19.08.2016 · IWW-Abrufnummer 188120
Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 04.11.2015 – 7 K 7283/13
Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urt. v. 04.11.2015
Az.: 7 K 7283/13
In dem Rechtsstreit
Der A... GmbH,
Klägerin,
bevollmächtigt:
gegen
das Finanzamt,
Beklagter,
wegen Umsatzsteuer 2005
hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 7. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 4. November 2015 durch
den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...,
die Richterin am Finanzgericht ... und
den Richter am Finanzgericht ...
sowie den ehrenamtlichen Richter ... und
die ehrenamtliche Richterin ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Abweichend von dem Bescheid über Umsatzsteuer 2005 vom 25.02.2014 wird die Umsatzsteuer 2005 nach einer um 16.830,52 € niedrigeren Bemessungsgrundlage zum Regelsteuersatz und einem um 27.929,04 € höheren Vorsteuerabzug festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren war notwendig.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine von der Klägerin ausgeführte Lieferung eines Fahrzeugs an die B... S.L., C..., Spanien, eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung sei und ob ihr aus der Anschaffung zweier Fahrzeuge, eines Brabus und eines Aston Martin, im Streitjahr ein Vorsteuerabzug zustehe sowie, ob bezüglich dieser Fahrzeuge eine unentgeltliche Wertabgabe umsatzerhöhend zu berücksichtigen sei.
Die Klägerin handelte im Streitjahr mit Automobilen, Zubehör- und Ersatzteilen einschließlich Im- und Export und erbrachte damit zusammenhängende Serviceleistungen. Sie versteuerte ihre Umsätze nach vereinbarten Entgelten.
Für das Jahr 2005 reichte sie ihre Umsatzsteuererklärung am 08.12.2006 ein. Diese stand gemäß § 168 Satz 1 Abgabenordnung -AO- einer Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich.
Ende August 2008 erhielt der Beklagte Kontrollmaterial des Bundeszentralamtes für Steuern. Dieses bestand aus einer Antwort der spanischen Steuerverwaltung auf ein nicht die Klägerin betreffendes Auskunftsersuchen des Bundesamtes für Finanzen zur Überprüfung der wirtschaftlichen Tätigkeit der B... S.L., C..., Spanien, an die die Klägerin im Mai 2005 ein Kraftfahrzeug geliefert hatte. Wegen der Einzelheiten nimmt das Gericht auf die Ausdrucke in der Umsatzsteuer-Sonderprüfungsakte - UStSoPrA - Nachschau - 2009 Bezug.
Der Beklagte ordnete daraufhin für das Streitjahr am 11.09.2008 eine Umsatzsteuernachschau gemäß § 27b Umsatzsteuergesetz -UStG- an, die im Oktober und November 2008 stattfand. Der Prüfer stellte fest, dass die Klägerin am 31.05.2005 die Lieferung eines Kraftfahrzeugs mit der Fahrgestellnummer ... an die B... S.L. mit Sitz in Spanien bewirkt hatte. Der Erlös habe 23.000,00 € betragen. Die Klägerin hatte diesen Umsatz als umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung behandelt. Der Prüfer hielt den Nachweis der Verbringung des Fahrzeugs nach Spanien für nicht erbracht. Auf dem vorgelegten CMR-Frachtbrief fehle die Empfangsbestätigung der spanischen Abnehmerin (Feld 24). Zudem sei die angegebene Umsatzsteueridentifikationsnummer zum Zeitpunkt der Lieferung nicht mehr gültig gewesen. Damit fehle der Nachweis, dass die Abnehmerin in einem anderen EU-Mitgliedsstaat Unternehmerin sei. Daher sei die Steuerfreiheit für diese Lieferung zu versagen. Als Bemessungsgrundlage zum Regelsteuersatz sah der Prüfer 23.000,00 € als maßgeblich an. Er war der Meinung, dass die Klägerin die auf diese Bemessungsgrundlage entfallende Umsatzsteuer bei der Abnehmerin habe nachfordern können und bis zum Ende des Streitjahres keine Uneinbringlichkeit vorliege. Wegen der Einzelheiten der Feststellungen und Bewertungen des Prüfers wird auf die Kopie des Frachtbriefes und die Anlage zum Umsatzsteuerbescheid für 2005 (UStSoPrA - Nachschau - 2009) verwiesen.
Der Beklagte schloss sich der Auffassung des Prüfers an und änderte die Umsatzsteuerfestsetzung mit Bescheid vom 19.01.2009 gemäß § 164 Abs. 1 AO. Den Vorbehalt der Nachprüfung ließ er bestehen. Er berücksichtigte die 23.000,00 € nicht mehr als steuerfreie Umsätze, sondern erhöhte die Bemessungsgrundlage für den Regelsteuersatz um diesen Betrag. Dadurch erhöhte sich die Umsatzsteuer 2005 um 3.680,00 €.
Dagegen legte die Klägerin am Montag, den 23.02.2009, Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens legte sie einen CMR-Frachtbrief mit dem Stempel der Leistungsempfängerin im Feld 24 vor (Blatt 68 Gerichtsakte). Der Beklagte wies den Einspruch mit seiner Einspruchsentscheidung vom 05.06.2009 als unbegründet zurück.
Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben.
Der Beklagte hat im Jahr 2009 eine weitere Umsatzsteuernachschau gemäß § 27b UStG bei der Klägerin durchgeführt, die er im Dezember 2009 in eine Umsatzsteuersonderprüfung unter anderem für das Streitjahr übergeleitet hat. Wegen der Einzelheiten der Feststellungen wird auf den Bericht vom 27.04.2010 (Blatt 60 ff. UStSoPrA 2011) verwiesen. Daraufhin hat der Beklagte die Umsatzsteuerfestsetzung 2005 wegen hier nicht streitgegenständlicher Gründe erneut mit Bescheid vom 02.09.2010 geändert. Dagegen hat die Klägerin Einspruch eingelegt, den der Beklagte als unzulässig im Hinblick auf das hiesige Klageverfahren verwarf.
Im Jahre 2012 hat der Beklagte eine weitere Umsatzsteuersonderprüfung bei der Klägerin für die Jahre 2009 bis 2010 durchgeführt. Dabei hat der Prüfer festgestellt, dass sich im Umlaufvermögen der Klägerin ein am 01.08.2005 erworbener Brabus (Nettokaufpreis 32.000,00 €, 5.120,00 € USt) und ein am 12.08.2005 erworbener Aston Martin (Nettokaufpreis 142.556,47 €, 22.809,04 € USt) befunden haben, für die die Klägerin den Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hatte. Beide Fahrzeuge waren auf den Geschäftsführer der Klägerin zugelassen, und zwar der Brabus ab 2005 und der Aston Martin ab 2006. Der Aston Martin wurde am 27.09.2010 stillgelegt. Der Prüfer ist davon ausgegangen, dass diese Fahrzeuge nicht im Eigentum der Klägerin gestanden haben und dass der Vorsteuerabzug zu berichtigen sei. Wegen der Einzelheiten der Feststellungen wird auf den Bericht vom 09.04.2013 (in der UStSoPrA 2013) verwiesen. Der Beklagte ist dieser Einschätzung des Prüfers gefolgt und hat mit Bescheid vom 25.02.2014 die Umsatzsteuerfestsetzung 2005 erneut geändert und Vorsteuer in Höhe von insgesamt 27.929,04 € aus der Anschaffung dieser beiden Fahrzeuge nicht mehr zum Abzug zugelassen. In diesem auf § 164 Abs. 2 AO als Änderungsnorm gestützten Bescheid hat der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben. Dagegen hat die Klägerin ebenfalls Einspruch eingelegt, den der Beklagte wiederum als unzulässig im Hinblick auf das hiesige Klageverfahren verwarf.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend, dass die Lieferung des Kraftfahrzeugs mit der Fahrgestellnummer ... an die B... S.L. mit Sitz in C..., Spanien als umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung zu behandeln sei. Ihr sei jedenfalls Vertrauensschutz gemäß § 6a Abs. 4 UStG zu gewähren. Die streitigen 23.000,00 € seien als steuerfrei und nicht als Bemessungsgrundlage zum Regelsteuersatz zu erfassen. Sie sei den Nachweispflichten gemäß § 17a ff. Umsatzsteuerdurchführungsverordnung -UStDV- nachgekommen. Bei dem Kauf sei zunächst am 19.05.2005 das Geld bei ihr eingegangen. Am 20.05.2005 habe sie durch eine Pro-Form-Rechnung den Geldeingang beim Kunden bestätigt und dass das Fahrzeug nunmehr zur Abholung bereit stehe. An diesem Tag habe sie sich die Umsatzsteueridentifikationsnummer beim Bundeszentralamt für Steuern bestätigen lassen. Teilweise würden Fahrzeuge sofort nach Geldeingang oder Barzahlung abgeholt, manchmal auch erst nach drei Monaten. Das streitige Fahrzeug habe binnen vierzehn Tagen, also kurzfristig abgeholt werden sollen. Bei Abholung liege der Zeitpunkt der Lieferung im Ermessen des Käufers. Es hätte im Streitfall auch schon am 20.05.2005, also unter Geltung der Umsatzsteueridentifikationsnummer des Abnehmers abgeholt werden können. Wegen der kurzen Zeitspanne zwischen Abfrage und Abholmöglichkeit bzw. Abholung des Fahrzeugs, auf die der Verkäufer nur bedingt Einfluss nehmen könne, habe ihr Geschäftsführer die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns beachtet. Es sei nicht erkennbar gewesen, dass die Umsatzsteueridentifikationsnummer bereits kurz nach der Abfrage ihre Gültigkeit verlieren könne. Eine nochmalige Abfrage dürfe nicht verlangt werden. Die Klägerin habe auf die Angaben des Käufers zur Umsatzsteueridentifikationsnummer vertraut. Dieser habe noch in seinem Faxschreiben an die Klägerin vom 31.05.2005 die Umsatzsteueridentifikationsnummer verwendet. Es sei daher nach § 6a Abs. 4 UStG von einer innergemeinschaftlichen Lieferung auszugehen.
Auch sei die Rückgängigmachung des Vorsteuerabzugs aus der Anschaffung der Fahrzeuge Brabus und Aston Martin unberechtigt. Ihr stehe der Vorsteuerabzug in Höhe von 27.929,04 € zu. Die Fahrzeuge seien von ihr bestellt und auch bezahlt worden. Auch die Übergabe sei an sie erfolgt, so dass sie Eigentum an den Fahrzeugen erworben habe. Die Zulassung auf ihren Geschäftsführer und dessen Eintragung im Fahrzeugbrief sage nichts über seine Eigentümerstellung aus. Damit werde Herr H... lediglich zum Halter der Fahrzeuge. Der Halter eines Fahrzeugs könne durchaus verschieden vom Eigentümer dieses Fahrzeugs sein.
Sie habe das Fahrzeug Brabus für ihr Unternehmen erworben. Sie habe es entsprechend den Wünschen der Firma D... bestellt, die ein langjähriger Geschäftspartner in der Ukraine sei. An oder über diesen verkaufe sie die meisten Fahrzeuge. Die Firma D... habe den Einkaufspreis als Kaution an die Klägerin überweisen. Dieser sei als Verbindlichkeit auf dem Konto 1413 (Forderungen / Verbindlichkeiten D...) verbucht worden. Es sei kein Kaufvertrag geschlossen worden. Das Fahrzeug sei in der Bundesrepublik Deutschland verblieben und auf den Geschäftsführer der Klägerin zugelassen. Das Fahrzeug sei dem Umlaufvermögen zugebucht worden, sei dort am 31.12.2005 und bis zum 31.12.2010 im Warenbestand vorhanden gewesen. In dieser Zeit sei das Fahrzeug von Mitarbeitern der Firma D... bei deren Aufenthalten in der Bundesrepublik genutzt worden. Dies lasse sich auch aus dem Kilometerstand zum 01.01.2011 (15.050 km) ersehen. Zum 01.01.2011 habe die Klägerin mit der Firma D... einen schriftlichen Nutzungsüberlassungsvertrag abgeschlossen, durch den das Fahrzeug für drei Jahre zur Nutzung an E..., einer Kundin der Firma D..., zur Nutzung überlassen werde. Die Nutzungsgebühr dafür von jährlich 960,00 € zuzüglich 19 % Umsatzsteuer sei fakturiert worden und auf dem Konto 1413 (Forderungen / Verbindlichkeiten D...) gebucht worden. Der Nutzungsvertrag sei die schriftliche Fixierung der schon bei Anschaffung des Fahrzeugs bestehenden mündlichen Vereinbarungen. Für den Zeitraum 2005 bis 2010 seien keine Umsätze aus der Nutzung erklärt worden, weil für diesen Zeitraum kein Nutzungsvertrag vorgelegen habe und damit keine Entgelte erzielt worden seien.
Nach Klärung der endgültigen Verwendung des Fahrzeugs sollte eine endgültige Abrechnung mit der Firma D... erfolgen. Dies sollte entweder ein Kauf des Fahrzeugs durch die Firma D... zum gültigen Marktpreis unter Erstattung der Wertminderung oder ein Verkauf an einen Dritten und Erstattung der Wertminderung durch D... sein. Die Abrechnung sollte mit der gezahlten Kaution erfolgen. Ertragsteuerlich hätte das Fahrzeug nicht dem Umlaufvermögen, sondern dem Anlagevermögen zugeschrieben werden müssen. An der Berechtigung zum Vorsteuerabzug ändere sich dadurch nichts.
Der Aston Martin sei von der Firma D... am 30.01.2005 verbindlich bestellt worden. Die Vereinbarung habe einen Kauf des Fahrzeugs durch die Firma D... frühestens zwei Jahre nach Überlassung des Fahrzeugs vorgesehen. Hätte sich die Firma D... nicht zum Kauf entschlossen, hätte sie den Differenzbetrag zwischen Einkaufspreis uns dem dann zu erzielenden Kaufpreis zu tragen gehabt. Dieses Fahrzeug sei am 12.08.2005 an die Klägerin geliefert und zur Firma D... in die Ukraine verbracht worden. Dort habe eine mehrjährige Nutzung stattgefunden. Letztlich habe sich die Firma D... entschlossen, das Fahrzeug nicht zu erwerben. Es sei daher wieder in die Bundesrepublik verbracht worden und am 23.09.2011 an die Firma F... in G... zum Preis von 70.000,00 € verkauft worden. Die Firma D... habe ein Entgelt für die Nutzung in Höhe von 78.000,00 € gezahlt. In der Rechnung werde zwar "Schadensersatz" als Grund angegeben. Da das Fahrzeug genutzt worden sei, stelle es tatsächlich ein Nutzungsentgelt dar. Dieses sei der Besteuerung zu unterwerfen. Ertragsteuerlich sei eine Zuordnung zum Anlagevermögen ab 12.08.2005 vorzunehmen sowie Abschreibungen über die Nutzungsdauer zu berücksichtigen.
Sie sei damit einverstanden, dass zum Ausgleich der Einräumung der Nutzungsmöglichkeit der streitigen Fahrzeuge an die Firma D... eine sonstige Leistung angenommen werde, die zu Umsätzen zum Regelsteuersatz geführt habe. Ausgehend von den Gegenleistungen der Firma D... seien diese Umsätze für das Streitjahr mit 6.169,48 € in Übereinstimmung mit dem Beklagten zu bemessen.
Die Klägerin beantragt,
abweichend von dem Bescheid über Umsatzsteuer 2005 vom 25.02.2014 die Bemessungsgrundlage zum Regelsteuersatz um (23.000,00 € - 6.169,48 € =) 16.830,52 € niedriger und den Vorsteuerabzug um 27.929,04 € höher anzusetzen und die Umsatzsteuer 2005 entsprechend festzusetzen,
die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass die Umsatzsteuer nach um 6.169,48 € erhöhten Umsätzen zum Regelsteuersatz und einem um 27.929,04 € erhöhten Vorsteuerabzug festgesetzt wird.
Der Beklagte verweist zur Begründung hinsichtlich der nicht anerkannten innergemeinschaftlichen Lieferung auf die Ausführungen in der Einspruchsbegründung. Ergänzend führt er aus, dass nur durch die bei Lieferung gültige Umsatzsteueridentifikationsnummer nachgewiesen werden könne, dass der Abnehmer Unternehmer sei. Die Steuerfreiheit könne bei einer - wie hier - verzögerten Lieferung nur dann beansprucht werden, wenn der Lieferant die Umsatzsteueridentifikationsnummer mehrfach abfrage. Dies sei insbesondere dann nicht unbillig, wenn Lieferungen an Abnehmer bewirkt würden, mit denen es nur zu einmaligen oder wenigen Geschäftsabschlüssen in einem größeren zeitlichen Abstand komme. Es sei einer Finanzverwaltung eines Mitgliedsstaates auch nicht verwehrt, die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung von der Mitteilung der Umsatzsteueridentifikationsnummer des Erwerbers abhängig zu machen.
Nachdem der Beklagte zunächst an den Vorsteuerkürzungen festgehalten hat, hat er in der mündlichen Verhandlung zugestanden, dass die Klägerin die streitigen Fahrzeuge für ihr Unternehmen erworben habe. Nach den vorliegenden Rechnungen stehe dem Vorsteuerabzug auch aus formeller Sicht nichts entgegen. Er sehe die Zulassung der Fahrzeuge auf den Geschäftsführer der Klägerin nicht mehr als schädlich an, zumal die Fahrzeuge im Zeitpunkt der Anschaffung dem Umlaufvermögen zugeordnet worden seien. Da aber im Streitjahr die Nutzung der Fahrzeuge für das Unternehmen nicht belegt sei - die Überlassung an Zugehörige der Firma D... sei nur behauptet und nicht nachgewiesen - komme auch eine private Nutzung in Betracht. Dem sei durch Ansatz einer unentgeltlichen Wertabgabe als umsatzsteuerpflichtige Bemessungsgrundlage zum Regelsteuersatz Rechnung zu tragen. Diese werde in Übereinstimmung mit der Klägerin mit 6.169,48 € im Streitjahr angenommen.
Dem Gericht haben bei der Entscheidung neun Bände Akten des Beklagten (drei Bände Umsatzsteuer-Sonderprüfung 2009, 2011 und 2013, Umsatzsteuer, Rechtsbehelfsakte, Arbeitsbogen zu Auftragsnummer 2921033, Hinweisakte, Bilanzen und Gesellschaftsverträge) zur Steuernummer ... vorgelegen, die dieser für die Klägerin führt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid 2005 vom 25.02.2014 ist - wie im Tenor ausgesprochen - rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
1. Der auf § 164 Abs. 2 AO gestützte Änderungsbescheid durfte noch ergehen. Der Ablauf der Festsetzungsfrist war gemäß § 171 Abs. 3a AO wegen des bereits anhängigen Klageverfahrens gehemmt. Eine Änderung zu Lasten der Klägerin war gemäß § 164 Abs. 2 und Abs. 4 AO noch möglich. Der angeordnete Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO bestand noch, so dass § 164 Abs. 2 AO eine zutreffende Änderungsvorschrift ist. Denn bis zu dem Bescheid vom 25.02.2014 war der Vorbehalt der Nachprüfung nicht aufgehoben. Da er in der Einspruchsentscheidung nicht erwähnt ist, galt er weiter. Es ist auch zu keinem früheren Zeitpunkt Festsetzungsverjährung eingetreten. Diese lief wegen der im Jahre 2006 eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärung bis zum 31.12.2010. Vor Ablauf der Festsetzungsfrist erging der erste Änderungsbescheid vom 19.01.2009, gegen den in der Folge ein Einspruchsverfahren und das hiesige Klageverfahren geführt wurden und werden, so dass eine Hemmung nach § 171 Abs. 3a AO sich bis heute fortsetzt.
2. Der Klägerin steht der begehrte Vorsteuerabzug im Streitjahr für die beiden Fahrzeuge Brabus und Aston Martin zu.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen, wenn er eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Die Klägerin hat diese Fahrzeuge, wovon inzwischen auch die Beteiligten übereinstimmend annehmen, für ihr Unternehmen bezogen. Die Lieferung der Fahrzeuge ist an die Klägerin erfolgt und nicht an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer. Es gibt, außer der nicht für die Eigentümerstellung maßgeblichen Zulassung auf Herrn H..., keine Anzeichen dafür, dass die Leistungsbeziehung nicht zwischen dem Hersteller/Rechnungsaussteller und der Klägerin bestand.
Die Klägerin wollte diese Fahrzeuge auch in ihrem Unternehmen nutzen. Zum einen spricht die buchhalterische Behandlung für einen Verkaufswillen. Die Klägerin hat die Fahrzeuge als Umlaufvermögen gebucht. Darin liegt die Erklärung, dass sie diese veräußern will. Eine Nutzung für andere Zwecke bis zu einem Verkauf hindert dies nicht, solange die Fahrzeuge nicht entnommen werden. Dafür bestehen vorliegend aber keine Anhaltspunkte.
Die Nutzung der Fahrzeuge durch die Firma D... oder die dieser vorbehaltene Nutzungsmöglichkeit oder eine anderweitige Nutzung bei grundsätzlich bestehender Verkaufsabsicht führt nicht dazu, dass der Vorsteuerabzug zu versagen wäre.
Gegenläufig ist das für die Nutzung der Fahrzeuge bzw. für die Möglichkeit der Nutzung von der Firma D... gezahlte Entgelt, welches die Klägerin durch Rechnungstellung und Verbuchung auf dem Verrechnungskonto von dieser auch tatsächlich erhalten hat, als steuerpflichtiger Umsatz zum Regelsteuersatz für die Überlassung der beiden Fahrzeuge anzusetzen. Denn insoweit hat die Klägerin gegenüber der Firma D... eine umsatzsteuerpflichtige Leistung im Sinne von §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, 3a Abs. 1 Satz 1 UStG am Ort des Unternehmens der Klägerin (Sitz oder Betriebsstätte) erbracht. Diese Leistung ist im Streitjahr mit 6.169,48 € netto zu bewerten. Anteilig für 140 Tage ist eine Nutzungsmöglichkeit zu berücksichtigen. Für die Nutzungsmöglichkeit des Aston Martin hat die Firma D... bis zu dessen Verkauf insgesamt die von der Klägerin berechneten 78.000,00 € aufgebracht. Davon entfallen ausgehend von der Berechnung der Klägerin im Schriftsatz vom 29.07.2014 (Blatt 141 Gerichtsakte) insgesamt 36.233,00 € auf den Zeitraum 12.08.2005 bis 31.12.2007 (858 Tage). Damit fallen täglich 42,23 € an, für den 140 Tage betragenden Zeitraum 12.08.2005 bis 31.12.2005 mithin brutto 5.912,14 €. Netto ergeben sich 5.096,68 €.
Für den Brabus, der noch nicht veräußert und mit der Firma D... noch nicht endgültig abgerechnet ist, ist ausgehend von den von der Firma D... als Kaution gezahlten 32.000,00 € und einer wohl höchstens anzusetzenden Nutzungsmöglichkeit über zehn Jahre ein Tagesbetrag für die Nutzung in Höhe von 8,88 € (32.000,00 € / 3600 Tage) anzusetzen. Für 140 auf das Jahr 2005 entfallende Tage ergeben sich mithin brutto 1.244,44 €, der Nettobetrag daraus beträgt 1.072,80 €. Daraus ergibt sich die Erhöhung der Bemessungsgrundlage zum Regelsteuersatz für die Nutzungsüberlassung beider Fahrzeuge in Höhe von 6.169,48 €, mit der sich die Beteiligten ausdrücklich einverstanden erklärt haben.
3. Die Lieferung des Kraftfahrzeugs mit der Fahrgestellnummer ... an die B... S.L. mit Sitz in C..., Spanien ist als umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung gemäß §§ 4 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b), 6a UStG zu behandeln.
Die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung nach § 4 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b) in Verbindung mit § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG beruht auf Art. 28c Teil Aa Unterabschnitt 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage -Richtlinie 77/388/EWG-. Danach
"befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch festlegen:
a) die Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versands oder der Beförderung der Gegenstände handelt."
Nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG liegt eine innergemeinschaftliche Lieferung im Sinne von § 4 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b) UStG vor, wenn bei einer Lieferung der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat (Nr. 1), der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand für sein Unternehmen erworben hat (Nr. 2 Buchstabe b)) und der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedsstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt (Nr. 3).
Gemäß § 6a Abs. 3 UStG sind die Voraussetzungen durch den Unternehmer nachzuweisen. Der Nachweis ist gemäß den §§ 17a ff. UStDV zu führen. Hat - wie im Streitfall - der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung versendet, ist der Nachweis gemäß § 17a Abs. 4 Satz 1 UStDV durch das Doppel der Rechnung (Nr. 1) und durch einen Beleg entsprechend § 10 Abs. 1 UStDV zu führen. Nach dieser Vorschrift ist zum Beispiel ein Frachtbrief geeignet. Ferner muss nach § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer die Voraussetzungen der Steuerbefreiung einschließlich Umsatzsteueridentifikationsnummer des Abnehmers buchmäßig nachweisen.
Die Klägerin hat diese Beleg- und Buchnachweise vollständig erbracht. Sie hat ein Doppel der Rechnung und im Einspruchsverfahren auch den vollständig ausgefüllten CMR-Frachtbrief (einschließlich des Feldes 24) vorgelegt. Ferner hat sie mit der Aufzeichnung der Nummer ES - B 84183185, der Umsatzsteueridentifikationsnummer der B... S.L., auch den Nachweis der Unternehmereigenschaft dieser Gesellschaft geführt und die Anforderungen an den Beleg-/Buchnachweis für innergemeinschaftliche Lieferungen erfüllt.
Dem steht nicht entgegen, dass die aufgezeichnete Umsatzsteueridentifikationsnummer seit dem 25.05.2005 ausweislich der Auskunft der spanischen Steuerbehörden vom 23.11.2006 nicht mehr galt. Denn zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses hatte die Klägerin alle für den Beleg- und Buchnachweis erforderlichen Angaben erfasst. Der Vertragsschluss lag am 20.05.2005 mit der Bestätigung des Geldeinganges durch die Pro-Form-Rechnung und der Bereitstellung des Fahrzeugs zur Abholung. Denn bereits zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Klägerin vertraglich gebunden, das Fahrzeug an die B... S.L. zu dem vereinbarten und schon erhaltenen Preis von 23.000,00 € zu liefern. Mit der Abfrage der Umsatzsteueridentifikationsnummer beim Bundeszentralamt für Steuern am 20.05.2005 hat sie zu diesem Zeitpunkt alles getan, um die erforderlichen Angaben zu ermitteln. Zudem galt die Umsatzsteueridentifikationsnummer auch an diesem Tag noch. Es war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses für die Klägerin nicht möglich zu erkennen, dass sich dies zukünftig ändern werde.
Es kam auch - unter Berücksichtigung dessen, dass es sich bei der B... S.L. wohl um einen "missing trader" gehandelt hat - auf deren Umsatzsteueridentifikationsnummer und nicht auf diejenige des mit Namen dieser Gesellschaft Handelnden an. Denn auch dann, wenn ein "missing trader" auftritt, wird dieser grundsätzlich selbst Vertragspartner und wirklicher Abnehmer (Bunjes/Robisch, UStG, 14. Auflage München 2015, § 6a Tz 90 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung des BFH).
Die Klägerin war auch nicht verpflichtet, in der Zeit zwischen dem Vertragsschluss und der Bewirkung der Lieferung diese Angaben zu überprüfen. Die Lieferung ist mit der Übergabe an den vom Abnehmer beauftragten Spediteur erfolgt (§ 3 Abs. 6 Satz 1 UStG). Damit war der Zeitpunkt der Lieferung am 31.05.2005. Die vorhergehenden Rechnungen und die Mitteilung, dass die Zahlung angekommen und der Wagen zur Abholung bereit steht, mithin der Vertragsschluss, sind vor der Lieferung erfolgt. Allein das Auseinanderfallen von Vertragsschluss und Lieferzeitpunkt verpflichtet den Lieferer nicht, die beim Vertragsschluss korrekten Angaben insbesondere zur Umsatzsteueridentifikationsnummer erneut und gegebenenfalls laufend in ganz kurzen Abständen zu überprüfen. Dies wäre dann anders, wenn der Lieferer Anhaltspunkte für eine Änderung der Angaben hat. Diesen müsste er dann nachgehen. Solche Anhaltspunkte fehlen allerdings im Streitfall. Auch die B... S.L. verwendete noch am 31.05.2005 die nicht mehr gültige Umsatzsteueridentifikationsnummer (Blatt 71 Gerichtsakte).
Dies dürfte wohl anders zu beurteilen sein, wenn der Abnehmer eine große Zeitspanne zwischen Vertragsschluss und Lieferung verstreichen lässt. Denn dies wäre so ungewöhnlich, dass sich der Lieferer erneut um die Daten des Abnehmers kümmern müsste. Eine Zeitspanne von - wie im Streitfall - elf Tagen (davon neun Tage zwischen Vertragsschluss und Liefertag) reicht dafür aber nach Ansicht des Senats nicht aus.
Selbst wenn darauf abzustellen wäre, dass immer die zum Zeitpunkt der Lieferung bestehenden Angaben aufgezeichnet werden müssten und die Klägerin daher keine gültige Umsatzsteueridentifikationsnummer aufgezeichnet hätte, käme es nicht in Betracht, der hier streitigen Lieferung die Steuerfreiheit zu versagen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union -EuGH- und des Bundesfinanzhofes -BFH-, der sich der Senat anschließt, kann die Steuerbefreiung nach § 4 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b) UStG nicht allein aus dem Grund versagt werden, dass der Lieferer die Umsatzsteueridentifikationsnummer des Erwerbers nicht mitteilen kann, wenn er redlicherweise und nachdem er alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, diese Identifikationsnummer nicht mitteilen kann und er außerdem Angaben macht, die hinreichend belegen können, dass der Erwerber ein Steuerpflichtiger ist, der bei dem betreffenden Vorgang als solcher gehandelt hat (EuGH, Urteil vom 27.09.2012 - C-597/10 VStR, Amtsblatt der Europäischen Union -ABl. EU-, Nr. C 266, 9, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2012, 2014; BFH, Urteil vom 28.05.2013 - XI R 11/09, Sammlung der Entscheidungen des BFH -BFHE- 242, 84, DStR 2013, 1597 [BFH 28.05.2013 - XI R 11/09]).
Denn die Klägerin hat zunächst die zutreffende Umsatzsteueridentifikationsnummer aufgezeichnet. Es war ihr nicht zumutbar, innerhalb der wenigen Tage bis zum Zeitpunkt der Lieferung diese (erneut) abzufragen. Aus ihrer Sicht gab es keine Anhaltspunkte, die darauf hätten hindeuten können, dass sich an der erfassten Nummer etwas ändern werde oder - nach dem 25.05.2005 - etwas geändert habe. Innerhalb weniger Tage mehrere Abfragen zur Umsatzsteueridentifikationsnummer zu verlangen, würde die Anforderungen an einen Steuerpflichtigen überspannen.
Darüber hinaus ist der Klägerin die Steuerfreiheit auch aus Gründen des Vertrauensschutzes gemäß § 6 a Abs. 4 UStG zu gewähren. Nach dieser Vorschrift ist die Lieferung als steuerfrei auch dann anzusehen, wenn der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt hat, obwohl die Voraussetzungen nach § 6 a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruhen und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. Auf diese Vorschrift käme es an, wenn für die Aufzeichnungspflicht hinsichtlich der Umsatzsteueridentifikationsnummer ausschließlich auf den Zeitpunkt der Lieferung ankäme. Denn dann hätte die Klägerin eine falsche, das heißt, nicht mehr gültige Identifikationsnummer aufgezeichnet. Dies hätte auf der - unrichtigen - Angabe des Abnehmers am Tag der Lieferung beruht, weil dieser noch am 31.05.2005 die zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gültige Umsatzsteueridentifikationsnummer benutzt hatte.
In diesem Fall hätte die Klägerin die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen können. Denn sie war nicht verpflichtet, nach der Abfrage der Umsatzsteueridentifikationsnummer am 20.05.2005 beim Bundeszentralamt für Steuern diese Abfrage innerhalb kürzester Zeit zu wiederholen. Es mag zwar der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns entsprechen, bei der Geschäftsanbahnung mit einem neuen Kunden dessen Daten zu überprüfen und auch bei zum Beispiel gelegentlichen Geschäften diese überprüften Angaben turnusmäßig zu verifizieren (Bunjes/Robisch, a.a.O., § 6a Tz. 85 mit weiteren Nachweisen). Nicht gefordert ist hingegen eine laufende Überprüfung von überprüften oder zutreffenden Angaben innerhalb kürzester Zeit, ohne dass Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestehen. Da im Streitfall die ursprünglichen Angaben zutreffend waren, war die Klägerin daher nicht verpflichtet, in der kurzen Zeitspanne zwischen Vertragsschluss und Abholung des Fahrzeugs durch den Spediteur die Richtigkeit der Angaben erneut zu überprüfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.
Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 FGO zugelassen, weil die Einzelheiten zur Aufzeichnungspflicht der Umsatzsteueridentifikationsnummer nebst der Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs. 4 UStG bei Wegfall der Umsatzsteueridentifikationsnummer während der Abwicklung des Geschäfts noch nicht im Einzelnen geklärt sind.
Urt. v. 04.11.2015
Az.: 7 K 7283/13
In dem Rechtsstreit
Der A... GmbH,
Klägerin,
bevollmächtigt:
gegen
das Finanzamt,
Beklagter,
wegen Umsatzsteuer 2005
hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 7. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 4. November 2015 durch
den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...,
die Richterin am Finanzgericht ... und
den Richter am Finanzgericht ...
sowie den ehrenamtlichen Richter ... und
die ehrenamtliche Richterin ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Abweichend von dem Bescheid über Umsatzsteuer 2005 vom 25.02.2014 wird die Umsatzsteuer 2005 nach einer um 16.830,52 € niedrigeren Bemessungsgrundlage zum Regelsteuersatz und einem um 27.929,04 € höheren Vorsteuerabzug festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren war notwendig.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine von der Klägerin ausgeführte Lieferung eines Fahrzeugs an die B... S.L., C..., Spanien, eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung sei und ob ihr aus der Anschaffung zweier Fahrzeuge, eines Brabus und eines Aston Martin, im Streitjahr ein Vorsteuerabzug zustehe sowie, ob bezüglich dieser Fahrzeuge eine unentgeltliche Wertabgabe umsatzerhöhend zu berücksichtigen sei.
Die Klägerin handelte im Streitjahr mit Automobilen, Zubehör- und Ersatzteilen einschließlich Im- und Export und erbrachte damit zusammenhängende Serviceleistungen. Sie versteuerte ihre Umsätze nach vereinbarten Entgelten.
Für das Jahr 2005 reichte sie ihre Umsatzsteuererklärung am 08.12.2006 ein. Diese stand gemäß § 168 Satz 1 Abgabenordnung -AO- einer Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich.
Ende August 2008 erhielt der Beklagte Kontrollmaterial des Bundeszentralamtes für Steuern. Dieses bestand aus einer Antwort der spanischen Steuerverwaltung auf ein nicht die Klägerin betreffendes Auskunftsersuchen des Bundesamtes für Finanzen zur Überprüfung der wirtschaftlichen Tätigkeit der B... S.L., C..., Spanien, an die die Klägerin im Mai 2005 ein Kraftfahrzeug geliefert hatte. Wegen der Einzelheiten nimmt das Gericht auf die Ausdrucke in der Umsatzsteuer-Sonderprüfungsakte - UStSoPrA - Nachschau - 2009 Bezug.
Der Beklagte ordnete daraufhin für das Streitjahr am 11.09.2008 eine Umsatzsteuernachschau gemäß § 27b Umsatzsteuergesetz -UStG- an, die im Oktober und November 2008 stattfand. Der Prüfer stellte fest, dass die Klägerin am 31.05.2005 die Lieferung eines Kraftfahrzeugs mit der Fahrgestellnummer ... an die B... S.L. mit Sitz in Spanien bewirkt hatte. Der Erlös habe 23.000,00 € betragen. Die Klägerin hatte diesen Umsatz als umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung behandelt. Der Prüfer hielt den Nachweis der Verbringung des Fahrzeugs nach Spanien für nicht erbracht. Auf dem vorgelegten CMR-Frachtbrief fehle die Empfangsbestätigung der spanischen Abnehmerin (Feld 24). Zudem sei die angegebene Umsatzsteueridentifikationsnummer zum Zeitpunkt der Lieferung nicht mehr gültig gewesen. Damit fehle der Nachweis, dass die Abnehmerin in einem anderen EU-Mitgliedsstaat Unternehmerin sei. Daher sei die Steuerfreiheit für diese Lieferung zu versagen. Als Bemessungsgrundlage zum Regelsteuersatz sah der Prüfer 23.000,00 € als maßgeblich an. Er war der Meinung, dass die Klägerin die auf diese Bemessungsgrundlage entfallende Umsatzsteuer bei der Abnehmerin habe nachfordern können und bis zum Ende des Streitjahres keine Uneinbringlichkeit vorliege. Wegen der Einzelheiten der Feststellungen und Bewertungen des Prüfers wird auf die Kopie des Frachtbriefes und die Anlage zum Umsatzsteuerbescheid für 2005 (UStSoPrA - Nachschau - 2009) verwiesen.
Der Beklagte schloss sich der Auffassung des Prüfers an und änderte die Umsatzsteuerfestsetzung mit Bescheid vom 19.01.2009 gemäß § 164 Abs. 1 AO. Den Vorbehalt der Nachprüfung ließ er bestehen. Er berücksichtigte die 23.000,00 € nicht mehr als steuerfreie Umsätze, sondern erhöhte die Bemessungsgrundlage für den Regelsteuersatz um diesen Betrag. Dadurch erhöhte sich die Umsatzsteuer 2005 um 3.680,00 €.
Dagegen legte die Klägerin am Montag, den 23.02.2009, Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens legte sie einen CMR-Frachtbrief mit dem Stempel der Leistungsempfängerin im Feld 24 vor (Blatt 68 Gerichtsakte). Der Beklagte wies den Einspruch mit seiner Einspruchsentscheidung vom 05.06.2009 als unbegründet zurück.
Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben.
Der Beklagte hat im Jahr 2009 eine weitere Umsatzsteuernachschau gemäß § 27b UStG bei der Klägerin durchgeführt, die er im Dezember 2009 in eine Umsatzsteuersonderprüfung unter anderem für das Streitjahr übergeleitet hat. Wegen der Einzelheiten der Feststellungen wird auf den Bericht vom 27.04.2010 (Blatt 60 ff. UStSoPrA 2011) verwiesen. Daraufhin hat der Beklagte die Umsatzsteuerfestsetzung 2005 wegen hier nicht streitgegenständlicher Gründe erneut mit Bescheid vom 02.09.2010 geändert. Dagegen hat die Klägerin Einspruch eingelegt, den der Beklagte als unzulässig im Hinblick auf das hiesige Klageverfahren verwarf.
Im Jahre 2012 hat der Beklagte eine weitere Umsatzsteuersonderprüfung bei der Klägerin für die Jahre 2009 bis 2010 durchgeführt. Dabei hat der Prüfer festgestellt, dass sich im Umlaufvermögen der Klägerin ein am 01.08.2005 erworbener Brabus (Nettokaufpreis 32.000,00 €, 5.120,00 € USt) und ein am 12.08.2005 erworbener Aston Martin (Nettokaufpreis 142.556,47 €, 22.809,04 € USt) befunden haben, für die die Klägerin den Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hatte. Beide Fahrzeuge waren auf den Geschäftsführer der Klägerin zugelassen, und zwar der Brabus ab 2005 und der Aston Martin ab 2006. Der Aston Martin wurde am 27.09.2010 stillgelegt. Der Prüfer ist davon ausgegangen, dass diese Fahrzeuge nicht im Eigentum der Klägerin gestanden haben und dass der Vorsteuerabzug zu berichtigen sei. Wegen der Einzelheiten der Feststellungen wird auf den Bericht vom 09.04.2013 (in der UStSoPrA 2013) verwiesen. Der Beklagte ist dieser Einschätzung des Prüfers gefolgt und hat mit Bescheid vom 25.02.2014 die Umsatzsteuerfestsetzung 2005 erneut geändert und Vorsteuer in Höhe von insgesamt 27.929,04 € aus der Anschaffung dieser beiden Fahrzeuge nicht mehr zum Abzug zugelassen. In diesem auf § 164 Abs. 2 AO als Änderungsnorm gestützten Bescheid hat der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben. Dagegen hat die Klägerin ebenfalls Einspruch eingelegt, den der Beklagte wiederum als unzulässig im Hinblick auf das hiesige Klageverfahren verwarf.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend, dass die Lieferung des Kraftfahrzeugs mit der Fahrgestellnummer ... an die B... S.L. mit Sitz in C..., Spanien als umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung zu behandeln sei. Ihr sei jedenfalls Vertrauensschutz gemäß § 6a Abs. 4 UStG zu gewähren. Die streitigen 23.000,00 € seien als steuerfrei und nicht als Bemessungsgrundlage zum Regelsteuersatz zu erfassen. Sie sei den Nachweispflichten gemäß § 17a ff. Umsatzsteuerdurchführungsverordnung -UStDV- nachgekommen. Bei dem Kauf sei zunächst am 19.05.2005 das Geld bei ihr eingegangen. Am 20.05.2005 habe sie durch eine Pro-Form-Rechnung den Geldeingang beim Kunden bestätigt und dass das Fahrzeug nunmehr zur Abholung bereit stehe. An diesem Tag habe sie sich die Umsatzsteueridentifikationsnummer beim Bundeszentralamt für Steuern bestätigen lassen. Teilweise würden Fahrzeuge sofort nach Geldeingang oder Barzahlung abgeholt, manchmal auch erst nach drei Monaten. Das streitige Fahrzeug habe binnen vierzehn Tagen, also kurzfristig abgeholt werden sollen. Bei Abholung liege der Zeitpunkt der Lieferung im Ermessen des Käufers. Es hätte im Streitfall auch schon am 20.05.2005, also unter Geltung der Umsatzsteueridentifikationsnummer des Abnehmers abgeholt werden können. Wegen der kurzen Zeitspanne zwischen Abfrage und Abholmöglichkeit bzw. Abholung des Fahrzeugs, auf die der Verkäufer nur bedingt Einfluss nehmen könne, habe ihr Geschäftsführer die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns beachtet. Es sei nicht erkennbar gewesen, dass die Umsatzsteueridentifikationsnummer bereits kurz nach der Abfrage ihre Gültigkeit verlieren könne. Eine nochmalige Abfrage dürfe nicht verlangt werden. Die Klägerin habe auf die Angaben des Käufers zur Umsatzsteueridentifikationsnummer vertraut. Dieser habe noch in seinem Faxschreiben an die Klägerin vom 31.05.2005 die Umsatzsteueridentifikationsnummer verwendet. Es sei daher nach § 6a Abs. 4 UStG von einer innergemeinschaftlichen Lieferung auszugehen.
Auch sei die Rückgängigmachung des Vorsteuerabzugs aus der Anschaffung der Fahrzeuge Brabus und Aston Martin unberechtigt. Ihr stehe der Vorsteuerabzug in Höhe von 27.929,04 € zu. Die Fahrzeuge seien von ihr bestellt und auch bezahlt worden. Auch die Übergabe sei an sie erfolgt, so dass sie Eigentum an den Fahrzeugen erworben habe. Die Zulassung auf ihren Geschäftsführer und dessen Eintragung im Fahrzeugbrief sage nichts über seine Eigentümerstellung aus. Damit werde Herr H... lediglich zum Halter der Fahrzeuge. Der Halter eines Fahrzeugs könne durchaus verschieden vom Eigentümer dieses Fahrzeugs sein.
Sie habe das Fahrzeug Brabus für ihr Unternehmen erworben. Sie habe es entsprechend den Wünschen der Firma D... bestellt, die ein langjähriger Geschäftspartner in der Ukraine sei. An oder über diesen verkaufe sie die meisten Fahrzeuge. Die Firma D... habe den Einkaufspreis als Kaution an die Klägerin überweisen. Dieser sei als Verbindlichkeit auf dem Konto 1413 (Forderungen / Verbindlichkeiten D...) verbucht worden. Es sei kein Kaufvertrag geschlossen worden. Das Fahrzeug sei in der Bundesrepublik Deutschland verblieben und auf den Geschäftsführer der Klägerin zugelassen. Das Fahrzeug sei dem Umlaufvermögen zugebucht worden, sei dort am 31.12.2005 und bis zum 31.12.2010 im Warenbestand vorhanden gewesen. In dieser Zeit sei das Fahrzeug von Mitarbeitern der Firma D... bei deren Aufenthalten in der Bundesrepublik genutzt worden. Dies lasse sich auch aus dem Kilometerstand zum 01.01.2011 (15.050 km) ersehen. Zum 01.01.2011 habe die Klägerin mit der Firma D... einen schriftlichen Nutzungsüberlassungsvertrag abgeschlossen, durch den das Fahrzeug für drei Jahre zur Nutzung an E..., einer Kundin der Firma D..., zur Nutzung überlassen werde. Die Nutzungsgebühr dafür von jährlich 960,00 € zuzüglich 19 % Umsatzsteuer sei fakturiert worden und auf dem Konto 1413 (Forderungen / Verbindlichkeiten D...) gebucht worden. Der Nutzungsvertrag sei die schriftliche Fixierung der schon bei Anschaffung des Fahrzeugs bestehenden mündlichen Vereinbarungen. Für den Zeitraum 2005 bis 2010 seien keine Umsätze aus der Nutzung erklärt worden, weil für diesen Zeitraum kein Nutzungsvertrag vorgelegen habe und damit keine Entgelte erzielt worden seien.
Nach Klärung der endgültigen Verwendung des Fahrzeugs sollte eine endgültige Abrechnung mit der Firma D... erfolgen. Dies sollte entweder ein Kauf des Fahrzeugs durch die Firma D... zum gültigen Marktpreis unter Erstattung der Wertminderung oder ein Verkauf an einen Dritten und Erstattung der Wertminderung durch D... sein. Die Abrechnung sollte mit der gezahlten Kaution erfolgen. Ertragsteuerlich hätte das Fahrzeug nicht dem Umlaufvermögen, sondern dem Anlagevermögen zugeschrieben werden müssen. An der Berechtigung zum Vorsteuerabzug ändere sich dadurch nichts.
Der Aston Martin sei von der Firma D... am 30.01.2005 verbindlich bestellt worden. Die Vereinbarung habe einen Kauf des Fahrzeugs durch die Firma D... frühestens zwei Jahre nach Überlassung des Fahrzeugs vorgesehen. Hätte sich die Firma D... nicht zum Kauf entschlossen, hätte sie den Differenzbetrag zwischen Einkaufspreis uns dem dann zu erzielenden Kaufpreis zu tragen gehabt. Dieses Fahrzeug sei am 12.08.2005 an die Klägerin geliefert und zur Firma D... in die Ukraine verbracht worden. Dort habe eine mehrjährige Nutzung stattgefunden. Letztlich habe sich die Firma D... entschlossen, das Fahrzeug nicht zu erwerben. Es sei daher wieder in die Bundesrepublik verbracht worden und am 23.09.2011 an die Firma F... in G... zum Preis von 70.000,00 € verkauft worden. Die Firma D... habe ein Entgelt für die Nutzung in Höhe von 78.000,00 € gezahlt. In der Rechnung werde zwar "Schadensersatz" als Grund angegeben. Da das Fahrzeug genutzt worden sei, stelle es tatsächlich ein Nutzungsentgelt dar. Dieses sei der Besteuerung zu unterwerfen. Ertragsteuerlich sei eine Zuordnung zum Anlagevermögen ab 12.08.2005 vorzunehmen sowie Abschreibungen über die Nutzungsdauer zu berücksichtigen.
Sie sei damit einverstanden, dass zum Ausgleich der Einräumung der Nutzungsmöglichkeit der streitigen Fahrzeuge an die Firma D... eine sonstige Leistung angenommen werde, die zu Umsätzen zum Regelsteuersatz geführt habe. Ausgehend von den Gegenleistungen der Firma D... seien diese Umsätze für das Streitjahr mit 6.169,48 € in Übereinstimmung mit dem Beklagten zu bemessen.
Die Klägerin beantragt,
abweichend von dem Bescheid über Umsatzsteuer 2005 vom 25.02.2014 die Bemessungsgrundlage zum Regelsteuersatz um (23.000,00 € - 6.169,48 € =) 16.830,52 € niedriger und den Vorsteuerabzug um 27.929,04 € höher anzusetzen und die Umsatzsteuer 2005 entsprechend festzusetzen,
die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass die Umsatzsteuer nach um 6.169,48 € erhöhten Umsätzen zum Regelsteuersatz und einem um 27.929,04 € erhöhten Vorsteuerabzug festgesetzt wird.
Der Beklagte verweist zur Begründung hinsichtlich der nicht anerkannten innergemeinschaftlichen Lieferung auf die Ausführungen in der Einspruchsbegründung. Ergänzend führt er aus, dass nur durch die bei Lieferung gültige Umsatzsteueridentifikationsnummer nachgewiesen werden könne, dass der Abnehmer Unternehmer sei. Die Steuerfreiheit könne bei einer - wie hier - verzögerten Lieferung nur dann beansprucht werden, wenn der Lieferant die Umsatzsteueridentifikationsnummer mehrfach abfrage. Dies sei insbesondere dann nicht unbillig, wenn Lieferungen an Abnehmer bewirkt würden, mit denen es nur zu einmaligen oder wenigen Geschäftsabschlüssen in einem größeren zeitlichen Abstand komme. Es sei einer Finanzverwaltung eines Mitgliedsstaates auch nicht verwehrt, die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung von der Mitteilung der Umsatzsteueridentifikationsnummer des Erwerbers abhängig zu machen.
Nachdem der Beklagte zunächst an den Vorsteuerkürzungen festgehalten hat, hat er in der mündlichen Verhandlung zugestanden, dass die Klägerin die streitigen Fahrzeuge für ihr Unternehmen erworben habe. Nach den vorliegenden Rechnungen stehe dem Vorsteuerabzug auch aus formeller Sicht nichts entgegen. Er sehe die Zulassung der Fahrzeuge auf den Geschäftsführer der Klägerin nicht mehr als schädlich an, zumal die Fahrzeuge im Zeitpunkt der Anschaffung dem Umlaufvermögen zugeordnet worden seien. Da aber im Streitjahr die Nutzung der Fahrzeuge für das Unternehmen nicht belegt sei - die Überlassung an Zugehörige der Firma D... sei nur behauptet und nicht nachgewiesen - komme auch eine private Nutzung in Betracht. Dem sei durch Ansatz einer unentgeltlichen Wertabgabe als umsatzsteuerpflichtige Bemessungsgrundlage zum Regelsteuersatz Rechnung zu tragen. Diese werde in Übereinstimmung mit der Klägerin mit 6.169,48 € im Streitjahr angenommen.
Dem Gericht haben bei der Entscheidung neun Bände Akten des Beklagten (drei Bände Umsatzsteuer-Sonderprüfung 2009, 2011 und 2013, Umsatzsteuer, Rechtsbehelfsakte, Arbeitsbogen zu Auftragsnummer 2921033, Hinweisakte, Bilanzen und Gesellschaftsverträge) zur Steuernummer ... vorgelegen, die dieser für die Klägerin führt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid 2005 vom 25.02.2014 ist - wie im Tenor ausgesprochen - rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
1. Der auf § 164 Abs. 2 AO gestützte Änderungsbescheid durfte noch ergehen. Der Ablauf der Festsetzungsfrist war gemäß § 171 Abs. 3a AO wegen des bereits anhängigen Klageverfahrens gehemmt. Eine Änderung zu Lasten der Klägerin war gemäß § 164 Abs. 2 und Abs. 4 AO noch möglich. Der angeordnete Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO bestand noch, so dass § 164 Abs. 2 AO eine zutreffende Änderungsvorschrift ist. Denn bis zu dem Bescheid vom 25.02.2014 war der Vorbehalt der Nachprüfung nicht aufgehoben. Da er in der Einspruchsentscheidung nicht erwähnt ist, galt er weiter. Es ist auch zu keinem früheren Zeitpunkt Festsetzungsverjährung eingetreten. Diese lief wegen der im Jahre 2006 eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärung bis zum 31.12.2010. Vor Ablauf der Festsetzungsfrist erging der erste Änderungsbescheid vom 19.01.2009, gegen den in der Folge ein Einspruchsverfahren und das hiesige Klageverfahren geführt wurden und werden, so dass eine Hemmung nach § 171 Abs. 3a AO sich bis heute fortsetzt.
2. Der Klägerin steht der begehrte Vorsteuerabzug im Streitjahr für die beiden Fahrzeuge Brabus und Aston Martin zu.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen, wenn er eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Die Klägerin hat diese Fahrzeuge, wovon inzwischen auch die Beteiligten übereinstimmend annehmen, für ihr Unternehmen bezogen. Die Lieferung der Fahrzeuge ist an die Klägerin erfolgt und nicht an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer. Es gibt, außer der nicht für die Eigentümerstellung maßgeblichen Zulassung auf Herrn H..., keine Anzeichen dafür, dass die Leistungsbeziehung nicht zwischen dem Hersteller/Rechnungsaussteller und der Klägerin bestand.
Die Klägerin wollte diese Fahrzeuge auch in ihrem Unternehmen nutzen. Zum einen spricht die buchhalterische Behandlung für einen Verkaufswillen. Die Klägerin hat die Fahrzeuge als Umlaufvermögen gebucht. Darin liegt die Erklärung, dass sie diese veräußern will. Eine Nutzung für andere Zwecke bis zu einem Verkauf hindert dies nicht, solange die Fahrzeuge nicht entnommen werden. Dafür bestehen vorliegend aber keine Anhaltspunkte.
Die Nutzung der Fahrzeuge durch die Firma D... oder die dieser vorbehaltene Nutzungsmöglichkeit oder eine anderweitige Nutzung bei grundsätzlich bestehender Verkaufsabsicht führt nicht dazu, dass der Vorsteuerabzug zu versagen wäre.
Gegenläufig ist das für die Nutzung der Fahrzeuge bzw. für die Möglichkeit der Nutzung von der Firma D... gezahlte Entgelt, welches die Klägerin durch Rechnungstellung und Verbuchung auf dem Verrechnungskonto von dieser auch tatsächlich erhalten hat, als steuerpflichtiger Umsatz zum Regelsteuersatz für die Überlassung der beiden Fahrzeuge anzusetzen. Denn insoweit hat die Klägerin gegenüber der Firma D... eine umsatzsteuerpflichtige Leistung im Sinne von §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, 3a Abs. 1 Satz 1 UStG am Ort des Unternehmens der Klägerin (Sitz oder Betriebsstätte) erbracht. Diese Leistung ist im Streitjahr mit 6.169,48 € netto zu bewerten. Anteilig für 140 Tage ist eine Nutzungsmöglichkeit zu berücksichtigen. Für die Nutzungsmöglichkeit des Aston Martin hat die Firma D... bis zu dessen Verkauf insgesamt die von der Klägerin berechneten 78.000,00 € aufgebracht. Davon entfallen ausgehend von der Berechnung der Klägerin im Schriftsatz vom 29.07.2014 (Blatt 141 Gerichtsakte) insgesamt 36.233,00 € auf den Zeitraum 12.08.2005 bis 31.12.2007 (858 Tage). Damit fallen täglich 42,23 € an, für den 140 Tage betragenden Zeitraum 12.08.2005 bis 31.12.2005 mithin brutto 5.912,14 €. Netto ergeben sich 5.096,68 €.
Für den Brabus, der noch nicht veräußert und mit der Firma D... noch nicht endgültig abgerechnet ist, ist ausgehend von den von der Firma D... als Kaution gezahlten 32.000,00 € und einer wohl höchstens anzusetzenden Nutzungsmöglichkeit über zehn Jahre ein Tagesbetrag für die Nutzung in Höhe von 8,88 € (32.000,00 € / 3600 Tage) anzusetzen. Für 140 auf das Jahr 2005 entfallende Tage ergeben sich mithin brutto 1.244,44 €, der Nettobetrag daraus beträgt 1.072,80 €. Daraus ergibt sich die Erhöhung der Bemessungsgrundlage zum Regelsteuersatz für die Nutzungsüberlassung beider Fahrzeuge in Höhe von 6.169,48 €, mit der sich die Beteiligten ausdrücklich einverstanden erklärt haben.
3. Die Lieferung des Kraftfahrzeugs mit der Fahrgestellnummer ... an die B... S.L. mit Sitz in C..., Spanien ist als umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung gemäß §§ 4 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b), 6a UStG zu behandeln.
Die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung nach § 4 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b) in Verbindung mit § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG beruht auf Art. 28c Teil Aa Unterabschnitt 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage -Richtlinie 77/388/EWG-. Danach
"befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch festlegen:
a) die Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versands oder der Beförderung der Gegenstände handelt."
Nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG liegt eine innergemeinschaftliche Lieferung im Sinne von § 4 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b) UStG vor, wenn bei einer Lieferung der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat (Nr. 1), der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand für sein Unternehmen erworben hat (Nr. 2 Buchstabe b)) und der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedsstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt (Nr. 3).
Gemäß § 6a Abs. 3 UStG sind die Voraussetzungen durch den Unternehmer nachzuweisen. Der Nachweis ist gemäß den §§ 17a ff. UStDV zu führen. Hat - wie im Streitfall - der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung versendet, ist der Nachweis gemäß § 17a Abs. 4 Satz 1 UStDV durch das Doppel der Rechnung (Nr. 1) und durch einen Beleg entsprechend § 10 Abs. 1 UStDV zu führen. Nach dieser Vorschrift ist zum Beispiel ein Frachtbrief geeignet. Ferner muss nach § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer die Voraussetzungen der Steuerbefreiung einschließlich Umsatzsteueridentifikationsnummer des Abnehmers buchmäßig nachweisen.
Die Klägerin hat diese Beleg- und Buchnachweise vollständig erbracht. Sie hat ein Doppel der Rechnung und im Einspruchsverfahren auch den vollständig ausgefüllten CMR-Frachtbrief (einschließlich des Feldes 24) vorgelegt. Ferner hat sie mit der Aufzeichnung der Nummer ES - B 84183185, der Umsatzsteueridentifikationsnummer der B... S.L., auch den Nachweis der Unternehmereigenschaft dieser Gesellschaft geführt und die Anforderungen an den Beleg-/Buchnachweis für innergemeinschaftliche Lieferungen erfüllt.
Dem steht nicht entgegen, dass die aufgezeichnete Umsatzsteueridentifikationsnummer seit dem 25.05.2005 ausweislich der Auskunft der spanischen Steuerbehörden vom 23.11.2006 nicht mehr galt. Denn zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses hatte die Klägerin alle für den Beleg- und Buchnachweis erforderlichen Angaben erfasst. Der Vertragsschluss lag am 20.05.2005 mit der Bestätigung des Geldeinganges durch die Pro-Form-Rechnung und der Bereitstellung des Fahrzeugs zur Abholung. Denn bereits zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Klägerin vertraglich gebunden, das Fahrzeug an die B... S.L. zu dem vereinbarten und schon erhaltenen Preis von 23.000,00 € zu liefern. Mit der Abfrage der Umsatzsteueridentifikationsnummer beim Bundeszentralamt für Steuern am 20.05.2005 hat sie zu diesem Zeitpunkt alles getan, um die erforderlichen Angaben zu ermitteln. Zudem galt die Umsatzsteueridentifikationsnummer auch an diesem Tag noch. Es war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses für die Klägerin nicht möglich zu erkennen, dass sich dies zukünftig ändern werde.
Es kam auch - unter Berücksichtigung dessen, dass es sich bei der B... S.L. wohl um einen "missing trader" gehandelt hat - auf deren Umsatzsteueridentifikationsnummer und nicht auf diejenige des mit Namen dieser Gesellschaft Handelnden an. Denn auch dann, wenn ein "missing trader" auftritt, wird dieser grundsätzlich selbst Vertragspartner und wirklicher Abnehmer (Bunjes/Robisch, UStG, 14. Auflage München 2015, § 6a Tz 90 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung des BFH).
Die Klägerin war auch nicht verpflichtet, in der Zeit zwischen dem Vertragsschluss und der Bewirkung der Lieferung diese Angaben zu überprüfen. Die Lieferung ist mit der Übergabe an den vom Abnehmer beauftragten Spediteur erfolgt (§ 3 Abs. 6 Satz 1 UStG). Damit war der Zeitpunkt der Lieferung am 31.05.2005. Die vorhergehenden Rechnungen und die Mitteilung, dass die Zahlung angekommen und der Wagen zur Abholung bereit steht, mithin der Vertragsschluss, sind vor der Lieferung erfolgt. Allein das Auseinanderfallen von Vertragsschluss und Lieferzeitpunkt verpflichtet den Lieferer nicht, die beim Vertragsschluss korrekten Angaben insbesondere zur Umsatzsteueridentifikationsnummer erneut und gegebenenfalls laufend in ganz kurzen Abständen zu überprüfen. Dies wäre dann anders, wenn der Lieferer Anhaltspunkte für eine Änderung der Angaben hat. Diesen müsste er dann nachgehen. Solche Anhaltspunkte fehlen allerdings im Streitfall. Auch die B... S.L. verwendete noch am 31.05.2005 die nicht mehr gültige Umsatzsteueridentifikationsnummer (Blatt 71 Gerichtsakte).
Dies dürfte wohl anders zu beurteilen sein, wenn der Abnehmer eine große Zeitspanne zwischen Vertragsschluss und Lieferung verstreichen lässt. Denn dies wäre so ungewöhnlich, dass sich der Lieferer erneut um die Daten des Abnehmers kümmern müsste. Eine Zeitspanne von - wie im Streitfall - elf Tagen (davon neun Tage zwischen Vertragsschluss und Liefertag) reicht dafür aber nach Ansicht des Senats nicht aus.
Selbst wenn darauf abzustellen wäre, dass immer die zum Zeitpunkt der Lieferung bestehenden Angaben aufgezeichnet werden müssten und die Klägerin daher keine gültige Umsatzsteueridentifikationsnummer aufgezeichnet hätte, käme es nicht in Betracht, der hier streitigen Lieferung die Steuerfreiheit zu versagen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union -EuGH- und des Bundesfinanzhofes -BFH-, der sich der Senat anschließt, kann die Steuerbefreiung nach § 4 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b) UStG nicht allein aus dem Grund versagt werden, dass der Lieferer die Umsatzsteueridentifikationsnummer des Erwerbers nicht mitteilen kann, wenn er redlicherweise und nachdem er alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, diese Identifikationsnummer nicht mitteilen kann und er außerdem Angaben macht, die hinreichend belegen können, dass der Erwerber ein Steuerpflichtiger ist, der bei dem betreffenden Vorgang als solcher gehandelt hat (EuGH, Urteil vom 27.09.2012 - C-597/10 VStR, Amtsblatt der Europäischen Union -ABl. EU-, Nr. C 266, 9, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2012, 2014; BFH, Urteil vom 28.05.2013 - XI R 11/09, Sammlung der Entscheidungen des BFH -BFHE- 242, 84, DStR 2013, 1597 [BFH 28.05.2013 - XI R 11/09]).
Denn die Klägerin hat zunächst die zutreffende Umsatzsteueridentifikationsnummer aufgezeichnet. Es war ihr nicht zumutbar, innerhalb der wenigen Tage bis zum Zeitpunkt der Lieferung diese (erneut) abzufragen. Aus ihrer Sicht gab es keine Anhaltspunkte, die darauf hätten hindeuten können, dass sich an der erfassten Nummer etwas ändern werde oder - nach dem 25.05.2005 - etwas geändert habe. Innerhalb weniger Tage mehrere Abfragen zur Umsatzsteueridentifikationsnummer zu verlangen, würde die Anforderungen an einen Steuerpflichtigen überspannen.
Darüber hinaus ist der Klägerin die Steuerfreiheit auch aus Gründen des Vertrauensschutzes gemäß § 6 a Abs. 4 UStG zu gewähren. Nach dieser Vorschrift ist die Lieferung als steuerfrei auch dann anzusehen, wenn der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt hat, obwohl die Voraussetzungen nach § 6 a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruhen und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. Auf diese Vorschrift käme es an, wenn für die Aufzeichnungspflicht hinsichtlich der Umsatzsteueridentifikationsnummer ausschließlich auf den Zeitpunkt der Lieferung ankäme. Denn dann hätte die Klägerin eine falsche, das heißt, nicht mehr gültige Identifikationsnummer aufgezeichnet. Dies hätte auf der - unrichtigen - Angabe des Abnehmers am Tag der Lieferung beruht, weil dieser noch am 31.05.2005 die zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gültige Umsatzsteueridentifikationsnummer benutzt hatte.
In diesem Fall hätte die Klägerin die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen können. Denn sie war nicht verpflichtet, nach der Abfrage der Umsatzsteueridentifikationsnummer am 20.05.2005 beim Bundeszentralamt für Steuern diese Abfrage innerhalb kürzester Zeit zu wiederholen. Es mag zwar der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns entsprechen, bei der Geschäftsanbahnung mit einem neuen Kunden dessen Daten zu überprüfen und auch bei zum Beispiel gelegentlichen Geschäften diese überprüften Angaben turnusmäßig zu verifizieren (Bunjes/Robisch, a.a.O., § 6a Tz. 85 mit weiteren Nachweisen). Nicht gefordert ist hingegen eine laufende Überprüfung von überprüften oder zutreffenden Angaben innerhalb kürzester Zeit, ohne dass Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestehen. Da im Streitfall die ursprünglichen Angaben zutreffend waren, war die Klägerin daher nicht verpflichtet, in der kurzen Zeitspanne zwischen Vertragsschluss und Abholung des Fahrzeugs durch den Spediteur die Richtigkeit der Angaben erneut zu überprüfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.
Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 FGO zugelassen, weil die Einzelheiten zur Aufzeichnungspflicht der Umsatzsteueridentifikationsnummer nebst der Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs. 4 UStG bei Wegfall der Umsatzsteueridentifikationsnummer während der Abwicklung des Geschäfts noch nicht im Einzelnen geklärt sind.