25.09.2014 · IWW-Abrufnummer 142829
Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 08.07.2014 – 11 K 1432/11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
11 K 1432/11
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 und 2007, jeweils vom 12. August 2009, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. Mai 2011 werden aufgehoben.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
4. Die Revision wird zugelassen.
5. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob in den Streitjahren 2006 und 2007 Ausgleichszahlungen des geschiedenen Ehemannes, die dieser geleistet hat, um einen Versorgungsausgleich zu vermeiden, bei der geschiedenen Ehefrau steuerlich zu erfassen sind.
Die seit dem 07. Juli 2006 verheirateten Kläger sind Eheleute und wurden in den Streitjahren 2006 und 2007 mit Bescheiden vom 22. Oktober 2007 und vom 18. Februar 2009 bestandskräftig zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin zu 2) war bereits zuvor verheiratet und hatte mit ihrem zwischenzeitlich von ihr geschiedenen, ehemaligen Ehemann im Zuge des Scheidungsverfahrens bzgl. der am 07. Juni 1994 geschlossenen Ehe unter dem Datum des 05. Februar 2006 eine Vereinbarung getroffen, wonach die ehemaligen Eheleute bei Gericht den Ausschluss des Versorgungsausgleichs unter Hinweis auf erhebliche Zahlungen des Ehemanns an die Ehefrau (die Klägerin zu 2) beantragten. Nach der weiteren Vereinbarung vom 05. Februar 2006 übertrug der ehemalige Ehemann im Jahre 2006 einen Bausparvertrag mit einem Wert von ca. 30.000,-- EUR an die Antragstellerin und zahlte einen Geldbetrag in Höhe von 5.000,-- EUR. In den Jahren 2007 bis 2010 waren nach der Vereinbarung vom 05. Februar 2006 zu Gunsten der Klägerin zu 2) weitere Zahlungen in Höhe von 32.000,-- EUR (2007), 23.000,-- EUR (2008) und jeweils 20.000,-- EUR (2009 und 2010) zu erbringen. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten wurde der Vertrag vom 05. Februar 2006 notariell beurkundet und durch das Familiengericht genehmigt. Der ausgleichsverpflichtete geschiedene Ehemann arbeitete nach den Feststellungen des Antraggegners in den Streitjahren bei A, wobei für diesen keine Rentenanwartschaft bestand, weil er Beamter oder Arbeitnehmer mit vergleichbaren Versorgungsansprüchen war.
Nach einer verwaltungsinternen Kontrollmitteilung an den für die Klägerin zu 2) zuständigen Veranlagungsteilbezirk vom 03. Juni 2009 hat diese im Streitjahr 2006 von ihrem ehemaligen Ehegatten den Bausparvertrag in Höhe von 29.995,-- EUR und eine Barzahlung in Höhe von 5.000 EUR,-- (Gesamt: 34.995,-- EUR) und daneben 12.000,-- EUR Unterhaltsleistungen gemäß Anlage U erhalten. Im Streitjahr 2007 hat die Klägerin zu 2) nach der Kontrollmitteilung zudem vereinbarungsgemäß von ihrem geschiedenen Ehegatten eine Zahlung in Höhe von 32.000,-- EUR erhalten. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass es sich bei den Beträgen von 34.995,-- EUR und 32.000,-- EUR um tatsächlich erfolgte Ausgleichszahlungen des ehemaligen Ehegatten handelt, die dieser geleistet hat, um einen Versorgungsausgleich zu vermeiden.
Mit Änderungsbescheiden nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) vom 12. August 2009 unterwarf der Beklagte die Beträge von 34.995,-- EUR für 2006 und in Höhe von 32.000,-- EUR für 2007 als sonstige Einkünfte in Form von wiederkehrenden Bezügen nach § 22 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) der Besteuerung. Die in 2006 gezahlten Unterhaltsleistungen in Höhe von 12.000,-- EUR hatte der Beklagte bereits in dem Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 22. Oktober 2007 als sonstige Einkünfte erfasst.
Das Einspruchsverfahren, in welchem sich die Kläger gegen die steuerliche Berücksichtigung der Ausgleichszahlungen in Höhe von 34.995,-- EUR für 2006 sowie in Höhe von 32.000,-- EUR für 2007 wandten, verlief für diese ausweislich der Einspruchsentscheidung vom 12. Mai 2011 erfolglos.
Mit am 09. Juni 2011 eingegangenem Schriftsatz haben die Kläger Klage erhoben. Die Kläger machen im Wesentlichen geltend, dass die Ausgleichszahlungen in den Streitjahren 2006 und 2007 mangels Rechtsgrundlage nicht steuerbar seien. So handele es sich bei den erhaltenen Beträgen zur Vermeidung des Versorgungsausgleiches nicht um sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 1 EStG. Die Ausgleichszahlungen seien bei der Klägerin zu 2) mangels Entschädigung im eigentlichen Sinne auch nicht nach § 24 Nr. 1 a i.V.m. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG in der für die Streitjahre gültigen Fassung (a.F.) zu versteuern. Es sei nur das ausgeglichen worden, was der Klägerin zu 2) aufgrund der gesetzlichen Regelungen über den Versorgungsausgleich ohnehin zustehe. Die Erfüllung bereits bestehender Ansprüche sei für den Empfänger keine Entschädigung. Unerheblich sei, dass der zum Versorgungsausgleich verpflichtete Ehegatte die Zahlungen als Werbungskosten abziehen könne. Denn dieser müsse die ihm in späteren Jahren zufließenden - höheren - Pensionsbezüge nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG a.F. versteuern. Unerheblich sei schließlich auch, dass ohne die Vereinbarung vom 05. Februar 2006 zur Vermeidung des Versorgungsausgleiches eine externe Teilung der Anrechte des geschiedenen Ehemannes aus seinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis erfolge.
Nach Auffassung der Kläger sei auch der Anwendungsbereich des § 24 Nr. 1 a EStG i.V.m. § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchstabe aa EStG in der für die Streitjahre gültigen Fassung (a.F.) vorliegend nicht eröffnet, da die Abfindung nach Auffassung der Kläger nicht mit künftigen Renteneinkünften aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Zusammenhang stünden. Zudem würden mit der getroffenen Vereinbarung über die Ausgleichszahlung lediglich bereits bestehende Ansprüche ausgeglichen.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 12. Mai 2011 den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 und 2007, jeweils vom 12. August 2009, aufzuheben,
die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertrat zunächst die Auffassung, dass die in den Jahren 2006 und 2007 erhaltenen Ausgleichszahlungen zur Vermeidung eines Versorgungsausgleichs nach §§ 24 Nr. 1 a, 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG a.F. zu versteuern seien. Bei den Ausgleichszahlungen des geschiedenen Ehemannes handele es sich um eine Entschädigung für der Klägerin zu 2) nach dem Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) zustehende Einnahmen. Ohne die Vereinbarung vom 05. Februar 2006 zur Vermeidung des Versorgungsausgleichs wäre eine externe Teilung der Anrechte des geschiedenen Ehemannes aus seinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis nach § 16 VersAusglG i.V.m. § 14 VersAusglG erfolgt. Hiernach habe der A als Arbeitgeber des geschiedenen Ehegatten einen Ausgleichswert als Kapitalbetrag an den Versorgungsträger der Klägerin zu 2) zahlen müssen. Dabei hätte es sich um Einnahmen nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG a.F. gehandelt, die durch das Dienstverhältnis des geschiedenen Ehemannes veranlasst seien. Unbeachtlich sei, dass die Klägerin zu 2) in keinem Dienstverhältnis zum A stehe. Dies habe der Gesetzgeber mit der Ergänzung des § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG durch das Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStRefG) klargestellt. Ebenfalls ohne Bedeutung sei, dass der vom A zu zahlende Ausgleichswert nach § 3 Nr. 55 b EStG steuerfrei gewesen wäre und eine Versteuerung erst im Zeitpunkt der Auszahlung durch den Versorgungsträger der Antragstellerin nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG a.F. erfolgt wäre. Die Klägerin zu 2) habe die Möglichkeit, die von ihrem geschiedenen Ehegatten erhaltenen Ausgleichszahlungen in ihre Altersvorsorge einzuzahlen und auf diese Weise über den Sonderausgabenabzug ein entsprechendes steuerliches Ergebnis zu erzielen.
Nachdem das Gericht mit Beschluss vom 17. Oktober 2011 die streitgegenständlichen Bescheide von der Vollziehung ausgesetzt hatte, ist der Beklagte der Auffassung, dass die streitgegenständlichen Ausgleichszahlungen nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG i.V.m. 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchstabe aa EStG a.F. zu versteuern seien. Sie stellten den Verzicht auf die der Klägerin zu 2) mit Renteneintritt zustehenden Renteneinnahmen dar. Eine Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG liege vor bei Zahlungen, die als Ersatz für Einnahmen geleistet würden, die entweder entgangen seien oder noch entgingen und die nunmehr an deren Stelle träten. Nach der in den Streitjahren gültigen Fassung des § 1587b des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sei über eine Versorgung oder Versorgungsanwartschaft aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen gegenüber einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts, einem ihrer Verbände einschließlich der Spitzenverbände oder einer ihrer Arbeitsgemeinschaften der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich durchzuführen. Hiernach sei in Höhe der Hälfte des Wertunterschiedes für den ausgleichsberechtigten Ehegatten eine Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet, die diesem einen eigenständigen Versicherungsschutz vermittele (sog. Quasi- Splitting). Es sei unstreitig, dass aufgrund der Tätigkeit des geschiedenen Ehemannes der Klägerin zu 2) beim A ohne Ausgleichsvereinbarung nach § 1587o Abs. 1 und 2 BGB a.F. ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich in Form des Quasi- Splittings durchzuführen gewesen wäre. Die Klägerin zu 2) hätte eine Rentenanwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung erlangt, auf der sie mit Renteneintritt Zahlungen erhalten hätte. Die Klägerin zu 2) habe auf zukünftige Renteneinnahmen, die nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchstabe aa EStG a.F. zu versteuern gewesen wären, verzichtet.
Entgegen der Auffassung der Kläger werde mit der Vereinbarung nach § 1587o BGB a.F. zu Gunsten der Klägerin zu 2) nicht lediglich das ausgeglichen, was dieser aufgrund der gesetzlichen Regelung über den Versorgungsausgleich und wegen der bereits während der Ehezeit vor der Ehescheidung begründeten Anrechte ohnehin zugestanden habe. Vielmehr gebe der ausgleichsberechtigte Ehegatte durch den Verzicht auf den Versorgungsausgleich gegen Abfindung einen Vermögenswert, nämlich das Recht auf Bildung einer Versorgungsanwartschaft, in seiner Substanz endgültig auf.
Der Beklagte räumt ein, dass die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) eine Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1 a EStG nur annehme, wenn der Ausfall der Einnahmen entweder von dritter Seite veranlasst worden sei oder, wenn er vom Steuerpflichtigen selbst oder mit dessen Zustimmung herbeigeführt worden sei, dieser unter rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck gestanden habe, wofür im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte bestünden. Der Beklagte ist aber der Auffassung, dass die von der Rechtsprechung angenommene zusätzliche Voraussetzung eines wirtschaftlichen und tatsächlichen Drucks nicht geeignet sei, den Anwendungsbereich des § 24 Nr. 1 a EStG sachgerecht einzugrenzen.
Da der geschiedene Ehegatte nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des BFH die im Zusammenhang mit dem Verzicht auf den Versorgungsausgleich getätigten Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit in Abzug bringen könne, sei es zudem sachgerecht, wenn auch der Empfänger dieses Ausgleichsbetrages diesen Betrag zu versteuern habe. Unterbliebe eine Besteuerung, so sei dieses mit dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit nicht zu vereinbaren.
Auch die Grundsätze des Urteils des BFH vom 15. Juni 2010 X R 23/08, BFH/NV 2010, 1807, kämen vorliegend nicht zur Anwendung. Wenn dort ausgeführt werde, dass Zahlungen, die ein Steuerpflichtiger für den Ausschluss eines Versorgungsausgleichs leiste, beim Zahlungsempfänger keine Steuerpflicht auslösten, vielmehr eine Vermögensauseinandersetzung darstellten, so betreffe dieses lediglich die Abgeltung des Ausschlusses eines schuldrechtlichen, nicht eines öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs.
Dem erkennenden Senat haben die den Streitgegenstand betreffenden Steuerakten vorgelegen.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre 2006 und 2007, jeweils vom 12. August 2009, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. Mai 2011, sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO)).
Zu Unrecht ist der Beklagte davon ausgegangen, dass die aufgrund der Ausgleichsvereinbarung an die Klägerin zu 2) gezahlten Beträge in Höhe von 34.995 € betreffend das Jahr 2006 sowie in Höhe von 32.000 € betreffend das Jahr 2007 der Besteuerung nach §§ 24 Nr. 1 a, 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG a.F. zu unterwerfen waren (1). Der Zufluss dieser Beträge führt auch nicht zu Einkünften nach §§ 24 Nr. 1 a, 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchstabe aa a.F. (2). Auch eine Steuerbarkeit nach 22 Nr. 3 S. 1 EStG kommt vorliegend nicht in Betracht (3).
1. § 24 Nr. 1 a i.V.m. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG a.F. kommt bereits deshalb als Rechtsgrundlage nicht zur Anwendung, da die Klägerin zu 2) durch den Verzicht auf den Versorgungsausgleich nicht auf zukünftige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit im Sinne des § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG a.F. verzichtet hat.
Nach § 24 Nr. 1 a EStG gehören zu den Einkünften i.S. des § 2 Abs. 1 EStG auch Entschädigungen, die gewährt worden sind als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen.
Eine Legaldefinition des Begriffs der Entschädigung fehlt. Der Begriff der Entschädigung wird für alle Fälle des § 24 Nr. 1 EStG dahingehend aufgefasst, dass der Steuerpflichtige die Ersatzleistung als Ausgleich für einen Schaden in Gestalt des Verlustes oder der Verringerung von Einnahmen oder einer Einnahmemöglichkeit erhält, also für eine Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter (vgl. u.a. Schmidt-Wacker, Kommentar zum EStG, § 24 Anm. 4; Blümich-Stuhrmann, Kommentar zum EStG, § 24 Anm. 6, 7, jew. mit Rechtsprechungsnachweisen). Aus der Formulierung „auch“ ergibt sich zudem, dass die in der Vorschrift des § 24 EStG genannten Einnahmen keine neue selbständige Einkunftsart bilden, sondern die Entschädigung zu einer Einkunftsart im Sinne des § 2 Abs. 1 EStG gehören muss (vgl. Schmidt-Wacker, Kommentar zum EStG, § 24 Anm. 2 m.w.N.; Littmann/Bitz/Pust: EStG, § 24 Rz. 15).
Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass es sich bei der seitens der Klägerin zu 2) erhaltenen Abfindung als Gegenleistung für den Ausschluss des Versorgungsausgleichs um eine Entschädigung gehandelt habe, wäre diese nicht als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit gewährt worden, da die Klägerin zu 2) bei Durchführung des Versorgungsausgleichs zukünftig - wovon inzwischen auch die Beteiligten ausgehen - Einkünfte aus § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchstabe aa EStG a.F. und nicht aus selbstständiger Arbeit erzielt hätte.
2. Der Zufluss dieser Beträge führt auch nicht zu Einkünften nach §§ 24 Nr. 1 a, 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchstabe aa EStG a.F..
a) Die seitens der Klägerin zu 2) erhaltenen Ausgleichszahlungen sind keiner Einkunftsart im Sinne des § 2 Abs. 1 EStG zuzuordnen. Insbesondere stellen sie keinen Ersatz für Einkünfte in Form von Renteneinkünften im Sinne des § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchstabe aa EStG a.F. dar. Sie stellen sich vielmehr als Ersatzleistungen für Verluste oder Wertminderungen im nicht steuerverhafteten Privatvermögen dar. Solche Ersatzleistungen unterfallen hingegen nicht dem Anwendungsbereich des § 24 EStG (vgl. Littmann/Bitz/Pust: EStG, § 24 Rz. 15).
Gemäß § 1587 BGB in der für die Streitjahre 2006 und 2007 gültigen Fassung (a.F.) findet zwischen geschiedenen Ehegatten ein Versorgungsausgleich statt. Dabei hat gem äß § 1587 a BGB a.F. derjenige Ehegatte, der während der Ehezeit wertmäßig höhere Anwartschaften auf eine Versorgung wegen Alters, Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit (Versorgungsanwartschaften) als sein Ehepartner erworben hat, diesem die Hälfte des Wertunterschieds auszugleichen. Bei Beamten oder Arbeitnehmern mit beamtenrechtlichen Versorgungsansprüchen wird ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich in der Weise durchgeführt, dass nach § 1587 b Abs. 2 BGB a.F. in Höhe der Hälfte des Wertunterschiedes für den ausgleichsberechtigten Ehegatten eine Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet wird, die diesem einen eigenständigen Versicherungsschutz vermittelt (sog. Quasi-Splitting). Für den ausgleichsverpflichteten Ehegatten hat die Begründung der Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung zur Folge, dass seine Versorgungsbezüge gem. § 57 BeamtVG gekürzt werden, denn der Träger seiner Versorgung hat der gesetzlichen Rentenversicherung den durch den Versorgungsausgleich entstehenden Aufwand zu erstatten. Das Rentenanrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung wird durch die Entscheidung des Familiengerichts konstitutiv begründet (vgl. Palandt/Brudermüller BGB, § 1587 b Rz. 27). Durch eine notariell zu beurkundende und vom Familiengericht zu genehmigende Vereinbarung gemäß § 1587 o S. 2 BGB a.F. können die Ehegatten den Versorgungsausgleich gegebenenfalls gegen Abfindung ausschließen.
Im Streitfall haben die ehemaligen Eheleute - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - im Zuge der Vereinbarung zur Vermeidung des Versorgungsausgleichs vom 05. Februar 2006 eine notariell beurkundete und vom Familiengericht genehmigte Ausgleichsvereinbarung nach § 1587o Abs. 1 und 2 BGB a.F. getroffen, im Rahmen derer der ehemalige Ehemann der Klägerin zu 2) für 2006 und 2007 Abfindungszahlungen zwecks Ablösung von Ansprüchen auf öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich zu leisten hatte.
Wie der BFH in seiner Entscheidung vom 15. Juni 2010 X R 23/08, BFH/NV 2010, 1807, zutreffend ausgeführt hat, soll eine Vereinbarung gem. § 1587o BGB a.F. dem ausgleichsberechtigten Ehegatten ein Ausgleichssurrogat für den ihm zustehenden Teil der während der Ehe begründeten Versorgungsanwartschaften verschaffen. Der Versorgungsausgleich solle bewirken können - ähnlich wie der Zugewinnausgleich - das während der Ehe erworbene Versorgungsvermögen hälftig zu teilen (vgl. Urteil des BFH vom 15. Juni 2010 X R 23/08, BFH/NV 2010, 1807). Eine nach § 1587 o BGB a.F. getroffene Vereinbarung betreffe daher eine Vermögensauseinandersetzung (vgl. Urteil des BFH vom 15. Juni 2010 X R 23/08, BFH/NV 2010, 1807). Dieses spricht dafür, dass mithilfe der Ausgleichsvereinbarung lediglich ein Anspruch auf Begründung eines Anwartschaftsrechts, mithin ein Vermögenswert im Privatvermögen, abgegolten werden soll, nicht hingegen etwaige zukünftige Rentenansprüche. Dieses auch vor dem Hintergrund, dass Rentenansprüche der Klägerin zu 2) gegenüber ihrem geschiedenen Ehemann nicht bestanden haben.
b) Unabhängig davon, dass die streitgegenständlichen Geldbeträge keiner Einkunftsart unterfallen und mithin bereits aus diesem Grunde nicht in den Anwendungsbereich des § 24 EStG fallen, neigt der Senat zu der Auffassung, dass es sich bei den Zahlungen um Entschädigungen handelt und nicht um bloße Erfüllungsleistungen.
Zahlungen, die nicht an die Stelle weggefallener Einnahmen treten, sondern bürgerlich-rechtlich Erfüllungsleistungen eines bestehenden Schuldverhältnisses sind, gehören nicht zu den Entschädigungen. Dementsprechend liegt eine Entschädigung nur vor, wenn die bisherige Grundlage für den Erfüllungsanspruch weggefallen ist und der an die Stelle der bisherigen Einnahmen getretene Ersatzanspruch auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteil des BFH vom 11. Januar 2005 IX R 67/02, BFH/NV 2005, 1044 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Neu ist eine Rechtsgrundlage, wenn sie im konkreten Fall an die Stelle der bisherigen Rechtsgrundlage tritt, aus der sich der Anspruch auf die weggefallenen Einnahmen ergibt (vgl. Herrmann/Heuer/Horn EStG/KStG, § 24 EStG Rz. 26). Als neue Rechts- und Billigkeitsgrundlage kommen gesetzliche und vertragliche Ansprüche in Betracht, wobei zu Letzteren auch Prozessvergleiche gehören (vgl. Littmann/ Bitz/Pust EStG, § 24 Rz. 21; Herrmann/Heuer/Horn EStG/KStG, § 24 EStG Rz. 26).
Vor Abschluss der Ausgleichsvereinbarung bestand seitens der Klägerin zu 2) gegenüber ihrem geschiedenen Ehemann ein Anspruch auf Versorgungsausgleich, der im Ergebnis beinhaltet hat, dass durch Gestaltungsurteil des Familiengerichts eine Rentenanwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet wird.
Dieser Anspruch, der letztlich auf Wertausgleich gerichtet gewesen ist, wurde nunmehr abgelöst durch einen Zahlungsanspruch der Klägerin zu 2) gegen ihren geschiedenen Ehemann. Anders als in Fällen, in denen die Abgeltung bzw. Kapitalisierung einer Erfüllungsleistung angenommen wird, bestand seitens der Klägerin zu 2) kein Anspruch auf Zahlung und auch keine Anwartschaft auf eine zukünftige Zahlung gegenüber ihrem geschiedenen Ehemann mit der Folge, dass der Verzicht auf Versorgungsausgleich sich als neue Rechtsgrundlage darstellen dürfte.
Einer abschließenden Klärung dieser Frage bedarf es hingegen vorliegend nicht, da, selbst wenn es sich bei den erhaltenen Zahlungen um Entschädigungen handelt, diese – wie dargelegt – keiner Einkunftsart unterfielen.
c) Eine Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1 a EStG setzt zudem voraus, dass der Ausfall der Einnahmen entweder von dritter Seite veranlasst wurde oder, wenn er vom Steuerpflichtigen selbst oder mit dessen Zustimmung herbeigeführt worden ist, dieser unter rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck stand (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. Urteil des BFH vom 11. Januar 2005 IX R 67/02, BFH/NV 2005, 1044).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nach Auffassung des Senats nicht erfüllt. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin zu 2) bei ihrer Entscheidung, auf den Versorgungsausgleich zu verzichten, unter wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck gestanden hat. Allein die Tatsache, dass ein Versorgungsausgleich aufgrund der Scheidung durchzuführen gewesen ist, begründet für sich genommen keine Zwangssituation, was zur Folge hat, dass auch aus diesem Grunde eine Steuerbarkeit der streitgegenständlichen Zahlungen nach § 24 Nr. 1 a EStG nicht gegeben ist.
d) Auch der Argumentation des Beklagten, die Ausgleichszahlungen seien deshalb als steuerbar und steuerpflichtig zu behandeln, da der BFH ausgeführt habe, dass es sich bei Ausgleichszahlungen im Zusammenhang mit einer Ehescheidung nach § 1587 o BGB a.F. auf Seiten des Ausgleichspflichtigen um vorab entstandene Werbungskosten handele (vgl. Urteil des BFH vom 08. März 2006 IX R 107/00, BStBl II 2006, 446; vom 17. Juni 2010 VI R 33/08, BFH/NV 2010, 2051), kann nicht gefolgt werden. Ein allgemeines Korrespondenzprinzip zwischen der Besteuerung der Einnahmen einerseits und der Abzugsfähigkeit der Werbungskosten andererseits sieht das EStG nicht vor (vgl. Urteil des BFH vom 30. Mai 2001 VI R 178/99, BFH/NV 2001, 1258; vom 25. Oktober 1994 VIII R 79/91, BStBl II 1995, 121) mit der Folge, dass aus den Entscheidungen des BFH vom 08. März 2006 IX R 107/00, BStBl II 2006, 446 und vom 17. Juni 2010 VI R 33/08, BFH/NV 2010, 2051, keine Folgerungen in Bezug auf die Steuerbarkeit der Ausgleichszahlungen auf Seiten des Ausgleichsberechtigten gezogen werden können.
3. Die streitigen Zahlungen an die Klägerin zu 2) sind auch nicht als Einkünfte aus Leistungen i.S. des § 22 Nr. 3 S. 1 EStG zu versteuern.
Nach § 22 Nr. 3 S. 1 EStG sind sonstige Einkünfte ( § 2 Abs. 1 Nr. 7 EStG) Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten noch zu den Einkünften i.S. der Nrn. 1, 1a, 2 oder 4 der Vorschrift gehören. Eine (sonstige) Leistung i.S. des § 22 Nr. 3 S. 1 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann; ausgenommen sind jedoch Veräußerungsvorgänge oder veräußerungsähnliche Vorgänge im privaten Bereich (ständige Rechtsprechung; vgl. Urteil des BFH vom 18. Mai 2004, IX R 63/02, BStBl II 2004, 874; vom 18. Dezember 2001 IX R 74/98, BFH/NV 2002, 643 und vom 23. Juni 1964 GrS 1/64 S, BStBl III 1964, 500). Vorgänge im privaten Bereich, bei denen ein Entgelt dafür erbracht wird, dass ein Vermögenswert in seiner Substanz endgültig aufgegeben wird, stellen mithin keine Leistungen i.S. des § 22 Nr. 3 S. 1 EStG dar (vgl. Blümich-Nacke, Kommentar zum EStG, § 22 Anm. 163 mit Rechtsprechungsnachweisen; Urteil des BFH vom 28. November 1984 I R 291/81, BStBl II 1985, 264; und vom 10. September 2003 XI R 26/02, BStBl II 2004, 218).
Im Streitfall haben die Klägerin zu 2) und deren ehemaliger Ehegatte - wie bereits dargestellt - eine Ausgleichsvereinbarung nach § 1587o BGB a.F. getroffen, im Rahmen derer der ehemalige Ehemann der Klägerin zu 2) für 2006 und 2007 Abfindungszahlungen zwecks Ablösung von Ansprüchen auf öffentlich-rechtlichen
Versorgungsausgleich zu leisten hatte. Durch den Verzicht auf den Versorgungsausgleich gegen Abfindung gibt nach Auffassung des Senats der ausgleichsberechtigte Ehegatte, vorliegend die Klägerin zu 2), einen Vermögenswert – nämlich das Recht auf Bildung einer Versorgungsanwartschaft – in seiner Substanz endgültig auf mit der Folge, dass es sich um einen veräußerungsähnlichen Vorgang handelt, der nicht der Besteuerung nach § 22 Nr. 3 EStG unterliegt (so auch: Risthaus in: DStZ 2010, 269, 276).
Die von einer Literaturmeinung (vgl. Steger/Venturelli in: INF 2006, 938, 942) geäußerten Bedenken gegen die Annahme einer Aufgabe eines Vermögenswertes in der Substanz, werden nicht geteilt. So wird von dieser Literaturmeinung angeführt, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte keinen Anspruch auf reale Teilung der beamtenrechtlichen Versorgungsansprüche habe, das Familiengericht vielmehr ein Rentenanrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung erst begründe. Die Rentenanwartschaft stelle somit einen Vermögensgegenstand dar, der allerdings erst durch die Entscheidung des Familiengerichts begründet werde. Die den Vermögenswert bildende Rechtsposition werde somit aufgegeben, bevor sie existiere, mit der Folge, dass die Abfindungszahlung nicht als Entgelt dafür angesehen werden könne, dass diese Rechtsposition aufgegeben werde (vgl. Steger/Venturelli in: INF 2006, 938, 942). Zutreffend ist zwar, dass ein Rentenanwartschaftsrecht im Zeitpunkt des Verzichts noch nicht zur Entstehung gelangt ist. Dennoch regeln die Vorschriften der §§ 1587, 1587 a, 1587 b Abs. 2 BGB a.F., dass und mit welchen Rechtsfolgen ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleichs durchzuführen ist. Bereits der gesetzliche Anspruch auf Wertausgleich in Höhe der Hälfte des Wertunterschieds der wertmäßig höheren Anwartschaften hat zur Folge, dass in dieser Höhe für den ausgleichsberechtigten Ehegatten eine Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet wird. Diese Rechtsposition des ausgleichsberechtigten Ehegatten unterscheidet sich somit nicht von der Rechtsposition desjenigen, der ein Anwartschaftsrecht von vornherein innehat. Dass es zur Begründung des Anwartschaftsrechts als eines Umsetzungsaktes eines Gestaltungsurteils des Familiengerichts bedarf, ist letztlich unerheblich. Wenn – wie vorliegend – auf diese Rechtsposition gegen Entgelt verzichtet wird mit der Folge, dass nunmehr beim ausgleichspflichtigen Ehegatten eine Kürzung der Versorgungsbezüge unterbleibt, so handelt es sich um einen veräußerungsähnlichen Vorgang im privaten Bereich.
Diese Würdigung steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH, der beispielsweise entschieden hat, dass der Verzicht auf einen zukünftigen Erb- und Pflichtteil, somit einen zukünftigen schuldrechtlichen Anspruch, einen veräußerungsähnlichen Vorgang darstellt, der nicht dem Anwendungsbereich des § 22 Nr. 3 EStG unterfällt (vgl. Urteil des BFH vom 20. Oktober 1999 X R 132/95, BStBl II 2000, 82).
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
III. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
IV. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung bzw. Rechtsfortbildung zuzulassen.