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  • 28.08.2014 · IWW-Abrufnummer 142596

    Finanzgericht Münster: Urteil vom 27.03.2014 – 2 K 4479/12 E

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Münster

    2 K 4479/12 E

    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand
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    Zu entscheiden ist, ob im Streitjahr 2010 ein Verlust gem. § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) zu berücksichtigen ist.
    3

    Die Kläger sind zusammenveranlagte Eheleute. Die Kläger erzielten im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung. Der Kläger war Gesellschaftergeschäftsführer der T GmbH (GmbH). Er war seit dem 29.12.2000 - neben einem weiteren Gesellschafter - zu 50 % am Stammkapital der GmbH beteiligt. Auf Antrag der Geschäftsführung vom 04.02.2010 eröffnete das Amtsgericht U unter dem Aktenzeichen 73 IN 13/10 am 01.04.2010 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens wurden am 06.05.2010 alle Aktiva (der gesamte Betrieb) an einen Erwerber veräußert. Das Insolvenzverfahren ist ausweislich der beigezogenen Insolvenzakten noch nicht abgeschlossen.
    4

    Die beiden GmbH-Gesellschaftergeschäftsführer hatten am 09.07.2009 eine Höchstbetragsbürgschaft i.H.v. X EUR für Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber der Bank 1 übernommen. Mit Schreiben vom 20.08.2010 teilte die Bank 1 dem Kläger mit, dass sie nach Verwertung des Sicherungsgutes noch eine Forderung i.H.v. X EUR gegen die GmbH habe. Der Kläger und sein Mitgesellschafter wurden daher aufgefordert, den Bürgschaftsbetrag bis zum 15.10.2010 zu zahlen. Sollte der Kläger nicht in der Lage sein, den Betrag zu zahlen, werde ein akzeptabler Rückzahlungsvorschlag erwartet. Sollte bis zu dem Termin keine Zahlung auf die Bürgschaft erfolgt sein, werde die Forderung ohne weitere Mahnung auf gerichtlichem Weg geltend gemacht.
    5

    Nach mehrmonatigen Verhandlungen und wechselseitigem Schriftverkehr teilte die Bank 1 dem Kläger mit Schreiben vom 19.05.2011 mit, dass sie ihn bei Zahlung eines Betrages i.H.v. X EUR bis zum 10.06.2011 aus der Bürgschaft entlassen werde. Mit Schreiben vom 30.05.2011 bestätigte die Bank 1, dass sie den Vergleichsbetrag am 27.05.2011 erhalten habe und keine Rechte aus der Gesamtbürgschaft mehr geltend mache.
    6

    Mit ihrer Steuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger einen Verlust gem. § 17 EStG i.H.v. X EUR geltend. Nach den beigefügten Erläuterungen setzte sich der Betrag wie folgt zusammen:
    7

    Stammkapital XEUR
    8

    Verlust Kapitalrücklage X EUR
    9

    Bürgschaft Bank 1 X EUR
    10

    Gesellschafterdarlehen
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    gez. laut Vergleich v. 22.07.2010 X EUR
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    Haftungsbescheid FA v. 2.11.2010
    13

    gez. 50 % X EUR
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    Gebührenrechnung VMG v. 03.11.2010 X EUR
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    Gebührenrechnung VMG v. 08.06.2011 X EUR
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    X EUR
    17

    Der Beklagte erkannte die Zahlungen für die Haftungsinanspruchnahme als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit an. Im Übrigen ließ er den geltend gemachten Verlust gem. § 17 EStG bei Erlass seines Einkommensteuerbescheides und der gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31.12.2010 jeweils vom 14.05.2012 für das Streitjahr unberücksichtigt. Der Verlust sei in 2011 zu berücksichtigen.
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    Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg. Der Beklagte hielt in seiner Einspruchsentscheidung vom 05.12.2012 an der Auffassung fest, dass die nachträglichen Anschaffungskosten wegen Inanspruchnahme aus der Bürgschaft der Bank 1 erst mit Abschluss des Vergleichs in 2011 festgestanden hätten. Damit sei der Auflösungsverlust insgesamt erst in 2011 zu berücksichtigen.
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    Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren unter Hinweis auf den Vortrag im Verwaltungsverfahren weiter. Sie sind der Auffassung, dass der Auflösungsverlust schon in 2010 festgestanden habe. Die Voraussetzungen für dessen Ermittlung hätten vorgelegen. Denn der Kläger habe bereits in 2010 ernstlich mit der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft rechnen müssen. Die Bank 1 habe deren gerichtliche Geltendmachung schon mit Schreiben vom 25.08.2010 angedroht. Der Kläger sei aufgefordert worden, bis zum 15.10.2010 zu zahlen oder einen angemessenen Rückzahlungsbetrag anzubieten. Aus der Vermögensübersicht zum 01.04.2010 ergäben sich die Vermögenswerte übersteigende Verbindlichkeiten der GmbH i.H.v. X EUR. Mit einer Rückzahlung des hingegebenen Darlehens oder mit der Realisierung von Rückgriffsansprüchen im Hinblick auf die Bürgschaft habe der Kläger nicht rechnen können. Die Bürgschaft sei zum Zeitpunkt des Eintritts der Krise begründet worden. Sie sei daher mit dem Nennwert von X EUR in Ansatz zu bringen. Der Kläger mache aber nur die tatsächlich gezahlten X EUR als nachträgliche Anschaffungskosten geltend. In einem vergleichbaren Fall habe z.B. das FG Münster mit Urteil vom 07.10.2003 13 K 6898/00, EFG 2004, 331 entschieden, dass der Verlust schon im Jahr vor der Vergleichsvereinbarung berücksichtigt werden müsse. Nach den Ausführungen in diesem finanzgerichtlichen Urteil komme es bei der Ermittlung des Zeitpunkts nur darauf an, ob die verlustbegründenden Umstände im Jahr der Verlustentstehung festgestanden hätten.
    20

    Die Kläger beantragen,
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    unter Änderung des Einkommensteuerbescheides vom 14.05.2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.12.2012 einen Veräußerungsverlust i.H.v. X EUR gem. § 17 Abs. 4 EStG zu berücksichtigen.
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    Der Beklagte beantragt,
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    die Klage abzuweisen.
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    Der Beklagte verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung.
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    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Rechtsvortrags der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und auf die Steuerakten des Beklagten verwiesen. Der Senat hat am 27.03.2014 in der Sache mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
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    Entscheidungsgründe
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    Die zulässige Klage ist nicht begründet.
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    Die Klage gegen den Einkommensteuerbescheid vom 14.05.2012 ist zulässig. Zwar beträgt die festgesetzte Einkommensteuer 0,- EUR. Nach § 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5 EStG wirkt der Einkommensteuerbescheid des Verlustentstehungsjahres bezogen auf die Verlustfeststellung wie ein Grundlagenbescheid i.S.v. § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Satz1 Nr. 1 Abgabenordnung. Einsprüche zur Berücksichtigung eines Verlustes sind deshalb gegen den Einkommensteuerbescheid des Verlustentstehungsjahres zu richten (vgl. Schmidt/Heinicke, EStG 32. Aufl. 2013 § 10d Rz. 46; Meyer/Ball, Zeitliche Begrenzung des Verlustabzugs nach dem Jahressteuergesetz 2010, DStR 2011, 345).
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    Die Kläger werden durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Zu Recht hat der Beklagte die geltend gemachten Aufwendungen im Streitjahr nicht als Veräußerungsverlust gem. § 17 EStG steuermindernd berücksichtigt. Die Voraussetzungen, unter denen Aufwendungen nach § 17 EStG geltend gemacht werden können, sind im Streitjahr nicht erfüllt, weil die Anschaffungskosten des Gesellschafters nicht feststanden.
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    Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört auch der Gewinn aus Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer in den letzten fünf Jahren am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 Prozent beteiligt war, § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG. Veräußerungsgewinn im Sinne des Absatzes 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt, § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG. Als Veräußerung im Sinne des Absatzes 1 gilt auch die Auflösung einer Kapitalgesellschaft, § 17 Abs. 4 Satz 1 EStG. In diesen Fällen ist als Veräußerungspreis der gemeine Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft anzusehen, § 17 Abs. 4 Satz 2 EStG.
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    Im Streitfall ist die GmbH zwar mit der Insolvenzeröffnung im Jahr 2010 aufgelöst (§ 60 Abs. 1 Nr. 4 Gesetz über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG)). Im Jahr 2010 kann ein Verlust gem. § 17 Abs. 4 EStG jedoch noch nicht angesetzt werden.
    32

    Denn es stand im Streitjahr 2010 noch nicht fest, in welcher Höhe nachträgliche Anschaffungskosten für den Kläger entstehen würden (Ebene des Gesellschafters). Dabei kann zugunsten der Kläger unterstellt werden, dass der Kläger Rückzahlungsansprüche gegenüber der GmbH nicht mehr realisieren konnte bzw. dass etwaige Rückgriffsansprüche aus hingegebenen Sicherheiten gegenüber der GmbH bereits im Streitjahr wertlos waren (Ebene der GmbH).
    33

    Die Entstehung eines Verlustes i.S.v. § 17 Abs. 4 EStG setzt voraus, dass mit Zuteilungen und Rückzahlungen gem. § 17 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht mehr zu rechnen ist (Ebene der Gesellschaft). Außerdem muss feststehen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe nachträgliche Anschaffungskosten oder sonstige im Rahmen des § 17 Abs. 2 und 4 EStG zu berücksichtigende wesentliche Aufwendungen anfallen werden (Ebene des Gesellschafters), vgl. z.B. BFH-Urteile vom 04.11.1997 VIII R 18/94, BStBl. II 1999, 344 und vom 25.01.2000 VIII R 63/98, BStBl. II 2000, 343.
    34

    Im Streitfall steht in 2010 noch nicht fest, in welcher Höhe der Kläger mit Anschaffungskosten aus der Höchstbetragsbürgschaft belastet wird.
    35

    Nach Auflösung der Gesellschaft bestimmt sich der Zeitpunkt der Entstehung des Auflösungsgewinns- und -verlustes nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (BFH-Urteil vom 03.06.1993 VIII R 81/91, BStBl. II 1994, 162 und vom 08.04.1998 VIII R 21/94, BStBl. II 1998, 660). Dieser Zeitpunkt ist bei einer Auflösung mit anschließender Liquidation normalerweise der Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation; erst dann steht fest, ob und in welcher Höhe der Gesellschafter mit einer Zuteilung und Rückzahlung von Vermögen der Gesellschaft rechnen kann, und ferner welche nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung anfallen und welche Veräußerungs- und Auflösungskosten der Gesellschafter persönlich zu tragen hat (BFH-Urteil vom 03.06.1993 VIII R 81/91, aaO). Der Zeitpunkt, in dem der Veräußerungsverlust realisiert ist, kann auch schon vor Abschluss der Liquidation liegen, wenn mit einer wesentlichen Änderung des bereits feststehenden Verlustes nicht mehr zu rechnen ist (BFH-Urteile vom 02.10.1984 VIII R 20/84, BStBl. II 1985, 428 und vom 03.06.1993 VIII R 81/91, aaO). Das ist z.B. dann der Fall, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wurde (BFH-Beschluss vom 27.11.1995 VIII B 16/95, BFH/NV 1996, 406 m.w.N.) oder die Gesellschaft bereits im Zeitpunkt des Auflösungsbeschlusses vermögenslos war (BFH-Urteil vom 04.11.1997 VIII R 18/94, BStBl. II 1999, 344).
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    Wurde ein Konkurs- oder Insolvenzverfahren eröffnet, kommt ein Auflösungsverlust zu einem früheren Zeitpunkt als dem des Abschlusses des Konkurs- und Insolvenzverfahrens nur ausnahmsweise in Betracht. Denn bei der Auflösung der Gesellschaft wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens lässt sich die Feststellung, ob und in welcher Höhe der Gesellschafter mit einer Zuteilung und Rückzahlung von Vermögen rechnen kann, regelmäßig noch nicht treffen. Der Auflösungsgewinn- oder verlust gem. § 17 Abs. 4 EStG ist nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung zu ermitteln, soweit die Eigenart der Gewinnermittlung nach § 17 EStG keine Abweichungen von diesem Grundsatz erfordert. Danach ist insbesondere das Realisationsprinzip zu beachten (BFH-Urteile vom 02.10.1984 VIII R 20/84, BStBl. II 1985, 428, vom 07.07.1992 VIII R 56/88, BFH/NV 1993, 25 und vom 21.12.1993 VIII R 69/88, BStBl. II 1994, 648). Die stillen Reserven sind bei den Veräußerungsgeschäften erst dann realisiert, wenn der Ver-äußerer seine Sachleistung erbracht hat. Davon ist auch im Insolvenzfall auszugehen; der Veräußerungsgewinn- oder verlust ist erst dann realisiert, wenn der Konkurs- oder Insolvenzverwalter die einzelnen Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens oder das Unternehmen im Ganzen veräußert und mit dem letzten Geschäftsvorfall die Grundlage für die Schlussverteilung geschaffen hat (BFH-Urteil vom 25.01.2000 VIII R 63/98, aaO; FG Hamburg Urteil vom 23.10.2006 5 K 131/04, juris). Selbst bei einer ansonsten vermögenslosen GmbH ist ein Auflösungsverlust dann noch nicht realisiert, wenn nach Insolvenzeröffnung noch Forderungen gerichtlich geltend gemacht werden (vgl. Niedersächsisches FG Urteil vom 18.05.2011 9 K 307/07, EFG 2011, 2153) oder ein Gerichts- oder Vergleichsverfahren anhängig ist, das z.B. eine Bürgschaft des Gesellschafters betrifft (FG Nürnberg Urteil vom 23.11.2011 3 K 1176/2009, juris). Bei einem noch anhängigen Rechtsstreit oder auch bei noch nicht abgeschlossenen Vergleichsverhandlungen ist der Veräußerungsgewinn- oder verlust nicht realisiert, wenn nicht feststeht, ob und in welcher Höhe Anschaffungskosten auf Seiten des Gesellschafters entstehen. Zu den Anschaffungskosten zählen der Kaufpreis und/oder die Einlageverpflichtung (Nennwert der Bareinlage oder gemeiner Wert der Sacheinlage). Zu den berücksichtigungsfähigen nachträglichen Anschaffungskosten gehören vor allem auch Verluste aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungsmaßnahmen (Darlehen, Bürgschaften, Sicherheitsleistungen). Maßgeblich für die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten ist der Teilwert der Leistung an die Kapitalgesellschaft im Zeitpunkt der Einlage (vgl. Schmidt/Weber-Grellet, EStG 32. Aufl. 2013 § 17 Rz. 156f und 163 m.w.N.). War die Darlehens- oder Bürgschaftshingabe kapitalersetzend, ist der Nennwert der Leistung maßgebend; wurde das Darlehen oder die Bürgschaft erst durch Stehenlassen kapitalersetzend, ist der gemeine Wert, d.h. der Teilwert im Zeitpunkt des Eintritts der Krise entscheidend. Wird der Gesellschafter aufgrund einer Bürgschaft für die Gesellschaft in Anspruch genommen, gelten dieselben Grundsätze. Statt auf den Wert des Darlehensrückforderungsanspruchs ist auf den Rückgriffsanspruch gegenüber der Gesellschaft aus der Bürgschaft abzustellen (vgl. Schmidt/Weber-Grellet, aaO Rz. 175 und 178).
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    Hiernach kann ein Auflösungsverlust zu einem früheren Zeitpunkt als dem des Abschlusses des Konkurs- oder Insolvenzverfahrens nur unter den folgenden, kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen entstehen. Zunächst muss aufgrund des Inventars und der Konkurseröffnungsbilanz des Konkursverwalters oder einer Zwischenrechnungslegung ohne weitere Ermittlungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen sein, dass das Vermögen der Gesellschaft zu Liquidationswerten die Schulden nicht mehr decken wird. Weiter muss ein Zwangsvergleich ausgeschlossen erscheinen. Schließlich muss absehbar sein, ob und in welcher Höhe bei den Gesellschaftern noch nachträgliche Anschaffungskosten oder sonstige im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG zu berücksichtigende Veräußerungs- oder Aufgabekosten anfallen werden, d.h. die nachträglichen Anschaffungskosten des Gesellschafters müssen dem Grunde und der Höhe nach feststehen (BFH-Entscheidungen vom 25.01.2000 VIII R 63/98, aaO; vom 12.12.2000 VIII R 36/97, BFH/NV 2001, 761; vom 25.03.2003 VIII R 24/02, DStRE 2003, 1025; vom 21.01.2004 VIII R 8/02, BFH/NV 2004, 947; vom 01.03.2005 VIII R 46/02, juris; vom 18.05.2005 VIII B 11/04, BFH/NV 2005, 1810). Diese Grundsätze gelten sinngemäß für die seit dem 01.01.1999 anzuwendende Insolvenzordnung. Die Darlegungs- und Feststellungslast für das Vorliegen dieser Voraussetzungen trägt der Steuerpflichtige (vgl. auch Völlmeke, Der Auflösungsgewinn oder –verlust gemäß § 17 EStG, DStR 2005, 2024 (2025f)).
    38

    Nach diesen Grundsätzen konnte im Streitjahr noch nicht festgestellt werden, in welcher Höhe nachträgliche Anschaffungskosten durch Inanspruchnahme aus der Höchstbetragsbürgschaft entstehen würden. Jedenfalls haben die Kläger nicht dargetan, dass bereits im Streitjahr abzusehen war, dass der Kläger gegen Zahlung eines Betrages von nur X EUR aus der Höchstbetragsbürgschaft i.H.v. X EUR entlassen würde. Dies geht zu ihren Lasten.
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    Zwar war das Insolvenzverfahren im Streitfall mit der bereits in 2010 erfolgten Betriebsveräußerung im Wesentlichen abgewickelt. Es stand aber erst in 2011 fest, dass der Kläger nur i.H.v. X EUR aus der Höchstbetragsbürgschaft von X EUR belastet wurde. Damit stand der auf nur einen einzigen Stichtag (vgl. BFH-Urteil vom 08.12.1992 VIII R 99/90, BFH/NV 1993, 654) zu ermittelnde Veräußerungsverlust im Streitjahr zwar dem Grunde nicht aber der Höhe nach fest. Denn nach eigenem Vortrag musste der Kläger bis März 2011 noch damit rechnen, dass ihn die Bank 1 in voller Höhe in Anspruch nehmen würde. Sie hatte nach Verwertung des Sicherungsgutes noch eine Forderung i.H.v. X EUR gegen die GmbH. Die Bank 1 hätte die Zahlung dieses Betrages bis zur Höhe von X EUR von dem Kläger und seinem Mitgesellschafter verlangen können. Noch mit Schreiben vom 28.12.2010 und 01.03.2011 forderte die Bank 1 ein Schuldanerkenntnisses über X EUR. Die Entscheidung der Bank 1, den Kläger gegen Zahlung nur eines Betrages von X EUR aus der Höchstbetragsbürgschaft zu entlassen, ist nach dem vorliegenden Schriftverkehr erst im Mai 2011 gefallen. Vorangegangen sind mehrmonatige schriftliche und telefonische Verhandlungen. Zwischen der Zahlungsaufforderung im August 2010 und der Freistellung von der Bürgschaftsverpflichtung im Mai 2011 hat sich damit eine nicht unwesentliche Änderung in Bezug auf die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten ergeben. Erst mit dem Schreiben der Bank 1 vom 30.05.2011 stand fest, dass sie weder den Höchstbetrag von X EUR noch das Schuldanerkenntnis über X EUR einfordern, sondern dass sie schon mit Erhalt eines Vergleichsbetrags von nur X EUR keine Rechte aus der Gesamtbürgschaft mehr geltend machen würde. Damit stand hinsichtlich des Bürgschaftsbetrages (Ebene des Gesellschafters) erst im Jahr 2011 fest, wie hoch die nachträglichen Anschaffungskosten für diese Finanzierungsmaßnahme waren.
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    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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    Die Zulassung der Revision ergibt sich aus § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO. Das FG Münster vertritt in seinem Urteil vom 07.10.2003 13 K 6898/00 E, aaO die abweichende Auffassung, dass das Ergebnis laufender Vergleichsverhandlungen für die Verlustentstehung nach § 17 EStG noch nicht feststehen muss.

    RechtsgebietFinanz- und Abgaberecht