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  • Umsatzsteuer

    Grundstücksverkauf als Geschäftsveräußerung im Ganzen

    von Dipl.- Finw. Jürgen Serafini, Troisdorf

    Wird ein Betrieb oder Teilbetrieb veräußert, so liegt eine Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG) i.S. von § 1 Abs. 1a UStG vor. Folge ist, dass bei dem Vorgang keine Umsatzsteuer entsteht. Ein Wahlrecht, eine GiG durch Umsatzsteuerausweis zu einem umsatzsteuerpflichtigen Vorgang zu machen, besteht – entgegen einer weit verbreiteten Meinung – nicht (zur Vertrauensschutzregelung bis 6.11.98 vgl. OFD Hannover 8.7.99, DStR 99, 1698). Wird bei einer GiG bewusst oder irrtümlich Umsatzsteuer ausgewiesen, so schuldet der Veräußerer den ausgewiesenen Betrag gemäß § 14 Abs. 2 UStG, obwohl dem Erwerber ein Vorsteuererstattungsanspruch nicht zusteht (BFH 2.4.98, BStBl II, 695). Während § 1 Abs. 1a UStG bei der Veräußerung eines Betriebs oder Teilbetriebs noch relativ leicht handhabbar ist, können sich bei Grundstücksverkäufen große Probleme ergeben. Hier stellt sich nämlich die Frage, ob ein Grundstück das gesamte Unternehmen oder zumindest ein „Teil- Unternehmen“ ausmacht. In diesen Fällen ist die Veräußerung nämlich nach § 1 Abs. 1a UStG nicht umsatzsteuerbar. Oder anders ausgedrückt: Wird ein Grundstück veräußert, das für sich genommen als Unternehmen oder „Teil- Unternehmen“ anzusehen ist, so darf bei der Veräußerung keine Umsatzsteuer ausgewiesen werden, da andernfalls die obigen Konsequenzen drohen.

    1. Beispielsfälle

    Bei der Veräußerung eines Grundstücks droht die anteilige Rückzahlung der Vorsteuern, die bei Erwerb oder Herstellung der Immobilie abgezogen wurden, wenn die Übertragung innerhalb der Zehn- Jahres- Frist des § 15a UStG erfolgt. Eine Vorsteuerrückzahlung droht auch bei der Veräußerung eines Grundstücks vor erstmaliger Nutzung, insbesondere also bei der Übertragung teilfertiger Gebäude. Da dieses Szenario nur bei einer steuerfreien Veräußerung greift, wird bei Grundstücksveräußerungen innerhalb der Zehn- Jahres- Frist regelmäßig gemäß § 9 UStG zur Umsatzsteuerpflicht optiert. Nach weit verbreiteter Ansicht kann nämlich bei einem Grundstücksverkauf durchaus die Umsatzsteuer ausgewiesen werden, wenn der Erwerber voll vorsteuerabzugsberechtigt ist, da es sich dann um ein „Null- Summen- Spiel“ handelt. Eine solch sorglose Vorgehensweise ist jedoch unangebracht. Denn erweist sich die Grundstücksveräußerung als GiG, drohen ungeahnte steuerliche Folgen:

    Bei Grundstücksveräußerungen unter Fremden kommt zu dem Zinsschaden die problematische Rückabwicklung der Umsatzsteuerzahlung zwischen dem durch die Nachzahlungszinsen „gebeutelten“ Käufer und dem Veräußerer hinzu.

    In den Fällen einer beim Grundstückserwerber später einsetzenden Nutzungsänderung weichen die Rechtsfolgen der GiG in einem weiteren entscheidenden Punkt von der steuerbaren Grundstücksveräußerung ab:

    Auch für den Veräußerer kann die Würdigung als GiG eine betragsmäßig veränderte Rechtsfolge nach sich ziehen:

    Angesichts der in den vorgenannten Beispielen beschriebenen massiven Folgen einer unzutreffend beurteilten Grundstücksübertragung ist es entscheidend, den jeweiligen Übertragungsvorgang richtig einzuordnen. Der Wunsch, sich hierbei an der Sichtweise der Finanzverwaltung zu orientieren, stößt auf Hindernisse, denn es existieren weder auf Bundes- noch auf Länderebene entsprechende Verwaltungsanweisungen. Lediglich einige OFD’en haben sich hierzu bislang geäußert (OFD Karlsruhe 28.4.00, DStR 00, 878; OFD München 1.8.00, UR 01, 174; OFD Erfurt 21.6.00, UR 00, 536; OFD Frankfurt 25.5.00, S 7100 b A 2 - St IV 10). Allerdings lassen auch diese Verwaltungsanweisungen klare Aussagen zu problematischen Punkten vermissen.

    Einigkeit besteht in diesen OFD- Verfügungen, dass die Übertragung eines vollständig vermieteten Grundstücks stets als (Teil- ) GiG zu werten ist. Gleiches gilt, wenn der Eigentümer bei einem nach dem Wohnungseigentumsgesetz aufgeteilten Grundstück nur ein einzelnes Teileigentum veräußert. Keine dieser Verwaltungsverlautbarungen spricht jedoch die Übertragung einer unvermieteten Immobilie an – dabei können die Steuerfolgen hier für manchen Investor von entscheidender Bedeutung sein:

    Die vorgenannten OFD- Verfügungen haben den Zustand der Vermietung eines übertragenen Grundstücks für die Annahme einer GiG betont. Daraus lässt sich auch für das o.a. Beispiel der Umkehrschluss ableiten, der Verkauf eines unvermieteten Grundstücks sei nicht als GiG zu werten. Fraglich ist, ob diese These durch die jüngere Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH 21.3.02, GStB 03, 97) ins Wanken geraten ist. Der BFH hat inzwischen bereits in mehreren Entscheidungen betont, eine GiG könne bei einem Grundstücksverkauf nicht mit der Begründung versagt werden, es fehle mangels Vermietung an einem „lebenden Unternehmen“.

    M.E. würde man die letztgenannte Aussage des BFH jedoch fehl interpretieren, wenn man sie auf alle Veräußerungen von unvermieteten Grundstücken übertrüge. Soweit ersichtlich, hat der V. Senat diese Aussage nämlich lediglich zu solchen Sachverhalten gemacht, bei denen das Unternehmen des Veräußerers ausschließlich aus dem veräußerten Grundstück bestand (vgl. neben dem o.g. Urteil auch BFH 8.3.01, BFH/NV 01, 876). In diesen Fällen ist die Aussage zum „lebenden Unternehmen“ systemgerecht, denn auch einem „erfolglosen Unternehmer“ (= das im Aufbau befindliche Unternehmen erwirtschaftet letztlich keine Umsätze) können die dem Umsatzsteuerrecht immanenten Rechte (z.B. Vorsteuerabzug, GiG) nicht verwehrt werden. Die Übertragung des Gesamtunternehmens fällt daher stets – nutzungsunabhängig – unter § 1 Abs. 1a UStG. Veräußert der Unternehmer demgegenüber von mehreren zu seinem Unternehmen gehörenden Grundstücken eines, das bei Übertragung noch (oder wieder) unvermietet ist, so liegt m.E. kein Teil- Unternehmen im Sinne eines wirtschaftlich selbstständig lebensfähigen (Teil- ) Organismus des Gesamtunternehmens und damit auch keine GiG vor (vgl. zum Sonderfall, dass das übertragene Grundstück dem Umlaufvermögen zuzurechnen ist, FinSen Hamburg 18.10.99, UR 00, 173).

    Eine ähnliche Frage stellt sich bei eigenbetrieblich genutzten Grundstücken:

    Liegt eine GiG vor, so benötigt der Grundstückserwerber für eine spätere Vorsteuerkorrektur gegebenenfalls die Rahmendaten zum ursprünglichen Vorsteuerabzug des Veräußerers. § 15a Abs. 6a S. 2 UStG bestimmt hierzu, dass der Veräußerer zur Weitergabe dieser Angaben an den Erwerber verpflichtet ist. Man darf nicht verkennen, dass durch die- se gesetzliche Auflage der Veräußerer faktisch gezwungen wird, seine eigenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten der veräußerten Immobilie gegenüber dem Käufer offen zu legen. Hierzu gehören insbesondere die Angaben zu den Verhältnissen beim ursprünglichen Vorsteuerabzug bzw. der erstmaligen Verwendung und der Höhe des Vorsteuerabzugs sowie dem Zeitpunkt des Beginns des zehnjährigen Überwachungszeitraums. Kommt der Veräußerer dieser Mitteilungspflicht nicht nach, so wird das FA dies im Bedarfsfall – ohne dass dies einen Bruch des Steuergeheimnisses darstellen würde – nachholen.

    Aus den o.a. Ausführungen ergeben sich zwei abschließende Handlungsempfehlungen: Zum einen sollte der notarielle Übertragungsvertrag Regelungen zum Interessenausgleich für den Fall enthalten, dass das FA später zu einer abweichenden steuerlichen Beurteilung kommt. Zum anderen ist es in Zweifelsfällen empfehlenswert, vorab eine verbindliche Auskunft beim FA zu beantragen. Formulierungsvorschläge für vertragliche Vereinbarungen und für einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft hat die Redaktion der „Gestaltenden Steuerberatung“ entworfen. Bitte beachten Sie, dass es sich dabei nur um Vorschläge handelt, die individuelle Formulierungen unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts/Notars natürlich nicht ersetzen können.

    2. Ergänzende Steuerklauseln im Grundstücksübertragungsvertrag

    Der nachfolgende Formulierungsvorschlag 2 ist einschlägig, soweit die Vertragsparteien übereinstimmend von der Verneinung eines nicht steuerbaren Vorgangs i.S. von § 1 Abs. 1a UStG ausgehen:

    3. Antrag auf Erteilung einer „Verbindlichen Auskunft“

    1. Der Klammerzusatz entfällt, soweit das Unternehmen des Verkäufers nur aus dem vertragsgegenständlichen Grundstück besteht.
    2. Zu einer auf § 15a UStG gestützten Vorsteuerrückforderung beim Käufer kann es jedoch auch ohne Nutzungsänderungen des Käufers kommen: Zum einen findet eine jährliche Vorsteuerrückforderung auch bereits dann statt, wenn die bei Grundstücksübergabe bestehenden Nutzungsverhältnisse von den zum Zeitpunkt des ursprünglichen Vorsteuerabzugs bestehenden Verhältnissen abweichen (Beispiel: Ein ursprünglich voll umsatzsteuerpflichtig genutztes Gebäude wird bereits seit dem zweiten Nutzungsjahr zur Hälfte umsatzsteuerfrei vermietet – diese Verhältnisse bestehen auch noch am Verkaufsstichtag. Der Käufer hat in diesem Fall selbst bei unverändert fortgeführten Nutzungsverhältnissen die jährlichen zeitanteiligen Vorsteuerrückzahlungen innerhalb des Korrekturzeitraums i.S. von § 15a UStG fortzusetzen); zum anderen kann das FA auch zur Korrektur eines dem Verkäufer rechtsfehlerhaft zu hoch gewährten Vorsteuerabzugs vom Käufer Vorsteuerkorrekturbeträge nach § 15a UStG zurückfordern (Abschn. 217 Abs. 3 UStR). Lösungsvorschläge: Für den ersten Problemfall sollte der Käufer eine entsprechende Kaufpreisminderung durchzusetzen versuchen; zur Kompensierung des zweiten Problemfalls bietet sich die Aufnahme einer entsprechenden Rückzahlungsklausel im Notarvertrag an:


    „Soweit das Finanzamt zur Korrektur eines dem Verkäufer rechtsfehlerhaft zu hoch gewährten Vorsteuerabzugs vom Käufer Vorsteuerkorrekturbeträge nach § 15a UStG zurückfordert (Abschn. 217 Abs. 3 UStR), ist der Verkäufer gegenüber dem Käufer zur Erstattung der insofern geleisteten Beträge verpflichtet; hinsichtlich des Nachweises solcher Korrekturforderungen sowie hinsichtlich Fälligkeit und Zahlung der Erstattungsbeträge gilt Folgendes: ...“.

    1. Im Hinblick auf die in der vorstehenden Fußnote 2 beschriebenen Probleme empfiehlt sich ggf. die Aufforderung des Käufers an den Verkäufer, die betreffenden Angaben bereits am Notartermin zu machen.
    2. Denkbar ist an dieser Stelle die Einfügung des Passus „bestandskräftig festgestellt werden“ und das Anknüpfen der Fälligkeit der Kaufpreiserhöhung an diese Bestandskraft. Der Käufer müsste dann erst zahlen, wenn Rechtssicherheit eingetreten ist. Für den Verkäufer ist diese Variante entsprechend nachteilig, da der ggf. mit Rechtsmitteln angefochtenen Umsatzsteuernachforderung des FA (noch) kein Zahlungseingang gegenübersteht.
    3. Auch hier kann an die Bestandskraft dieser Feststellung angeknüpft werden (vgl. Fußnote 4)
    4. Die jüngere Rechtsprechung des BFH lässt die Korrektur einer nach § 14 Abs. 2 UStG geschuldeten Umsatzsteuer nur insofern zu, als der Leistungsempfänger die geltend gemachte Vorsteuer wieder zurückgezahlt hat (vgl. BFH 22.3.01, BFH/NV 01, 1088). Bis zu einer entsprechenden Änderung sollten Sie sich jedoch auf die bislang gegenteilige Verwaltungsanweisung berufen (vgl. ausführlich GStB 01, 359).
    5. Soweit eine auf § 15a UStG gestützte Vorsteuerrückforderung beim Käufer nicht auf erst während seiner Besitzzeit eingetretenen Nutzungsänderungen, sondern auf Gegebenheiten beim Verkäufer beruht (vgl. Sachverhalte in Fußnote 2), sollte der Käufer auf die Aufnahme entsprechender Rückzahlungsklauseln im Vertrag drängen.

    Quelle: Gestaltende Steuerberatung - Ausgabe 03/2003, Seite 101

    Quelle: Ausgabe 03 / 2003 | Seite 101 | ID 103802