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  • · Fachbeitrag · Lohnsteuer

    Bewertung von Sachbezügen: BMF akzeptiert „arbeitnehmerfreundliche“ Sichtweise des BFH

    von Dipl.-Finw. Tobias Arndt, Wermelskirchen

    | Nachdem sich der BFH im letzten Sommer bei der Frage, in welcher Höhe Arbeitgeberrabatte bei Jahreswagen zu bewerten sind, auf die Seite der Arbeitnehmer gestellt hatte, hatte die Finanzverwaltung zunächst mit einem Nichtanwendungserlass reagiert. Erfreulicherweise hat die Finanzverwaltung nun eingelenkt und den Nichtanwendungserlass aufgehoben. Die klaren Bewertungsgrundsätze in der aktuellen Verwaltungsanweisung des BMF gelten nicht nur für Jahreswagenrabatte, sondern für jeden vergünstigten Sachbezug ( BMF 16.5.13, IV C 5 - S 2334/07/0011 , Abruf-Nr. 131659 ). |

    1. Allgemeines

    Bezieht ein Arbeitnehmer im Rahmen eines Dienstverhältnisses Einnahmen, die nicht in Geld bestehen (Waren, Dienstleistungen, Wohnung, Kost, etc.), handelt es sich um Sachzuwendungen. Diese Sachbezüge sind grundsätzlich gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 EStG mit den um übliche Preisnachlässe geminderten Endpreisen am Abgabeort anzusetzen. Handelt es sich bei den Sachbezügen um Waren oder Dienstleistungen, die der Arbeitgeber selbst vertreibt, ist die Bewertungsvorschrift des § 8 Abs. 3 EStG zu beachten.

    2. BFH-Rechtsprechung

    Der BFH hat in 2012 in zwei Urteilen entschieden, dass nicht jeder Rabatt, den ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber erhält, zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führt (BFH 26.7.12, VI R 30/09 und VI R 27/11).

     

    In den beiden Streitfällen hatten Arbeitnehmer von ihren (als Fahrzeughersteller tätigen) Arbeitgebern Neufahrzeuge deutlich unter Listenpreis erworben. Die Finanzverwaltung hatte die Auffassung vertreten, dass der geldwerte Vorteil zwingend gemäß § 8 Abs. 3 EStG zu bewerten sei, da der Arbeitgeber die Neufahrzeuge auch anderen Kunden zum Kauf anbiete und ein Wahlrecht zwischen den Bewertungsmethoden gemäß § 8 Abs. 2 EStG und § 8 Abs. 3 EStG nicht bestehe. Entsprechend setzte die Finanzverwaltung steuerpflichtigen Arbeitslohn an, soweit die Arbeitgeberrabatte die Hälfte der durchschnittlichen Händlerrabatte überstiegen (siehe dazu BMF 30.1.96, 
IV B 6 - S 2334 - 24/96, BStBl I 96, 114). Der Kläger argumentierte hingegen, Arbeitslohn könne allenfalls insoweit vorliegen, als der Arbeitgeberrabatt über das hinausgehe, was auch fremde Dritte als Rabatt erhielten.

     

    Dieser Auffassung schloss sich der Lohnsteuersenat des BFH an und entschied, dass ein üblicherweise auch Dritten eingeräumter Rabatt beim Arbeitnehmer nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führt. Zum Arbeitslohn gehören zwar Vorteile, die Arbeitnehmern dadurch zufließen, dass Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses ihren Arbeitnehmern Waren zu einem besonders günstigen Preis verkaufen. Inwieweit der günstige Preis jedoch durch das Arbeitsverhältnis veranlasst ist, kann nur durch Vergleich mit dem üblichen Preis festgestellt werden. Dabei ist der um übliche Preisnachlässe geminderte Endpreis am Abgabeort maßgebend.

     

    Sofern der Arbeitnehmer - wie im Streitfall - von seinem Arbeitgeber hergestellte Waren bezieht, richtet sich die Rabattbesteuerung grds. nach § 8 Abs. 3 EStG. Bei der Ermittlung des Werts des Sachbezugs ist allerdings nicht der Marktpreis, sondern der Endpreis des Arbeitgebers (also der Preis, zu dem der Arbeitgeber die Waren oder Dienstleistungen fremden Endverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet) zugrunde zu legen. Darüber hinaus entschied der BFH, dass dem Arbeitnehmer ein Wahlrecht zusteht, ob der geldwerte Vorteil nach § 8 Abs. 2 EStG (ohne Bewertungsabschlag und Rabattfreibetrag, aber auf Grundlage des günstigsten Preises am Markt) oder nach § 8 Abs. 3 EStG (mit diesen Abschlägen, aber auf Grundlage des Endpreises des jeweiligen Arbeitgebers) bewertet wird.

     

    GESTALTUNGSHINWEIS | Das vom BFH zugelassene Wahlrecht, Sachbezüge, die grds. nach der Spezialnorm des § 8 Abs. 3 EStG basierend auf dem Endpreis des Arbeitgebers zu bewerten wären, auch nach der Grundnorm des § 8 Abs. 2 EStG zu bewerten, kann im Einzelfall deutliche Vorteile bringen. Das Wahlrecht ist insbesondere interessant, wenn der vom Arbeitgeber angebotene Endpreis und der günstigste Preis am Markt derart stark voneinander abweichen, dass trotz des im Rahmen der Bewertung nach § 8 Abs. 3 EStG vorzunehmenden Bewertungsabschlags von 4 % und des Rabattfreibetrags i.H.v. 1.080 EUR ein geldwerter Vorteil erfasst werden würde, der bei einer Bewertung (basierend auf dem günstigsten Preis am Markt) gem. § 8 Abs. 2 EStG tatsächlich nicht vorliegt.

     

    3. Die Reaktion der Finanzverwaltung

    Die Finanzverwaltung schließt sich dieser äußerst erfreulichen Rechtsprechung, mit der der BFH seine frühere Auffassung nochmals bestätigt hat (vgl. BFH 5.9.06, VI R 41/02, BStBl II 07, 309), nun an. Darüber hinaus hebt das BMF den Nichtanwendungserlass vom 28.3.07 (BStBl I 07, 464) auf, durch den im Jahr 2007 verhindert wurde, dass das dem Arbeitnehmer vom BFH im Urteil vom 5.9.06 zugebilligte Wahlrecht zwischen der Bewertung nach § 8 Abs. 2 EStG und § 8 Abs. 3 EStG über den entschiedenen Einzelfall hinaus angewendet werden konnte.

     

    3.1 Bewertung gemäß § 8 Abs. 2 EStG (Grundnorm)

     

    3.1.1. Erste Bewertungsmöglichkeit

    Sachbezüge (geldwerte Vorteile), die ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer aus Anlass seines Dienstverhältnisses gewährt, sind bei einer Bewertung nach § 8 Abs. 2 S. 1 EStG mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen. Der übliche Endpreis ist der Preis, der dafür im allgemeinen Geschäftsverkehr von Letztverbrauchern in der Mehrzahl der Verkaufsfälle am Abgabeort für gleichartige Waren oder Dienstleistungen tatsächlich gezahlt wird. Er schließt die Umsatzsteuer und sonstige Preisbestandteile ein. Darüber hinaus sind übliche Preisnachlässe bei der Ermittlung des üblichen Endpreises ebenfalls zu berücksichtigen.

     

    PRAXISHINWEIS | Damit der Arbeitgeber keinen großen Ermittlungsaufwand betreiben muss, welche Preisnachlässe bei anderen Händlern üblich sind, besteht gem. R 8.1 Abs. 2 Satz 9 LStR aus Vereinfachungsgründen die Möglichkeit, den vom Arbeitgeber bezahlten Preis um 4 % zu mindern und diesen Betrag als lohnsteuerpflichtigen geldwerten Vorteil anzusetzen.

     
    • Beispiel 1

    Der Mitarbeiter eines Sportgeschäfts in Hamburg erhält von seinem Arbeitgeber aufgrund der guten Verkaufszahlen im letzten Quartal eine Spielekonsole, die der Arbeitgeber für 350 EUR in einem benachbarten Elektronikgeschäft erworben hat. Die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers liegt bei 399 EUR.

     

    Da der Arbeitgeber selbst keine Spielekonsolen verkauft, kommt lediglich eine Bewertung gemäß § 8 Abs. 2 EStG in Betracht:

     

    Kaufpreis der Spielekonsole

    350 EUR

    abzüglich 4 % pauschaler Abschlag

    14 EUR

    zu versteuernder geldwerter Vorteil

    336 EUR

     

    3.1.2 Zweite Bewertungsmöglichkeit

    Nach dem BMF-Schreiben vom 16.5.13 (a.a.O.) ist als Endpreis nunmehr auch der nachgewiesene günstigste Preis einschließlich sämtlicher Nebenkosten (z.B. Porto und Verpackung) anzunehmen, zu dem die konkrete Ware oder Dienstleistung mit vergleichbaren Bedingungen an Endverbraucher ohne individuelle Preisverhandlungen im Zeitpunkt des Zuflusses am Markt angeboten wird. Dabei sind als Markt alle gewerblichen Anbieter anzusehen, von denen der Steuerpflichtige die konkrete Ware oder Dienstleistung beziehen kann. Hierbei können zur Endpreisermittlung auch allgemein zugängliche Internetangebote herangezogen werden.

     

    • Beispiel 2 (Ergänzung Beispiel 1)

    Am Nachmittag stößt der Arbeitgeber im Internet auf einen Onlineshop aus Köln, der die gleiche Spielekonsole für 279 EUR zzgl. 30 EUR Versandkosten anbietet. Der Arbeitgeber kann nun bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils den Preis des Onlineshops zugrunde legen, sofern er einen Ausdruck des Angebots (inkl. Datum) zum Lohnkonto nimmt. Der tatsächlich entrichtete Kaufpreis ist für die Lohnversteuerung in diesem Fall nicht von Bedeutung:

     

    günstigerer Preis am Markt (im Inland)

    279 EUR

    zzgl. Versand- und Verpackungskosten

    30 EUR

    zu versteuernder geldwerter Vorteil

    309 EUR

     

     

    Beachte | Da bei dieser Bewertungsmethode bereits der günstigste Preis am Markt ermittelt wird, kann nicht zusätzlich noch ein Abschlag von 4 % gemäß § 8.1 Abs. 2 S. 9 LStR vorgenommen werden. Gleiches gilt im Übrigen für einen als Sachbezug zu behandelnden Gutschein, der auf einen Geldbetrag lautet.

     

    3.1.3 Wahlrecht des Arbeitgebers

    Da die Zugrundelegung eines günstigeren Preises für den Arbeitgeber mit Ermittlungsaufwand verbunden ist, besteht für den Arbeitgeber keine Verpflichtung, den günstigsten Marktpreis zu verwenden. Der Arbeitgeber kann im LSt-Abzugsverfahren auch weiterhin einen um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort ansetzen und auf die Vereinfachungsregelung der R 8.1 Abs. 2 S. 9 LStR (vgl. Tz. 3.1.1) zurückgreifen.

     

    MERKE | Sofern die monatlichen Sachbezüge (nach Anrechnung der vom Arbeitnehmer gezahlten Entgelte) 44 EUR nicht übersteigen, bleiben sie gemäß § 8 Abs. 2 S. 9 EStG außer Ansatz und sind nicht in die Ermittlung der einzubehaltenden Lohnsteuer einzubeziehen.

     

     

    3.1.4 Wahlrecht des Arbeitnehmers

    Der Arbeitnehmer ist an die vom Arbeitgeber im Lohnsteuerabzugsverfahren gewählte Bewertungsmethode nicht gebunden. Sofern der Arbeitgeber aus Vereinfachungsgründen im LSt-Abzugsverfahren den geldwerten Vorteil weiterhin mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort bewertet, hat der Arbeitnehmer im Rahmen der Veranlagung die Möglichkeit, eine Bewertung mit dem günstigsten Preis am Markt (vgl. Tz. 3.1.2) vornehmen und den Bruttoarbeitslohn entsprechend korrigieren zu lassen.

     

    PRAXISHINWEIS | Hierzu benötigt der Arbeitnehmer ein Schreiben des Arbeitgebers, mit welchem Wert der Sachbezug bisher im LSt-Abzugsverfahren berücksichtigt wurde sowie die entsprechenden Nachweise über den günstigsten Preis am Markt im Zeitpunkt des Zuflusses.

     

    3.2 Bewertung gem. § 8 Abs. 3 EStG (Spezialnorm)

    Erhält ein Arbeitnehmer aufgrund seines Dienstverhältnisses unentgeltlich bzw. vergünstigt Waren oder Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber - nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer - hergestellt, vertrieben oder erbracht werden, kann der geldwerte Vorteil gemäß § 8 Abs. 3 EStG bewertet werden. Endpreis i.S.d. § 8 Abs. 3 S. 1 EStG ist entsprechend den Regelungen des aktuellen BMF-Schreibens nunmehr der Preis (inkl. Umsatzsteuer), zu dem der Arbeitgeber die konkreten Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr am Ende von Verkaufsverhandlungen anbietet.

     

    Wichtig | Die Berücksichtigung eines Preisabschlags, den der Arbeitgeber Groß- oder Dauerkunden einräumt, ist allerdings nicht zulässig. Es wird jedoch bei der Ermittlung des tatsächlichen Angebotspreises nicht beanstandet, wenn als Endpreis i.S.d. § 8 Abs. 3 EStG der Preis zugrunde gelegt wird, der sich ergibt, wenn von dem empfohlenen Preis ein durchschnittlicher Preisnachlass abgezogen wird, der beim Verkauf an fremde Letztverbraucher im allgemeinen Geschäftsverkehr tatsächlich gewährt wird. Zur Bestimmung des durchschnittlichen Preisnachlasses können m.E. die in den vergangenen drei Kalendermonaten gewährten Rabatte zugrunde gelegt werden.

     

    MERKE | Der BFH hat seine Rechtsprechung dahingehend geändert, dass unter dem Endpreis im Sinne des § 8 Abs. 3 EStG nicht mehr der Angebotspreis (unabhängig von Rabattgewährungen) nach der Preisangabeverordnung zu verstehen ist (vgl. BFH 5.9.06, VI R 41/02, BStBl II 07, 309), sondern als Endpreis nunmehr der Preis zugrunde zu legen ist, der am Ende von Verkaufsverhandlungen als letztes Angebot steht. Folglich sind auch üblicherweise eingeräumte Rabatte bei der Ermittlung einzubeziehen. Die Finanzverwaltung hat sich dieser Auffassung angeschlossen.

     

    Tritt der Arbeitgeber mit fremden Letztverbrauchern nicht in Geschäftsbeziehungen, sind die Endpreise zugrunde zu legen, zu denen der dem Abgabeort des Arbeitgebers nächstansässige Abnehmer die Waren und Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern anbietet.

     

    PRAXISHINWEIS | Für die Preisfeststellung ist grundsätzlich jeweils der Kalendertag maßgebend, an dem die Ware oder Dienstleistung an den Arbeitnehmer abgegeben wird. Fallen Bestell- und Liefertag auseinander, sind zur Ermittlung des Angebotspreises die Verhältnisse des Bestelltages ausschlaggebend.

     

    3.2.1 Bewertungsabschlag und Rabattfreibetrag

    Um mögliche Preisunterschiede zum üblichen Marktpreis auszugleichen, ist gemäß § 8 Abs. 3 S. 1 EStG von dem ermittelten Angebotspreis ein 4 %iger Bewertungsabschlag vorzunehmen und der so ermittelte geldwerte Vorteil (ggf. vermindert um Zuzahlungen des Arbeitnehmers) um den Rabattfreibetrag von jährlich 1.080 EUR zu mindern.

     

    • Beispiel 3

    Der Mitarbeiter eines Möbelgeschäfts erhält beim Kauf von Möbeln einen Personalrabatt von 30 %. Im Juni 2013 kauft der Mitarbeiter mehrere Wohnzimmermöbel, die im Möbelgeschäft mit einem Endpreis von 10.000 EUR ausgezeichnet sind. Der Mitarbeiter bezahlt für die Möbel (inkl. Lieferung) lediglich 7.000 EUR (10.000 EUR abzgl. 30 % Personalrabatt). Das Möbelgeschäft gewährt auf die Möbel gegenüber anderen Letztverbrauchern durchschnittlich einen Rabatt von 5 %.

     

    Der Arbeitgeber ermittelt den geldwerten Vorteil gemäß § 8 Abs. 3 EStG. Aufgrund der geänderten Rechtsprechung/Verwaltungsauffassung muss der Arbeitgeber bei der Ermittlung nicht den Angebotspreis (10.000 EUR) zugrunde legen, sondern kann zur Bestimmung des Endpreises i.S.d. § 8 Abs. 3 EStG nunmehr die durchschnittlichen Rabatte ebenfalls mindernd berücksichtigen:

    Endpreis am Ende von Verkaufsverhandlungen

    (10.000 EUR abzgl. 5 % durchschnittlicher Rabatt)

    9.500 EUR

    abzgl. 4 % Bewertungsabschlag (4 % x 9.500 EUR)

    380 EUR

    Geldwert der erworbenen Möbel

    9.120 EUR

    abzgl. vom Arbeitnehmer gezahltes Entgelt

    7.000 EUR

    geldwerter Vorteil

    2.120 EUR

    abzgl. (noch nicht ausgeschöpfter) Rabattfreibetrag

    1.080 EUR

    lohnsteuerpflichtiger geldwerter Vorteil

    1.040 EUR

     

     

    3.3 Wahlrecht zwischen § 8 Abs. 2 und Abs. 3 EStG

    Durch die Gewährung eines Bewertungsabschlags von 4 % und den zusätzlichen Rabattfreibetrag von 1.080 EUR stellt die Bewertung nach § 8 Abs. 3 EStG bei Belegschaftsrabatten in der Regel die günstigere Variante dar. Es sind jedoch auch Fälle denkbar, in denen der vom Arbeitgeber angebotene Endpreis und der günstigste Preis am Markt derart stark voneinander abweichen, dass trotz des Bewertungsabschlags und des Rabattfreibetrags eine Bewertung nach § 8 Abs. 2 EStG günstiger wäre. In diesen Fällen können Arbeitgeber wie Arbeitnehmer die Bewertungsmethode frei wählen.

     

    PRAXISHINWEIS | Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, im LSt-Abzugsverfahren die für den Arbeitnehmer günstigste Bewertungsmethode zu ermitteln. Es bleibt dem Arbeitgeber unbenommen, eine Bewertung gemäß § 8 Abs. 3 EStG vorzunehmen, auch wenn § 8 Abs. 2 S. 1 EStG für den Arbeitnehmer steuerlich günstiger wäre. In diesen Fällen kann der Arbeitnehmer jedoch den geldwerten Vorteil im Rahmen seiner ESt-Veranlagung nach § 8 Abs. 2 S. 1 EStG bewerten und den Bruttoarbeitslohn entsprechend mindern. Er muss hierzu die jeweils zugrunde gelegten Endpreise i.S.d. § 8 Abs. 3 S. 1 EStG sowie § 8 Abs. 2 S. 1 EStG nachweisen (z.B. durch formlose Mitteilung des Arbeitgebers, Ausdruck eines günstigeren inländischen Angebots im Zeitpunkt des Zuflusses).

     
    • Beispiel 4 (Ergänzung Beispiel 3)

    Im Dezember 2013 kauft der Arbeitnehmer bei seinem Arbeitgeber zusätzlich noch einen Esstisch, der mit 1.000 EUR ausgezeichnet ist. Der Arbeitgeber ermittelt den geldwerten Vorteil im LSt-Abzugsverfahren wie folgt:

     

    Endpreis am Ende von Verkaufsverhandlungen (abzgl. 5 % durchschnittlicher Rabatt)

    950 EUR

    abzgl. 4 % Bewertungsabschlag (4 % x 950 EUR)

    38 EUR

    Geldwert des erworbenen Esstisches

    912 EUR

    abzgl. vom Arbeitnehmer gezahltes Entgelt

    700 EUR

    lohnsteuerpflichtiger geldwerter Vorteil (Rabattfreibetrag bereits ausgeschöpft!)

    212 EUR

     

     

    Der Arbeitnehmer findet am gleichen Tag im Internet ein Angebot eines anderen inländischen Möbelhauses, das den identischen Tisch zum Preis von 750 EUR zzgl. 50 EUR Versandkosten anbietet. Aus diesem Grund beantragt der Arbeitnehmer im Rahmen seiner ESt-Veranlagung eine Bewertung des geldwerten Vorteils gemäß § 8 Abs. 2 EStG vorzunehmen und den Bruttoarbeitslohn entsprechend zu mindern.

    Ermittlung des geldwerten Vorteils gem. § 8 Abs. 2 EStG:

    günstigerer Preis am Markt (im Inland)

    750 EUR

    zzgl. Versandkosten

    50 EUR

    kein pauschaler Abschlag i.H.v. 4 %

    800 EUR

    abzgl. Zahlung des Arbeitnehmers

    700 EUR

    zu versteuernder geldwerter Vorteil

    100 EUR

     

     

    Der Arbeitslohn kann bei entsprechendem Nachweis im Rahmen der ESt-Veranlagung um 112 EUR gemindert werden.

     

    3.4 Zeitliche Anwendung

    Diese Grundsätze sind sowohl im LSt-Abzugsverfahren als auch im Veranlagungsverfahren in allen offenen Fällen anwendbar. Je weiter die Gewährung des geldwerten Vorteils jedoch zurück liegt, desto schwieriger gestaltet sich der Nachweis des günstigeren Preises am Markt zum Zeitpunkt des Zuflusses. Insoweit trägt der Arbeitnehmer die Feststellungslast.

    4. Personalrabatte in der Automobilbranche

    Arbeitnehmer von Automobilherstellern/-händlern haben oft die Möglichkeit Kraftfahrzeuge vergünstigt zu erwerben. Diese Personalrabatte gehören grundsätzlich als geldwerte Vorteile zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Bei der Ermittlung des Endpreises i.S.d. § 8 Abs. 3 EStG wird es im Hinblick auf die Schwierigkeiten bei der Ermittlung des tatsächlichen Angebotspreises von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn auch hier durchschnittliche im allgemeinen Geschäftsverkehr gewährte Preisnachlässe von dem empfohlenen Preis abgezogen werden. Der durchschnittliche Preisnachlass ist dabei modellbezogen nach den tatsächlichen Verkaufserlösen in den vergangenen drei Kalendermonaten zu ermitteln.

     

    PRAXISHINWEIS | Bei neu eingeführten Modellen wird es seitens der Finanzverwaltung zurzeit nicht beanstandet, wenn in den ersten drei Kalendermonaten ein pauschaler Abschlag von 6 % der unverbindlichen Preisempfehlung als durchschnittlicher Preisnachlass angenommen wird. Es ist jedoch zu beachten, dass diese Vereinfachungsregelung nur bei einem neuen Fahrzeugtyp oder einer neuen Fahrzeuggeneration und nicht bei einem „Facelift-Modell“ zur Anwendung kommt (vgl. im Einzelnen BMF 18.12.09, IV C 1 -S 2401/08/10001, BStBl I 10, 20).

     

    5. Fazit

    Es steht zu befürchten, dass viele Arbeitgeber von dem Wahlrecht zwischen § 8 Abs. 2 und Abs. 3 EStG im LSt-Abzugsverfahren wegen des erhöhten Arbeitsaufwands keinen Gebrauch machen werden. Es ist aber erfreulich, dass Arbeitnehmer nunmehr eigene Ermittlungen anstellen und im Rahmen der ESt-Veranlagung die für sie günstigste Bewertungsmethode wählen können. Darüber hinaus wird der Aspekt, dass bei der Bewertung nach § 8 Abs. 3 EStG bereits im LSt-Abzugsverfahren die durchschnittlich gewährten Rabatte berücksichtigt werden können, bei den Arbeitnehmern zu einer Minderung des zu versteuernden geldwerten Vorteils führen.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2013 | Seite 282 | ID 42210932