17.06.2016 · IWW-Abrufnummer 186673
Finanzgericht Köln: Urteil vom 14.01.2016 – 13 K 1398/13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
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Tatbestand
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Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren im Kern über die Rechtmäßigkeit der Gewerbesteuermessbescheide 1998 bis 2003 sowie die Bescheide über die gesonderte Feststellung der vortragsfähigen Gewerbeverluste auf den 31. Dezember 1998 bis 2003, alle vom 17. August 2011, für die Firma N & R GmbH & Co. KG - KG - in S. Vorrangig geht es um die Frage, ob die Klägerin als abgabenberechtigte Gemeinde gegen die Gewerbesteuermessbescheide der KG zulässig Klage erheben kann.
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Die KG war in den Streitjahren alleinige Gesellschafterin der H GmbH - GmbH - in S, die in den Streitjahren im Gemeindegebiet der Klägerin eine Betriebstätte unterhielt. Die GmbH war an einer ... Personengesellschaft unmittelbar zu über 99 % und über diese an einer weiteren ... Kapitalgesellschaft mittelbar zu 90 % beteiligt. Zwischen der KG und der GmbH bestand im hier interessierenden Zeitraum ein Gewinnabführungsvertrag.
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Am Geschäftssitz der KG in S wurden nach Lage der Akten auf der Basis der Prüfungsanordnungen vom 4. Januar 2001 und vom 25. Oktober 2004 Außenprüfungen für die Jahre 1996 bis 1999 und 2000 bis 2003 durchgeführt. Diese endeten hinsichtlich der hier streitbefangenen Messbeträge für die Gewerbesteuer mit den Gewerbesteuermessbescheiden vom 7. März 2005 und 12. Mai 2009, mit denen die Gewerbesteuermessbeträge für die KG auf 1.389.302,75 € für 1998, auf 1.178.070,18 € für 1999 festgesetzt wurden. Für das Jahr 2000 wurde der Messbetrag auf 965.531,26 € festgesetzt. Für die Jahre 2001 bis 2003 ergaben sich Gewerbesteuermessbeträge über 1.871.816,57 €, über 1.135.630 € und über 737.505 €. Vortragsfähige Gewerbeverluste zu den Stichtagen 31. Dezember 1998 bis 2003 ergaben sich nicht.
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Die KG führte im Anschluss an die Außenprüfung Rechtsbehelfsverfahren gegen verschiedene Finanzbehörden, unter anderem gegen den Beklagten, bei denen die Abschreibung auf die so genannte „...“ und eine Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an einer der ... Gesellschaften streitig waren. Der Beklagte gab nach dem Vorbringen der Klägerin den Rechtsbehelfsbegehren der KG in Abstimmung mit dem Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung S, der Oberfinanzdirektion Rheinland und dem Landesfinanzministerium Nordrhein-Westfalen mit den hier streitbefangenen Bescheiden vom 17. August 2011 im Wesentlichen statt. Der Landesrechnungshof hat den Vorgang ohne Beanstandungen geprüft.
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Mit den nach §§ 164, 172 AO, §§ 10a, 35b GewStG geänderten Bescheiden wurde der Gewerbesteuermessbetrag 1998 auf 312.585,96 € und der Gewerbesteuermessbetrag 1999 auf null € festgesetzt sowie der vortragsfähige Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 1999 auf 45.292.573 DM festgestellt. Für das Jahr 2000 wurde der Messbetrag auf null Euro festgesetzt, der verbleibende Gewerbeverlust mit 19.186.300 DM festgestellt. Für die Jahre 2001 bis 2003 ergaben sich Gewerbesteuermessbeträge über 1.398.337,28 €, über 1.107.165 € und über 734.980 €. Vortragsfähige Gewerbeverluste zu den Stichtagen 31. Dezember 2001 bis 2003 ergaben sich nicht. Mit den geänderten Bescheiden wurden die anhängigen Rechtsbehelfsverfahren beendet. Die KG ließ die Bescheide vom 17. August 2011 bestandskräftig werden.
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Nach dem Vorbringen der Klägerin erhielt sie von der durchgeführten Außenprüfung, den Rechtsbehelfsverfahren der KG sowie dem (bevorstehenden) Erlass der streitbefangenen Bescheide erstmals durch eine am 16. März 2011 zugegangene Kurzmitteilung der Konzernbetriebsprüfung vom 1. März 2011 Kenntnis.
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Die Bekanntgabe der Zerlegung der einheitlichen Gewerbesteuermessbeträge ist ebenfalls mit Bescheiden vom 17. August 2011 erfolgt. Die an die Klägerin gerichteten Zerlegungsbescheide enthalten ausgehend von den Gewerbesteuermessbeträgen die Darlegung der Zerlegungsgrundlagen und den auf die Klägerin entfallenden Zerlegungsanteil. Gegen die Zerlegungsbescheide gerichtete Einsprüche der Klägerin wurden mit Einspruchsentscheidung vom 9. Februar 2012 als unbegründet zurückgewiesen, nachdem der Klägerin unter Gewährung von Akteneinsicht im September 2011 die Hintergründe der Erledigung der Einspruchsverfahren durch den Beklagten erläutert worden waren. Insoweit hat die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ergänzende Ausführungen zu der von ihr selbst vorgenommenen Information der Klägerin gemacht. Der Leiter Finanzen der Klägerin hat ergänzend ausgeführt, eine umfassende Akteneinsicht sei in dem Termin nicht möglich gewesen.
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Die Klägerin legte mit Schreiben vom 23. April 2012 gegen die hier streitbefangenen Bescheide Einsprüche ein, die mit verbundener Einspruchsentscheidung vom 12. April 2013 als unzulässig verworfen worden sind. Der Beklagte vertrat insoweit die Auffassung, aus § 40 Abs. 3 FGO, der für das Einspruchsverfahren analog anzuwenden sei, sowie den Regelungen in § 360 Abs. 2 AO bzw. § 60 Abs. 2 FGO und in § 186 Nr. 2 AO ergebe sich die Unzulässigkeit des Einspruchs. Dies entspreche der ständigen Rechtsprechung des BFH, die auch durch die Änderung des Art. 28 GG im Jahr 1994 nicht überholt sei. Eine Änderung der Rechtslage sei auch nicht durch die Einfügung des
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Art. 28 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 GG eingetreten. Wie das BVerfG bestätigt habe, handele es sich nicht um eine Neuregelung, sondern um eine deklaratorische Kodifikation.
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Der Sonderfall des § 40 Abs. 3 FGO liege nicht vor, da weder eine Beteiligung noch sonstige Verflechtung des Landes mit der KG bestehe, sondern vielmehr auch das Land erhebliche Ausfälle durch die Herabsetzung der ihm zustehenden Ertragsteuern erlitten habe. Die wider besseres Wissen von der Klägerin formulierten Vermutungen hinsichtlich einer willkürlichen oder absichtlichen Benachteiligung seien bereits dadurch widerlegt, dass die Entscheidungen in dem Gewerbesteuermessverfahren auf der Anwendung von BFH-Rechtsprechung unter Einschaltung der vorgeschalteten Behörden beruhten. § 21 Abs. 3 FVG sei schon deshalb nicht verletzt, weil die Prüfung nicht im Gemeindegebiet der Klägerin, sondern am Geschäftssitz der KG in S stattgefunden habe. Auch aus Art. 19 Abs. 4 GG i. V. m. Art. 28 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 GG könne keine Einspruchsbefugnis abgeleitet werden. Die Gemeinden hätten keinen Anspruch gegen die Finanzämter auf Erlass richtiger Gewerbesteuermessbescheide, da sich Finanzamt und Gemeinde insoweit nicht als Gegner mit entgegengesetzten Interessen gegenüberstünden. Aus dem gegen die Bundesrepublik gerichteten Grundrecht der Gemeinden könnten keine spezifischen Verpflichtungen der Finanzämter begründet werden. Letztlich stünden den Gemeinden nach der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung nur diejenigen Rechte hinsichtlich der Gewerbesteuer zu, die ihnen durch Landesgesetz übertragen worden seien. Das seien in Nordrhein-Westfalen lediglich die Zuständigkeit für die Festsetzung und Erhebung der Realsteuern. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.
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Ein während des Einspruchsverfahrens vor dem erkennenden Senat geführtes Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung (13 V 2802/12) blieb ebenfalls erfolglos. Insoweit wird auf den Beschluss vom 12. Oktober 2012 (EFG 2013, 237) Bezug genommen.
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Im Hinblick auf die Begründung der Einspruchsentscheidung wie auch des ablehnenden Beschlusses zur Aussetzung der Vollziehung mit der fehlenden Rechtsbehelfsbefugnis der Klägerin trägt diese zunächst hinsichtlich ihrer Rechtsbehelfsbefugnis Folgendes vor:
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Die Klage sei als Anfechtungsklage in der Form der Abänderungsklage nach § 40
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Abs. 1 FGO statthaft, da sie sich gegen die geänderten Bescheide über die Gewerbesteuermessbeträge und die Feststellung der vortragsfähigen Gewerbeverluste wende und deren Änderung begehre. Das Vorverfahren sei ebenfalls durchgeführt.
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Sie sei auch klagebefugt im Sinne des § 40 Abs. 2 FGO, da es jedenfalls nicht ausgeschlossen sei, dass sie durch die Verwerfung der Einsprüche als unzulässig in ihrem Anspruch auf Sachentscheidung verletzt sei. Auch eine Verletzung ihrer Beteiligungsrechte aus § 21 FVG oder ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung in Gestalt der Finanzhoheit sei nicht ausgeschlossen. Ihre Klagebefugnis sei auch nicht durch § 40 Abs. 3 FGO ausgeschlossen.
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Die Klage sei auch begründet, da der Beklagte zu Unrecht ihre Einsprüche als unzulässig verworfen habe. Die Einsprüche seien nach § 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO statthaft gewesen, da es sich um Abgabenangelegenheiten handele, der Beklagte als Finanzbehörde im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 5 AO tätig geworden sei und die angegriffenen Bescheide durch Bekanntgabe gegenüber der KG wirksam gewordene Verwaltungsakte im Sinne der §§ 184, 118, 155 AO darstellten. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei sie auch nach § 350 AO einspruchsbefugt gewesen. Die Einspruchsbefugnis könne nicht durch analoge Anwendung des § 40 Abs. 3 FGO ausgeschlossen werden.
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Art. 28 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 GG schütze das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht sowie die Finanzhoheit der Gemeinden. Danach hätten die Gemeinden einen Anspruch auf finanzielle Mindestausstattung. Diese gehöre zum unantastbaren Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie. Dabei komme es nicht - nur - auf die Gesamtheit der Gemeinden, sondern auch auf die einzelne Kommune an. Der Anspruch auf finanzielle Mindestausstattung gebe jeder Gemeinde ein grundrechtlich geschütztes Recht. Das strahle auf § 350 AO und § 40 Abs. 2 FGO aus. Die Gemeinden müssten im Einzelfall eine Rechtsverletzung geltend machen können. Dies führe dazu, dass auch nach Einführung des § 40 Abs. 3 FGO Ausnahmefälle denkbar seien, in denen nicht nur die Interessen, sondern die Rechte der dann rechtsbehelfsberechtigten Gemeinden berührt seien. In diesen Fällen stehe den Gemeinden ein Klagerecht gemäß § 40 Abs. 2 FGO bzw. ein Einspruchsrecht nach Maßgabe des § 350 AO zu.
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Soweit in der Literatur vertreten werde, dass den Gemeinden keine Klagebefugnis aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zustehe, da sie als Hoheitsträger nicht in einem Über- und Unterordnungsverhältnis zu einem Finanzamt stünden, sei dies nicht uneingeschränkt zutreffend. Wenn sich die Gemeinde faktisch in einem Unterordnungsverhältnis befinde, erkenne auch der BFH ein Klagerecht an. Die Gemeinde könne sich wehren, wenn sie einer willkürlichen Anordnung des Finanzamtes ausgeliefert sei.
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Hinsichtlich einer Klagebefugnis nach § 40 Abs. 3 FGO stellt die Klägerin Vermutungen über eine mittelbare Betroffenheit des Landes Nordrhein-Westfalen als Gesellschafter der KG oder eine Betroffenheit infolge der Vergabe von Landesbürgschaften an die KG an. Trotz der unstreitig vorgenommenen Akteneinsicht im September 2011 habe sie nicht festgestellt, dass den Änderungsbescheiden keine Billigkeitsentscheidung zugrunde gelegen habe. Das gegenteilige Vorbringen des Beklagten werde mit Nichtwissen bestritten.
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Sie sei auch durch die streitbefangenen Gewerbesteuermessbescheide und die Bescheide über die vortragsfähigen Gewerbeverluste beschwert im Sinne des § 350 AO. Sie müsse Gewerbesteuer in Höhe von rund 4 Millionen € zuzüglich Zinsen, insgesamt ca. 9 Millionen € zurückerstatten. Dies führe bei ihrem Jahresetat von ca. 36 Millionen € zu gravierenden Haushaltsdefiziten, die sie zwinge, nicht nur bei den freiwilligen Leistungen, sondern auch bei den Pflichtaufgaben erhebliche Streichungen, Kürzungen und Verschiebungen vorzunehmen. Dadurch werde sie in der durch Art. 28 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 GG garantierten Finanzhoheit verletzt. Sie sei auf Grund der hohen Erstattungen an die KG seit dem Haushaltsjahr 2011 nicht mehr in der Lage die ihr zugewiesenen und im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung selbstgewählten Aufgaben zu erfüllen. Insoweit legt sie die Haushaltsansätze und die Auswirkungen des Einnahmeausfalls im Einzelnen dar (Blatt 101 bis 108 d. A. i.V.m. den Anlagen 3 bis 6 der Klageschrift, Blatt 120 bis 140 d. A., Blatt 156 bis 161 und 227 bis 235, 255/256 d. A.). Ihr Selbstverwaltungsrecht sei verletzt, da durch die Rückerstattung der Gewerbesteuern im Streitfall ihre finanzielle Mindestausstattung als absolut geschützte Untergrenze der kommunalen Finanzausstattung nicht mehr gewährleistet sei. Der Anspruch auf Mindestausstattung gewähre ihr wie jeder anderen Gemeinde ein grundrechtlich geschütztes Recht im Sinne eines subjektiv individuellen Anspruchs.
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Die vom Beklagten vertretene Auffassung, Art. 28 Abs. 2 GG führe nicht zu rechtlichen Verpflichtungen der Finanzämter gegenüber den Gemeinden, sondern regele nur das Verhältnis der Gemeinden zur Bundesrepublik, sei fehlerhaft. Vielmehr sei der Beklagte als Bestandteil der Exekutive zur Beachtung der Gesetze einschließlich des Grundgesetzes verpflichtet. Auch die Annahme, der Ableitung von Rechten aus Art. 28 GG stehe generell die Einschränkung durch den Gesetzesvorbehalt entgegen, sei unzutreffend, da insoweit die Frage der Schranken-Schranke geklärt werden müsse.
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Zumindest in begründeten Ausnahmefällen wie dem Streitfall, in denen die unzutreffenden Würdigungen der Finanzbehörden im Ergebnis die wirtschaftliche Existenz einer Gemeinde bedrohten, müsse der Gemeinde ein Anspruch auf Überprüfung der Gewerbesteuermessbescheide eingeräumt werden.
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Soweit der Beklagte in der Einspruchsentscheidung darauf abstelle, dass sich Kommune und Finanzamt bei der Festsetzung der Gewerbesteuer nicht als Gegner gegenüberstünden, lasse dies im Streitfall keine zwingenden Ableitungen zu. Es handele sich nicht um einen reinen Innenrechtsstreit, da der Beklagte als Bestandteil der Landesverwaltung und die Klägerin als Kommune keiner unmittelbaren gemeinsamen vorgesetzten Behörde unterstünden.
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Weiterhin komme ein Verstoß gegen das Konnexitätsprinzip in Betracht, da ihr, der Klägerin, jeglicher Einfluss auf Verfahren zur Festsetzung des Steuermessbetrages abgesprochen werde, sie aber selbst in extremen Fällen, wie dem vorliegenden, die finanziellen Folgen tragen müsse.
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Weiterhin hält sie es nicht für ausgeschlossen, dass der Beklagte außerhalb der Rechtsordnung gehandelt habe. Sie verweist auf die Änderung der Rechtsauffassung des Beklagten in dem Verfahren der KG gegen den Beklagten ca. zehn Jahre nach Beginn der Außenprüfung. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Abhilfe hinsichtlich der Rechtsbehelfe der KG eine Billigkeitsentscheidung der Finanzverwaltung zugrunde gelegen habe, obwohl nur sie, die Klägerin, zu einer solchen Billigkeitsentscheidung bezüglich der Gewerbesteuer befugt sei. Insofern sei auch das Vorbringen des Beklagten, auch das Land Nordrhein-Westfalen habe durch die Änderungsbescheide bei den Ertragsteuern finanzielle Nachteile zu tragen gehabt, ohne Bedeutung.
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Ungeachtet der Frage möglicher Willkür auf Seiten des Beklagten liege zumindest ein Verstoß gegen das Gebot gemeindefreundlichen Verhaltens vor, da der Beklagte die Klägerin trotz der lang andauernden Rechtsschutzverfahren und der großen Auswirkungen auf den Gemeindehaushalt während des überwiegenden Zeitraums nicht über das Verfahren informiert habe. Die Klagebefugnis müsse im Streitfall schon deshalb bejaht werden, weil der Beklagte ihre Rechte aus § 21 Abs. 3 FVG missachtet habe. Insoweit verweist die Klägerin auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift im Zusammenhang mit der Abschaffung des bis zur Einführung dieser Vorschrift bestehenden Klagerechts der Gemeinden. Wegen der Einzelheiten insoweit wird auf den Schriftsatz vom 6. Januar 2016, unter IV, verwiesen.
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Soweit der Beklagte im Rahmen des Klageverfahrens vortrage, eine willkürliche Benachteiligung der Klägerin sei bereits dadurch ausgeschlossen, dass die Klägerin nur zu ca. 40 % an der Gewerbesteuerzerlegung beteiligt sei, sei unklar, was er damit zum Ausdruck bringen wolle. Dies gelte ebenso für die Ausführungen, wonach die Rechtsbehelfe vorrangig die einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungen betroffen hätten. Dies schließe eine willkürliche Verletzung ihrer Rechte nicht aus, da für Zwecke der Gewerbesteuer eine eigene Prüfung des Gewinns erfolgen könne. Der Hinweis auf § 35b GewStG führe nicht weiter, da ungeachtet dieser Vorschrift der Gewerbesteuerbescheid neben den grundlegenden Ertragsteuer- oder Feststellungsbescheiden anfechtbar bleibe.
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Die bisherige Rechtsprechung des BFH stehe ihrer Auffassung nicht entgegen, da der BFH bei seinen bisherigen Entscheidungen auf die Rechtslage vor der Änderung des Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG abgestellt habe. Außerdem prüfe er in allen Entscheidungen das Vorliegen der Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 FGO, was sinnlos wäre, wenn nicht grundsätzlich die Möglichkeit einer zulässigen Klage bestünde.
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Auch das BVerwG habe in seiner aktuellen Rechtsprechung (Urteil vom 15. Juni 2011, 9 C 4/10, BVerwGE 140, 34) bei Verletzung der Finanzhoheit einer Gemeinde ausgeführt, dass entweder eine Klagemöglichkeit der Gemeinden gegen die Gewerbesteuermessbescheide oder ein Anspruch auf Schadensersatz gegeben sein müsse. Weitere Ausführungen betreffen das Verständnis der Klägerin hinsichtlich der zitierten Entscheidung des BVerwG.
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Der Beklagte offenbare in der Klageerwiderung ein grundsätzliches Missverständnis in Bezug auf die Voraussetzungen der Klagebefugnis gemäß § 40 Abs. 2 FGO. Es sei notwendig aber auch hinreichend, dass die Klägerin geltend mache, durch einen Verwaltungsakt in ihren Rechten verletzt zu sein. Die Frage der tatsächlichen Rechtsverletzung gehöre zur Begründetheit. Daher sei die Klagebefugnis zu bejahen, sobald eine Rechtsverletzung nicht auszuschließen sei. Bei schwerwiegenden Rechtsverletzungen müsse die Klagebefugnis entgegen § 40 Abs. 3 FGO im Einzelfall bejaht werden. Diese Abgrenzungsproblematik zwischen § 40 Abs. 2 und Abs. 3 FGO sei umstritten.
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Letztlich habe sie, die Klägerin, auch die Einspruchsfrist gewahrt. Da die streitbefangenen Bescheide ihr nicht bekannt gegeben, zumindest aber ihr gegenüber keine Rechtsbehelfsbelehrungen erteilt worden seien, wäre eine eventuell durch die Bescheide vom 17. August 2011 ausgelöste Jahresfrist im Sinne des § 356 Abs. 2 Satz 1 AO im April 2012 noch nicht abgelaufen gewesen.
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Soweit der Beklagte die Anerkennung einer Klagebefugnis für Gemeinden gegen Steuermessbescheide wegen der damit verbundenen Auswirkungen auf die Steuerpflichtigen für schlechthin unerträglich erkläre, übersehe er, dass die Klägerin eine derartige Klagebefugnis nur in Ausnahmefällen, wie dem vorliegenden, für gegeben erachte. Nur bei eklatanten Verstößen gegen Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG, bei denen die Gemeinde in eine finanzielle Ausnahmesituation gerate, sei die Klagebefugnis gegeben.
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Die vom Beklagten reklamierte Entscheidungskompetenz über die Festsetzung von Gewerbesteuermessbeträgen werde nicht infrage gestellt. Im Rahmen seiner Entscheidungskompetenz müsse der Beklagte aber rechtmäßige Bescheide erlassen, also insbesondere keine Bescheide, die die ertragsberechtigte Gemeinde in ihren Rechten aus Art. 28 GG verletze.
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Das weitere Vorbringen der Klägerin betrifft die nach ihrer Auffassung gegebene materielle Rechtswidrigkeit der streitbefangenen Bescheide. Insoweit wird auf die Ausführungen auf Seite 41 bis 72 der Klageschrift verwiesen.
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Letztlich vertritt sie die Auffassung, im Unterliegensfall sei die Revision zuzulassen, da es von grundsätzlicher Bedeutung sei, ob nach der Einfügung von Art. 28 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 GG im Jahr 1994 den Gemeinden aus dieser Vorschrift in Ausnahmefällen eine Einspruchs- bzw. Klagebefugnis gegen Gewerbesteuermessbescheide zustehen müsse.
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Weiterhin hält die Klägerin den Beklagten für verpflichtet, über die vorgelegten Gewerbesteuerakten hinaus unter anderem die Betriebsprüfungshandakten und die Einspruchsvorgänge vorzulegen.
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Die Klägerin beantragt,
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die geänderten Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 1998 bis 2003 und über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes jeweils auf den 31. Dezember 1998 bis 2003 der Firma N & R GmbH & Co. KG, K‑Straße ..., ... S, vormals N & R KG, U-Straße ..., ... S, jeweils vom 17. August 2011 mit der Maßgabe zu ändern, dass
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im Erhebungszeitraum 1998 statt von einem Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 111.980,83 € von einem Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 497.703,97 € und einem dementsprechend niedrigeren vortragsfähigen Verlust,
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im Erhebungszeitraum 1999 statt von einem Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 0,00 € von einem Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 454.151,88 € und einem dementsprechend niedrigeren vortragsfähigen Verlust,
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im Erhebungszeitraum 2000 statt von einem Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 0,00 € von einem Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 389.168,21 € und einem dem entsprechend niedrigeren vortragsfähigen Verlust,
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im Erhebungszeitraum 2001 statt von einem Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 552.748,93 € von einem Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 739.910,63 € und einem dementsprechend niedrigeren vortragsfähigen Verlust,
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im Erhebungszeitraum 2002 statt von einem Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 476.987,32 € von einem Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 489.250,96 € und einem dem entsprechend niedrigeren vortragsfähigen Verlust,
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im Erhebungszeitraum 2003 statt von einem Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 319.742,20 € von einem Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 320.840,66 € und einem dem entsprechend niedrigeren vortragsfähigen Verlust,
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auszugehen ist,
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im Unterliegensfall gegen die Entscheidung des Finanzgerichts die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
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Der Beklagte beantragt,
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Klageabweisung.
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Er vertritt unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung und den Beschluss des erkennenden Senats zur Aussetzung der Vollziehung die Auffassung, dass die Klage als unzulässig abzuweisen sei.
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Ergänzend verweist er darauf, dass die Klägerin im Rahmen der Akteneinsicht habe erkennen können, dass der Abhilfeentscheidung im Hauptsacheverfahren der KG gegen den Beklagten keine Billigkeitsentscheidung zugrunde gelegen habe, sondern eine auf der Anwendung höchstrichterlicher Rechtsprechung beruhende Sachentscheidung. Weiterhin seien hypothetische Betrachtungen über nicht auszuschließende Ausnahmetatbestände ungeeignet, eine Klagebefugnis zu vermitteln.
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Zwar sei es zutreffend, dass der BFH im Rahmen seiner Entscheidungen eine Klagebefugnis der Gemeinden nach § 40 Abs. 2 FGO geprüft habe. Sie sei aber in allen Fällen unter Hinweis auf § 40 Abs. 3 FGO verneint worden. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe auch das BVerwG dies nicht in Frage gestellt. Es habe vielmehr offen gelassen, ob ggf. ein Folgenbeseitigungsanspruch bejaht werden könne. Die Möglichkeit einer unmittelbaren Anfechtung von Gewerbesteuermessbescheiden durch eine Gemeinde habe auch das BVerwG nicht ernsthaft in Erwägung gezogen. Vielmehr sei bereits die Frage eines hoheitlichen Eingriffs im Hinblick auf das fehlende Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen Finanzamt und Gemeinde infrage gestellt worden.
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Er hält daran fest, dass der Gesetzgeber die Entscheidungskompetenz über die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages ausschließlich der Finanzverwaltung zugewiesen habe. Auch in Fällen, in denen Gewerbesteuerprüfer der Gemeinde nach § 21 Abs. 3 FVG an der Prüfung teilnehmen dürften und ihre Rechtsauffassung bereits im Rahmen der Prüfung darlegen könnten, obliege ausschließlich der Finanzbehörde die Entscheidung über den Steuermessbetrag.
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Bereits die theoretische Möglichkeit einer willkürlichen Benachteiligung der Klägerin scheide im Streitfall aus, da die Rechtsbehelfsverfahren der KG sich vorrangig gegen die einheitlichen und gesonderten Feststellungen der Streitjahre und nicht gegen die Gewerbesteuer gerichtet hätten. Insoweit werde auch auf § 35b GewStG verwiesen. Außerdem sei die Klägerin nur mit ca. 40 % an der Gewerbesteuerzerlegung beteiligt.
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Weitere Ausführungen betreffen die Frage, ob die Klägerin tatsächlich wie behauptet durch die Rückerstattung der Gewerbesteuer einschließlich Zinsen an der nachhaltigen Erfüllung ihrer Aufgaben gehindert worden ist (vgl. Blatt 144/145 und 196/197 mit Anlagen Blatt 200 bis 217 d. A.), was der Beklagte infrage stellt. Die abstrakte Möglichkeit einer Verletzung der Finanzhoheit sei nicht geeignet, eine Klagebefugnis zu vermitteln.
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Der Beklagte hält sich nicht für verpflichtet, weitere Akten vorzulegen, da die Klage seines Erachtens offensichtlich unzulässig ist und daher die weitergehende Übersendung von Akten zu abgeschlossenen Rechtsbehelfsverfahren zum Zwecke der Akteneinsicht durch die Klägerin ausscheide.
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Der Senat hat zur Vermeidung unnötigen prozessualen Aufwandes wie der Beiladung der Steuerpflichtigen und unter Umständen anderer betroffener Gemeinden sowie der ggf. zu treffenden Zwischenentscheidung über die Verpflichtung des Beklagten zur Vorlage weiterer Akten einerseits und der Befassung mit der möglicherweise komplexen materiellen Problematik der Rechtmäßigkeit der streitbefangenen Gewerbesteuerbescheide unter Berücksichtigung der nationalen Regelungen, des DBA Deutschland/Frankreich und des Europarechtes andererseits angeregt, nach Maßgabe der §§ 97 bis 99 FGO im Rahmen eines Zwischen-, Teil- oder Endurteiles vorab über die Berechtigung der Klägerin, die streitbefangenen Bescheide vom 17. August 2011 überhaupt anzufechten, zu entscheiden.
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Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 6. Januar 2016 erneut vorgetragen, ihres Erachtens könnten sich Fragen der Begründetheit auch auf die Frage der Zulässigkeit der Klage auswirken.
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Sie verweist auf ihr bisheriges Vorbringen, wonach der Beklagte seiner Aktenvorlageverpflichtung nach § 71 Abs. 2 FGO nicht nachgekommen sei. Sie habe daher mit Schriftsatz vom 19. Januar 2015 beantragt, gegenüber dem Beklagten durch einen Beweis- oder Auflagenbeschluss anzuordnen, alle Akten, Aktenteile und Unterlagen vorzulegen, die das Veranlagungs- und Rechtsbehelfsverfahren der KG betreffen. Insoweit verweist die Klägerin darauf, dass der Beklagte nach § 71 Abs. 2 FGO verpflichtet sei, die den Streitfall betreffenden Akten zu übermitteln. Dies bedeute, dass jedes Aktenstück übersandt werden müsse, dass für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage erheblich und für die Entscheidungsfindung des Rechtsstreits von Bedeutung sein könne.
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Diese Verpflichtung betreffe im Streitfall alle das ursprüngliche Rechtsbehelfsverfahren betreffenden Akten, da ohne Vorlage der entsprechenden Akten nicht festgestellt werden könne, ob die Stattgabe im ursprünglichen Klageverfahren ein objektiv willkürliches Verwaltungshandeln darstelle. Wegen der weiteren Einzelheiten insoweit wird auf den Schriftsatz vom 6. Januar 2016 Bezug genommen.
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Im Rahmen der mündlichen Verhandlung konnte Konsens erzielt werden, dass für die Frage der Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage der schlüssige Vortrag einer objektiv willkürlichen Entscheidung des Beklagten hinreichend sein müsse, so dass es für die Entscheidung über die Zulässigkeit keiner Entscheidung über die Hinzuziehung weiterer Akten bedürfe. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unzulässig.
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Die Klägerin ist als Gemeinde im Streitfall nach § 40 Abs. 3 FGO von der Möglichkeit, eine (zulässige) Klage gegen die Gewerbesteuermessbescheide und die Bescheide über die gesonderte Feststellung vortragsfähiger Gewerbeverluste der KG vom 17. August 2011 zu erheben, ausgeschlossen.
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Nach § 40 Abs. 3 FGO können Gemeinden als Abgabenberechtigte wegen der von den Finanzämtern festzusetzenden oder festgesetzten Gewerbesteuermessbeträge Klage erheben, wenn das betreffende Finanzamt als Landesfinanzbehörde die Gewerbesteuer ganz oder teilweise für die Gemeinde verwaltet und das Land die Gewerbesteuer ganz oder teilweise unmittelbar oder mittelbar schulden würde. Nur wenn die Voraussetzungen des § 40 Abs. 3 FGO erfüllt sind, ist eine Gemeinde in ihrer Eigenschaft als Gewerbesteuerberechtigte ausnahmsweise befugt, wegen der Festsetzung eines Gewerbesteuermessbetrages Klage zu erheben (vgl. BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2001 I B 6/01, BStBl II 2002, 91 m.w.N.). Es handelt sich insoweit um eine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot des Insichprozesses. Dies ergibt sich spiegelbildlich auch aus § 60 Abs. 2 FGO wonach der Abgabenberechtigte nicht zu einem Klageverfahren des Steuerpflichtigen beigeladen werden kann, weil seine Interessen durch die Entscheidung berührt werden.
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Die Voraussetzungen für eine zulässige Klage eines Abgabeberechtigten nach § 40 Abs. 3 FGO liegen im Streitfall nicht vor.
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Das Land Nordrhein-Westfalen, als dessen Finanzbehörde der Beklagte die von der KG zu entrichtende Gewerbesteuer teilweise, hinsichtlich der im Messbetragsverfahren erforderlichen Ermittlungen und Festsetzungen, auch für die Klägerin verwaltet, ist unstreitig nicht unmittelbarer Schuldner der Gewerbesteuer. Schuldner der Gewerbesteuer ist die KG.
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Auch eine mittelbare Schuldnerschaft des Landes Nordrhein-Westfalen hinsichtlich der hier streitbefangenen Gewerbesteuer ist nicht gegeben.
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§ 40 Abs. 3 FGO definiert nicht, unter welchen Voraussetzungen ein Bundesland eine Abgabe mittelbar schuldet. Der BFH hat zunächst die Auffassung vertreten, eine mittelbare Schuldnerschaft des Landes könne z.B. dann gegeben sein, wenn das Land mehr als 50 % des Kapitals einer Kapitalgesellschaft besitze (vgl. BFH-Urteil vom 2. Oktober 1962 I 196/60 S, BStBl III 1963, 216, 218 rechte Spalte). Auch der Gesetzgeber ist im Jahr 1963 ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien (vgl. BT-Drs. IV/1446, Seite 46) davon ausgegangen, dass die für die Anerkennung einer Klagebefugnis erforderliche Interessenkollision zwischen dem Bundesland, zu dem die agierende Finanzbehörde gehört, und einer Gemeinde dann gegeben sein könne, wenn das Land wesentlich an dem Steuerpflichtigen beteiligt sei. Dies ergibt sich aus der Verweisung auf das Urteil des BFH vom 10. November 1961 (III 279/58 S, BStBl III 1962, 145, 148/149 unter V.), bei der das Land zu 48,9 % an der Gesellschaft beteiligt war, für die eine Grundsteuerbefreiung im Streit stand.
70
Diesem Verständnis des § 40 Abs. 3 FGO folgte zunächst die Rechtsprechung der Finanzgerichte (vgl. dazu FG München, Gerichtsbescheid vom 20. September 1999 7 K 2012/97, ZKF 2000, 208) und die Literatur (vgl. z.B. die Nachweise in BFH, BStBl II 2002, 91; Schick, Rechtsschutzprobleme im gemeindlichen Haushalt- und Steuerrecht in Verfassung, Verwaltung, Finanzen: Festschrift für Gerhard Wacke, Seite 265 ff. m.w.N.; Söhn, Klagerecht der Gemeinden im Steuermessverfahren, StuW 1993, 354 ff. m.w.N.).
71
Mit dem oben bezeichneten Beschluss 17. Oktober 2001 hat der BFH seine frühere Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben und vertritt seither die Auffassung, mittelbar im Sinne des § 40 Abs. 3 FGO schulde ein Land eine Abgabe, wenn es öffentlich-rechtlich verpflichtet sei, die Abgabenschuld eines Dritten zu erfüllen. Der Begriff „schulden“ werde in § 40 Abs. 3 FGO als Rechtsbegriff in Bezug auf einen Abgabenanspruch verwendet. Ein Schulden im Rechtssinne setze voraus, dass eine rechtliche Verpflichtung gegenüber einem Dritten bestehe. Eine faktische Verpflichtung aus wirtschaftlichen, politischen oder moralischen Gründen reiche nicht aus. Ein derartiges Schulden liege bei dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich nicht vor. Es sei wesentliches Merkmal einer Kapitalgesellschaft, dass ihre Gesellschafter nicht für die Schulden der Gesellschaft einzustehen hätten (BFH a.a.O.).
72
Dem hat sich die wesentliche Kommentarliteratur zur Finanzgerichtsordnung angeschlossen (vgl. z.B. Dumke in Schwarz, FGO, § 40 Rdnr. 64; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 40 FGO Rdnr. 96; Braun in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 40 FGO Rdnr. 279; Levedag in Gräber, FGO, 8. Auflage, 2015, § 40 Rdnr. 140; Bartone in Kühn/von Wedelstädt, AO/FGO, 20. Auflage, 2011, § 40 FGO Rdnr. 18; unklar: von Beckerath in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 40 Abs. 3 FGO Rdnr. 246). Soweit die Frage in den Kommentierungen zur Abgabenordnung oder zum Gewerbesteuergesetz aufgegriffen wird, folgen die Kommentatoren ganz überwiegend ebenfalls der geänderten Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 8. Auflage, 2014, § 1 Rdnr. 48; Hofmeister in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 14 GewStG Rdnr. 39; Fritsch in Koenig, AO, 3. Auflage, 2014, § 184 Rdnr. 34; Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 184 AO Rdnr. 98 ff.; Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 184 AO Rdnr. 21).
73
Ausgehend von dieser Interpretation des § 40 Abs. 3 FGO liegen die Voraussetzungen für eine zulässige Klageerhebung im Streitfall nicht vor.
74
Auch wenn die Steuerschuldnerin im Streitfall keine Kapitalgesellschaft, sondern eine Kommanditgesellschaft, inzwischen eine GmbH & Co. KG, ist, liegt keine mittelbare Schuld des Landes Nordrhein-Westfalen vor. Bei einer KG ist grundsätzlich die Haftung der Kommanditisten auf die (erbrachte) Einlage beschränkt (§ 171 HGB). Lediglich der Komplementär kann entsprechend §§ 161 Abs. 2, 128 HGB für alle Verbindlichkeiten uneingeschränkt persönlich in Anspruch genommen werden. Insofern ergeben sich gegenüber der Rechtssituation bei den Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft regelmäßig Abweichungen nur hinsichtlich des Komplementärs der KG, da die Kommanditisten, die ihre Einlage erbracht haben, genauso wie die Gesellschafter von Kapitalgesellschaften nicht von den Gläubigern einer KG in Anspruch genommen werden können.
75
Danach schuldet das Land Nordrhein-Westfalen nach Lage der Akten die Gewerbesteuer der KG auch nicht mittelbar. Das Land ist an der KG weder als Komplementär noch in anderer Weise wesentlich oder beherrschend beteiligt. Aus allgemein zugänglichen Quellen ist ersichtlich, dass sich die KG seit ihrer Gründung im Jahr 1869/1870 durchgängig in Familienbesitz befunden hat. Selbst die Klägerin, in deren Gemeindegebiet sich eine traditionsreiche und bedeutende Betriebstätte der KG befindet und deren eigene Entwicklung eng mit der KG verbunden ist, behauptet nicht, dass das Land Nordrhein-Westfalen jemals Komplementär der KG und damit ggf. mittelbarer Schuldner der Gewerbesteuer gewesen wäre. Im Übrigen ergibt sich die Liste der persönlich haftenden Gesellschafter für den gesamten hier interessierenden Zeitraum aus dem Handelsregister (HRA 1 des Amtsgerichtes S). Zumindest gegenwärtig sind zwei natürliche Personen und eine GmbH Komplementäre der KG, was einen Durchgriff auf das Land Nordrhein-Westfalen offensichtlich ausschließt.
76
Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Land auch nur in unwesentlichem Umfang als Kommanditist an der KG beteiligt wäre. Vielmehr ergibt sich aus dem Handelsregister, dass Kommanditisten die N & R ... KG (Komplementäre durchgängig natürliche Personen) und die P Anlagen-Verwaltungsgesellschaft mit beschränkter Haftung sind.
77
Eine Klagebefugnis der Klägerin ergibt sich auch nicht aus anderen Vorschriften, insbesondere nicht § 40 Abs. 2 FGO in Verbindung mit Regelungen des Grundgesetzes zur Finanzhoheit der Gemeinden. Auf die einzelnen von der Klägerin herangezogenen Vorschriften, Überlegungen und Behauptungen ist im Streitfall nicht einzugehen, da es darauf wegen der abschließenden Regelung in § 40 Abs. 3 FGO nicht ankommen kann.
78
Entgegen der Auffassung der Klägerin stellt § 40 Abs. 3 FGO eine abschließende Regelung der Klagebefugnis für Gemeinden hinsichtlich der möglichen Anfechtung von Gewerbesteuermessbescheiden dar.
79
Wie der BFH bereits in der Grundsatzentscheidung vom 22. November 1955 (I B 43/55 U, BStBl III 1956, 44) dargelegt hat, ist den Gemeinden bereits vor Inkrafttreten des Grundgesetzes durch Veränderungen in der Reichsgesetzgebung die vorher bestehende Rechtsbehelfsbefugnis hinsichtlich der Anfechtung von Gewerbesteuermessbescheiden entzogen worden (vgl. BFH a.a.O., Seite 45 linke Spalte). Auch aus Art. 19 Abs. 4 GG könne eine Rechtsbehelfsbefugnis nicht abgeleitet werden, da sich eine Körperschaft, wenn sie als Trägerin von Hoheitsrechten einem anderen Träger von Hoheitsrechten gegenüber trete, auf Art. 19 Abs. 4 GG nicht berufen könne. Hinsichtlich der Gewerbesteuer seien wegen der zwischen den Bundesländern und den Gemeinden aufgeteilten Funktionen bezüglich der Messbetragsfestsetzung einerseits und der Steuerfestsetzung andererseits sowohl der Staat als auch die Gemeinden Hoheitsträger. Da es somit an dem in Art. 19 Abs. 4 GG vorausgesetzten Unterordnungsverhältnis fehle, könne daraus keine Rechtsbehelfsbefugnis der Gemeinden gegen Gewerbesteuermessbescheide abgeleitet werden.
80
In der Folgezeit hat der BFH bestätigt, dass eine zu niedrige Festsetzung eines Messbetrages nicht im Wege des Rechtsmittelverfahrens durch die Gemeinden zu verfolgende Rechte verletze, sondern nur die Interessen der Gemeinden berührt seien. Allerdings hat der BFH ebenfalls für Handlungen der Finanzämter ohne vertretbare gesetzliche Grundlage entschieden, dass bei offenkundig widerstreitenden Interessen zwischen Bundesland und Gemeinde ein derartiges Handeln sich außerhalb der Rechtsordnung vollziehe und Willkür sei. Es könne nicht Rechtens sein, dass jemand der willkürlichen Anordnung einer Hoheitsperson ausgeliefert sei. Ein solches Unrecht als „Handeln außerhalb der Rechtsordnung“ liege vor, wenn ein Verwaltungsakt ohne Begründung oder mit offenbar falschen, von subjektiven Gesichtspunkten geleiteten Gründen zum Nachteil eines Dritten ergehe. In solchen Fällen handle die Hoheitsperson auch gegenüber der Gemeinde nicht mehr als Hüter des Rechts, sondern als Gewalthaber. … In solchen Fällen bestünden keine Bedenken, den Betroffenen, wer es auch sei, einem Gewaltunterworfenen gleichzustellen und ihm den gerichtlichen Schutz zu gewähren (BFH, BStBl III 1962, 145, 148 unter IV. und V.).
81
Darauf hat der Gesetzgeber im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur FGO (vgl. BT-Drs. IV/1446, Seite 46) zur Klagebefugnis der Gemeinden im Hinblick auf Grund- und Gewerbesteuermessbescheide wie auch für andere Ertragsberechtigte, deren Abgabe ganz oder teilweise durch andere Finanzbehörden verwaltet werden, ausgeführt, dass durch die gegen die Abgabepflichtigen ergehenden Bescheide grundsätzlich nicht die Rechte, sondern nur die Interessen der ertragsberechtigten Körperschaften berührt würden, so dass diesen grundsätzlich kein Klagerecht gegen die Bescheide nach § 39 Satz 1 FGO (heute § 40 Abs. 2 FGO) zustehe. Da die Finanzbehörden die ihnen obliegenden Aufgaben gleichmäßig ohne Rücksicht auf die Person des jeweiligen Ertragsberechtigten nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführten, bestehe für ein allgemeines Klagerecht der Ertragsberechtigten kein Bedürfnis. Ein solches Klagerecht würde eher dazu führen können, das notwendige Vertrauensverhältnis zwischen den Beteiligten zu stören. Es würde im Übrigen auch eine Beeinträchtigung der durch den Bescheid geschaffenen Rechtsstellung des Abgabepflichtigen bedeuten. Würden Abgaben infolge einer Amts- oder Dienstpflichtverletzung zu niedrig erhoben, so berühre dies lediglich das Innenverhältnis.
82
Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen erscheine dann berechtigt, wenn die verwaltende Körperschaft unmittelbar oder mittelbar gleichzeitig als Steuerschuldner in Betracht komme. Für diesen Fall eröffne § 39 Satz 2 FGO (heute § 40 Abs. 3 FGO) der ertragsberechtigten Körperschaft eine Klagebefugnis. Insoweit bestehe auch kein Bedürfnis für einen Schutz des Abgabenschuldners. Abgesehen von diesen Fällen bleibe es der Rechtsprechung vorbehalten, für bestimmte Ausnahmefälle anzuerkennen, dass nicht nur die Interessen, sondern auch die Rechte der Ertragsberechtigten berührt sein könnten, so dass in solchen Fällen ein Klagerecht gemäß § 39 Satz 1 FGO (heute § 40 Abs. 2 FGO) zuzugestehen sei.
83
Das weitere Gesetzgebungsverfahren führte dann zwar zu einer veränderten Fassung der Regelung, aber nicht mehr zu einer inhaltlichen Änderung (vgl. BT-Drs. IV/3523, Seite 16).
84
Nachfolgend hat der BFH zunächst in der Grundsatzentscheidung zu § 212c RAO zur Entscheidung über die Haftung einer Person für eine Realsteuer generell erkannt, Gemeinden seien nicht befugt, Anfechtungsklagen gegen Streitentscheidungen der Finanzämter nach § 212c RAO zu erheben (BFH-Urteil vom 21. Oktober 1970 I R 81-82,
85
I R 92-94/68, BStBl II 1971, 30). Die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde blieb erfolglos (BVerfG-Beschluss vom 27. Januar 1971 2 BvR 82/71, juris).
86
Mit der Entscheidung vom 30. Januar 1976 (III R 60/74, BStBl II 1976, 426) erkannte der BFH, dass nach der Neuregelung in § 40 Abs. 3 FGO einem Abgabenberechtigten ein Klagerecht gegen Steuermessbescheide nur im Falle einer Interessenkollision zustehe. Der in § 40 Abs. 3 FGO vorgesehene Ausschluss der Gemeinden vom Rechtsschutz in Messbetragssachen könne entgegen der Auffassung der dort klagenden Gemeinde nicht als verfassungswidrig angesehen werden. Nach der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung (Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG) stehe die Verwaltung der Realsteuern den Landesfinanzbehörden zu. Sie könne ganz oder teilweise den Gemeinden übertragen werden. Daraus ergebe sich aber, dass die Gemeinden nicht mehr Rechte haben könnten, als ihnen delegiert worden seien. Eine Klagebefugnis gegen Steuermessbescheide sei ihnen nirgends übertragen worden (BFH a.a.O. mit zustimmender Anm. von List, DStZ 1976, 308).
87
Dies gilt im Streitfall auch für das Land Nordrhein-Westfalen, das mit dem Gesetz über die Zuständigkeit für die Festsetzung und Erhebung der Realsteuern vom 16. Dezember 1981 (Gesetz-und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 1981, 732) den Gemeinden nur die Festsetzung und Erhebung der Realsteuern (§ 1) sowie (neben den Finanzämtern, § 2 Abs. 1 Satz 2) die Bekanntgabe der Messbescheide (§ 2 Abs. 1 Satz 1), aber keine Rechte hinsichtlich der Festsetzung der Messbeträge oder ihrer Anfechtung übertragen hat.
88
Der BFH verweist in seiner Entscheidung auf die weitreichenden Folgen für die Rechtssicherheit, also das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die Bestandskraft der Steuerbescheide, wenn man den Steuergläubigern ein Klagerecht einräumen würde. Aus dieser Bedeutung, die ein Klagerecht der Steuergläubiger im Steuersystem hätte, müsse man folgern, dass ein solches Klagerecht positivrechtlich geregelt sein müsste und dass es nicht genüge, es lediglich aus der Rechtsnatur der Steuerbescheide abzuleiten (BFH a.a.O.). Auch die gegen diese Entscheidung gerichtete Verfassungsbeschwerde blieb erfolglos (vgl. BVerfG-Beschluss vom 30. Juni 1976 2 BvR 475/76, juris).
89
An dieser Rechtsprechung hält der BFH fest (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 21. Juli 1999 I R 111/98, BFH/NV 2000, 346). In dem zitierten Beschluss vom 17. Oktober 2001 führt er noch einmal unmissverständlich aus: Nur wenn die Voraussetzungen des § 40 Abs. 3 FGO erfüllt sind, ist eine Gemeinde in ihrer Eigenschaft als Gewerbesteuerberechtigte ausnahmsweise befugt, wegen der Festsetzung eines Gewerbesteuermessbetrages Klage zu erheben (BFH a.a.O. unter II. A. 1.).
90
Gründe, von dieser Entscheidung abzuweichen, ergeben sich nach Überzeugung des erkennenden Senats insbesondere nicht aus Art. 28 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 GG. Die Regelung ist bereits im Jahr 1994 in das GG eingefügt worden (vgl. ausführlich zur Gesetzgebungsgeschichte BVerfG-Beschluss vom 27. Januar 2010 2 BvR 2185/04, 2 BvR 2189/04, BVerfGE 125, 141). Sie galt damit bereits für den in der BFH-Entscheidung relevanten Erhebungszeitraum 1994. Außerdem hat das BVerfG in der zitierten Entscheidung klargestellt, durch die Regelung habe ohne konstitutive Neuerung klargestellt werden sollen, dass die finanzielle Eigenverantwortung zum Recht auf kommunale Selbstverwaltung gehöre (BVerfG a.a.O. unter II. 2.c.).
91
Ungeachtet der bisher offen gebliebenen Frage, ob Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG die Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung sachlich erweitert oder wenigstens materiell-rechtlich verstärkt hat (vgl. dazu BVerfG-Beschluss vom 9. März 2007 2 BvR 2215/01, NVwZ 2007, 435), liegen die Voraussetzungen für eine verfassungskonforme Einschränkung des Klageausschlusses gemäß § 40 Abs. 3 FGO nicht vor.
92
Ungeachtet der divergierenden Auffassungen der Prozessparteien besteht doch Einigkeit, dass die im vorliegenden Verfahren von der Klägerin vorgetragene, für die Prüfung der Zulässigkeit der Klage unterstellte, objektiv willkürlich fehlerhaft zu niedrige Festsetzung der Gewerbesteuermessbeträge (so sie denn vorliegen sollte) einen absoluten Ausnahmetatbestand darstellt. Einen derartigen absoluten Ausnahmetatbestand (anders bei Gestaltungen, die zu einer strukturell unzureichenden Finanzausstattung führen, vgl. dazu BVerwG-Urteil vom 16. Juni 2015 10 C 13/14, DVBl 2015, 1249) musste der Gesetzgeber bei dem Ausschluss des Klagerechtes der Gemeinde als Abgabenberechtigte nicht berücksichtigen. Er durfte vielmehr bei der Regelung der hier betroffenen Massenvorgänge des Wirtschaftslebens in Form der Gestaltung der Gewerbesteuerfestsetzung und deren Überprüfung im Rechtsschutzverfahren in der Weise typisieren, dass dem Vertrauensschutz des Steuerpflichtigen Vorrang vor dem Interesse an sachlicher Überprüfung durch den Abgabenberechtigten eingeräumt wird (vgl. zur Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers bei der Gewerbesteuer z.B. BVerfG-Beschluss vom 15. Januar 2008 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 m.w.N.). Ein unangemessenes Verhältnis des angestrebten Ziels zum eingesetzten Mittel offenbart sich ebenfalls nicht (vgl. zur Berechtigung zur Einschränkung der gemeindlichen Selbstverwaltung bei Vorgaben zur Ausgestaltung der Gewerbesteuer BVerfG-Beschluss in BVerfGE 125, 141).
93
Dementsprechend hat neben dem BFH auch die Rechtsprechung der Finanzgerichte (vgl. z.B. FG Berlin, Beschluss vom 22. Dezember 2000 6 B 6433/00, juris; FG Berlin, Beschluss vom 21. Februar 2000 6 B 6488/99, EFG 2000, 634; FG München, Beschluss vom 6. Februar 1996 7 V 2924/95, EFG 1996, 714; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Juli 1999 3 K 242/95, EFG 2000, 89; FG München, Urteil vom 20. September 1999 7 K 2012/97, EFG 2000, 28) § 40 Abs. 3 FGO durchgängig als eine abschließende Spezialregelung verstanden. Die Finanzverwaltung folgt der Rechtsprechung des BFH ebenfalls (vgl. z.B. LfSt Bayern vom 19. Januar 2012 S 0130.2.1-76/1 St 42, DStR 2012, 524).
94
Auch wenn § 40 Abs. 3 FGO in Verfahren nach der Verwaltungsgerichtsordnung keine unmittelbare Anwendung finden kann (vgl. dazu BVerwG-Urteil vom 15. Juni 2011
95
9 C 4/10, BVerwGE 140, 34 unter II.1.), geht auch die Verwaltungsgerichtsbarkeit davon aus, § 40 Abs. 3 FGO schließe grundsätzlich eine Klage gegen einen fehlerhaften Messbescheid außerhalb des in § 40 Abs. 3 FGO umschriebenen Bereichs aus (vgl. z.B. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29. März 2010 2 S 939/08, KStZ 2011, 33; in BVerwG 140, 34; BVerwG-Urteil vom 27. Januar 1995 8 C 30/92, BStBl II 1995, 522 mit umfangreicher Darlegung der Gesetzgebungsgeschichte zur Einführung der Teilnahmerechte nach § 21 Abs. 3 FVG zum Ausgleich der Abschaffung der Rechtsmittelbefugnis der Gemeinden gegen Steuermessbescheide der Finanzämter). Das BVerwG betont, eine eigene Entscheidung über die Besteuerungsgrundlagen stehe der Gemeinde nicht zu (BVerwG-Beschluss vom 12. August 2014 9 B 23/14, HFR 2014, 1117). Letztlich geht auch die Ziviljustiz davon aus, dass die Festsetzung der Steuermessbeträge und die nachfolgende Steuerfestsetzung das gleichsinnige Zusammenwirken der Landesverwaltung und der Gemeinden bei der Erfüllung einer ihnen gemeinsam übertragenen öffentlichen Aufgabe darstelle (vgl. BGH-Beschluss vom 25. September 2003 III ZR 362/02, NVwZ 2004, 127).
96
Die einschlägige Kommentarliteratur zur FGO (vgl. z.B. Dumke in Schwarz, FGO, § 40 Rdnr. 64; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 40 FGO Rdnr. 97; Braun in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 40 FGO Rdnr. 271; Levedag in Gräber, FGO, § 40 Rdnr. 140; Bartone in Kühn/von Wedelstädt, AO/FGO, § 40 FGO Rdnr. 18) und auch die Kommentare zur AO oder zum GewStG folgen der Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, § 1 Rdnr. 48; Hofmeister in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 14 GewStG Rdnr. 39; Fritsch in Koenig, AO, § 184 Rdnr. 34; Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 184 AO Rdnr. 98 ff.; Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 184 AO Rdnr. 21) ganz überwiegend. Auch in der übrigen Literatur hat die Rechtsprechung des BFH Zustimmung erfahren, auch wenn gelegentlich ein Bedürfnis für eine Gesetzesänderung zu Gunsten der Gemeinden als berechtigt angesehen wird (vgl. z.B. Mohl, Stähler, Beteiligung der Städte im gewerbesteuerlichen Messbetragsverfahren?, KStZ 2000, 129; Carl, Rechtsschutz der Gemeinden gegen Steuermessbescheide der Finanzverwaltung, ZKF 1992, 199; Hofmeister in Anm. zu BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2001, HFR 2002, 121).
97
Der Senat erkennt keine durchgreifenden Argumente, die eine Abweichung von dieser ganz herrschenden Meinung und ständigen und einheitlichen Rechtsprechung im Streitfall überzeugend begründen könnten.
98
Soweit in der Literatur – außerhalb rechtspolitischer Überlegungen zur Veränderung des geltenden Rechts – Gedankenansätze zur möglichen Einräumung eines Klagerechtes der Gemeinden verfolgt werden, führen diese ganz überwiegend in einem Fall wie dem vorliegenden entweder nicht zu Lösungen im Sinne der Klägerin oder sind bei genauerer Betrachtung nicht praxistauglich.
99
Die kritische Literatur (vgl. z.B. die Darstellung bei Braun in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 40 FGO Rdnr. 284 ff.; von Beckerath in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 40 Abs. 3 FGO Rdnr. 247 ff.), die sich für die Einräumung eines Klagerechtes der Gemeinden gegen Gewerbesteuermessbescheide einsetzt, versucht in unterschiedlicher Weise die dadurch ausgelösten Rechtsprobleme, wie z.B. die schlüssige Begründung für die Zulässigkeit des Insichprozesses oder die Zurückdrängung des Vertrauensschutzes für die Steuerpflichtigen als originär Betroffene, zu bewältigen.
100
Soweit der Gewerbesteuermessbescheid auch als Verwaltungsakt mit Drittwirkung gegenüber der Gemeinde angesehen wird (vgl. die Nachweise bei Braun a.a.O. unter Rdnr. 286 und bei von Beckerath a.a.O. unter Rdnr. 249), vermag der Senat diesem Ansatz schon deshalb nicht zu folgen, weil zwischen Finanzamt und Gemeinde kein Über- und Unterordnungsverhältnis besteht (vgl. dazu z.B. BFH, BStBl II 1976, 426 VGH Baden-Württemberg a.a.O.; Braun a.a.O. Rdnr. 286 m.w.N.).
101
Ein anderer Teil der Literatur versucht einen Ausgleich zwischen den Interessen der Gemeinden und dem Rechtsschutz- und Vertrauensschutzinteresse der Steuerpflichtigen dadurch herzustellen, dass der Gemeinde lediglich ein Recht auf Erhebung einer Feststellungsklage im Sinne des § 41 FGO (vgl. dazu Söhn, Klagerecht der Gemeinden im Steuermessverfahren, StuW 1993, 354 m.w.N.; Prahl, Wider die Rechtschutzlosigkeit der Kommunen im Steuermessverfahren, KStZ 2001, 181 m.w.N.) oder einer „Anfechtungsklage“, die eine Änderung des Messbescheides aber nur dann auslösen könne, wenn die Finanzbehörde auch von sich aus zu dieser Aufhebung oder Änderung in der Lage wäre, also noch keine Bestandskraft eingetreten ist oder eine Änderungsvorschrift eingreift (von Beckerath in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 40 FGO Rdnr. 251 m.w.N.), eingeräumt wird.
102
Eine abschließende Auseinandersetzung mit diesen gedanklichen Ansätzen ist im Streitfall entbehrlich, da eine Feststellungsklage der Klägerin nicht weiterhelfen würde und eine im dargestellten Sinne begrenzte Anfechtungsklage im Hinblick auf die zuvor eingetretene Bestandskraft der angefochtenen Bescheide gegenüber der KG ebenfalls nicht zielführend wäre.
103
Die hier streitbefangenen Gewerbesteuermessbescheide wie auch die Bescheide über die Feststellung der vortragsfähigen Gewerbeverluste sind mit Ablauf der einmonatigen Rechtsbehelfsfrist gegen die Änderungsbescheide vom 17. August 2011 endgültig bestandskräftig geworden. Außerdem ist Festsetzungsverjährung eingetreten. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in dem Beschluss des erkennenden Senats vom 12. Oktober 2012 im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (EFG 2013, 237) verwiesen. Abweichungen bei der Feststellungsverjährung ergeben sich nach der einschlägigen Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 11. Februar 2015 I R 5/13, BFH/NV 2015, 1191) nicht.
104
Der Einspruch der Klägerin erst aus dem April 2012 könnte daher auch nach diesen – vom Senat nicht geteilten – Auffassungen keinen Erfolg haben, da einer Änderung der gegenüber der Steuerpflichtigen ergangenen Bescheide die Bestandskraft und die Festsetzungsverjährung entgegenstünde.
105
Ein weiterer Ansatz in der Literatur beruht auf dem Gedanken, dass die der Gemeinde in § 21 Abs. 3 FVG zugewiesenen Mitwirkungsrechte ggf. durch Eröffnung der Klagebefugnis durchsetzbar ausgestaltet werden müssten (vgl. Schick in Festschrift Wacke, Seite 265 ff., 274/275). Auch insoweit erübrigt sich eine abschließende Auseinandersetzung, da im Streitfall keine Mitwirkungsrechte der Klägerin verletzt worden sind.
106
Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf Teilnahme an der Außenprüfung, da die Außenprüfung bei der Geschäftsleitungsbetriebsstätte der KG in einer anderen Gemeinde stattgefunden hat (vgl. dazu § 21 Abs. 3 Satz 2 FVG; vgl. auch Schmieszek in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 21 FVG Rdnr. 17 bis 18).
107
Die Klägerin ist auch unstreitig vor Abschluss der Rechtsbehelfsverfahren von der Landesfinanzverwaltung im Rahmen einer Kurzmitteilung über die anhängigen Rechtsbehelfe informiert worden (vgl. dazu auch den Vortrag in der Antragsschrift im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes). In der Besprechung vom 6. September 2011 im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen die Zerlegungsbescheide sind ihr die Hintergründe der Erledigung der Einspruchsverfahren der KG unter Gewährung von Akteneinsicht erläutert worden. Dass unmittelbar weitere Information verlangt worden wäre, ist nicht behauptet.
108
Unabhängig davon gibt § 21 FVG im Übrigen den Gemeinden auch nur ein Recht auf Information. Es besteht keine anlasslose Verpflichtung der Finanzbehörden zur Information der Gemeinden. Eine solche Verpflichtung wäre auch in Streitfällen mit nur mittelbarer Einwirkung auf die Gewerbesteuer (vgl. § 35b GewStG) oder mit vielen betroffenen Gemeinden praktisch nicht umsetzbar.
109
Letztlich stützt sich daher die Klägerin aus nachvollziehbaren Gründen auch ganz wesentlich auf die Ausführungen von Soell (Überlegungen zur gerichtlichen Geltendmachung kommunaler Realsteueransprüche, BayVBl 1980, 73), wonach im Kern eine verfassungskonforme Einschränkung des § 40 Abs. 3 FGO für die Fälle gefordert wird, in denen gesetzeswidrige Realsteuermessbescheide so gravierende Auswirkungen auf das gesamte Steueraufkommen der betroffenen Gemeinde haben, dass eine angemessene Finanzausstattung nicht mehr vorliegt und damit in den Kernbereich der Selbstverwaltungsrechtes (Art. 28 Abs. 2 GG) durch rechtswidrige Verwaltungsmaßnahmen eingegriffen wird (vgl. Soell a.a.O.).
110
Gegen diesen Ansatz spricht – wie oben bereits teilweise ausgeführt – schon die dann eintretende Notwendigkeit im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit einer Klage im Hinblick auf die Klagebefugnis (§ 40 Abs. 2 und 3 FGO) eine inhaltliche Prüfung hinsichtlich des behaupteten Eingriffs in die Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG durchzuführen (vgl. dazu Braun a.a.O. Rdnr. 285).
111
Weiterhin würde der Vertrauensschutz der Steuerpflichtigen von vollkommen zufälligen Auswirkungen der Messbetragsfestsetzungen auf einzelne Gemeinden oder durch Kumulation im Rahmen von Außenprüfungen abhängig gemacht. Die für den Rechtsfrieden unverzichtbaren Regelungen zur Bestandskraft und zur Verjährung würden in unerträglicher Weise durchbrochen.
112
Die von Soell anhand der aus seiner Sicht möglicherweise fehlerhaften Anerkennung von Kurkliniken als Krankenhäuser wohl im Hinblick auf einzelne betroffene Gemeinden entwickelte Theorie hält aber auch ganz generell der Überprüfung unter Berücksichtigung mehrerer betroffener Veranlagungszeiträume und einer möglicherweise großen Anzahl betroffener Gemeinden nicht stand.
113
Dies zeigt der Streitfall deutlich. Im hier zu entscheidenden Verfahren ergibt sich die erhebliche finanzielle Auswirkung auf den Gemeindehaushalt der Klägerin aus dem Zusammenwirken mehrerer Komponenten. Die Ergebnisse von Außenprüfungen über mehrere Jahre (hier: 6 Jahre) verstärken sich durch die Dauer eines komplexen Rechtsbehelfsverfahrens und die dadurch ausgelösten Zinsen (vgl. § 233a AO). Erst die dadurch kumulierte Auswirkung führt zu einer erheblichen Höhe der Steuerrückzahlung zuzüglich Zinsen (ca. 25 % des Jahresetats der Klägerin).
114
Wäre Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich der streitbefangenen Gewerbesteuermessbescheide gewährt worden, hätte die Klägerin die streitigen Gewerbesteuern nicht erheben können. Auch wären die Zinsen nicht angefallen. Wären die Rechtsbehelfsverfahren schneller abgewickelt worden, wären zumindest weniger Zinsen angefallen. Wären die Festsetzungen sukzessive, also auf mehrere Jahre verteilt, erfolgt, hätte sich auch nach dem Vorbringen der Klägerin für kein Jahr eine in ihrer Höhe (verfassungs-) relevante Steuerauswirkung auf den Gemeindehaushalt der Klägerin ergeben.
115
Dies wirft für den Streitfall weitere Fragen auf. Beträfe in diesem Fall die ausnahmsweise eröffnete Klagebefugnis der Gemeinde alle 6 Streitjahre oder müssten einzelne Jahre, wegen der betragsmäßig mangelnden Relevanz oder weil es sich z.B. um die ersten betroffenen Jahre handelt, ausgeschieden werden? Müsste, könnte oder dürfte der Beklagte oder der erkennende Senat die Verfahren für die einzelnen Streitjahre trennen? Führte eine solche Trennung dann zur Unzulässigkeit aller Klagen?
116
Im Streitfall sind außerdem (nur) 5 bis 7 Gemeinden an der Zerlegung der Gewerbesteuermessbeträge beteiligt. Der auf die Klägerin entfallende Anteil liegt mit ca. 40 % relativ hoch. Trotzdem wirft der Fall unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich nur die Klägerin gegen die geänderten Gewerbesteuermessbescheide wendet, die grundlegende Frage auf, ob insbesondere kleine und kleinste Gemeinden wegen der besonderen Auswirkungen veränderter Gewerbesteuermessbeträge auf den jeweiligen kommunalen Haushalt die Möglichkeit der Klage entgegen der gesetzgeberischen Grundentscheidung in § 40 Abs. 3 FGO erhalten sollen, während Gemeinden mit großem Steueraufkommen regelmäßig von der Rechtsbehelfsbefugnis ausgeschlossen bleiben? Wäre dies mit Art. 3 GG vereinbar? Welche Auswirkungen könnte dies auf die Ansiedlungsentscheidungen von Unternehmen haben?
117
Zur Verdeutlichung der Problematik verweist der Senat auf das zugegebenermaßen extreme Verfahren vor dem 2. Senat des Finanzgerichts Köln, in dem bei der Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrages alle über 14.000 deutschen Gemeinden beizuladen waren (vgl. FG-Köln, Urteil vom 27. November 2006 2 K 6440/03, EFG 2007, 372).
118
Die aufgeworfenen Fragen bestätigen die Richtigkeit der gesetzgeberischen Grundentscheidung, der ständigen Rechtsprechung des BFH und der ihm folgenden herrschenden Meinung, wonach mit Ausnahme der in § 40 Abs. 3 FGO konkret umschriebenen Fälle der offenen Interessenkollision, Insichprozesse der bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen, der Festsetzung und Erhebung der Steuern arbeitsteilig agierenden verschiedenen Ertragsberechtigten ausgeschlossen sind.
119
Unter Berücksichtigung der angeschnittenen Probleme sieht der Senat, insoweit in völliger Übereinstimmung mit Seer (a.a.O., § 40 FGO Rdnr. 99), keine Gründe an der Verfassungsmäßigkeit § 40 Abs. 3 FGO zu zweifeln. Für ein Klagerecht der Gemeinden besteht kein Bedürfnis.
120
Die Finanzämter erfüllen ihre ihnen durch § 85 AO gestellte Aufgabe regelmäßig gegenüber den Gemeinden (als Steuerberechtigten) in gleicher Weise wie gegenüber dem Bund und den Ländern (als Steuerberechtigten). Dies gilt im vorliegenden Fall schon deshalb, weil auch die anderen steuerberechtigten Körperschaften wegen der gravierenden Auswirkungen der den Herabsetzungen der Gewerbesteuermessbescheide zu Grunde liegenden Gewinnminderungen ebenfalls bedeutsame Steuerminderungen bei den Ihnen zustehenden Ertragsteuern hinnehmen mussten.
121
Hätten die steuerberechtigten Körperschaften Veranlassung, der Arbeit der Finanzämter zu misstrauen, so müssten konsequenterweise auch Bund und Länder das Recht erhalten, von ihnen für (objektiv willkürlich) rechtswidrig gehaltene Bescheide der Finanzämter anzufechten. Zutreffend verweist Seer (a.a.O.) darauf, dass dies wohl eine ziemlich absurde Idee sei. Dem hat der Senat nichts hinzuzufügen.
122
In Anbetracht der Unzulässigkeit der Klage war eine Beiladung der Steuerpflichtigen nach § 60 Abs. 3 FGO nicht geboten (vgl. zur Problematik BFH, BStBl II 2002, 91 unter III.).
123
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
124
Die Revision ist im Streitfall nicht zuzulassen. Der Senat befindet sich in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des BFH, der Finanz- und Verwaltungsgerichte und der ganz herrschenden Auffassung in der Literatur. Das BVerfG hat sich bereits im Jahr 1976 zu der hier streitbefangenen Regelung in § 40 Abs. 3 FGO geäußert.
125
Der Senat verkennt dabei nicht die gravierenden Auswirkungen der im Jahr 2011 vorgenommenen Herabsetzungen der Gewerbesteuermessbeträge der KG auf den Haushalt der Klägerin. Aber selbst wenn dies materiell-rechtlich fehlerhaft gewesen sein sollte, könnte dies die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen (vgl. § 115 Abs. 2 FGO). Entscheidend ist vielmehr, dass die zu Grunde liegende Rechtsfrage durch den BFH, dem der erkennende Senat mit der vorliegenden Entscheidung folgt, bereits geklärt ist.