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  • 24.08.2007 · IWW-Abrufnummer 071845

    Finanzgericht Münster: Urteil vom 14.03.2007 – 10 K 3380/04 E

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Münster

    10 K 3380/04 E

    Tenor:

    Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides für 1999 vom 06.07.2005 wird die Einkommensteuer auf 385.800,40 EUR (= 754. 560 DM) festgesetzt.

    Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruches der Kläger vorläufig vollstreckbar.

    Gründe:

    I. Streitig ist, ob Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften des Jahres 2000 i.S.d. § 23 Einkommensteuergesetz (EStG) im Rahmen des Verlustrücktrages für das (Streit-)Jahr 1999 zu berücksichtigen sind.

    Die Kläger sind Eheleute und werden als solche zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 2000 erklärten die Kläger negative Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften. Der Beklagte erkannte diese nur teilweise an und nahm einen Verlustrücktrag nach §§ 23 Abs. 3 Satz 7, 10 d EStG i.H.v. ./. 546.272 DM im während des Klageverfahrens geänderten Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 06.07.2005 vor.

    Im Dezember 2003 beantragten die Kläger, den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 08.09.2004 nach §§ 23 Abs. 3, 10 d EStG zu ändern und einen weiteren in 2000 erzielten Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften - soweit er nun noch streitig ist - i.H.v. 171.550,38 DM zu berücksichtigen. Die Verlust resultiert i.H.v. 58.491,65 DM aus Transaktionen (Kauf am 26.06./16.10./24.10.2000, Gesamtverkauf von 8.830 Stück am 13.12.2000; Wiederkauf von 8.970 Stück am 15.12.2000) mit den Aktien der K.... AB und in Höhe von 101.847,13 DM auf Transaktionen (Kauf 04.09./11.10.2000; Gesamtverkauf von 1.727 Stück am 13.12.2000; Wiederkauf von 1.500 Stück am 15.12.2000) mit den Fondsanteilen der L.... NEUE MÄRKTE.

    Den gegen den Ablehnungsbescheid vom 14.01.2004 eingelegten Einspruch vom 13.02.2004 wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 27.05.2004 als unbegründet zurück.

    Mit der am 24.06.2004 eingelegten Klage tragen die Kläger vor, dass der Verkauf der Wertpapiere von wirtschaftlichen Gesichtspunkten getragen gewesen sei und eine legitime Steuergestaltung darstelle. Beim Wiederkauf hätten sie auf Grund der Kursentwicklung davon ausgehen dürfen, dass es sich hierbei um einen neuen Tiefstkurs handele. Dass es ihnen nicht auf das bloße Ausnutzen von Steuerersparnissen gegangen sei, werde im Übrigen auch daran deutlich, dass der Verkauf und anschliessende Wiederkauf nicht kurz vor Ablauf der gem. § 23 EStG relevanten Jahresfrist, sondern bereits innerhalb der ersten 6 Monate erfolgt sei.

    Die Kläger beantragen,

    1. den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 06.07.2005 unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 14.01.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.05.2004 dahingehend zu ändern, dass die bislang nicht berücksichtigten Verluste gem. § 23 EStG des Kalenderjahres 2000 i.H.v. 160.338,78 DM in das Kalenderjahr 1999 zurückgetragen werden;

    2. hilfsweise im Falle des Unterliegens die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    1. die Klage abzuweisen;

    2. im Falle des Unterliegens die Revision zuzulassen.

    Er meint, dass der Verkauf und Wiederkauf der gleichen Aktien innerhalb von 2 Tagen einen Missbrauch der rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 Abgabenordnung (AO) darstelle.

    Bezüglich der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf die Einspruchsentscheidung vom 27.05.2004 Bezug genommen.

    II. Die zulässige Klage ist begründet.

    Zu Unrecht hat der Beklagte unter Hinweis auf § 42 AO einen Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften i.H.v. weiteren 160.378,78 DM aus den Transaktionen mit den Aktien der K.... AKT.B und den Fondsanteilen der L.... NEUE MÄRKTE im Kalenderjahr 2000 verneint und dementsprechend einen Verlustrücktrag nach 1999 versagt.

    Nach § 42 AO kann durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Liegt ein Missbrauch vor, so entsteht ein Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen Gestaltung entsteht. Ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die zur Erreichung des angestrebten wirtschaftlichen Ziels unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist.

    Bei Anwendung dieser Rechtsprechungsgrundsätze kann der Senat nicht feststellen, dass der Verkauf der vorgenannten Wertpapiere am 13.12.2000 und der in nahezu gleicher Stückzahl erfolgte Kauf am 15.12.2000 auf einem einheitlichen von vornherein gefassten Gesamtplan der Steuerpflichtigen beruhen. Da es sich um börsennotierte Wertpapiere handelt, ändern sich die einen Kauf oder Verkauf beeinflussenden Faktoren täglich. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass die Kläger sich 2 Tage nach dem Verkauf der vorgenannten Aktien auf Grund einer neuen wirtschaftlichen Bewertung der Chancen und Risiken, die in diesen Wertpapieren liegen, zu einem erneuten Kauf dieser Papiere entschlossen haben.

    Außerdem ist zu berücksichtigen, dass § 23 EStG dem Steuerpflichtigen - anders als die Regelung anderer Einkunftsarten - die Möglichkeit einräumt, durch die Wahl des Veräußerungszeitpunktes über den Eintritt des Steuertatbestandes zu entscheiden und damit sein Grundrecht der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG in Anspruch zu nehmen (vgl. BFH-Urteil vom 18.10.2006 IX R 28/05, Der Betrieb 2007, 88). Räumt aber das Gesetz selbst dem Steuerpflichtigen ein Gestaltungsrecht hinsichtlich des Eintritt eines Steuertatbestandes ein, so kann allein die Ausübung dieses Gestaltungsrechtes nicht als Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechtes i.S.d. § 42 AO angesehen werden.

    Zu Unrecht beruft sich der Beklagte auf die Entscheidungen des Finanzgerichtes Hamburg vom 09.07.2004 VIII 52/02 (EFG 2004, 1775) und des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 14.09.2006, 5 K 286/03. Denn in beiden Fällen ist ein nicht vergleichbarer Sachverhalt entschieden worden. Im erstgenannten Fall wurde nach Ansicht des erkennenden Senates der Verkauf durch einen am selben Tag getätigten Rückkauf der gleichen Wertpapiere in gleicher Anzahl negiert. Im zweiten Fall wurden die verkauften Wertpapiere am Folgetag in gleicher Anzahl wieder erworben. Vorliegend wurden zwar die gleichen Wertpapiere wiedererworben, allerdings erfolgte der (Wieder-)Kauf nicht am gleichen oder am folgenden Tag. Außerdem wurden von den Aktien der K.... AKT.B 140 Stück mehr und von den Fondsanteilen der L.... NEUE MÄRKTE 227 Stück weniger (wieder) gekauft.

    Somit sind im Wege des Verlustrücktrages bei der Einkommensteuerveranlagung für 1999 weitere Veräußerungsverluste i.H.v. 160.339 DM zu berücksichtigen, so dass das zu versteuernde Einkommen 1.506.035 DM und die darauf entfallende Einkommensteuer nach dem Splittingtarif 754.560 DM (752.352 ./. 3.822 DM Steuerabzug für ausländische Einkünfte zuzügl. 6.000 DM Kindergeld) bzw. 385.800,40 EUR beträgt.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1, 3 FGO i.V.m. § 709 ZPO.

    Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinne des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, da die Entscheidung auf einer Sachverhaltswertung beruht.

    RechtsgebieteEStG, AO 1977VorschriftenEStG § 23 AO 1977 § 42