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  • 01.04.2005 | Wertpapiere

    Aktuelles zur Verfassungswidrigkeit der Spekulationsbesteuerung ab 1999

    von Dipl.-Finw. Dr. Volker Kreft, Richter am Niedersächsischen FG, Bielefeld

    Seit vielen Jahren herrscht nun schon Streit darüber, ob die steuerliche Erfassung von Spekulationsgeschäften bei Wertpapieren mit dem Grundgesetz in Einklang steht. Hintergrund sind die Defizite beim Vollzug des gesetzlichen Besteuerungstatbestandes. Für die Veranlagungszeiträume 1997 und 1998 ist die Rechtslage nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9.3.04 (DStRE 04, 396) geklärt, denn das Gericht hat insoweit § 23 Abs. 1 Nr. 1b EStG a.F. für nichtig erklärt. Doch was gilt für spätere Veranlagungszeiträume? Die neuere Entwicklung zu diesem Rechtsproblem wird nachfolgend skizziert.  

    1. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts

    Im Urteil vom 9.3.04 (a.a.O., S. 408) wird ausgeführt, dass in den VZ 1997 und 1998 die mangelhafte Durchsetzung der in § 23 Abs. 1 Nr. 1b EStG a.F. zum Ausdruck kommenden materiellen Steuerpflicht gegen das verfassungsrechtliche Gebot tatsächlich gleicher Steuerbelastung durch gleichen Gesetzesvollzug verstoße und dies zur Verfassungswidrigkeit führe. Für VZ ab 1999 hielt das BVerfG eine entsprechende Nichtigkeitserklärung für „nicht geboten“, da „die Beantwortung der Vorlagefrage nicht ohne weiteres zu einer entsprechenden Beurteilung der in den Veranlagungszeiträumen ab 1999 gültigen Nachfolgeregelungen führe“.  

    2. Reaktion von Finanzverwaltung und Finanzrechtsprechung

    Trotz des an sich eindeutigen Wortlauts der Entscheidungsgründe ordnete das BMF wenige Tage später im Schreiben vom 19.3.04 (DStR 04, 604) an, entsprechende Veranlagungen für VZ ab 1999 seien nicht mehr vorläufig durchzuführen und es komme weder ein Ruhen des Verfahrens noch eine Aussetzung der Vollziehung in Betracht. Diese offensichtlich fiskalisch motivierte Interpretation forderte die Kritik förmlich heraus (siehe z.B. Seipl/Wiese, Stbg. 04, 234; Wiese, DStR 04, 1420).  

     

    Die Finanzrechtsprechung konzentrierte sich zunächst auf das Jahr 1999, beurteilte dabei aber im Rahmen der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung die Regelung des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG 1999 unterschiedlich:  

     

    • Sowohl das FG Brandenburg (Beschluss 24.5.04, EFG 04, 1852) als auch das FG Düsseldorf (Beschluss 27.7.04, EFG 04, 1693) äußerten jeweils ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung privater Wertpapiergeschäfte. Als Reaktion hierauf „ruderte“ auch die Finanzverwaltung zurück und ordnete unter den Voraussetzungen des § 363 Abs. 2 AO das Ruhen entsprechender Einspruchsverfahren an (BMF 19.7.04, DStR 04, 1341).