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  • 20.09.2023 · IWW-Abrufnummer 237443

    Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht: Urteil vom 15.06.2023 – 6 W 9/23

    Der in einer Google-Anzeige angegebene Preis für einen Bestandteil einer Photovoltaikanlage verstößt gegen das Gebot der Preisklarheit und Preiswahrheit, wenn nicht erkennbar ist, dass er 0 % Umsatzsteuer enthält und an welche Bedingungen dieser Umsatzsteuersatz geknüpft ist.


    Oberlandesgericht Schleswig

    Urteil vom 15.06.2023

    6 W 9/23

    Tenor: Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts Itzehoe vom 07.03.2023, Az. 5 HKO 6/23, abgeändert.

    Der Antragsgegnerin wird es im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten - mit der Maßgabe, dass die Ordnungshaft an den Geschäftsführern der persönlich haftenden Gesellschafterin der Antragsgegnerin zu vollziehen ist - untersagt, im Rahmen einer geschäftlichen Handlung Batteriespeicher für Photovoltaik, bei denen der Preis gem. § 12 Abs. 3 UStG keine Umsatzsteuer enthält, zu bewerben, ohne in der Werbung darüber zu informieren, unter welchen Voraussetzungen das Angebot der Besteuerung von 0 % Umsatzsteuer unterliegt,
    wenn dies geschieht, wie bei der anliegend dargestellten Anzeige bei Google,
    die bei Anklicken der Anzeige auf das nachfolgend dargestellte Angebot unter https://... führt:

    Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

    Gründe

    I.

    Die Antragstellerin begehrt, der Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Verfügung zu untersagen, mit einer sog. Google-Shopping-Anzeige für Batteriespeicher für Photovoltaik zu werben, wenn bei der Anzeige ohne weitere Kennzeichnung der Nettoverkaufspreis angezeigt wird.

    Die Antragstellerin vertreibt Photovoltaikmodule, Wechselrichter und Akkus für Solarsysteme. Die Antragsgegnerin bietet im Internet ebenfalls Batteriespeicher für Photovoltaik, sog. Heimspeicher, an. Konkret bewarb die Antragsgegnerin am 12.02.2023 bei Google-shopping das Produkt ,,Lithiumbatterie 5KW Huawei LUNA2000-5KW-E0 Photovoltaik", wie in der Antragsschrift, S. 5, angezeigt, zu einem Preis i.H.v. 2.556,79 Euro. Dieser Preis entsprach dem Nettoangebotspreis der Antragsgegnerin, also einem Endpreis bei 0 % Umsatzsteuer.

    Seit dem 01.01.2023 gilt nachfolgende Regelung gem. § 12 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz (UStG):

    "(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:

    1.    die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird;

    ...

    4. die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt."

    Die Antragstellerin mahnte die Antragsgegnerin am 14.02.2023 erfolglos ab (Anlage AS11).

    Sie ist der Auffassung, die Werbung sei wettbewerbswidrig. Die Befreiung sog. Heimspeicher für Photovoltaikanlagen von der Umsatzsteuer durch § 12 Abs. 3 UStG n.F. stehe unter einer Vielzahl von Bedingungen. Eine Werbung mit einem Preis, der nur gelte, wenn Bedingungen erfüllt seien, sei wettbewerbswidrig, wenn diese Bedingungen nicht angegeben würden. Es gelte Vergleichbares wie im Falle einer Werbung mit Preisen, die nur für Premium-Kunden gelten (vgl. LG Frankfurt, Az: 3-10 O 93/22).

    Das Landgericht hat den Antrag durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Der typische Interessentenkreis wolle den Stromspeicher erwerben, um eine Solaranlage im Heimbereich zu betreiben. Auf den Verbraucherkreis derjenigen, die eine Photovoltaikanlage planten oder betrieben und ihren Eigenverbrauchsanteil erhöhen wollten, sei abzustellen. Diese Verbraucher erfüllten jedoch stets die Anforderungen, für die der reduzierte Umsatzsteuersatz anfalle. Gegenüber diesen durchschnittlichen Verbrauchern sei die Werbung daher nicht irreführend.

    Ein Betrieb des Batteriespeichers ohne Photovoltaikanlage sei technisch und wirtschaftlich nicht sinnvoll. Anlagen mit einer größeren Leistung als 30 kW peak kämen im Verbraucherbereich praktisch nicht vor. Soweit der reduzierte Umsatzsteuersatz bei nicht stationärer Verwendung nicht eingreife, sei das Gerät für den mobilen Einsatz in Wohnmobil oder Segelboot wenig interessant. Hierfür würden üblicherweise Geräte verwendet, die über einen Wechselrichter verfügten. Ein durchschnittlicher Verbraucher betreibe eine Photovoltaikanlage zudem praktisch stets in der Nähe seiner Privatwohnung. Untypisch sei die Kombination, dass ein Stromspeicher wie der hier beworbene von Unternehmern zur Deckung des Unternehmensstrombedarfes verwendet werde. Die Leistung des Gerätes liege in dem Bereich, der typischerweise im Heimbereich anfalle. Unternehmen, die einen Speicherbedarf dieser Größe hätten, seien die Ausnahme. Damit sei aber weiterhin auf den Verbraucher als angesprochenen Adressatenkreis abzustellen. Unternehmer seien zudem in der Regel zum Vorsteuerabzug berechtigt und daher nur am Nettopreis interessiere. Sofern ein Wiederverkäufer die Anzeige wahrnehme, kenne er die in seinem Handelsbereich relevanten Regelungen zur Umsatzsteuer. Hinzukomme, dass der Interessent bei Google-Shopping-Anzeigen keine ausdifferenzierten Preisangaben erwarte, sondern den Preis für den typischen Interessenten. Da die Ausnahme des vollen Umsatzsteuersatzes so gut wie nicht vorkomme, unterscheide sich das vorliegende Angebot auch von solchen Anzeigen, bei denen der angezeigte Preis z. B. nur für Kunden von Amazon Prime gelte. Eine Werbeanzeige mit 19% Umsatzsteuer stelle für den typischen Interessenten eine strukturelle Fehlinformation dar, die nicht im Interesse einer wirksamen und richtigen Verbraucherinformation liegen könne.

    Die Antragstellerin hat hiergegen form- und fristgerecht sofortige Beschwerde erhoben, mit der sie ihren Antrag weiterverfolgt. Die Preisangabe der Google-Werbung enthalte keinen Hinweis, dass komplexe umsatzsteuerliche Voraussetzungen erforderlich seien, damit der abgebildete Preis eingreife. Es sei auch keine Angabe mit einladender Wirkung vorhanden, auf der verlinkten Seite die Informationen zur Umsatzsteuer zur Kenntnis zu nehmen. Auch sei auf dieser Seite, der "Landingpage", lediglich der Wortlaut des § 12 Abs. 3 UStG genannt worden, der für die angesprochenen Verkehrskreise kaum verständlich sei. Diese Information nehme jedenfalls nicht am Blickfang teil. Unzutreffend sei die Annahme des Landgerichtes, der Steuersatz von 0 % greife faktisch immer ein. So sei es z. B. nicht zwangsläufig anzunehmen, dass ein Erwerber ein solches Gerät i. S. d. § 12 UStG auch installiere. Die Werbung richte sich zudem auch an Unternehmer; die Annahme, Unternehmer seien stets über aktuelle umsatzsteuerliche Aspekte in ihrem Handelsbereich informiert, sei unzutreffend. Die angesprochenen Verkehrskreise erwarteten bei Preisangaben in einer Suchmaschine in der Regel die Angabe von Bruttopreisen. Die Annahme, Erläuterungen zur Umsatzsteuer seien nicht im Rahmen des Blickfanges zu erwarten, trage nicht, da es sich bei der Höhe des Preises um eine wesentliche Angabe mit hohem Wettbewerbsbezug handele.

    Die Antragsgegnerin verteidigt die angefochtene Entscheidung. Auf Unternehmer sei das Angebot nicht ausgerichtet. Maßgeblicher angesprochener Verkehrskreis seien Verbraucher, die ihren Eigenverbrauch erhöhen wollten. Der reduzierte Steuersatz falle auch an, wenn Zeitpunkt der Lieferung und der Installation auseinanderfielen. Die Kunden seien informierte Betreiber oder Planende von Photovoltaikanlagen. Hinzukomme, dass vom Erfordernis, nach der Preisangabenverordnung den Gesamtpreis anzugeben, Ausnahmen zuzulassen seien, wenn besondere Umstände des Einzelfalles dies erforderten. Eine solche Ausnahme erfordere der Zweck der Umsatzsteuerregelung.

    II.

    Die zulässige Beschwerde hat Erfolg, die begehrte einstweilige Verfügung war gem. §§ 935, 940 ZPO zu erlassen.

    1. Bedenken zur Zulässigkeit des Antrages bestehen nicht.

    2. Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG. Hiernach kann ein Mitbewerber gegen unlautere geschäftliche Handlungen vorgehen, die u. a. bei unwahren, oder sonstigen zur Täuschung geeigneten Angaben über den Preis oder die Art und Weise, wie er berechnet wird, vorliegen. Eine fehlende oder unklare Preisauszeichnung kann zudem einen Verstoß gegen § 5a Abs. 2, Abs. 3 Nr. 3, Abs. 4 UWG darstellen (Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl., vor § 1 PAngV, Rn. 6 m. w. N.). Diese Voraussetzungen liegen vor.

    a)    Die Antragstellerin ist als Mitbewerberin gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG aktivlegitimiert. Mitbewerber ist gemäß der Legaldefinition in § 2 Abs. 1 Nr. 4 UWG jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager von Waren und Dienstleitungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist immer dann gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder gewerbliche Leistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und das Wettbewerbsverhalten des einen daher den anderen beeinträchtigen, d. h. im Absatz behindern oder stören kann (BGH, GRUR 1999, 69/70 - preisvergleichsliste ll; BGH, GRUR 2004,877 [BGH 24.06.2004 - I ZR 26/02] - Werbeblocker). Die Antragstellerin hat unwidersprochen dargelegt und glaubhaft gemacht, gleichartige Produkte zu vertreiben (Anlage AS4, Bl. 90).

    b) Bei dem beanstandeten, in Google-Shopping eingestellten Angebot der Antragsgegnerin handelt es sich unproblematisch um eine geschäftliche Handlung der Antragsgegnerin im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG, da sie darauf gerichtet ist, den Absatz der beworbenen Produkte zu fördern.

    c) Der in der Google-Anzeige angeführte Preis verstößt gegen das Gebot der Preisklarheit und Preiswahrheit (vgl. zu beidem Bornkamm/Feddersen in Köhler u.a., § 5 UWG, Rn. 3.22 f.). Der Preisangabe lässt sich nicht entnehmen, dass der Preis 0 % Umsatzsteuer enthält und an welche Bedingungen dieser Steuersatz geknüpft ist.

    d) Diese fehlende Aufklärung über die Bedingungen, unter denen der angegebene Preis gilt, verursacht bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Irrtum.

    aa) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin und des Landgerichtes richtet sich die Anzeige nicht ausschließlich an Verbraucher, die stets der Regelung über den auf 0 reduzierten Umsatzsteuersatz unterfallen. Dieser Kreis derjenigen Verbraucher, die beispielsweise ihre Immobilie mit einer Photovoltaikanlage ausgerüstet haben und über die Erhöhung des Eigenverbauchsanteils nachdenken oder die Planung einer solchen Anlage betreiben oder in Erwägung ziehen, gehört zwar auch zum angesprochenen Verkehrskreis. Der Senat zählt sich selbst zu diesem angesprochenen Verbraucherkreis. Die Anzeige richtet sich allerdings nicht ausschließlich an Verbraucher. Den angesprochenen Verkehrskreisen unterfallen auch Unternehmer. So können beispielsweise auch Kleinunternehmer, die ihren Geschäftsbetrieb mit selbst produziertem Strom betreiben wollen, angesprochen werden. Entgegen den Ausführungen des Landgerichtes scheiden Unternehmer nicht faktisch aus dem Kundenreis aus. So ist ohne Weiteres denkbar, dass ein Kioskbesitzer, ein Versicherungsvertreter oder eine Bäckerei die Geschäftsstätte mit einer Solaranlage versehen und durch Einsatz eines Batteriespeichers auch in der hier beworbenen Größe versuchen, ihren Eigenverbrauchsanteil möglichst hoch zu halten. Hierbei muss es sich auch nicht zwingend um einen Personenkreis handeln, der zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Hinzukommt, dass auch dieser Personenkreis zunächst verpflichtet ist, Umsatzsteuer zu zahlen, wenn er sie auch später verrechnen kann. Ebenso, wie eine Werbung mit Nettopreisen nur zulässig ist, wenn sichergestellt ist, dass Adressaten der Werbung keine Verbraucher sind (vgl. Köhler, a. a. O, § 5 UWG, Nr. 3.173 m. w. N.), wäre eine Werbung mit Nettopreisen im vorliegenden Fall nur dann zulässig, wenn sichergestellt wäre, dass sie sich weder an Unternehmer, noch an Verbraucher richtet, die nicht der Regelung über den reduzierten Umsatzsteuersatz unterfallen. Dies ist aber nicht der Fall.

    Dass tatsächlich auch Verkehrskreise durch die Werbung angesprochen werden, die nicht der Regelung des § 12 Abs. 3 UStG n. F. unterfallen, hat die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung auch dadurch bestätigt, dass sie eingeräumt hat, bereits während des Bestellprozesses Kaufangebote von Kunden abgelehnt zu haben, da diese nicht zum berechtigten Erwerberkreis gehörten.

    Jedenfalls erwartet dieser angesprochene Verkehrskreis, wie auch ein durchschnittlicher Verbraucher, dass in einer Suchmaschine im Internet die Gesamtpreise einschließlich des vollen Umsatzsteuersatzes angezeigt werden, wie dies auch in § 1 Abs. 1 PAngV vorgesehen ist.

    bb) Zumindest der angesprochene Verkehrskreis der Unternehmer, der den Batteriespeicher für den eigenen Betrieb verwenden will, wird durch die Preisangabe getäuscht. Die Annahme des Landgerichtes, ein Unternehmer kenne in der Regel die in seinem Geschäftsbereich geltenden Umsatzsteuerregeln, überzeugt weder für solche, die entsprechende Waren weiterverkaufen, noch für den genannten Kreis von Unternehmern, die ein derartiges Gerät für ihren Betrieb erwerben wollen, zumal es sich bei § 12 Abs. 3 UStG um eine neue, nicht unkomplizierte Norm handelt. Bei der Frage, ob ausreichende Kenntnisse beim angesprochen Verkehrskreis vorhanden sind, ist auf den durchschnittlich informierten und verständigen Werbeadressaten abzustellen, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (BGH, GRUR 2000, 6191 621; Bornkamm/Feddersen a. a. O., Rn. 1.76). Zwar ist der Antragsgegnerin zuzugestehen, dass derjenige, der den Erwerb einer Photovoltaikanlage erwägt, sich wegen der damit verbundenen nicht unerheblichen Kosten eingehender mit dem Themenbereich beschäftigen wird, als dies beispielsweise bei dem Erwerb eines alltäglichen Konsumguts der Fall ist. Dass aber weite Teile des angesprochenen Adressatenkreises die Regelung des § 12 Abs.3 UStG kennen, kann jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht angenommen werden.

    cc) Somit kann letztlich unentschieden bleiben, ob die Täuschung auch auf einen ausreichend großen Prozentsatz der Verbraucher trifft. Dies liegt jedenfalls nahe, da die Befreiung sog. Heimspeicher für Photovoltaikanlagen von der Umsatzsteuer durch § 12 Abs. 3 UStG n.F. unter einer Vielzahl von Bedingungen steht. So erfasst beispielsweise der ermäßigte Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 UStG nur die Lieferung an den Betreiber der Photovoltaikanlage. Zwar enthält § 12 Abs.3 S. 2 UStG eine Vereinfachungsregel; diese gilt aber nur für die Prüfung der Gebäudeart, nicht jedoch für die Betreibereigenschaft (Anlage AS1, Bl. 80). Zudem ist die Vereinfachungsregelung des § 12 Abs. 3 Nr. 2 UStG nicht anwendbar, wenn keine Registrierungspflicht im Marktstammdatenregister besteht. Erwirbt ein Kunde die beworbenen Komponenten schließlich im Zuge der Erweiterung einer bestehenden Photovoltaikanlage, gilt, wenn die 30 kwp-Grenze durch die Eweiterung überschritten wird, die Vereinfachungsregelung nicht für den nachträglich ergänzten Teil (Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen, Anlage AS 1, Bl. 80). Auch bei Einfamilienhäusern ist, insbesondere in Zeiten in denen nicht selten auf ein oder mehrere Elektrofahrzeuge umgestiegen wird, nicht selbstverständlich, dass die Leistungsgrenze einer zur Versorgung auch solcher Fahrzeuge von 30 kw peak nicht überschritten wird. Der Umstand, dass nicht selbstverständlich davon ausgegangen werden kann, dass Verbraucher für Komponenten von Photovoltaikanlagen keine Umsatzsteuer zahlen müssen, zeigt sich auch am Umfang der vom Bundesfinanzministerium vorgehaltenen Erläuterungen zu dieser Neuregelung.

    e) Im Blickfang der beanstandeten Anzeige finden sich keinerlei Erläuterungen dazu, unter welchen Voraussetzungen der reduzierte Umsatzsteuersatz gilt.

    Löst ein Blickfang für sich genommen einen Irrtum aus, kann eine irrtumsausschließende Aufklärung durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis erfolgen, wenn dieser am Blickfang teilhat und dadurch eine Zuordnung zu den herausgestellten Angaben gewahrt bleibt (Bornkamm/Feddersen, a. a. O., Rn. 1.87; BGH GRUR 1999, 264 [BGH 08.10.1998 - I ZR 187/97] - Handy für 0,00 €). In Fällen, in denen der Blickfang nur die "halbe Wahrheit" enthält, muss ein Stern oder ein anderes hinreichend deutliches Zeichen den Betrachter zu dem aufklärenden Hinweis führen. Gleiches gilt bei der blickfangmäßigen Werbung mit lnklusivangeboten für etwaige Einschränkungen bei der Gewährung des lnklusivangebots (Bornkamm/Feddersen, a. a. O., Rn. 1.90 mit Hinweis auf BGH, GRUR 2018, 199 [BGH 27.07.2017 - I ZR 153/16], Rn 23 - 19 % MwSt. GESCHENKT; BGH, GRUR 2016, 207 [BGH 15.10.2015 - I ZR 260/14], Rn. 16 f - All Net Flat).

    Ein solcher aufklärender Hinweis, der am Blickfang teilhat, fehlt hier. Es kann dahinstehen, ob der Hinweis auf der lnternetseite der Antragsgegnerin eine inhaltlich ausreichende Aufklärung enthält. Denn es fehlt jedenfalls an einer am Blickfang teilhabenden, klaren Zuordnung des Hinweises zur Preisangabe in der Google-Anzeige. In dieser finden sich weder ein Sternchen noch erläuternde Ausführungen dahingehend, dass sich die Preisangabe mit 0% Umsatzsteuer versteht und unter welchen Bedingungen dieser Steuersatz Geltung erlangt.

    f) Von der nicht weiter erläuterten Angabe des Nettopreises geht ein Anlockeffekt aus. Denn die Angabe des Kaufpreises ohne Hinweis auf den Umsatzsteuersatz und dessen Voraussetzungen in einem Anzeigenportal, wie Google dies für die beanstandete Anzeige vorhält, kann eine für die Kaufentscheidung wesentliche Weichenstellung herbeiführen, weil ein Interessent, der sich mit Hilfe von Preisvergleichsportalen über ein Produkt informiert, sich nach allgemeiner Lebenserfahrung bevorzugt mit den preisgünstigsten Angeboten befassen und über die elektronische Verknüpfung die Internetseite dieses Anbieters aufsuchen wird (vgl. BGH, MMR 2010, 823 [BGH 18.03.2010 - I ZR 16/08], Rn. 27 -Versandkosten bei Froogle ll). Die beanstandete Werbung ist daher auch geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und zum Nachteil der Kunden mehr als nur unerheblich zu beeinträchtigen.

    g) Die Annahme einer Irreführung im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG scheitert entgegen der Ansicht des Landgerichts auch nicht etwa daran, dass die Angabe eines Kaufpreises inklusive 19 % Umsatzsteuer ebenso irreführend sein könnte wie die Kaufpreisangabe mit einem Steuersatz von 0 %, weil für viele Erwerber tatsächlich dieser letztere Steuersatz gelten dürfte. Denn die Irreführung liegt hier nicht in der Nichtangabe des Kaufpreises inklusive 19 % Umsatzsteuer, sondern darin, dass die Preisangabe des Beklagten in der beanstandeten Google-Werbung nicht erkennen lässt, dass der Preis 0 % Umsatzsteuer enthält und dass dieser Nullprozentsteuersatz an die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 UStG geknüpft ist (vgl. auch LG Koblenz, Urteil vom 12.05.2023, 4 HKO 7/23, S. 12, Bl. 164).

    h) Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand der Antragsgegnerin, im vorliegenden Fall könne entsprechend der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 14. Januar 2016, I ZR 61/14 - Wir helfen im Trauerfall) eine Ausnahme von der Pflicht zur Angabe eines Gesamtpreises gemacht werden. In der angeführten Entscheidung hat der BGH dies für einen Fall angenommen, in dem Kosten, die nicht bezifferbar, insbesondere zeit- und verbrauchsabhängig sind, auftreten können (a. a. O., Rn. 34). Dies ist hier nicht der Fall, es ist unproblematisch möglich, den Preis vollständig anzugeben. Dass dies auf den Google-Shopping-Seiten vom Platz her ggf. nicht möglich ist, ist unerheblich. Der gesetzgeberische Zweck, die Installation von Photovoltaikanlagen zu fördern, kann auch mit Angabe des Preises mit 19 % UStG erfüllt werden.

    3. Die Dringlichkeit des Antrages wird gem. § 12 Abs. 1 UWG vermutet.

    4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

    RechtsgebieteUStG, UWGVorschriften§ 12 Abs. 3 UStG, § 8 Abs. 1 UWG, § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG, § 3 Abs. 1 UWG, § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG, § 5a Abs. 2 UWG, § 5a Abs. 3 Nr. 3 UWG, § 5a Abs. 4 UWG