22.03.2007 · IWW-Abrufnummer 071086
Bundesfinanzhof: Urteil vom 01.02.2007 – VI R 25/03
Bewirtungsaufwendungen eines angestellten Geschäftsführers mit variablen Bezügen anlässlich einer ausschließlich für Betriebsangehörige im eigenen Garten veranstalteten Feier zum 25-jährigen Dienstjubiläum können Werbungskosten sein.
Gründe:
I.
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden für das Streitjahr (1993) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war im Streitjahr für den kaufmännischen Bereich angestellter Geschäftsführer der X GmbH & Co KG (Firma). Er bezog ein festes Gehalt und Tantieme. Die Tantieme machte etwa 2/3 seiner gesamten Bezüge aus.
Anlässlich seines 25-jährigen Dienstjubiläums bei der Firma richtete der Kläger im Streitjahr bei sich zu Hause ein Gartenfest ausschließlich für die Betriebsangehörigen der Firma ohne Ehegatten aus. An dem Fest nahmen von den eingeladenen 500 Betriebsangehörigen etwa 320 Personen teil. Die zunächst von der Firma getragenen Aufwendungen für das Fest wurden im Streitjahr in Höhe des Nettobetrags von 7 614,20 DM mit der Tantieme des Klägers verrechnet. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr setzten die Kläger diesen Betrag weder als Einnahme an, noch machten sie die Aufwendungen für das Fest als Werbungskosten geltend.
Im Anschluss an eine Außenprüfung in der Firma rechnete der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) mit geändertem Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 31. August 1998 die Aufwendungen für das Gartenfest mit dem Bruttobetrag in Höhe von 8 756,33 DM (7 614,20 DM + 15 % Umsatzsteuer) dem steuerpflichtigen Arbeitslohn des Klägers hinzu.
Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 838 veröffentlichten Gründen statt. Die von der Firma verrechneten Aufwendungen seien als Werbungskosten abziehbar, da sie durch den Beruf des Klägers veranlasst seien. Der Kläger habe das Gartenfest zum Zwecke der Sicherung und Erhaltung seiner variablen Bezüge veranstaltet. Er habe die Mitarbeiter durch das Gartenfest zu weiterer Leistungsbereitschaft motivieren wollen, nachdem die Firma selbst das Dienstjubiläum des Klägers ohne die Mitarbeiter gefeiert habe. Das Gartenfest habe ausschließlich mit Betriebsangehörigen stattgefunden und sich im finanziellen Rahmen betrieblicher Veranstaltungen bewegt. Das 25-jährige Dienstjubiläum des Klägers stehe dem nicht entgegen, da es nur äußerer Anknüpfungspunkt für den Termin der betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung gewesen sei.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision des FA zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht die mit dem steuerpflichtigen Tantiemeanspruch verrechneten Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt und den verbleibenden, von der Firma getragenen Betrag nicht den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit hinzugerechnet.
1. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) liegen Werbungskosten dann vor, wenn zwischen den Aufwendungen und den steuerpflichtigen Einnahmen ein Veranlassungszusammenhang besteht. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Beruf zusammenhängen und subjektiv zu dessen Förderung erbracht werden (zuletzt Urteile vom 22. Juni 2006 VI R 61/02, BStBl II 2006, 782; vom 19. Dezember 2005 VI R 65/04, BFH/NV 2006, 1075, und VI R 63/01, BFH/NV 2006, 728, jeweils m.w.N.).
Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, dürfen dagegen nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch dann nicht als Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Ob der Steuerpflichtige Aufwendungen aus beruflichem Anlass tätigt oder ob es sich um Aufwendungen für die Lebensführung i.S. des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG handelt, ist anhand aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden (vgl. BFH-Urteile in BStBl II 2006, 782; vom 10. April 2002 VI R 46/01, BFHE 198, 563, BStBl II 2002, 579, m.w.N.; Beschlüsse vom 10. Februar 2005 VI B 33/04, BFH/NV 2005, 1056; vom 8. Juni 2004 VI B 158/03, BFH/NV 2004, 1406).
2. Für die Beurteilung, ob die Aufwendungen für eine Feier beruflich oder privat veranlasst sind, ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH in erster Linie auf den Anlass der Feier abzustellen (vgl. Urteile vom 14. Juli 2004 I R 57/03, BFHE 206, 431, BFH/NV 2004, 1603; vom 12. Dezember 1991 IV R 58/88, BFHE 167, 46, BStBl II 1992, 524, jeweils m.w.N.; Beschlüsse vom 4. November 1998 IV B 30/98, BFH/NV 1999, 467; vom 29. Juli 1994 VIII B 71/93, BFH/NV 1995, 118). Herausgehobene Geburtstage oder Dienstjubiläen können als persönliche Ereignisse der privaten Sphäre des betreffenden Steuerpflichtigen zugerechnet werden (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 1995, 118; Urteile vom 23. September 1993 IV R 38/91, BFH/NV 1994, 616; vom 28. November 1991 I R 13/90, BFHE 166, 251, BStBl II 1992, 359, unter II. 2. d der Gründe; vom 27. April 1990 VI R 54/88, BFH/NV 1991, 85). Bewirtungsaufwendungen, die im Zusammenhang mit einem solchen Ereignis anfallen, sind danach regelmäßig auch durch die gesellschaftliche oder wirtschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen veranlasst und nicht als Werbungskosten anzuerkennen (vgl. BFH-Urteile vom 27. Februar 1997 IV R 60/96, BFH/NV 1997, 560; vom 27. Mai 1993 VI R 57/90, BFH/NV 1993, 730; vom 4. Dezember 1992 VI R 59/92, BFHE 170, 131, BStBl II 1993, 350).
Der Anlass einer Feier ist zwar ein erhebliches Indiz, nicht aber das allein entscheidende Kriterium für die Beurteilung der beruflichen oder privaten Veranlassung der Bewirtungsaufwendungen. Trotz eines herausgehobenen persönlichen Ereignisses kann sich aus den übrigen Umständen des Einzelfalls ergeben, dass die Aufwendungen für die Feier beruflich veranlasst sind. Für die Zuordnung der Aufwendungen zum beruflichen oder privaten Bereich ist daher auch von Bedeutung, wer als Gastgeber auftritt, wer die Gästeliste bestimmt, ob es sich bei den Gästen um Kollegen, Geschäftsfreunde oder Mitarbeiter (des Steuerpflichtigen oder des Arbeitgebers), um Angehörige des öffentlichen Lebens, der Presse, um Verbandsvertreter oder um private Bekannte oder Angehörige des Steuerpflichtigen handelt. Zu berücksichtigen ist außerdem, an welchem Ort die Veranstaltung stattfindet und ob das Fest den Charakter einer privaten Feier aufweist oder ob das nicht der Fall ist. Diese Kriterien hat der BFH in seiner neueren Rechtsprechung zur Unterscheidung von Arbeitslohn und Zuwendungen im eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers entwickelt (vgl. Urteil vom 28. Januar 2003 VI R 48/99, BFHE 201, 283, BStBl II 2003, 724). Sie sind jedoch für die Abgrenzung der beruflich und privat veranlassten Aufwendungen des Arbeitnehmers entsprechend heranzuziehen (BFH-Urteil vom 11. Januar 2007 VI R 52/03, zur Veröffentlichung vorgesehen).
3. Nach diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des FG, die Aufwendungen des Klägers für das Gartenfest seien beruflich veranlasst, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Beurteilung, ob Aufwendungen beruflich oder privat veranlasst sind, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung des FG (BFH-Urteil vom 26. Januar 2005 VI R 71/03, BFHE 208, 572, BStBl II 2005, 349; Beschlüsse in BFH/NV 2005, 1056; in BFH/NV 2004, 1406). Das FG hat die berufliche Veranlassung der Aufwendungen insbesondere daraus abgeleitet, dass der Kläger zum Gartenfest ausschließlich die Mitarbeiter der Firma eingeladen habe, nachdem die zuvor von der Firma veranstaltete Feier seines Dienstjubiläums ohne die Betriebsangehörigen stattgefunden habe. Der Kläger habe die Mitarbeiter durch das Gartenfest zu weiterer Leistungsbereitschaft motivieren wollen, da seine Tantieme nicht unwesentlich von deren Leistungen abhängig gewesen sei. Die Würdigung des FG ist möglich. Sie verstößt weder gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze, so dass der Senat hieran mangels zulässiger und begründeter Revisionsrügen gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist.
Im Streitfall hat das FG auch zutreffend festgestellt, dass der Anlass des 25-jährigen Dienstjubiläums dem Werbungskostenabzug der Bewirtungsaufwendungen nicht entgegenstehe. Eine berufliche Veranlassung der Aufwendungen für gesellschaftliche Veranstaltungen hat der BFH zwar bislang nur für den Fall angenommen, dass die Teilnahme daran eine besondere Belohnung für den Teil der Mitarbeiter darstellt, der sich durch besondere Leistungen ausgezeichnet hat (BFH-Urteil vom 23. März 1984 VI R 182/81, BFHE 141, 18, BStBl II 1984, 557, unter 3. c der Gründe). Demgegenüber hat er bei Veranstaltungen von Geschäftsführern bzw. leitenden Angestellten eines Unternehmens zu herausgehobenen persönlichen Ereignissen einen Abzug der Bewirtungsaufwendungen auch dann abgelehnt, wenn ausschließlich Geschäftsfreunde und Mitarbeiter des Unternehmens geladen wurden (BFH-Urteile vom 15. Juli 1994 VI R 70/93, BFHE 175, 88, BStBl II 1994, 896, m.w.N.; in BFHE 167, 46, BStBl II 1992, 524; Beschluss in BFH/NV 1995, 118). Hierzu hat er als Begründung ausgeführt, dass derartige Veranstaltungen infolge der herausgehobenen beruflichen Position der betreffenden Personen auch deren persönlicher Ehrung und der Erfüllung gewisser Repräsentationspflichten dienten und somit Ausdruck gesellschaftlicher Gepflogenheit seien (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 1997, 560; in BFHE 175, 88, BStBl II 1994, 896; in BFHE 170, 131, BStBl II 1993, 350; vom 8. März 1990 IV R 108/88, BFH/NV 1991, 436; in BFHE 141, 18, BStBl II 1984, 557, unter 3. b der Gründe).
Anders als in den zitierten Entscheidungen hatte der Kläger im Streitfall bereits auf der von der Firma veranstalteten Jubiläumsfeier Gelegenheit, seinen gesellschaftlichen Repräsentationspflichten gegenüber gleichrangigen Personen nachzukommen. Mit dem im Anschluss an diese Feier veranstalteten Gartenfest für die Betriebsangehörigen kam es dem Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen des FG allein darauf an, seine zum überwiegenden Teil variablen und somit von der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter abhängigen Bezüge zu sichern. Das FG konnte daher in rechtsfehlerfreier Weise zu dem Schluss gelangen, dass das Gartenfest nicht durch die gesellschaftliche oder wirtschaftliche Stellung des Klägers, sondern ausschließlich durch dessen Tätigkeit als Geschäftsführer der Firma veranlasst war (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 560, unter 2. d der Gründe).
Die berufliche Veranlassung der Bewirtungsaufwendungen wird schließlich entgegen der Auffassung des FA nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Feier im eigenen Garten des Klägers stattgefunden hat. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG hat das Gartenfest dadurch nicht den Charakter einer privaten Feier erhalten. Die finanziellen Aufwendungen haben sich im Rahmen vergleichbarer betrieblicher Veranstaltungen bewegt. Angesichts der großen Anzahl der Mitarbeiter sei die persönliche Einladung zu einer derartigen Massenfeier von den Mitarbeitern nicht als Ausfluss der wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Stellung des Klägers gewertet worden. Der Kläger hat zudem unwidersprochen vorgetragen, dass er die meisten der eingeladenen Mitarbeiter nicht persönlich gekannt habe. Auch diese tatrichterliche Würdigung konnte das FG ohne revisionsrechtlich durchgreifende Bedenken vornehmen.
4. Den von der Firma getragenen Restbetrag der Aufwendungen für das Gartenfest hat das FG zu Recht nicht den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit hinzugerechnet. Denn dieser Betrag wäre bei einer Einstufung als Arbeitslohn des Klägers in gleicher Weise wie die vom Kläger getragenen Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar.