03.07.2008 | Niedersächsisches FG
Mehrfachbelastung von Bauleistungen mit USt und GrESt gemeinschaftsrechtswidrig?
Wieder einmal hat das Niedersächsische FG mit einer Aufsehen erregenden Entscheidung von sich Reden gemacht. Mit Beschluss vom 2.4.08 (7 K 333/06, Abruf-Nr. 081193, Az. EuGH C-156/08) hat der 7. Senat den EuGH um Vorabentscheidung ersucht, ob die deutsche Mehrfachbelastung von Bauherren mit Grunderwerbsteuer und Umsatzsteuer gegen das gemeinschaftsrechtliche Mehrbelastungsverbot verstößt. |
Anmerkungen
Im Normalfall des Erwerbs eines unbebauten Grundstücks und anschließendem Bau eines Hauses, kommen sich USt und GrESt nicht „in die Quere“. Vielmehr schließt bereits § 4 Nr. 9a UStG eine Mehrfachbelastung mit USt und GrESt aus. Problematisch sind die Konstellationen, bei denen Finanzverwaltung und Rechtsprechung den Grundstückskaufvertrag und den Bauwerkvertrag aufgrund von personeller oder sonstiger wirtschaftlicher Verflechtung auf der Veräußererseite als einheitliches Vertragswerk beurteilen. In diesen Fällen kommt es zur Einbeziehung der bereits mit USt belasteten Bauleistungen in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage. Es fallen also zusätzlich 3,5 v.H. GrESt an.
Nach Auffassung des Niedersächsischen FG ist darin aber ein Verstoß gegen das europäische Umsatzsteuer-Mehrbelastungsverbot des Art. 401der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie zu sehen. Da es sich bei den mit GrESt belasteten Bauleistungen zivilrechtlich nicht um einen Grunderwerb handele, könne die GrESt insoweit ihrem Charakter nach eine zusätzliche Sonderumsatzsteuer darstellen. Die Erhebung der deutschen GrESt wirke in Fällen des einheitlichen Vertragswerks wie eine „der Mehrwertsteuer vergleichbare, sich auf den geschaffenen Mehrwert beziehende allgemeine Abgabe im Bereich der Errichtung von Gebäuden“, im Ergebnis also wie eine USt auf Bauleistungen.
Praxishinweis
Bis zur Entscheidung des EuGH sollte der steuerliche Berater in allen vergleichbaren Konstellationen, in denen eine solche Mehrfachbelastung besteht, Einspruch einlegen und das Ruhen des Verfahrens beantragen. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang auf ähnliche Problematiken im Bereich von Grundstückgeschäften hinzuweisen. So hat sich der BFH aktuell in einem unter dem Az. V R 50/07 geführten Verfahren (Vorinstanz: FG Hamburg 29.5.07, 6 K 200/05, StE 07, 548) mit der Frage zu befassen, ob die Lieferung eines unbebauten Grundstücks als Teil eines einheitlichen Liefergegenstandes „bebautes Grundstück“ trotz § 4 Nr. 9a UStG und der Belastung mit Grunderwerbsteuer umsatzsteuerpflichtig ist. Auch in derartigen Fällen ist der Einspruch unter Hinweis auf das BFH-Verfahren angezeigt.
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