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  • · Fachbeitrag · Unternehmensnachfolge

    Tod eines Einzelunternehmers: Ertragsteuerliche Rechtsfolgen und Gestaltungsmöglichkeiten

    von Dipl.-Finw. Karl-Heinz Günther, Übach-Palenberg

    | Der plötzliche Tod eines Einzelunternehmers kann - insbesondere wenn keine testamentarischen Regelungen getroffen wurden - für die Erben erhebliche ökonomische Probleme mit sich bringen. Zum einen muss geklärt werden, ob und durch wen der Betrieb fortgeführt werden soll. Zum anderen entsteht bei mehreren Erben eine gewerbliche Einkünfte erzielende Mitunternehmerschaft, deren Auseinandersetzung je nachdem, welche Vereinbarungen getroffen werden, erhebliche Steuerfolgen haben kann. Welche Gestaltungsmöglichkeiten hierbei infrage kommen, wird nachfolgend analysiert. |

    1. Allgemeine Grundsätze und Zurechnung von Einkünften

    Mit dem Tod erlischt die persönliche Einkommensteuerpflicht einer natürlichen Person. Dies hat zur Folge, dass sich dadurch auch der grundsätzlich mit dem Kalenderjahr identische Veranlagungszeitraum bei einer einzeln zu veranlagenden Person verkürzt (§ 25 Abs. 1 EStG). Dem Steuerpflichtigen sind nur die bis zu seinem Tod erzielten Einkünfte zuzurechnen. Der Steuerbescheid ist dem oder den Erben als Gesamtrechtsnachfolger bekannt zu geben. Ein vom Erblasser nicht ausgenutzter Verlustabzug geht steuerlich verloren; er geht nicht auf den oder die Erben über (BFH 17.12.07, GrS 2/04, BStBl II 08, 608).

     

    Mit dem Tod des Erblassers geht der gesamte Nachlass unentgeltlich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Erben über. D. h. ihn treffen nun die Rechtsfolgen, wenn er das übernommene Vermögen weiterhin zur Erzielung von Erträgen nutzt, es einer anderweitigen Nutzung zuführt oder veräußert. Geht das Vermögen auf mehrere Erben über, entsteht eine Erbengemeinschaft mit gemeinschaftlichem Vermögen. Einkommensteuerlich wird die Erbengemeinschaft bis zu ihrer Auseinandersetzung bei den Überschusseinkünften wie eine Bruchteilsgemeinschaft (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO) und bei den Gewinneinkünften als Mitunternehmerschaft behandelt. Erwirtschaftet die Gemeinschaft einkommensteuerliche Einkünfte, sind diese einheitlich und gesondert festzustellen (§ 180 Abs. 1 Nr. 2a AO).

     

    MERKE | Gehört ein gewerbliches, freiberufliches oder land- und forstwirtschaftliches Unternehmen zum Nachlass, geht es mit dem Erbfall auf den Erben oder die Erbengemeinschaft über. Sämtliche Miterben werden Mitunternehmer i. S. v. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Aufgrund ihrer Stellung als Miterben tragen sie ein Mitunternehmerrisiko und können Mitunternehmerinitiative entfalten. Als solche beziehen die Erben ihre Einkünfte kraft eigener Verwirklichung des Einkünftetatbestands. Die laufenden Einkünfte sind ihnen als Mitunternehmer nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen, der sich grundsätzlich nach ihren Erbteilen bestimmt (§ 2038 Abs. 2, § 743 Abs. 1 BGB).

     

    2. Rückwirkende Zurechnung von Einkünften

    Wird die Erbengemeinschaft beendet, endet damit auch die gemeinschaftliche Einkunftserzielung und die Zurechnung der laufenden Einkünfte. Die Finanzverwaltung lässt jedoch unter bestimmten Voraussetzungen eine auf den Zeitpunkt des Erbfalls rückwirkende Zurechnung zu. In diesem Fall werden die Einkünfte ab dem Erbfall ungeschmälert dem die Einkunftsquelle übernehmenden Miterben zugerechnet. Anerkannt wird i. d. R. eine rückwirkende Zurechnung laufender Einkünfte bis zu sechs Monaten (BMF 11.1.06, IV B 2 - S 2242 - 2/04, BStBl I 06, 253, Rz. 8).

     

    Dafür reicht es jedoch nicht aus, wenn die Miterben innerhalb der Frist lediglich den Entschluss fassen, sich auseinanderzusetzen. Vielmehr muss innerhalb der Frist eine klare und rechtlich bindende Vereinbarung über die Auseinandersetzung und ihre Modalitäten vorliegen. Die Vereinbarung muss den Übergang von Nutzungen und Lasten für die von dieser Auseinandersetzung betroffenen Wirtschaftsgüter auf den Zeitpunkt des Erbfalls festlegen; sie muss auch tatsächlich durchgeführt werden. Ist noch eine Wertfindung erforderlich, kann diese auch nach Ablauf der Frist erfolgen.

    3. Erbauseinandersetzung über Betriebsvermögen

    Eine solche Auflösung einer Erbengemeinschaft durch Auseinandersetzung kann unentgeltlichen, aber auch teilentgeltlichen Charakter haben. Im betrieblichen Bereich steht naturgemäß die Frage im Vordergrund, ob das Realisieren stiller Reserven durch entsprechende Gestaltung vermieden werden kann. Setzen sich die Miterben über Betriebsvermögen auseinander, ist zu unterscheiden, ob eine Teilung ohne Abfindungszahlungen erfolgt oder ob, weil z. B. ein Miterbe wertmäßig mehr erhält, als seiner Erbquote entspricht, ein Spitzen- oder Wertausgleich stattfindet.

     

    3.1 Auseinandersetzung ohne Spitzenausgleich

    Besteht der Nachlass ausschließlich aus Betriebsvermögen und wird er ohne Zahlung von Abfindungen real geteilt, ist die Aufteilung kein entgeltlicher Vorgang, da es sich um die Erfüllung des durch die Auseinandersetzungsvereinbarung konkretisierten gesetzlichen Auseinandersetzungsanspruchs handelt. Durch die Aufteilung können daher weder Anschaffungskosten noch Veräußerungserlöse entstehen. In der Regel wird jedoch auch noch privates Vermögen vorhanden sein, d. h., es handelt sich häufig um einen sog. Mischnachlass, der zur Verteilung ansteht.

     

    • Beispiel

    Einzelunternehmer A verstirbt und hinterlässt neben seinem Betrieb ein schuldenfreies Mietwohngrundstück. Beerbt wird er zu je einem Drittel von seiner Ehefrau und seinen beiden Söhnen, die bereits im Betrieb mitarbeiten. Das Unternehmen hat einen Verkehrswert von 1 Mio. EUR, das Mietwohngrundstück einen Verkehrswert von 500.000 EUR. Die Erben setzen sich nun dergestalt auseinander, dass die beiden Söhne den Betrieb erhalten und fortführen und die Ehefrau das Mietwohngrundstück erhält.

    Lösung: Die Auseinandersetzung ist in vollem Umfang steuerneutral, d. h., die beiden Söhne führen das Unternehmen als Mitunternehmer zu Buchwerten fort (§ 6 Abs. 3 EStG). Die Ehefrau erhält das private Mietwohngrundstück und führt mangels eigener Anschaffungskosten die AfA des Erblassers fort (§ 11d EStDV).

     
    • Abwandlung

    Das Mietwohngrundstück hat lediglich einen Verkehrswert von 400.000 EUR.

     

    Lösung: Setzen sich die Miterben trotz der bestehenden Wertungleichheit auseinander (die beiden Söhne erhalten jeweils einen Wert von 500.000 EUR, die Mutter dagegen nur 400.000 EUR), ändert sich ertragsteuerlich am Ergebnis nichts. D. h., die Söhne führen die Buchwerte und die Mutter die bisherige AfA fort.

     

    Fraglich ist jedoch, ob sich hieraus schenkungsteuerliche Konsequenzen ergeben können, denn letztlich verzichtet die Mutter auf ca. 66.700 EUR zugunsten ihrer Söhne (Gesamtwert des Nachlasses: 1,4 Mio. EUR, Anteil der Mutter: 466.667 EUR, tatsächlich erhalten: 400.000 EUR). Dies dürfte jedoch im Regelfall ausgeschlossen sein. Denn es spricht eine Vermutung dafür, dass die Erben den Nachlass so verteilen, dass jeder Miterbe den ihm nach Gesetz oder Testament zustehenden Anteil erhält. Weichen sie davon ab, werden sie dafür meist einen Grund haben. Der Finanzverwaltung dürfte es in aller Regel schwerfallen, den für die Annahme einer Schenkung erforderlichen Bereicherungswillen nachzuweisen.

     

    Beachten Sie | Eine Ausnahme gilt lediglich dann, wenn die Abweichung von Gesetz oder Testament offensichtlich willkürlich ist (Geck/Ebeling, § 7 Rz. 337 unter Hinweis auf OFD Hannover v. 25.3.94, StEK ErbStG 1974 § 7 Nr. 27).

     

    PRAXISHINWEISE | Vorsicht ist jedenfalls angebracht, wenn das Betriebsvermögen aufgeteilt und der Betrieb nicht fortgeführt wird. Hier handelt es sich regelmäßig um eine Betriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 EStG), d. h. die stillen Reserven sind zu realisieren und der Gewinn auf Antrag begünstigt (§§ 16, 34 EStG) zu besteuern.

     

    Dies wäre nur dann unschädlich, wenn die beiden Söhne bereits vor dem Erbfall jeweils selbst unternehmerisch tätig waren und den ererbten Betrieb nun - nach vorheriger steuerneutraler Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft mit der Mutter - im Wege der Realteilung (§ 16 Abs. 3 S. 2 EStG) in ihr jeweiliges eigenes Betriebsvermögen übertragen. Denn in diesem Fall wird die nun nur noch aus den beiden Söhnen bestehende Mitunternehmerschaft dergestalt aufgelöst, dass jeder der Mitunternehmer Wirtschaftsgüter des ererbten Betriebs zu Buchwerten in sein jeweiliges Betriebsvermögen überführt. Bei einer Realteilung hängt die Buchwertfortführung allerdings maßgeblich davon ab, dass die übertragenen Wirtschaftsgüter nicht innerhalb einer Sperrfrist veräußert oder entnommen werden. Denn dann wird rückwirkend für den Übertragungsvorgang der gemeine Wert angesetzt und damit nachträglich eine Besteuerung der stillen Reserven ausgelöst (§ 16 Abs. 3 S. 3 EStG).

     

    3.2 Auseinandersetzung mit Abfindungszahlung

    Wird im Rahmen einer Erbauseinandersetzung ein Nachlass real geteilt und erhält ein Miterbe wertmäßig mehr, als ihm nach seiner Erbquote zusteht, und zahlt er für dieses „Mehr“ an seine Miterben einen Spitzen- oder Wertausgleich, liegt insoweit ein Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäft vor. In Höhe der Abfindung entstehen Anschaffungskosten sowie ein Veräußerungserlös.

     

    • Beispiel

    Erblasser A hat einen Betrieb (Verkehrswert 1 Mio. EUR, Buchwert 200.000 EUR) und ein privates Mietwohngrundstück (Verkehrswert 500.000 EUR) hinterlassen. Erben sind seine Söhne B und C zu je ½. B erhält den Betrieb und C das Mietwohngrundstück zuzüglich einer Abfindung von 250.000 EUR.

     

    Rechtsfolgen für B: Beide Söhne sind am Gesamtnachlass (Wert 1,5 Mio. EUR) zu jeweils 750.000 EUR beteiligt. B erhält den Betrieb daher zu ¾ = 750.000 EUR unentgeltlich und erwirbt durch die Abfindungszahlung von 250.000 EUR an C den restlichen ¼-Anteil entgeltlich hinzu. Er hat somit in Höhe von ¾ von 200.000 EUR = 150.000 EUR die Buchwerte fortzuführen (§ 6 Abs. 3 EStG). In Höhe von 250.000 EUR entstehen ihm Anschaffungskosten für den Erwerb des Mitunternehmeranteils von C, was zu einer Buchwertaufstockung von 200.000 EUR führt (Anschaffungskosten 250.000 EUR ./. anteiliger Buchwert 50.000 EUR).

     

    Rechtsfolgen für C: C erhält das Mietwohngrundstück im Wert von 500.000 EUR in vollem Umfang unentgeltlich und führt insoweit die AfA des Rechtsvorgängers fort (§ 11d EStDV). Hinsichtlich der Abfindung veräußert er ¼ seines Mitunternehmeranteils am Betrieb an B und erzielt dadurch einen Veräußerungsgewinn von 250.000 EUR ./. 50.000 EUR = 200.000 EUR. Dieser ist nicht nach §§ 16, 34 EStG begünstigt, weil es sich lediglich um einen Teil eines Mitunternehmeranteils handelt (§ 16 Abs. 1 S. 2 EStG). Denn C hat im Rahmen der Auseinandersetzung weitere ¼ seines Mitunternehmeranteils unentgeltlich an B übertragen.

     

    3.3 Auseinandersetzung durch Sachwertabfindung aus dem Betriebsvermögen

    Erfolgt eine Auseinandersetzung der Miterben eines Betriebs durch Sachwertabfindung aus dem Betriebsvermögen, ist besondere Vorsicht geboten. Denn hier können sich zusätzlich zu dem vom ausscheidenden Miterben zu versteuernden Veräußerungsgewinn auch für den verbleibenden Miterben steuerpflichtige Veräußerungsgewinne ergeben (BMF 14.3.06, BStBl I 06, 253 Rz. 51).

     

    • Beispiel

    Miterben eines Betriebs sind A und B zu je ½. Das Betriebsvermögen besteht aus einem Grundstück und sonstigen Aktiva:

     

    Buchwert
    tatsächlicher Wert

    Grundstück

    200.000 EUR

    500.000 EUR

    Sonstige Aktiva

    200.000 EUR

    500.000 EUR

    Kapitalkonto A

    200.000 EUR

    Kapitalkonto B

    200.000 EUR

     

    A und B setzen sich nun dergestalt auseinander, dass A den Betrieb übernimmt (Wert: 1 Mio. EUR) und B als Abfindung das Grundstück erhält (Wert 500.000 EUR).

     

    Auswirkung für B: B scheidet entgeltlich aus der Mitunternehmerschaft (Erbengemeinschaft) aus und erhält hierfür ein Grundstück im Wert von 500.000 EUR. Damit realisiert er einen Gewinn aus der Veräußerung seines Mitunternehmeranteils (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG) in Höhe von (500.000 EUR ./. Buchwert 200.000 EUR =) 300.000 EUR, der auf Antrag nach §§ 16, 34 EStG begünstigt besteuert wird.

     

    Auswirkung für A: A hat zunächst aufgrund des Erwerbs des Mitunternehmeranteils von B für 500.000 EUR eine Abfindungsschuld zu passivieren. Den über das Kapitalkonto von B hinausgehenden Betrag von 300.000 EUR muss er als Anschaffungskosten im Wege der Buchwertaufstockung den vorhandenen aktiven Wirtschaftsgütern anteilig zuordnen. Aufgrund der jeweils hälftigen Buchwerte der Wirtschaftsgüter Grundstück und sonstige Aktiva erfolgt eine Buchwertaufstockung um jeweils 150.000 EUR, sodass das Grundstück nunmehr einen Buchwert von 350.000 EUR aufweist.

     

    Im zweiten Schritt tilgt A nun seine Abfindungsschuld von 500.000 EUR durch Hingabe des betrieblichen Grundstücks, das im Rahmen eines entgeltlichen Rechtsgeschäfts aus dem Betriebsvermögen ausscheidet. Dies führt in Höhe der Differenz von Erlös (500.000 EUR) zu aufgestocktem Buchwert (350.000 EUR) zu einem laufenden betrieblichen Gewinn von 150.000 EUR, den A zu versteuern hat.

     

    GESTALTUNGSHINWEISE | Dieses suboptimale Ergebnis kann dadurch vermieden werden, dass A den Miterben B nicht durch Hingabe des betrieblichen Grundstücks, sondern mit einem entsprechenden Geldbetrag abfindet. Eine hierzu ggf. erforderliche Schuldaufnahme führt zu einer Betriebsschuld mit entsprechendem Betriebsausgabenabzug der Schuldzinsen. Völlig erfolgsneutral für beide Miterben wäre der Fall, wenn B das Grundstück in ein Betriebsvermögen überführen würde. In diesem Fall würde B lediglich den Buchwert des Grundstücks fortführen (§ 6 Abs. 5 EStG) und A hätte auf der Aktivseite das Grundstück mit 200.000 EUR und auf der Passivseite das Kapital von B mit 200.000 EUR erfolgsneutral auszubuchen (BMF 14.3.06, BStBl I 06, 253 Rz. 52).

     
    Quelle: Ausgabe 07 / 2016 | Seite 254 | ID 44086103

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