EStG, § 39a Rz. 12). Es bleibt zu hoffen, dass das BVerfG den Vorlagebeschluss nicht mit der Begründung mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses ablehnt und die Kläger auf die Geltendmachung ihrer Rechte im Einspruchs-/Klageverfahren gegen den späteren Steuerbescheid verweist. Insoweit birgt der Vorlagebeschluss ein formales Risiko, das die Finanzrichter aber bewusst in Kauf genommen haben.
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