17.02.2015 · IWW-Abrufnummer 143868
Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 04.02.2015 – 15 K 1779/14 E
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:
Die Einkommensteuerfestsetzung für 2012 vom 11.02.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.05.2014 wird dergestalt abgeändert, dass eine Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen gemäß § 35a EStG in Höhe von 60,58 € berücksichtigt wird.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Die Revision wird zugelassen.
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Tatbestand
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Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin erzielte im Streitjahr (2012) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, beide Kläger darüber hinaus Verluste aus gewerblicher Tätigkeit.
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Für die Betreuung einer Hauskatze in der Wohnung der Kläger während ihrer Abwesenheitszeiten im Streitjahr beauftragten die Kläger die „Tier- und Wohnungsbetreuung A“. Die Betreuung der Katze erstreckte sich auf die Zeiträume 08.01.2012 bis 15.01.2012 (8 Tage), 27.05.2012 bis 01.06.2012 (5 Tage) und 08.09.2012 bis 15.09.2012 (8 Tage). Für die Betreuung stellte Frau A den Klägern unter dem 15.01.2012, 01.06.2012 bzw. 15.09.2012 pro Tag der Betreuung 12 € in Rechnung, zzgl. Benzinzuschläge und eines Feiertagszuschlags für Pfingstmontag im Streitjahr insgesamt 302,90 €. Die drei Rechnungen beglichen die Kläger im Streitjahr per Überweisungen.
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Mit der Einkommensteuererklärung für 2012 beantragten die Kläger für die Betreuungsaufwendungen ihrer Hauskatze eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG. Der Beklagte, das Finanzamt … (FA), setzte die Einkommensteuer für 2012 durch Bescheid vom 11.02.2014 auf 1.825 € fest. Aufwendungen für die Betreuung der Hauskatze ließ das FA unberücksichtigt. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA durch Einspruchsentscheidung vom 12.05.2014 als unbegründet zurück. Zur Begründung machte das FA geltend, das Bundesministerium für Finanzen (BMF) habe durch Schreiben vom 10.01.2014 (BStBl. I 2014, 75) die Abzugsfähigkeit von Tierbetreuungs-, -pflege- oder -arztkosten ausdrücklich verneint. Das FA sei an die vom BMF vertretene Auffassung gebunden.
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Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Die von der Tierbetreuung erbrachten Leistungen wiesen eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung im Sinne des § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG auf. Hierzu gehörten im Wesentlichen Tätigkeiten, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigter erledigt würden und in regelmäßigen Abständen anfielen. Die Betreuung der Katze erfülle diese Voraussetzungen. Als haushaltsnah seien Tätigkeiten anzusehen, die mit dem Begriff „hauswirtschaftlich“ gleichzusetzen seien. Dabei müssten nicht grundsätzlich Personen versorgt werden, sondern es könnte auch eine Sachbetreuung erfolgen. Da Haustiere vom Gesetzgeber als Sache anzusehen seien und als Bestandteil des Haushaltes gälten, sei auch die Arbeit mit den Tieren als Dienstleistung für den Haushalt anzuerkennen. In einem gleichgelagerten Fall habe das FG Münster die Aufwendungen anerkannt.
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Die Kläger beantragen,
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die Einkommensteuerfestsetzung für 2012 vom 11.02.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.05.2014 dergestalt zu ändern, dass eine Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen gemäß § 35a EStG in Höhe von 60,58 € berücksichtigt wird.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen hilfsweise, die Revision zuzulassen.
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Das FA hält an seiner Auffassung fest und nimmt Bezug auf die Einspruchsentscheidung.
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Das Gericht hat die Steuerakte zum Verfahren beigezogen. Auf den Verwaltungsvorgang und auf die Schriftsätze der Beteiligten wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist begründet.
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Die angefochtene Einkommensteuerfestsetzung ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO).
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Für die Betreuungsaufwendungen der Hauskatze versagt das FA zu Unrecht die Gewährung einer Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 2. Alternative EStG.
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Nach § 35a Abs. 2 Satz 1 2. Alternative EStG ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20%, höchstens 600 €, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen, die nicht Dienstleistungen nach § 35a Abs. 3 EStG sind und in einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden (§ 35a Abs. 4 EStG).
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1) Der Begriff „haushaltsnahe Dienstleistung“ ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, der der erkennende Senat folgt, müssen die Leistungen eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung aufweisen bzw. damit im Zusammenhang stehen. Dazu gehören hauswirtschaftliche Verrichtungen, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt werden und in regelmäßigen Abständen anfallen (BFH-Urteile vom 20.3.2014 VI R 55/12, BFHE 245,45, BStBl II 2014, 880; vom 1.2.2007 VI R 74/05, BFH/NV 2007, 900; FG Nürnberg, Urteil vom 4.10.2012 4 K 1065/12, EFG 2013, 224 mit Anm. Pfützenreuter; Bode in KSM, EStG, § 35a Rn. C 4 i.V.m. B 4 ff.; Krüger in Schmidt, EStG, 33. Aufl., § 35a Rz. 7). Der Begriff „haushaltsnah“ ist hierbei als sinnverwandt mit dem Begriff „hauswirtschaftlich“ anzusehen. Hauswirtschaftliche Tätigkeiten sind solche, die üblicherweise zur Versorgung der dort lebenden Familie in einem Privathaushalt erbracht werden. Dazu gehören - beispielhaft - die Zubereitung von Mahlzeiten, die Garten- und Raumpflege und die Pflege, Versorgung und Betreuung von Kindern, Kranken, alten Menschen und pflegebedürftigen Personen (vgl. den Ausschussbericht für Wirtschaft und Arbeit vom 14.11.2002, BT-Drucks. 5/91, zu Art 8 Nr. 7). Nicht begünstigt sind Beschäftigungen, die zwar im Haushalt des Steuerpflichtigen ausgeübt werden, aber keinen (engen) Bezug zur Hauswirtschaft haben.
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Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind Leistungen, die die Kläger für die Versorgung und Betreuung der in ihren Haushalt aufgenommenen und dort lebenden Hauskatze aufbringen, haushaltsnah. Tätigkeiten wie die Reinigung des Katzenklos, die Versorgung der Katze mit Futter und Wasser und die sonstige Beschäftigung der Hauskatze fallen regelmäßig an und werden typischerweise durch die Kläger selbst erledigt. Haustiere, die wie die Hauskatze der Kläger, in der Wohnung des Halters leben, sind dem Haushalt des betreffenden Halters zuzurechnen. Ihre dortige Versorgung weist demgemäß nach Auffassung des Senats auch einen (engen) Bezug zur Hauswirtschaft des Halters auf (ebenso FG Münster, Urteil vom 25.2.2012 14 K 2289/11, EFG 2012, 1674 – für die Betreuung eines Hundes; a. A. BMF-Schreiben vom 10.1.2014 IV C 4 – S 2296-b/07/0003:004,2014/0023765, BStBl I 2014, 75, Anlage 1 zu Rn. 7 zum Stichwort „Tierbetreuungs-, -pflege- oder –arztkosten“).
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2) „In“ einem Haushalt i. S. des § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG wird die haushaltsnahe Dienstleistung erbracht, wenn sie im Bereich des vorhandenen Haushalts geleistet wird. Nach dem maßgeblichen räumlich-funktionalen Verständnis der Vorschrift fallen darunter Leistungen in der Wohnung des Steuerpflichtigen selbst, aber auch Leistungen außerhalb der Wohnung, die einen funktionalen Bezug zum Haushalt des Steuerpflichtigen aufweisen (BFH-Urteile vom 20.3.2014 VI R 55/12, BFHE 245,45, BStBl II 2014, 880 und VI R 56/12, BFHE 245, 49, BStBl II 2014, 49, jeweils m. w. N.; Wüllenkemper, EFG 2013, 52). Die Versorgung und Betreuung der Hauskatze der Kläger hat ausschließlich in der Wohnung der Kläger stattgefunden. Damit sind die Leistungen i. S. des § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG „in“ dem Haushalt der Kläger erbracht worden.
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3) Darüber hinaus liegen auch die weiteren Anspruchsvoraussetzungen für die Tarifermäßigung vor: Ein Abzug der Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bzw. Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen scheidet ersichtlich aus (§ 35a Abs. 5 Satz 1 EStG). Die Kläger haben für die Aufwendungen Rechnungen erhalten und die Zahlungen auf ein Konto der Leistungserbringerin überwiesen (§ 35a Abs. 5 Satz 3 EStG).
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4) Die geltend gemachten Aufwendungen sind in vollem Umfang zu berücksichtigen. Gemäß § 35a Abs. 5 Satz 2 EStG ist die Tarifermäßigung auf die Arbeitskosten beschränkt. Darunter fallen neben den Aufwendungen für die Inanspruchnahme der haushaltsnahen Dienstleistung selbst auch in Rechnung gestellte Fahrtkosten (BMF-Schreiben vom 10.1.2014 IV C 4 – S 2296-b/07/0003:004,2014/0023765, BStBl I 2014, 75, Anlage 1 zu Rn. 39; Köhler in Bordewin/Brandt, EStG, § 35a Rn. 259; Bode in KSM, EStG, § 35a Rn. F 5; Erhard in Blümich, EStG, § 35a Rn. 55; Apitz in HHR, EStG, § 35a Rn. 25).
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Die Tarifermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 2. Alternative EStG beträgt somit 20% von 309,90 €, mithin 60,58 €.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
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Die Zulassung der Revision beruht auf §115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.