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  • 03.09.2009 | Umsatzsteuer

    Ausschluss der Vorsteueraufteilung nach ­Umsatzschlüssel EU-rechtswidrig

    von Dipl.-Finanzwirt Dr. Volker Kreft, RiFG, Bielefeld

    Das FG Niedersachsen hält die gesetzliche Regelung, dass zur Vorsteueraufteilung vorrangig der Flächenschlüssel heranzuziehen ist und damit de facto der für den Unternehmer in der Regel günstigere Umsatzschlüssel als Aufteilungsmaßstab ausgeschlossen ist, für EU-rechtswidrig. Der Steuerpflichtige könne sich insoweit unmittelbar auf die für ihn günstigere Regelung im europäischen Gemeinschaftsrecht berufen (FG Niedersachsen 23.4.09, 16 K 271/06, Abruf-Nr. 092187, Rev. V R 19/09).

     

    Anmerkungen

    Nach § 15 Abs. 4 S. 3 UStG, der seit 1.1.04 gilt, ist eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, nur dann zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Da der Flächenmaßstab als sachgerechter Aufteilungsmaßstab anerkannt ist (vgl. BFH 21.5.87, V S 11/85, BFH/NV 87, 536), ist seither de facto eine Vorsteueraufteilung nach dem Umsatzschlüssel unzulässig.  

     

    Dem ist das FG Niedersachsen nun entgegengetreten. Art. 17 Abs. 5 der 6. EG-Richtlinie sieht den Umsatzschlüssel nämlich als Regelaufteilungsmaßstab vor. Allerdings ermächtigt Unterabsatz 3 der Vorschrift die Mitgliedstaaten, abweichende Bestimmungen über die Aufteilung der Vorsteuern zu treffen. In der Literatur ist umstritten, ob § 15 Abs. 4 S. 3 UStG von dieser Ermächtigung gedeckt ist. Für eine Gemeinschaftsrechtswidrigkeit plädieren Schuck/Frenzel (UR 04, 180) sowie von Streit (UR 06, 254), anderer Ansicht ist z.B. Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 15 Rn. 53, 882. Nach Auffassung des FG Niedersachsen ist eine nationale Regelung, die den Umsatzschlüssel als subsidiären Aufteilungsmaßstab de facto ausschließt, jedenfalls nicht mit Art. 17 Abs. 5 EG-Richtlinie vereinbar.  

     

    Praxishinweis

    Enthält die 6. EG-Richtlinie eine für den Steuerpflichtigen günstigere Regelung als das nationale Umsatzsteuergesetz, so kann sich der Steuerpflichtige gegenüber nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Rechtsvorschriften unmittelbar auf die Bestimmung der Richtlinie berufen, sofern diese inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheint (vgl. z.B. EuGH 10.9.02, C-141/80, Rs. Kügler, UR 02, 513). Das ist nach Auffassung des FG Niedersachsen der Fall, weil Art. 17 Abs. 5 Unterabsätze 1 und 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie zwingend ohne Ausnahme die Aufteilung der Vorsteuern nach einem Umsatzschlüssel vorsehen. Es bleibt abzuwarten, wie der BFH bzw. ggf. der EuGH diese Rechtsfrage beurteilen werden. Bis zur endgültigen Klärung sollte der steuerliche Berater erforderlichenfalls Einspruch gegen ablehnende Umsatzsteuerbescheide einlegen und das Ruhen des Verfahrens beantragen.