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  • 04.03.2015 · IWW-Abrufnummer 143969

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 27.08.2014 – 7 K 3561/10

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Köln

    7 K 3561/10

    Tenor:

    Der Einkommensteuerbescheid 2008 vom 5.1.2010 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 8.11.2010 werden mit der Maßgabe geändert, dass weitere Werbungskosten des Klägers i.H.v. … € in Abzug gebracht werden. Die Berechnung der festgesetzten Einkommensteuer wird dem Beklagten aufgegeben.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern zu 75 % und dem Beklagten zu 25 % auferlegt.

    Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruches der Kläger abwenden, soweit die Kläger nicht zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten

    Tatbestand

    1

    Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung verschiedener Werbungskostenpositionen bei den Einkünften beider Kläger aus ihrer nichtselbständigen Tätigkeit.

    2

    Die Klägerin ist als beamtete … für das P in H tätig. Der Kläger ist Diplom-Forstwirt und leitet für den Landesbetrieb Wald und Holz NRW als sog. Betreuungsförster den Forstbetriebsbezirk B, in dem er auch zu wohnen hat. Der Landesbetrieb Wald und Holz NRW ist untergliedert u.a. in ... Regionalforstämter, wozu auch das Regionalforstamt K gehört, das wiederum ... Reviere, sog. Forstbetriebsbezirke umfasst. Der Forstbetriebsbezirk B hat eine regionale Ausdehnung von … km² mit… ha Privatwald, der sich auf ca. … Waldbesitzer verteilt. In seinem Wohnhaus unterhält der Kläger ein Büro, für das er von seinem Arbeitgeber einen monatlichen Betrag von 81,81 € (981,72 € jährlich) als Dienstzimmerentschädigung erhält, die durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung NRW als steuerfreier Arbeitslohn behandelt wird. Der Dienstherr schreibt vor, dass in dem Dienstzimmer regelmäßige Sprechzeiten abgehalten werden, und stellt dort einen dienstlichen Telefon- und Faxanschluss sowie einen Internetanschluss mit PC, Drucker und speziellen elektronischen Programmen für die Organisation eines Forstbetriebsbezirkes bereit. Auf der Internetseite des Landesbetriebs Wald und Holz NRW ist unter „Ansprechperson im Forstbetriebsbezirk B“ der Kläger mit seiner privaten Anschrift genannt.

    3

    Im Rahmen ihrer Einkommensteuerveranlagungen hatten die Kläger angegeben, dass das Arbeitszimmer des Klägers der Mittelpunkt seiner gesamten Berufstätigkeit als Revierförster sei und in dem übergeordneten Forstamt C keine Arbeitsmöglichkeit bestehe. Dieses werde von dem Kläger nur alle zwei Wochen zur Abholung fehlgeleiteter Post und zu besonders angesetzten Dienstbesprechungen aufgesucht. An zwei Wochentagen unternehme er Dienstreisen von über acht Stunden in den Forstbetriebsbezirk.

    4

    In ihrer Einkommensteuererklärung 2008 hatten die Kläger folgende Aufwendungen geltend gemacht, die von dem Beklagten nur teilweise bei der Einkommensteuerfestsetzung vom 9.7.2009 in Ansatz gebracht wurden:

    5



    6

    Die Aufwendungen für das Arbeitszimmer hatten die Kläger wie folgt berechnet:

    7



    8

    Mit Einspruch vom 27.7.2009 wandten sich die Kläger gegen diverse Kürzungen im Bereich ihrer Werbungskosten. Nach Erörterung erließ der Beklagte unter dem 5.1.2010 einen Änderungsbescheid, mit dem er die Einkommensteuer 2008 auf … € festsetzte und dem Einspruch teilweise wie folgt abhalf:

    9



    10

    Mit Entscheidung vom 8.11.2010 wies der Beklagte den Einspruch im Übrigen zurück.

    11

    Am 14.11.2010 haben die Kläger gegen diese Entscheidung Klage erhoben, mit der sie sich weiterhin gegen die Nichtanerkennung verschiedener Werbungskosten wenden.

    12

    Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Folgejahr 2009 unternahm der Beklagte am 25.2.2011 eine Ortsbesichtigung in dem Wohnhaus der Kläger im Hinblick auf den begehrten Werbungskostenabzug für das Arbeitszimmer sowie verschiedene Arbeitsmittel.

    13



    14

    Ferner holte der Beklagte im März 2011 eine Auskunft des in dem Landesbetrieb Wald und Holz NRW für Personal zuständigen Mitarbeiters, des Zeugen R, über das Tätigkeitsprofil eines Forstbetriebsbezirksleiters ein. Hinsichtlich des Inhalts der Auskunft im Einzelnen wird auf das in den Steuerakten des Beklagten vorhandene Antwortschreiben des Herrn R vom 23.3.2011 verwiesen.

    15

    Zur Begründung ihrer Klage lassen sich die Kläger wie folgt ein:

    16

    Die Betreuung der Waldbesitzer sei mit umfangreicher Büroarbeit verbunden, die quantitativ und qualitativ die Haupt- und Kerntätigkeit des Klägers darstelle und nur in dem häuslichen Dienstzimmer erledigt werden könne, so dass dieses Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit des Klägers sei. Außerhalb des Hauses stehe dem Kläger kein Raum zur Verfügung, so dass sämtliche Büroarbeiten in dem häuslichen Dienstzimmer zu erledigen seien. Der Forstbetriebsbezirk B habe seinen Sitz unter der Adresse des Klägers, wo dieser wiederum seinen Dienstsitz habe. Dazu legen die Kläger verschiedene Unterlagen vor und schildern das Berufsbild eines Revierleiters sowie den Inhalt und den zeitlichen Ablauf der Tätigkeit des Klägers.

    17

    Das Dienstzimmer des Klägers sei in rechtlicher Hinsicht schon kein häusliches Arbeitszimmer, sondern entspreche dem Typus häusliche Betriebsstätte, für die die Abzugsbeschränkung nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG nicht gelte.

    18

    Richtigerweise sei das Dienstzimmer jedoch auch bereits deshalb kein häusliches Arbeitszimmer, weil die Handhabung im Streitfall unter Berücksichtigung der Dienstzimmerentschädigung nur als Vermietung des Zimmers an den Arbeitgeber mit anschließender Rücküberlassung an den Kläger als Arbeitnehmer beurteilt werden könne. Die Kläger verweisen auf das Urteil des BFH v. 16.9.2004 VI R 25/02, BStBl II 2006, 10; dass in dem Urteilsfall „pro forma“ ein Mietvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestand, könne keinen Einfluss auf die Einordnung des Dienstzimmers als externes Büro des Dienstherren haben.

    19

    Für den Fall, dass das Gericht dementgegen ein häusliches Arbeitszimmer annehme, handele es sich im Streitfall um den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit des Klägers. Der Außendienst und das Arbeitszimmer könnten nicht gleichermaßen Tätigkeitsmittelpunkt sein, und eine … km² große Fläche wie das Revier des Klägers könne schon wegen der räumlichen Ausdehnung nicht als Mittelpunkt angesehen werden.

    20

    Anlässlich von Ausführungen des Beklagten, nach denen im Falle der Berücksichtigung weiterer Aufwendungen für das Arbeitszimmer Kürzungen im Bereich der anderen Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit vorzunehmen wären, lassen die Kläger sich außerdem wie folgt ein:

    21

    Der Flächenanteil des Dienstzimmers betrage 17,55 m² von 109,63 m² insgesamt, also 16,01 %, da er nicht zur gesamten Nutzfläche des Hauses, sondern nur zu der Fläche der Wohnräume in ein Verhältnis zu setzen sei, die Wohnzimmer, Küche, Elternschlafzimmer, Kinderzimmer und Bad umfassen würden. Hierzu legen die Kläger einen Grundriss ihres Hauses vor, aus dem sich folgende Flächenberechnung ergibt:

    22



    23

    Der mit „Eltern“ bezeichnete Raum im EG werde mangels Kellers als Abstellraum und der Raum „Kind I“ im OG als Elternschlafzimmer genutzt. In dem Raum „HAR“ befänden sich Heizung, Zähler und andere Versorgungseinrichtungen. Das Kind sei bis Ende 2010 in „Kind III“ und das Dienstzimmer in „Kind II“ untergebracht gewesen, 2010 habe man die Räume getauscht.

    24

    In entsprechender Anwendung des § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG sei für das Arbeitszimmer eine Abschreibung von 3 % zu gewähren.

    25



    26



    27

    Für sein mit Landeswappen versehenes Dienstfahrzeug, benutze der Kläger die Garage, da er dem Dienstherren für Schäden an dem Fahrzeug hafte, zumal Fahrzeuge mit Landeswappen auch häufig Objekt mutwilliger Beschädigungen würden. Eine Vereinbarung über die Unterbringung des Fahrzeuges mit dem Dienstherren existiere nicht. Eine private Mitbenutzung sei nach besonderer Anmeldung und Absprache beschränkt auf jährlich 10.000 km gegen monatliche Kostenbeteiligung möglich, jedoch hätten die Kläger davon keinen Gebrauch gemacht. Außerdem könne das Fahrzeug bei eiligen Einsätzen im Winter, beispielsweise Wildunfällen oder umgestürzte Bäume, nicht erst von Schnee und Eis befreit zu werden, sondern müsse sofort einsatzbereit sein. Privat würden die Kläger ein privates Fahrzeug benutzen, das nie in der Garage untergebracht werde.

    28

    Die Abschreibung für die Garage betrage 3 % von … €, also … €.

    29



    30

    Die Kläger beantragen,

    31

    den Einkommensteuerbescheid vom 9.7.2009 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 5.1.2010 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 8.11.2010 mit der Maßgabe zu ändern, dass weitere Werbungskosten aus der nichtselbständigen Tätigkeit des Klägers von … € berücksichtigt werden.

    32

    Der Beklagte beantragt,

    33

    die Klage abzuweisen.

    34

    Das Arbeitszimmer des Klägers stelle nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit dar. Der Beklagte beruft sich auf die Auskunft des Landesbetriebs Wald und Holz NRW, Herr R, vom 23.3.2011, wonach der überwiegende Teil der Tätigkeiten eines Forstbetriebsbezirksleiters im Außendienst stattfinde. Das BFH-Urteil vom 16.9.2004, VI R 25/02, BStBl II 2006, 10, sei im Streitfall nicht einschlägig. Anders als in dem dortigen Sachverhalt sei vorliegend zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber kein Mietvertrag geschlossen worden, sondern der Kläger erhalte für das Dienstzimmer eine steuerfreie Aufwandsentschädigung.

    35

    Mangels dienstlicher Verpflichtung zur Unterbringung des Dienstwagens in der Garage könne genauso gut der private PKW dort abgestellt werden, damit dieser im Winter nicht enteist werden muss, bevor die Klägerin ihre Fahrten zur Arbeitsstätte antritt.

    36



    37



    38

    Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen R und G. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 27.8.2014 verwiesen.

    39

    Entscheidungsgründe

    40

    Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.

    41

    Die angefochtene Einkommensteuerfestsetzung ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO), als sie weitere Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. … € nicht berücksichtigt.

    42

    Im Übrigen ist die Festsetzung nicht zu beanstanden.

    43

    I.

    44

    Werbungskosten des Klägers für die berufliche Nutzung des Arbeitszimmers sind unbeschränkt in Höhe von … € in Ansatz zu bringen. Angesichts der bislang hierfür nur i.H.v. 1.250 € in Abzug gebrachten Kosten und der noch zu berücksichtigenden Anschaffungskosten der Besuchergarderobe von … € sowie der Abschreibung für den Vorhang von … € ergibt sich eine Verringerung der Einkünfte aus der nichtselbständigen Tätigkeit des Klägers von … €.

    45

    Im Wege der Saldierung sind jedoch zuungunsten der Kläger Kürzungen im Bereich der Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von insgesamt … € im Zusammenhang mit … vorzunehmen, so dass sich eine Erhöhung der Einkünfte in entsprechender Höhe und im Ergebnis eine Minderung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von … € ergibt.

    46

    1.

    47

    Die Beschränkung der Werbungskosten für das Dienstzimmer auf 1.250 € nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG findet vorliegend keine Anwendung, weil der Raum in dem überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers des Klägers unterhalten wird und damit kein häusliches Arbeitszimmer i.S.d. Abzugsbeschränkung darstellt.

    48

    Die Werbungskosten für das Dienstzimmer betragen … € und ermitteln sich wie folgt:

    49

    Abschreibung Gebäude … … €
    laufende Gebäudekosten … … €
    Besucherbank … €
    Schranktür … €
    Stühle … €
    Abschreibung Bodenbelag … … €
    Summe … €
    abzgl. Arbeitgebererstattung … €
    Werbungskosten … €

    50

    a.

    51

    Nach § 9 Abs. 1 S. 1, 2 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen und bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten seiner Ausstattung sind nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG grundsätzlich nicht abziehbar, es sei denn, für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit steht kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung – dann ist die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 Euro begrenzt – oder das Arbeitszimmer bildet den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen - in diesem Fall sind die Aufwendungen unbegrenzt abziehbar.

    52

    Vorliegend kann der begehrte unbeschränkte Werbungskostenabzug für das Dienstzimmer folglich nur in Betracht kommen, wenn dieses den Tätigkeitsmittelpunkt des Klägers bildet oder bereits dem Begriff des häuslichen Arbeitszimmers nicht entspricht, etwa weil es eine „häuslichen Betriebsstätte“ darstellt oder als Büro des Arbeitgebers zu beurteilen ist. Letzteres wäre der Fall, wenn man - mit der Rechtsprechung zu der steuerlichen Behandlung von Mietverhältnissen mit dem Arbeitgeber über einen häuslichen Büroraum - zu dem Ergebnis käme, dass die betrieblichen Bedürfnisse des Arbeitgebers das Interesse des Klägers an der Nutzung eines in die häusliche Sphäre eingegliederten Raumes überlagern und der Raum nicht als ein häusliches Arbeitszimmer des Klägers, sondern vielmehr ein externes Büro des Dienstherren anzusehen wäre.

    53

    Nach der neueren Rechtsprechung des BFH (insbesondere Urteil v. 16.9.2004 VI R 25/02, BStBl II 2006, 10, zu dem Fall eines Försters, der mit seinem Dienstherrn einen Mietvertrag über ein Arbeitszimmer in seiner Wohnung geschlossen hatte; vgl. ferner Urteile vom 11.1.2005 IX R 72/01, BFH/NV 2005, 882; v. 9.6.2005 IX R 4/05, BFH/NV 2005, 2180; v. 19.12.2005 VI R 82/04, BFH/NV 2006, 1076), auf die sich auch die Kläger berufen, ist in Fällen, in denen der Arbeitgeber Zahlungen für ein im Haus bzw. in der Wohnung des Arbeitnehmers gelegenes Büro, das der Arbeitnehmer für die Erbringung seiner Arbeitsleistung nutzt, zwischen Arbeitslohn und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu unterscheiden.

    54

    Diese Unterscheidung ist laut BFH danach zu treffen, in wessen vorrangigem Interesse die Nutzung des Arbeitszimmers erfolgt. Dient sie in erster Linie den Interessen des Arbeitnehmers, weil er z.B. in dem Betrieb des Arbeitgebers über einen weiteren Arbeitsplatz verfügt und die Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers vom Arbeitgeber lediglich gestattet oder geduldet wird, so sollen die Zahlungen für den Büroraum als Arbeitslohn zu erfassen und § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG anzuwenden sein. Wird der betreffende Raum jedoch vor allem in dem betrieblichen Interesse des Arbeitgebers genutzt und geht dieses Interesse über die Entlohnung des Arbeitgebers und die Erbringung der jeweiligen Arbeitsleistung hinaus, so sei anzunehmen, dass die betreffenden Zahlungen auf einer neben dem Dienstverhältnis gesondert bestehenden Rechtsbeziehung beruhen, die zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG führe; das an den Arbeitgeber überlassene und von diesem dem Arbeitnehmer rücküberlassene Arbeitszimmer soll dann nicht dem Typusbegriff des Arbeitszimmers i.S.v. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG unterfallen. Weitere Anhaltspunkte für letztere Variante sieht der BFH darin, dass entsprechende Rechtsbeziehungen zu gleichen Bedingungen auch mit fremden Dritten, die nicht in einem Dienstverhältnis zu dem Arbeitgeber stehen, eingegangen werden oder der Arbeitgeber zunächst versucht hat, einen geeigneten Raum von dritter Seite anzumieten. Darüber hinaus sieht der BFH das Vorliegen einer ausdrücklichen schriftlichen Vereinbarung über die Nutzungsbedingungen des betroffenen Raumes als Indiz, nicht jedoch als zwingende Voraussetzung für die Annahme einer eigenständigen Rechtsbeziehung an.

    55

    Unerheblich ist aus Sicht des BFH in diesen Fällen (vgl. Urteil v. 16.9.2004 VI R 25/02, BStBl II 2006, 10, unter II.3.), ob die Höhe der Miete für den Büroraum der ortsüblichen Miete entspricht; denn das betriebliche Interesse des Arbeitgebers an der Raumnutzung werde nicht durch eine für ihn vorteilhafte Gestaltung in Frage gestellt, und bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit sei grundsätzlich von der Absicht zur Überschusserzielung auszugehen. Hilfsweise für den Fall, dass gleichwohl Zweifel an der Überschusserzielungsabsicht i.R.d. § 21 EStG bestehen sollten, hat der BFH in der vorgenannten Entscheidung auf sein Urteil vom 22.7.1993 VI R 122/92, BStBl II 1992, 510, und darauf hingewiesen, dass Verluste aus einer ohne Überschusserzielungsabsicht ausgeübten Nebentätigkeit Werbungskosten aus einer Haupttätigkeit sein könnten, wenn sie durch die Haupttätigkeit veranlasst sind.

    56

    b.

    57

    Diese Rechtsgrundsätze, denen der erkennende Senat im Wesentlichen folgt, führen im Streitfall dazu, dass das von dem Kläger unterhaltene Dienstzimmer nicht dem Typusbegriff des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG unterfällt, sondern als externes Büro des Dienstherren einzuordnen ist und die darauf entfallenden Kosten unbeschränkt als Werbungskosten i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 1 EStG abziehbar sind, allerdings bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und nicht im Rahmen von Vermietungseinkünften.

    58

    Zwar liegt im Streitfall keine vertragliche Vereinbarung des Klägers mit seinem Arbeitgeber über die Nutzungsüberlassung des Büroraums vor; die Dienstzimmerentschädigung wurde durch den Dienstherrn des Klägers auch als - nach § 3 Nr. 12 EStG - steuerfreier Arbeitslohn behandelt.

    59

    Der wirtschaftliche Gehalt der im Streitfall vorgefundenen Gestaltung spricht jedoch nach der Überzeugung des Senats auch ohne Vorliegen einer Vereinbarung dafür, dass das Interesse des Klägers, zur Erledigung büromäßiger Arbeiten einen in die häusliche Sphäre eingegliederten Raum zur Verfügung zu haben, von den Belangen der Behörde überlagert wurde. Nicht nur aus dem Vorbringen der Kläger, sondern insbesondere aus den Aussagen der beiden Zeugen ergibt sich, dass die Ausgestaltung der Nutzung des Dienstzimmers hier maßgeblich und objektiv nachvollziehbar von den Bedürfnissen und Vorgaben der Forstverwaltung geprägt war: Diese schreibt vor bzw. bemüht sich bereits durch entsprechende Stellenausschreibung darum, dass ihre Arbeitnehmer nicht nur ihren Wohnsitz in der Nähe ihres jeweiligen Betreuungsreviers nehmen, sondern möglichst dort auch ihren Dienstsitz, also ein Büro unterhalten. Diese Vorgabe dient zum einen der arbeitssicheren Unterbringung der zur Verfügung gestellten Büroausstattung und der Akten, zum anderen jedoch insbesondere auch der Ansprechbarkeit der Revierleiter vor Ort und der Ermöglichung von Publikumsverkehr. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass die Forstverwaltung den Revierleitern regelmäßig keinen Arbeitsplatz bei der übergeordneten Behörde oder in einem in dem Betreuungsrevier belegenen Forsthaus zur Verfügung stellt; die Verwaltung ist deshalb darauf angewiesen, dass ihre Betriebsbezirksleiter einen Büroraum für dienstliche Zwecke stellen, und hat ein starkes Interesse daran, dass dieser im Hinblick auf „kurze Wege“ und schnelle Erreichbarkeit in dem jeweiligen Revier belegen ist.

    60

    Nach der Aussage des Zeugen R macht der Dienstherr auch Gebrauch von der Möglichkeit, ein Dienstzimmer in Augenschein zu nehmen und zu überprüfen, und das Zimmer muss im Vertretungsfall für einen Vertreter des Revierleiters zugänglich und benutzbar sein; auch dadurch wird deutlich, dass insoweit auf das Interesse des Arbeitnehmers, in seinem privaten Wohn- und Lebensbereich unbehelligt von dienstlichen Belangen zu sein, keine Rücksicht genommen wird, sondern der Arbeitgeber in Bezug auf das Dienstzimmer die Funktionsfähigkeit der Behörde sicherstellt. Gleiches gilt im Hinblick auf den Publikumsverkehr, der – wenn auch selten – in dem häuslichen Büro stattfindet, sowie im Hinblick darauf, dass das Büro nicht nur durch ein Schild außen an dem Wohnhaus als Dienststelle kenntlich gemacht wird, sondern auch in dem Internetauftritt des Landesbetriebs Wald und Holz NRW unter „Ansprechperson im Forstbetriebsbezirk B“ der Kläger mit seiner privaten Anschrift genannt ist. Dadurch wird auch nach außen, für Bürger und Auftragnehmer der Behörde, erkennbar, dass in dem Wohnhaus der Kläger ein ausgelagerter Arbeitsplatz der Forstverwaltung, eine Art Außenstelle des Landesbetriebs Wald und Holz NRW, vorhanden ist.

    61

    Dass die Nutzung des Büroraums in dem vorrangigen Interesse der Forstverwaltung erfolgt, bestätigen auch beide Zeugen, die den häuslichen Büroraum eines Revierleiters als „externes Büro des Arbeitgebers“ bzw. „Büro des Arbeitgebers“ sehen.

    62

    Das bloße Interesse des Klägers, „zu Hause“ einen Arbeitsplatz zur Erledigung von Bürotätigkeiten zur Verfügung zu haben, ist angesichts solcher dienstlichen Vorgaben und Umstände, wie sie im Streitfall vorgefunden wurden, zu vernachlässigen bzw. nur noch theoretischer Natur. Ungeachtet eines solchen persönlichen Interesses war der Kläger verpflichtet, das Dienstzimmer vorzuhalten und zwar im Wesentlichen auf eigene Kosten. Denn die Dienstzimmerentschädigung ist nach Aussage des Zeugen G weder an die ortsüblichen Mietpreise gekoppelt noch orientiert sie sich an den tatsächlich anfallenden Kosten, sie deckt vorliegend nicht einmal die Hälfte der für den Büroraum - noch ohne Ausstattungsgegenstände - angefallenen Kosten und Abschreibungen. Wenn der Arbeitgeber des Steuerpflichtigen in dieser Weise Kosten für ein in seinem Interesse unterhaltenes Dienstzimmer auf den Arbeitnehmer verlagert, ist es nur folgerichtig, dem Arbeitnehmer - hier dem Kläger - die Möglichkeit zuzubilligen, diese Kosten seines Arbeitgebers ohne Einschränkung einkünftemindernd geltend zu machen.

    63

    Nach Ansicht des erkennenden Senats ist dem vorliegend allerdings im Rahmen der Einkünfte aus der nichtselbständigen Arbeit des Klägers Rechnung zu tragen und nicht im Rahmen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Im Streitfall ist eine neben dem Arbeitsverhältnis gesondert bestehende Rechtsbeziehung nicht erkennbar, es besteht jedoch auch keine Notwendigkeit, eine solche zu konstruieren, weil der Überschuss der Kosten für das Arbeitszimmer über die dafür erhaltene Zahlung des Arbeitgebers jedenfalls durch das Dienstverhältnis veranlasst ist. Es fehlt nicht nur an einer – schriftlichen oder mündlichen – Vereinbarung über die Nutzungsüberlassung des Raumes an den Dienstherren und anschließende Rücküberlassung an den Kläger, wie sie beispielsweise in dem Urteilsfall VI R 25/02 vorlag. Da die Dienstzimmerentschädigung nur rund 40 % der laufenden Kosten - noch ohne Kosten der Ausstattung - und der Abschreibung abdeckt, fiele eine Totalüberschussprognose i.R.d. § 21 EStG offensichtlich negativ aus. Angesichts der sich deshalb aufdrängenden Zweifel an einer Überschusserzielungsabsicht für eine Vermietungstätigkeit sowie im Hinblick auf das Urteil des BFH vom 22.7.1993 VI R 122/92, BStBl II 1992, 510, sind die sich aus der Nutzung des Dienstzimmers ergebenden Werbungskosten abzüglich der erhaltenen Entschädigung bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Abzug zu bringen.

    64

    c.

    65

    Für die Berechnung der im Streitfall dem Dienstzimmer zuzuordnenden Kosten ist Folgendes zu berücksichtigen:

    66

    Die Abschreibung der anteilig auf den Raum entfallenden Herstellungskosten hat nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7, § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 lit. a EStG mit 2 % zu erfolgen. Ein Afa-Satz von 3 % nach § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG kommt nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nur für Gebäude des Betriebsvermögens in Betracht. Das Dienstzimmer des Klägers dient keiner betrieblichen Tätigkeit und ist daher Privatvermögen, auf das der erhöhte Abschreibungssatz keine Anwendung findet.

    67

    Der Anteil der auf das Dienstzimmer entfallenden Kosten an den Gesamtkosten des Hauses beträgt nicht 16,25 % bzw. 16,01 %, wie von den Klägern geltend gemacht, sondern 12,15 %. Der nach Angaben der Kläger in dem Streitjahr als Dienstzimmer genutzte Raum „Kind II“ hat eine Fläche von 17,55 m². Diese ist in das Verhältnis zu setzen zu der gesamten Wohnfläche des Einfamilienhauses; dabei ist der Begriff der Wohnfläche aus § 42 der II. BV zu entnehmen und umfasst alle Wohnräume ohne Nebenräume wie Keller, Waschküchen, Abstellräume, Dachböden (§ 42 Abs. 4 Nr. 1 der II. BV; vgl. auch BFH-Urteil v. 18.10.1983 VI R 68/83, BStBl II 1984, 112). Nebenraum ist vorliegend nur der Heizungsraum „HAR“ mit 8,38 m²; das als Abstellraum genutzte Zimmer „Eltern“ ist – unabhängig von seiner individuellen Verwendung - als Wohnraum nicht aus der Wohnfläche auszuscheiden.

    68

    Die Wohnfläche ohne den Nebenraum „HAR“ beträgt 144,44 m² (84,47 m² + 68,34 m² = 152,81 m² abzgl. 8,38 m²); davon entfallen auf das Dienstzimmer 17,55 m², mithin 12,15 %.

    69

    Schließlich sind neben den unstreitigen Kosten der Schranktür und des Bodenbelags auch die Aufwendungen für die zur Ausstattung des Dienstzimmers gehörenden Stühle und die Besucherbank als sofort abziehbare Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Satz 3 Nr. 7 i. V. m. § 6 Abs. 2 EStG) in Ansatz zu bringen, wobei für die Stühle ausweislich des vorgelegten Kassenbons Kosten von … € angefallen sind. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass der Kläger in seinem Dienstzimmer Sitzgelegenheiten für Besucher vorzuhalten hatte und die Gegenstände hierfür angeschafft hat. …

    70

    2.

    71

    Die übrigen, geltend gemachten Werbungskosten sind nur teilweise anzuerkennen.

    72

    Dabei ist zu berücksichtigen, dass zu den Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 S. 1, 2 EStG zwar sämtliche beruflich veranlassten Aufwendungen gerechnet werden und eine berufliche Veranlassung anzunehmen ist, wenn objektiv ein Zusammenhang der Aufwendungen mit dem Beruf besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung des Berufs gemacht werden. Dem steht jedoch das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 S. 2 EStG entgegen für solche gemischten Aufwendungen, die sowohl beruflich als auch in nicht ganz untergeordnetem Umfang durch die Lebensführung veranlasst sind, sofern nicht objektive Merkmale und Unterlagen eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung der einzelnen Nutzungsanteile ermöglichen.

    73

    Für das Vorliegen der Voraussetzungen für den Werbungskostenabzug trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast.

    74

    Dies vorausgeschickt sind die Abschreibung für den Vorhang von … € sowie die Kosten der Besuchergarderobe von … € als Werbungskosten aus der nichtselbständigen Arbeit des Klägers anzuerkennen.

    75

    Sie gehören zwar nicht zu den Gegenständen der Ausstattung des Arbeitszimmers, ihre Anschaffung ist jedoch nach Überzeugung des Senats zumindest nahezu ausschließlich beruflich veranlasst. Der Senat erkennt ein Bedürfnis für die Abgrenzung zwischen dem privaten Wohnbereich und dem aufgrund der Vorgaben des Dienstherrn zwangsläufig auch dienstlichen Besuchern zugänglich zu machenden Bereich des Hauses an und folgert daraus eine weit überwiegend beruflich veranlasste Aufwendung. Gleiches gilt für die Besuchergarderobe, die nachweislich neben einem weiteren, nach den Angaben der Kläger der privaten Kleidung zur Verfügung stehenden Garderobenschrank angeschafft wurde, so dass kein bedeutendes Bedürfnis für eine mehr als untergeordnete private Benutzung des Garderobenelementes bestanden haben dürfte.

    76

    Die Abschreibung für den PC i.H.v. … € ist ebenfalls unverändert zum Werbungskostenabzug zuzulassen, allerdings bei den Werbungskosten aus der nichtselbständigen Arbeit der Klägerin statt des Klägers, dies ist jedoch ohne steuerliche Auswirkung. Angesichts des klägerischen Vortrags zu der Heimarbeit der Klägerin erscheint eine nahezu ausschließliche berufliche Nutzung des Geräts schlüssig.

    77

    b.

    78

    Im Hinblick auf den gerichtlichen Untersuchungsgrundsatz, § 76 Abs. 1 FGO, § 177 AO sowie die sich aus § 157 Abs. 2 AO ergebende Unselbständigkeit einzelner Besteuerungsgrundlagen, kann es nur zu einem Erfolg der Klage kommen, soweit sich die angegriffene Steuerfestsetzung im Ergebnis als rechtswidrig erweist. Deshalb sind durch das Finanzgericht Fehler eines Steuerbescheides, die sich zu Lasten des Klägers auswirken, innerhalb der durch das Klagebegehren und das Verböserungsverbot gezogenen Grenzen mit solchen Fehlern zu saldieren, die der Finanzbehörde in der Steuerfestsetzung zugunsten des Steuerpflichtigen unterlaufen sind (vgl. Gräber/von Groll, FGO § 65 Rz. 41, 42 m.w.N.).

    79

    Die geltend gemachte Abschreibung für die Garage ist nach diesen Grundsätzen nicht zum Werbungskostenabzug zuzulassen, da hier eine fast ausschließliche berufliche Nutzung zur Unterbringung des Dienstwagens nicht zur Überzeugung des erkennenden Senats feststeht und dies zu Lasten der Kläger geht. …

    80

    Aus denselben Erwägungen sind auch die Anschaffungskosten der … nicht länger zum Werbungskostenabzug zuzulassen.

    81

    ...

    82

    II.

    83

    Der Senat macht von der Möglichkeit des § 100 Abs. 2 S. 3 FGO Gebrauch und gibt dem Beklagten auf, die Einkommensteuer 2010 nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen, den Klägern das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mitzuteilen und den Bescheid nach Rechtskraft dieser Entscheidung mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

    84

    III.

    85

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1, § 136 Abs. 1 S. 1 FGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 151 Abs. 1, 3 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 S. 1 ZPO.