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  • · Fachbeitrag · Verlustnutzung

    „Vererbung“ von Verlustvorträgen: Ausweichgestaltungen zur Verlustnutzung

    von Prof. Dr. Dennis Klein, Steuerberater, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht, Hannover/Toppenstedt

    | Verlustvorträge nach § 10d EStG sind nicht vererblich, sodass sie im Erbfall ungenutzt verfallen. Zugleich ist das Volumen der bestehenden Verlustvorträge in Deutschland mit über 600 Mrd. EUR außerordentlich hoch (siehe Dokumentation von Dorenkamp, 39. Berliner Steuergespräch, abrufbar über www.berlinersteuergespraeche.de ). Aus Sicht der Steuerpflichtigen gilt es, möglichst viel dieses Steuersparvolumens zu retten. Einige Gestaltungsmöglichkeiten vor, im und nach dem Erbfall werden nachfolgend untersucht. |

    1. Ausgangslage: Wegfall des Verlustabzugs beim Erben

    Ungenutzte Verlustvorträge gemäß § 10d EStG sind nach einer Entscheidung des Großen Senats des BFH seit 2008 nicht mehr vererblich (BFH 17.12.07, GrS 2/04, BStBl II 08, 608). Der Große Senat beendete damit die bis dahin geübte langjährige Praxis, Verlustvorträge von den Erben fortführen und mit deren Einkünften verrechnen zu lassen (vgl. R 10d Abs. 3 EStR 2005). Der Verlustabzug ist als höchstpersönliche Rechtsposition untrennbar an die Person gebunden, die die Verluste tatsächlich erlitten hat.

     

    MERKE | Wie bei anderen personenbezogenen Belastungen - wie Sonderausgaben oder außergewöhnlichen Belastungen - ist der Verlustabzug gemäß § 10d EStG vom Gesamtbetrag der Einkünfte vorzunehmen, um die individuelle Leistungsfähigkeit zu erfassen. Daher kann er nicht Gegenstand der Gesamtrechtsnachfolge im Erbfall sein, da die Erben sonst unzulässigerweise Drittaufwand geltend machen könnten. Für die Leistungsfähigkeit der Erben dürfen nur deren eigene Aufwendungen und deren selbst erlittene Verluste maßgeblich sein (so schon Witt, BB 08, 1199).

     

    Konsequenz dieser Handhabung ist freilich eine Übermaßbesteuerung beim Erblasser. Denn dieser hat bei ungenutzten Verlustvorträgen regelmäßig nach der auf das gesamte Leben bezogenen steuerlichen Gesamtleistungsfähigkeit zu hohe Steuern gezahlt (vgl. etwa kritisch Staats, ZErb 08, 157). Der darin liegende Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip und das objektive Nettoprinzip ergibt sich aus dem Abschnittsprinzip der Besteuerung und verlangt im Grunde nach einer Korrektur der Gesetzeslage in § 10d EStG.

     

    Der gegenüber Verlusten naturgemäß reserviert eingestellte Fiskus und Gesetzgeber macht indes keine dahin gehenden Anstalten. Ganz im Gegenteil: Es ist eher zu befürchten, dass die Möglichkeiten der Verlustverrechnung noch weiter eingeschränkt werden (vgl. Tagungsbericht zum 39. Berliner Steuergespräch, abrufbar unter www.berlinersteuergespraeche.de).

     

    Auf absehbare Zeit bleibt den Steuerpflichtigen daher nur die Möglichkeit, selbst durch Ausweichgestaltungen eine möglichst weitreichende Verrechnung und damit Nutzung bestehender Verlustvorträge zu erreichen. Dabei lässt sich an verschiedenen Stellen ansetzen:

     

    • Gestaltungsansatz 1: Bei Ehepartnern kann der verwitwete Ehepartner zumindest im Todesjahr noch die Zusammenveranlagung für den Verlustabzug nutzen.

     

    • Gestaltungsansatz 2: Im Gegensatz zum höchstpersönlichen Verlustabzug nach § 10d EStG lassen sich Verluste ggf. in speziellen Verlustverrechnungskreisen wie § 15a EStG oder § 15 Abs. 4 EStG „konservieren“.

     

    • Gestaltungsansatz 3: Noch der Erblasser selbst kann ggf. durch gezielte Gewinnrealisationen seine Verlustvorträge aufbrauchen, auch im Hinblick auf die spätere Erbfolge.

     

    • Gestaltungsansatz 4: Fortsetzungsklauseln in Gesellschaftsverträgen können ggf. noch im Erbfall eine Verlustverwertung ermöglichen.

     

    • Gestaltungsansatz 5: Auch noch nach dem Erbfall können die Erben ggf. durch nachträgliche Gestaltungen mit Rückwirkung eine Verlustverwertung erreichen.

    2. Fünf Ausweichgestaltungen auf einen Blick

    2.1 Verlustvortragsnutzung durch Zusammenveranlagung

    Eine erste Möglichkeit bietet sich bei Ehepartnern bzw. Lebenspartnern durch die Zusammenveranlagung nach § 26b EStG. Auch beim Tod eines Steuerpflichtigen entsteht die Einkommensteuer nach § 36 Abs. 1 EStG mangels abweichender gesetzlicher Bestimmungen erst mit Ablauf des 31.12., also nicht schon im Todeszeitpunkt (Moog, DStR 10, 1122). Lediglich die Einkünfteerzielung endet bereits mit dem Tod, die Erfüllung der ESt-Erklärungspflicht und die Zahlung der Steuer obliegt dann den Erben.

     

    PRAXISHINWEIS | Auch im Todesjahr steht dem überlebenden Ehepartner gemäß § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG noch die Zusammenveranlagung zur Verfügung. Die Ehepartner sind dann gemeinsam als Steuerpflichtiger zu behandeln. Auf dieser Ebene erfolgt die Verlustverrechnung. Der Ehepartner macht den Verlustvortrag nicht als Erbe geltend. Vielmehr kommt ihm durch die Zusammenveranlagung ein Verlustvortrag gewissermaßen wie ein Reflex zugute. Die Zusammenveranlagung ist insoweit vorgreiflich; auf die fehlende Vererblichkeit kommt es gar nicht an (Rickert, DStR 10, 410).

     

    Beachten Sie | Dies wird auch dadurch deutlich, dass der Ehepartner für die Zusammenveranlagung nicht einmal Erbe sein muss (Moog, DStR 10, 1122). Die Verrechnung erfolgt allein als Nachwirkung der durch Tod beendeten Ehe. Lediglich für die Steuererklärung müssen die Erben mitwirken (BFH 21.6.07, III R 59/06, BStBl II 07, 770); insoweit treten sie als Gesamtrechtsnachfolger an die Stelle des Erblassers und geben für diesen Erklärungen ab.

     

    PRAXISHINWEIS | Da es bei der Zusammenveranlagung nicht auf die Erbenstellung ankommt, ist im Übrigen auch eine etwaige Erbquote des Ehepartners irrelevant. Insbesondere muss der Ehepartner keine auf seine Erbquote begrenzte Verlustverrechnung im Todesjahr hinnehmen (vgl. EStR 10d Abs. 6.). Vielmehr lassen sich bis zur Grenze der Mindestbesteuerung nach § 10d Abs. 2 S. 2 EStG Verlustvorträge ausnutzen. Das bedeutet, bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 2 Mio. EUR ist eine komplette Verlustvortragsverrechnung für Einkünfte oberhalb der Grenze zu 60 % möglich.

     

    Der Ehepartner nutzt in verfahrensrechtlicher Hinsicht im Übrigen den zum Ende des vorangegangenen Jahres gesondert festgestellten vortragbaren Verlust. Dieser gesonderte Verlustfeststellungsbescheid bleibt auch wirksam. Allerdings kann nach dem Tod des Erblassers für diesen kein neuer vortragbarer Verlust mehr festgestellt werden (BFH 17.12.07, GrS 2/04, BStBl II 08, 608).

     

    PRAXISHINWEIS | Vom Verlustabzug nach § 10d EStG ist der Verlustausgleich während des Jahres zu differenzieren. Laufende Verluste während des Jahres sind vorrangig zu verrechnen, im Rahmen der Zusammenveranlagung also durch den überlebenden Ehepartner, ohne dass der Tod Einschränkungen ergäbe (BFH, Entsch. v. 12.11.1979, VIII R 193/77, BStBl. II 1980, S. 190; Heinicke, in: Schmidt, EStG, 33. Aufl. 2014, § 10d Rn. 15.).

     

    So kann der überlebende Ehepartner auch bis zu dessen Tod vom anderen Ehepartner erwirtschaftete Verluste mit seinen positiven Einkünften nach dessen Todeszeitpunkt verrechnen. Aus § 26b EStG ergibt sich nämlich keine zeitliche Differenzierung der Einkünfteermittlung für die Ehepartner.

     

    Eine zusätzliche Gestaltungsmöglichkeit ist der Verlustrücktrag nach § 10d Abs. 1 EStG, den der überlebende Ehepartner auch noch in das dem Todesjahr vorangehende Jahr wählen darf. Jedenfalls soweit im vorangegangenen Jahr eine Zusammenveranlagung erfolgte, kann der Ehepartner auch für das Vorjahr von der Verlustverrechnung profitieren. Bei getrennter Veranlagung ist nach § 62d Abs. 1 EStDV ein Rücktrag allerdings nur bei der getrennten Veranlagung des verstorbenen Ehepartners zu berücksichtigen (FinMin Schleswig-Holstein 23.3.11, VI 303 - S 2225-033, DStR 11, 1427).

     

    Beachten Sie | Dem verwitweten Ehepartner steht zwar nach § 32a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 EStG auch noch für das Folgejahr der Splittingtarif als sog. „Verwitwetensplitting“ zu. Da es sich hierbei jedoch um eine reine Tarifvorschrift handelt, lässt sich dieses „Verwitwetensplitting“ nicht auf den Verlustvortrag ausdehnen (Moog, DStR 10, 1122).

     

    2.2 „Verlustkonservierung“ in gesonderten Verlustverrechnungskreisen

    Nicht vom Verlustabzug nach § 10d EStG und damit auch nicht von dessen Wegfall betroffen sind gesonderte Verlustverrechnungskreise, die das EStG in verschiedenen Zusammenhängen vorsieht. Dazu zählen etwa Verluste nach § 15a EStG bei beschränkter Haftung oder Verluste aus Drittstaaten nach § 2a EStG. Die Verluste werden hier gewissermaßen in bestimmten Einkunftsquellen „eingesperrt“ und dürfen nur mit späteren positiven Einkünften hieraus verrechnet werden.

     

    MERKE | Was für den Erblasser noch ein steuerliches Verrechnungshemmnis war, kann sich für die Erben als Vorteil erweisen. Denn soweit eine Verknüpfung mit einer bestimmten Einkunftsquelle besteht, kann der Erbe durch den Erwerb dieser Quelle selbst wirtschaftlich belastet sein. Damit entfällt das wesentliche Argument gegen die Verlustübertragung, Drittaufwand nicht als Minderung der eigenen Leistungsfähigkeit anzuerkennen (Rauch/Haug, SteuK 2011, S. 382).

     

    Dementsprechend sind sog. verrechenbare Verluste nach § 15a Abs. 4 EStG weiterhin vererbbar (FinMin Schleswig-Holstein 23.3.11, VI 303 - S 2225-033, DStR 11, 1427). Typisches Beispiel ist eine Kommanditbeteiligung mit negativem Kapitalkonto. Die Verluste knüpfen an die Mitunternehmerstellung an, die vererbbar ist. Im Übrigen trägt hier der Erbe die Verluste auch wirtschaftlich, wenn sein späterer Auseinandersetzungsanspruch um das negative Kapitalkonto gemindert wird. Entsprechendes gilt gem. § 20 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG für stille Beteiligungen ohne Mitunternehmerstellung. Vergleichbare Konstellationen liegen daneben bei Verlusten aus gewerblicher Tierzucht nach § 15 Abs. 4 EStG sowie aus Steuerstundungsmodellen nach § 15b EStG vor.

     

    Wichtig | In all diesen Fällen geht die Verlustquelle an sich auf den Erben über, der wegen der eigenen wirtschaftlichen Belastung die bereits aufgelaufenen und noch nicht verrechneten Verluste fortführen kann. Sind solche Verluste absehbar, kann durch rechtzeitige gezielte Überführung von Verlustquellen in solche Verrechnungskreise deren Übertragbarkeit gestaltet werden (vgl. Wälzholz, DStR 08, 1769).

     

    • Beispiel

    Ein Steuerpflichtiger gründet eine GmbH & Co. KG, an der er als Kommanditist beteiligt ist. Je nach Kapitalkonto kann er Verluste hieraus gemäß § 15a EStG nur mit späteren Gewinnen verrechnen, dafür können aber die Erben etwaige Verluste weiter nutzen.

     

    Nicht möglich ist hingegen die Übertragung bei Verlusten aus Termingeschäften nach § 15 Abs. 4 S. 3 bis 5 EStG und bei Veräußerungsverlusten nach §§ 20 Abs. 6, 22 Nr. 2, 23 Abs. 3 S. 7 bis 8 EStG (FinMin Schleswig-Holstein 23.3.11, VI 303 - S 2225-033, DStR 11, 1427). Denn in solchen Fällen geht nicht die Einkünftequelle über, sodass eine eigene wirtschaftliche Belastung des Erben nicht zu begründen ist.

     

    Ein Problem ergibt sich bei Verlusten im Sonder-BV. Die verrechenbaren Verluste nach § 15a EStG betreffen das Gesamthandsvermögen. Sonderbetriebsverluste fließen hingegen in den Verlustabzug nach § 10d EStG, soweit sie nicht mit anderen Einkünften ausgleichbar sind (Fischer/Lackus, DStR 14, 302). Hatte etwa ein Erblasser in seiner Sonderbilanz eine Rückstellung zu bilanzieren, war er mit dem Aufwand aus deren Bildung belastet. Der Erbe führt die Sonderbilanz fort, nicht aber den Verlustabzug. Die spätere Rückstellungsauflösung ist bei ihm ertragswirksam, ohne dass er Verlustverrechnungsvolumen hätte.

     

    GESTALTUNGSHINWEIS | Bei Tod des Erblassers sollte noch bei diesem die Rückstellung ertragswirksam aufgelöst werden, sodass gewissermaßen als letzter einkommensteuerlicher Vorgang eine Verrechnung mit den Verlustvorträgen erfolgen kann. Maßgeblich ist der Wegfall der Verpflichtung, wie er sich etwa durch auflösende Bedingungen bewerkstelligen lässt. Der Erbe übernimmt die Sonderbilanz dann ohne Rückstellung und hat bei wieder auflebender, jetzt eigener Verpflichtung, erneut eine Rückstellung zu bilden. Diesen von ihm selbst getragenen tatsächlichen Aufwand kann er steuerlich geltend machen.

     

    2.3 Frühzeitige Verlustnutzung beim Erblasser

    Das größte Gestaltungspotenzial hat der Erblasser selbst noch vor dem Erbfall. Allgemein lässt sich als Prämisse ausgeben, Verlustvorträge möglichst zu vermeiden und Verluste frühzeitig zu verrechnen. Steuerpflichtige sollten den Verlustrücktrag nach § 10d Abs. 1 EStG bewusster nutzen. Steuerpflichtige machen vom Verlustrücktrag eher zurückhaltend Gebrauch, nach Schätzungen nur im einstelligen Prozentbereich (Rennings, 39. Berliner Steuergespräch, abrufbar über www.berlinersteuergespraeche.de).

     

    Sofern stille Reserven vorhanden sind, sollten Steuerpflichtige diese frühzeitig zwecks Verlustverrechnung heben (Kreft, GStB 08, 262). Probate Gestaltungsmittel hierfür können sein:

     

    • Entgeltliche Betriebsveräußerung (an Angehörige oder Dritte),
    • Entnahme werthaltiger Wirtschaftsgüter,
    • Einbringung unter Ansatz von Teil- oder Zwischenwerten.

     

    Der Vorteil dieser Gestaltungsmöglichkeiten besteht auch darin, ggf. neues Abschreibungsvolumen zu schaffen, das noch den Rechtsnachfolgern zugute kommt. Nachteilig ist freilich, dass die Transaktionen tatsächlich durchzuführen sind. Ein Veräußerungsentgelt ist tatsächlich zu leisten; ein Erblasser möchte die Wirtschaftsgüter evtl. nicht frühzeitig aus der Hand geben.

     

    2.4 Fortsetzungsklauseln in Gesellschaftsverträgen

    Die Probleme der frühzeitigen Verlustnutzung lassen sich eleganter lösen, wenn es sich um Beteiligungen an Mitunternehmerschaften handelt. Hier lässt sich über geeignete Fortsetzungsklauseln in den Gesellschaftsverträgen eine auf den Tod aufgeschobene Gewinnrealisierung und Verlustnutzung beim Erblasser gestalten (Wälzholz, DStR 08, 1769).

     

    Die gesellschaftsvertragliche Fortsetzungsklausel schließt die Vererblichkeit der Gesellschaftsbeteiligung aus (vgl. § 131 Abs. 3 HGB). Mit seinem Tod scheidet der Gesellschafter aus der Gesellschaft aus; sein Anteil wächst den übrigen Gesellschaftern an. Dafür ist eine Abfindung zu leisten. Das Ausscheiden gegen Abfindung gilt als letzter Rechtsakt des Erblassers. Steuerlich realisiert der Erblasser einen Veräußerungsgewinn i.S. von §§ 16, 34 EStG, der mit einem Verlustvortrag nach § 10d EStG verrechenbar ist (Piltz, ZEV 08, 376).

     

    Beachten Sie | Da die Bewertung der Abfindung regelmäßig schwierig ist, sind gesellschaftsvertragliche Wertvereinbarungen zugelassen und auch verbreitet (BGH 22.11.56, II ZR 222/55). Hierbei gibt es praktisch die Möglichkeit, sich an den bestehenden verrechenbaren Verlustabzugsbeträgen zu orientieren (vgl. Wälzholz, DStR 08, 1769). Wegen der außersteuerlichen Gründe für Fortsetzungs- und Abfindungsklauseln sind diese auch nicht mit dem Ruch des Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 AO belastet.

     

    2.5 Nachträgliche Gestaltungserklärungen der Erben

    Selbst wenn all diese Maßnahmen nicht genutzt worden sind, ergeben sich mitunter noch Gestaltungsmöglichkeiten für die Erben. So ist an Erklärungen nach dem Todestag zu denken, denen Rückwirkung zukommt (vgl. Kreft in: GStB 08, 262). Umwandlungen wie Verschmelzungen, Aufspaltungen, Abspaltungen, Ausgliederungen oder auch Einbringungen können mit einer Rückwirkung von bis zu acht Monaten erfolgen (vgl. § 20 Abs. 6 UmwStG). Aus Praktikabilitätsgründen erfolgen diese Umwandlungen vielfach auf den Schluss des Wirtschaftsjahres, da dann ohnehin die Jahresabschlüsse vorliegen.

     

    GESTALTUNGSHINWEIS | Zwingend ist dies aber nicht, sodass anlässlich eines Erbfalls auch ein beliebiger anderer Stichtag innerhalb des 8-Monats-Zeitraums wählbar ist. Gerade durch die Wahl von Zwischenwerten anstelle der Buchwerte lassen sich bestehende Verlustvorträge gezielt verrechnen.

     

    Soweit Steuerbescheide des Erblassers noch offen sind, können Erben gezielt Wahlrechte (erneut) ausüben. Dies können Bilanzierungs- und Abschreibungswahlrechte sein, um noch nachträglich eine Einkommenserhöhung zu bewirken. Auch die gewinnerhöhende Auflösung von Rücklagen nach § 6b EStG oder für Ersatzbeschaffung ist zu erwägen (Kreft, GStB 08, 262). Gerade bei späteren Betriebsprüfungen ergeben sich mitunter Gelegenheiten zur nachträglichen Änderung bzw. Wahrnehmung von Wahlrechten.

     

    FAZIT | Bestehende Verlustabzüge nach § 10d EStG sind nicht als solche vererbbar. Das Credo sollte daher nach Möglichkeit eine Verlustvermeidung oder zumindest frühestmögliche Verlustverrechnung sein. Soweit dies nicht erfolgt ist, lässt sich aber durch vielfältige Maßnahmen zumindest ein Teil des Verlustverrechnungsvolumens noch nutzen. Die überlebenden Ehepartner bzw. Erben sollten die Gestaltungen dann aber zeitnah ergreifen, da für sie nur ein begrenztes Zeitfenster zur Verfügung steht.

     

    Zum Autor | Der Verfasser ist Professor für Wirtschafts- und Steuerrecht sowie Rechnungslegung an der Leibniz-Fachhochschule in Hannover und zugleich Steuerberater, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht in Toppenstedt bei Hamburg.

    Quelle: Ausgabe 12 / 2015 | Seite 426 | ID 43641320