02.12.2016 · IWW-Abrufnummer 190309
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 30.08.2016 – 2 K 218/15
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg
Urt. v. 30.08.2016
Az.: 2 K 218/15
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Berücksichtigung beruflich bedingter Fahrtkosten als Werbungskosten.
Der Kläger ist seit dem ... 2010 für den Gesamthafenbetrieb Hamburg als sogenannter Gesamthafenarbeiter im Bereich der Logistik tätig.
Grundlage ist ein Arbeitsvertrag vom ... 2010 ("Einstellungsvertrag Logistik"). Danach übernimmt der Gesamthafenbetrieb gegenüber dem Kläger insoweit die Funktion eines Arbeitgebers, als diese nicht von den Logistikbetrieben auszuüben ist (Nr. 02 des Vertrags). Der Kläger hat sich nach näherer Bestimmung der Gesamthafenbetriebs-Gesellschaft (GHBG) zur Arbeitseinteilung an den dafür vorgesehenen Stellen einzufinden; er hat nach Maßgabe der vorhandenen Beschäftigungsmöglichkeiten Anspruch auf Einteilung zur Logistikarbeit (Nr. 03 des Vertrags). Nach Nr. 03 des Vertrags gehört der Kläger während der Arbeit bei den Logistikbetrieben mit allen Rechten und Pflichten auch zur Belegschaft des jeweiligen Logistikbetriebs. Die Auszahlung des Lohnes erfolgt durch die GHBG (Nr. 05 des Vertrags).
Der Gesamthafenbetrieb Hamburg ist durch Vereinbarung über die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter in Hamburg vom 9. Februar 1951 zwischen der Arbeitsgemeinschaft Hamburger Hafen-Fachvereine und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr auf der Grundlage des Gesetzes über die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter (Gesamthafenbetrieb) vom 3. August 1950 (BGBl. I 1950, S. 352) gegründet worden. Nach seiner Satzung gehören die Gesamthafenarbeiter während der Arbeit bei den Hafeneinzelbetrieben mit allen Rechten und Pflichten auch zu deren Belegschaft (§ 8 Abs. 2). Der Lohnanspruch der Gesamthafenarbeiter richtet sich gemäß § 12 Abs. 1 der Satzung gegen den Hafeneinzelbetrieb, bei dem sie beschäftigt waren. Die GHBG übernimmt im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Hafeneinzelbetriebs die Ausfallbürgschaft für den Lohnanspruch der von ihr dem Hafeneinzelbetrieb zugeteilten Gesamthafenarbeiter (§ 12 Abs. 2 der Satzung). Die Auszahlung des Lohnes für die Gesamthafenarbeiter erfolgt durch die GHBG (§ 14 Abs. 1 der Satzung). Die Hafeneinzelbetriebe haben dafür jeweils ein Konto bei der GHBG zu führen, auf dem ein ausreichendes Guthaben zur Abdeckung der durch die Beschäftigung der Gesamthafenarbeiter entstehenden Kosten zu unterhalten ist (§ 15 Abs. 2 der Satzung).
Die Tätigkeit der Gesamthafenarbeiter ist im Drei-Schicht-System organisiert. Die Schichtzeiten werden von der GHBG vorgegeben und orientieren sich an den Zeiten der Hafenbetriebe. Die Einteilung zur Arbeit erfolgt grundsätzlich täglich, wobei die Gesamthafenarbeiter am Vortag ab 14.00 Uhr bei den Einteilern der GHBG anzurufen haben, die ihnen ihren Einsatzbetrieb und die Schichtzeit mitteilen. Wenn eine Arbeitseinteilung mangels Nachfrage nicht möglich ist, müssen sich die Gesamthafenarbeiter zur kurzfristigen Einteilung bereithalten ("Stand By"), wobei dies auch zu Hause erfolgen kann, wenn ein rechtzeitiges Erreichen des Einsatzbetriebs gewährleistet ist. Sofern keine Vermittlung erfolgten kann, sind die Gesamthafenarbeiter nicht verpflichtet, sich in den Geschäftsräumen des GHBG aufzuhalten.
Es kommt auch vor, dass Gesamthafenarbeiter von der GHBG längerfristig, für Wochen, Monate oder sogar Jahre zur Arbeit bei einem Hafenbetrieb eingeteilt werden, wenn dort ein entsprechender Bedarf besteht (sogenannte Betriebsgruppe). Dies erfolgt in Abstimmung mit dem Mitarbeiter und dem anfordernden Betrieb.
Der Kläger war im Streitjahr 2014 nach arbeitstäglicher Zuteilung durch die GHBG bei insgesamt fünf verschiedenen Hafeneinzelbetrieben tätig ... . Er ist zu diesen Betrieben, die im Gebiet des Hamburger Hafens ansässig sind und dort über ein eigenes Betriebsgelände verfügen, jeweils von seiner Wohnung aus mit dem Pkw gefahren.
In seiner Einkommensteuererklärung 2014 machte der Kläger Fahrtkosten auf der Grundlage einer Einsatzwechseltätigkeit in Höhe von insgesamt ... € geltend.
Mit Einkommensteuerbescheid 2014 vom 22. Mai 2015 setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf ... € fest. Dabei berücksichtigte er die vom Kläger geltend gemachten Fahrtkosten in Höhe von insgesamt ... €. Der Beklagte ging dabei davon aus, dass der Kläger als Hafenarbeiter gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet beschäftigt sei und deshalb für die Fahrten von der Wohnung zum nächstgelegenen Zugang zum Tätigkeitsgebiet (V-Straße) und auch innerhalb des Tätigkeitsgebiet die Entfernungspauschale von 0,30 € pro Kilometer anzuwenden sei.
Der Kläger legte dagegen am 2. Juni 2015 Einspruch ein. Er arbeite nicht in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet, sondern jeweils bei verschiedenen Arbeitgebern in deren ortsfesten Einrichtungen.
Mit Schreiben vom 4. Juni 2015 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass dem Antrag zum Teil entsprochen werden könne. Für alle Fahrten innerhalb des weiträumigen Tätigkeitsgebiets könnten die Reisekostengrundsätze angewendet werden. Dies sei im angegriffenen Bescheid nicht berücksichtigt worden. In der Gesamtsumme könnten Fahrtkosten in Höhe von insgesamt ... € als Werbungskosten angesetzt werden.
Mit Änderungsbescheid vom 18. Juni 2015 setzte der Beklagte daraufhin die Einkommensteuer 2014 auf ... € fest. Der Kläger legte am 30. Juli 2015 auch gegen diesen Bescheid Einspruch ein und begehrte weiterhin die Berücksichtigung von Fahrtkosten in Höhe von ... €.
Mit Entscheidung vom 15. September 2015 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
Der Kläger hat am 14. Oktober 2015 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass er als Gesamthafenarbeiter bei der GHBG als Leiharbeiter tätig sei. Dabei werde er an ständig wechselnden auswärtigen Tätigkeitsstätten eingesetzt. Er, der Kläger, erfahre seine Einsatzorte oft sehr kurzfristig. Er arbeite nicht in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet, sondern an verschiedenen, gegebenenfalls sogar ständig wechselnden Tätigkeitstätten. In der Vergangenheit sei es auch vorgekommen, dass Gesamthafenarbeiter außerhalb des Hafengebiets eingesetzt worden seien. Er, der Kläger, habe im Streitjahr unterschiedliche Tätigkeiten im Bereich der Logistik auf dem jeweiligen Betriebsgelände der Hafeneinzelbetriebe vorgenommen. Er habe nicht stets den Zugang zum Hafen über den kürzesten Weg gewählt, sondern habe je nach Arbeitseinsatz vereinzelt auch andere Zugänge genutzt, beispielsweise um Staus zu umfahren. Dies könne er aber nicht näher darlegen.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 2014 vom 18. Juni 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. September 2015 dergestalt zu ändern, dass Fahrtkosten in Höhe von insgesamt ... € berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass zwar eine erste Tätigkeitsstätte des Klägers im Sinne von § 9 Abs. 4 EStG verneint werden müsse, der Kläger allerdings vorgetragen habe, dass die Tätigkeiten weiträumige Gebiete im Bereich des Hafens beträfen. Es liege somit ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG vor. Die Tätigkeiten des Klägers lägen typischerweise und arbeitstäglich im Hamburger Hafen. Dem Gesamthafenbetrieb dürften nur Betriebe angehören, in denen Hafenarbeit geleistet werde. Beim Hamburger Hafen handele es sich um eine zwar größere, aber gleichwohl abgrenzbare Fläche, innerhalb derer der Arbeitnehmer tätig werden solle. Dem Kläger stehe gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 a Satz 3 EStG in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG die Entfernungspauschale für die Strecke zwischen Wohnung und dem zur Wohnung nächstgelegene Zugang zu. Unbeschadet davon dürften die Fahrten innerhalb des Tätigkeitsgebiets mit den tatsächlichen Aufwendungen angesetzt werden. Das objektive Nettoprinzip werde mit diesen beiden Komponenten Entfernungspauschale und tatsächlichen Aufwendungen folgerichtig umgesetzt. Selbst wenn man den Gesamthafenbetrieb als Arbeitgeber ansehe, spiele sich die Vermittlung an die einzelnen Hafenbetriebe in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet ab. Dies habe zur Folge, dass die Fahrten bis zu dessen Grenze mit der Entfernungspauschale abzugelten seien. Hilfsweise sei zu überlegen, ob nicht ein "Sammelpunkt" im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 HS 1 EStG vorliege. In diesem Fall wäre die Entfernungspauschale von der Wohnung bis zum Betrieb anzusetzen. Gleiches gelte auch, wenn die Hafeneinzelbetriebe doch als jeweils erste Arbeitsstätte anzusehen seien.
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung am 30. August 2016 F als Zeugen zur Praxis der Einteilung der Gesamthafenarbeiter durch die GHBG vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Verhandlungsprotokolls Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Rechtsbehelfsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2014 vom 18. Juni 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. September 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat darin zu Recht Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) für Fahrten mit dem Pkw von der Wohnung zu den Tätigkeitsstätten nur mit insgesamt ... € berücksichtigt.
1)
Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 1 EStG sind Werbungskosten auch Aufwendungen des Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Fahrten, die nicht Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne von § 9 Abs. 4 EStG sowie keine Familienheimfahrten sind. Um solche Fahrten handelt es sich vorliegend.
Die streitgegenständlichen Fahrten des Klägers zu seinen Tätigkeitsstätten bei den Hafeneinzelbetrieben ... sind keine Familienheimfahrten (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 5 EStG). Es liegen - unstreitig - keine Fahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung vor. Die Fahrten erfolgten auch nicht zwischen der Wohnung des Klägers und seiner erster Tätigkeitsstätte im Sinne von § 9 Abs. 4 EStG.
a) Erste Tätigkeitsstätte ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist (§ 9 Abs. 4 Satz 1 ESG). Die Zuordnung wird durch die dienst- und arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt (§ 9 Abs. 4 Satz 2 EStG). Von einer dauerhaften Zuordnung ist insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll (§ 9 Abs. 4 Satz 3 EStG). Fehlt eine solche dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte oder ist sie nicht eindeutig, ist erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll (§ 9 Abs. 4 Satz 4 EStG).
b) Daran gemessen liegt im Streitjahr keine erste Tätigkeitsstätte des Klägers vor. Es fehlt an der Dauerhaftigkeit einer Zuordnung zu einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten.
Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem Gesamthafenbetrieb Hamburg weist die Besonderheit auf, dass einerseits der Gesamthafenbetrieb Hamburg sein Arbeitgeber ist, der - vergleichbar mit Leiharbeitsverhältnissen - seine Einsätze bei den Hafeneinzelbetrieben bestimmt (durch die GHBG) und insoweit das Weisungsrecht ausübt. Andererseits kommt es für die Dauer des jeweiligen Einsatzes der Gesamthafenarbeiter im Hafeneinzelbetrieb zu Arbeitsverhältnissen mit dem Hafeneinzelbetrieb, dem der Gesamthafenarbeiter zugeteilt worden ist.
Soweit und solange ein Gesamthafenarbeiter in einem Hafeneinzelbetrieb eingesetzt ist, ist die Arbeitgeberstellung des Gesamthafenbetriebs nur subsidiär. Der Gesamthafenbetrieb übernimmt im Rahmen seiner Aufgaben gegenüber den Gesamthafenarbeitern die Funktionen eines Arbeitgebers nur insoweit wahr, als diese nicht von den Hafeneinzelbetrieben auszuüben sind (Nr. 02 des Einstellungsvertrags). Nach der Anlage des Gesamthafenbetriebsgesetzes und den dieses Gesetz ausfüllenden Bestimmungen der Vereinbarung und der darauf beruhenden Satzung bezweckt die Gesamtregelung, den Gesamthafenarbeitern einen im Verhältnis zu den Hafeneinzelbetrieben zusätzlichen Arbeitgeber zu verschaffen, damit sie auch während der Zeit, in der sie nicht in einem Hafeneinzelbetrieb eingesetzt sind, einen vertraglichen Arbeitgeber haben und nicht arbeitslos sind. Dem Gesamthafenbetrieb und der für ihn handelnden GHBG kommt insoweit eine Auffangfunktion zu, nicht aber die Aufgabe, alleiniger Arbeitgeber anstelle der Hafeneinzelbetriebe zu sein (vgl. BAG-Beschluss vom 25. November 1992 7 ABR 7/92, DB 1993, 2084).
Der Kläger war im Streitjahr keiner ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Gesamthafenbetriebs oder der GHBG zugeordnet. Er sollte auch nicht dort, sondern bei den Hafeneinzelbetrieben tätig werden. Selbst im Fall des "Stand By" und an Tagen, an denen keine Vermittlung möglich ist, besteht keine Verpflichtung zum Aufsuchen der Geschäftsräume des GHBG. Dies folgt aus dem - unstreitigen - Vortrag des Klägers und wurde vom Zeugen Voges, bei der GHBG für die Einteilung der Gesamthafenarbeiter zuständig, in seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung glaubhaft bestätigt. Der Zeuge hat zudem einen glaubwürdigen Eindruck gemacht. Eigene Interessen am Ausgang des Verfahrens sind nicht erkennbar.
Auch soweit der Kläger in den Hafeneinzelbetrieben tätig war, fehlt es an einer dauerhaften Zuordnung zu einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung. Die Tätigkeit der Gesamthafenarbeiter ist dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht - befristet oder unbefristet - zum Stammpersonal eines Hafeneinzelbetriebs gehören, sondern - vergleichbar zu Leiharbeitnehmern - zur Deckung des neben dem Stammpersonal zusätzlichen (Spitzen-)Bedarfs bei den Hafeneinzelbetrieben vorgesehen und zu diesem Zweck sowie zur entsprechenden Einteilung durch die GHBG beim Gesamthafenbetrieb eingestellt sind (§ 6 Abs. 2 der Satzung). Ihr Einsatz ist deshalb nicht auf Dauer angelegt, sondern nur vorübergehend und kann gegebenenfalls sogar arbeitstäglich wechseln (vgl. Nr. 03 Abs. 2 des Einstellungsvertrags). Die Arbeitseinteilung erfolgt täglich im Drei-Schicht-Betrieb, wenn nicht - ausnahmsweise - eine längerfristige Einteilung zu einem Hafeneinzelbetrieb im Rahmen einer sogenannten Betriebsgruppe vorgenommen wird. Dies hat der Kläger - unbestritten - vorgetragen und ist durch die glaubhaften Bekundungen des Zeugen F in der mündlichen Verhandlung bestätigt worden.
Der Kläger ist im Streitjahr 2014 bei fünf verschiedenen Hafeneinzelbetrieben in unterschiedlichen Zeiträumen von einem Tag bis zu 247 (mit Unterbrechungen) Tagen tätig geworden. Dabei ist jeweils arbeitstägliche eine neue Einteilung durch die GHBG vorgenommen worden. Der Kläger war zu keinem Hafeneinzelbetrieb im Rahmen einer sogenannten Betriebsgruppe längerfristig eingeteilt worden. Dies hat der Kläger - unbestritten - vorgetragen. Der Zeuge F hat diesen Vortrag im Rahmen seiner Vernehmung glaubhaft bestätigt und dabei unter anderem bekundet, dass der Hafeneinzelbetrieb A, bei dem der Kläger im Streitjahr an 247 Tagen (mit Unterbrechungen) tätig war, im Jahr 2014 keine Betriebsgruppe unterhalten sondern das Personal täglich bestellt habe. Unabhängig von der Frage, ob der Kläger von den jeweiligen Hafeneinzelbetrieben als dann primäre Arbeitgeber einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung zugeordnet worden ist oder deren Betriebsgelände als weiträumiges Tätigkeitsgebiet anzusehen ist, fehlt es an der Voraussetzung, dass die Zuordnung zu dem Arbeitgeber/Betrieb auf Dauer erfolgt ist.
Nach § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG ist von einer dauerhaften Zuordnung zwar insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll. Damit werden auch befristete Arbeitsverhältnisse als dauerhafte Zuordnung erfasst. Der Begriff der dauerhaften Zuordnung erfordert aber eine Prognoseentscheidung zu Beginn der Zuordnung (vgl. Loschelder in Schmidt, EStG, 35. Aufl. 2016, § 9 Rn. 255), bei der die Arbeitsvertragsparteien von einer gewissen zeitlichen Länge der Betriebszugehörigkeit ausgehen. Auch befristete Arbeitsverhältnisse sind dadurch gekennzeichnet, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Laufzeit des Arbeitsvertrags vereinbaren. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
Der Kläger ist im Streitjahr jeweils täglich von der GHBG bei einem Hafeneinzelbetrieb zur Arbeit eingeteilt worden. Durch die Einteilung ist jeden Tag ein neues Arbeitsverhältnis mit den Hafeneinzelbetrieben entstanden. Dabei konnte der Kläger nicht von länger dauernden Einsätzen ausgehen, sondern musste durch die tägliche Einteilung vielmehr mit täglich wechselnden Arbeitsverhältnissen bei den Hafeneinzelbetrieben rechnen. Auch soweit der Kläger an mehreren Tagen hintereinander bei einem Hafeneinzelbetrieb eingesetzt worden ist, erfolgte dies jeweils arbeitstäglich. Es fehlt im Streitjahr auf Grund der täglichen Einteilung an einer Dauerhaftigkeit der Zuordnung zu einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung, weil schon die Arbeitsverhältnisse bei den Hafeneinzelbetrieben kurzfristig waren. Anders ist dies möglicherweise bei einer sogenannten Betriebsgruppe zu beurteilen, bei der - mit Zustimmung des Gesamthafenarbeiters - eine längere Einteilung zu einzelnen Betrieben erfolgt. Dies kann vorliegend aber dahinstehen, weil der Kläger im Streitjahr keiner Betriebsgruppe angehörte.
Es fehlt damit auch an einer betrieblichen Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft typischerweise arbeitstäglich oder je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll (§ 9 Abs. 4 Satz 4 EStG). Auch diese Tatbestände erfordern eine "dauerhafte" Tätigkeit des Arbeitnehmers im Betrieb, an der es nach den obigen Darlegungen fehlt.
2)
Der Kläger kann - wie erfolgt - gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 2 EStG anstelle der tatsächlichen Aufwendungen den pauschalen höchsten Kilometersatz für Pkw nach dem Bundesreisekostengesetz von 0,30 € geltend machen (§ 5 Abs. 2 des Bundesreisekostengesetzes). Allerdings sind die zu berücksichtigenden Fahrtaufwendungen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG eingeschränkt. Danach gilt die Entfernungspauschale des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG für die Fahrten zwischen der Wohnung des Steuerpflichtigen zum nächstgelegenen Zugang zu einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet, wenn er nach den dienst- und arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie den diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen hat; entsprechendes gilt für denselben Ort (Sammelpunkt) den der Steuerpflichtige dauerhaft typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen hat. Für die Fahrten innerhalb des weiträumigen Tätigkeitsgebiets sind die tatsächlichen Aufwendungen oder - wahlweise - die pauschalen Kilometersätze je gefahrenen Kilometer zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 4 EStG).
a)
Soweit der Kläger im Streitjahr in den Hafeneinzelbetrieben tätig war, fehlt es - unabhängig von der Frage, ob die Hafeneinzelbetriebe über weiträumige Tätigkeitsgebiete und/oder Sammelpunkte verfügten - nach den obigen Darlegungen an einer arbeitsrechtlichen Verpflichtung zum dauerhaften, typischerweise arbeitstäglichen Aufsuchen desselben Ortes. Der Kläger war diesen Betrieben jeweils nur vorübergehend zugewiesen.
b)
Der Kläger stand im Streitjahr aber in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zum Gesamthafenbetrieb. Er war ihm gegenüber arbeitsvertraglich verpflichtet, typischerweise arbeitstäglich Einteilungen zu Hafeneinzelbetrieben nachzukommen, die im Hafengebiet ansässig und tätig sind. Der Kläger ist im Streitjahr auch nur im Gebiet des Hamburger Hafens eingesetzt worden. Der Hafen Hamburg ist als weiträumiges Tätigkeitsgebiet im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Buchst. a Satz 3 EStG anzusehen.
aa)
Der Begriff des weiträumigen Tätigkeitsgebiets wird gesetzlich nicht definiert. In Abgrenzung zur ersten Tätigkeitsstätte im Sinne von § 9 Abs. 4 EStG, die eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers darstellt, ist ausweislich des Wortlauts des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG nicht erforderlich, dass das Tätigkeitsgebiet dem Arbeitgeber als Betriebsgelände zuzuordnen ist. Erforderlich ist nur, dass der Arbeitnehmer nach den dienst- und arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie den diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen dauerhaft dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen hat. Dies erfordert, dass eine Fläche von einer bestimmten (Mindest-) Größe - "weiträumig" - vorliegt, die auf dienst- oder arbeitsrechtlicher Grundlage als typischerweise arbeitstäglicher Tätigkeitsbereich festgelegt wird. Als weiträumiges Tätigkeitsgebiet kommen etwa Häfen, Forstgebiete oder Briefzustellbezirke in Betracht (vgl. BT-Drucks. 17/10774, 13; Loschelder in Schmidt, EStG, 35 Aufl. 2016, § 9 Rn. 204; BMF-Schreiben vom 24. Oktober 2014, BStBl I 2014, 1312, Tz. 41).
bb)
Das Gebiet des Hamburger Hafens wird gesetzlich durch § 2 des Hafenentwicklungsgesetzes vom 25. Januar 1982 (HmbGVBl., S. 19) definiert und wird in Anlagen zum Gesetz auf Karten dargestellt. Nach den für den Kläger geltenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen sollte er im Streitjahr - durch die GHBG arbeitstäglich eingesetzt - in diesem feststehenden Gebiet, wenn auch bei verschiedenen Hafeneinzelbetrieben, tätig werden. Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem Gesamthafenbetrieb überlagert insoweit die durch die Einteilung jeweils entstehenden Arbeitsverhältnisse mit den Hafeneinzelbetrieben, in deren ortsfesten Einrichtungen (Betriebsgelände) der Kläger jeweils tätig war. Der Hamburger Hafen ist der größte Seehafen Deutschlands und weist mit einer Fläche von etwa 74 km2 (www.hamburg.de) eine ausreichende Größe auf, um "weiträumig" zu sein. Der Hamburger Hafen ist auch nicht zu groß um als weiträumiges Tätigkeitsgebiet auszuscheiden. Dies kommt nur dann in Betracht, wenn das Gebiet - wie von § 9 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG gefordert - nicht mehr typischerweise arbeitstäglich aufgesucht werden kann. Dies ist beim Hamburger Hafen bei der Fläche von 74 km2 ersichtlich nicht der Fall, zumal es auch dem Kläger möglich war, den Hafen arbeitstäglich von seiner Wohnung mit dem Pkw aus zu erreichen.
cc)
Der Kläger war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Streitjahr auch nicht typischerweise arbeitsrechtlich verpflichtet, außerhalb des Gebiets des Hamburger Hafens eingesetzt zu werden, so dass sein Einsatzgebiet nicht hinreichend abgegrenzt gewesen sein könnte. Der Zeuge F hat zwar bekundet, dass es in der Vergangenheit in Einzelfällen vorgekommen sei, dass Mitarbeiter an ein Einzelunternehmen vermittelt und dann außerhalb des Hafengebiets eingesetzt worden seien. Dies sei bei einer Stauerei der Fall gewesen, die am Flughafen Hamburg tätig gewesen sei. Diese Tätigkeit sei aber schon etwa drei bis vier Jahre beendet. Ähnlich lange liege eine Zusammenarbeit mit einer Lager- und Importgesellschaft zurück, die Betriebsflächen in H unterhalten habe. Aus diesen glaubhaften Aussagen ergibt sich, dass es in der Vergangenheit zu vereinzelten Einsätzen außerhalb des Hafengebiets gekommen ist, diese Praxis aber schon im Streitjahr beendet war.
dd)
An der Annahme einer Tätigkeit des Klägers in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiets im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG ändert auch Tz. 45 des BMF-Schreibens vom 24. Oktober 2014 (BStBl I 2014, 1312) nichts. Dort wird ausgeführt, dass dann, wenn ein Arbeitnehmer in mehreren ortsfesten Einrichtungen seines Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines Dritten, die innerhalb eines bestimmten Bezirks gelegen sind, beruflich tätig werden soll, er nicht in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet, sondern an verschiedenen Tätigkeitsstätten tätig sei. Der Senat legt diese gesetzesinterpretierende Verwaltungsvorschrift so aus, dass sie hier schon nicht einschlägig ist, weil sie entscheidend darauf abstellt, dass der Arbeitgeber, ein verbundenes Unternehmen oder ein Dritter selbst über mehrere ortsfeste Einrichtungen verfügt, in denen der Arbeitnehmer tätig werden soll. Dies ist nach den obigen Darlegungen weder bei der GHBG noch bei den Hafeneinzelbetrieben der Fall. Im Übrigen ist die Verwaltungsanweisung für das Gericht nicht bindend.
3)
Der Beklagte hat auf dieser Grundlage die als Werbungskosten anzusetzenden Fahrtaufwendungen zutreffend berechnet, indem die Fahrten von der Wohnung des Klägers bis zum nächstgelegenen Hafenzugang (V-Straße) mit der Entfernungspauschale von 0,30 € pro Kilometer (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG) und die Fahrten von dort zu den jeweiligen Hafeneinzelbetrieben mit dem Pauschbetrag von 0,30 € pro gefahren Kilometer (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 2 und 4 EStG, § 5 Abs. 2 des Bundesreisekostengesetzes) angesetzt wurden. Die dabei berücksichtigten Entfernungen sind zutreffend und zwischen den Beteiligten unstreitig.
Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob der Kläger für einzelne Fahrten zu den Hafeneinzelbetrieben über andere Zugänge zum Hafen die gesamten gefahrenen Kilometer geltend machen könnte. Die Gesetzesbegründung geht offenbar davon aus (vgl. BT-Drucks. 17/10774, 13).
Die Finanzverwaltung und Teile des Schrifttums wollen die tatsächlichen Kosten in solchen Fallgestaltungen nur insoweit anerkennen, als sie auf die zusätzlichen Kilometer bei der Benutzung eines entfernteren Zugangs entfallen (vgl. BMF-Schreiben vom 24. Oktober 2014, BStBl I 2014, 1312, Tz. 43; Loschelder in Schmidt, EStG, 35 Aufl. 2016, § 9 Rn. 204; kritisch: Thürmer in Blümich, EStG, § 9 Rn. 316).
Das Gericht kann indes nicht feststellen, welche anderen Zugänge zum Hafen der Kläger wie oft benutzt hat und welche zusätzlich gefahrenen Kilometer dadurch angefallen sind. Der Kläger hat zwar vorgetragen, auch andere Zugänge benutzt zu haben, insbesondere wenn dies auf Grund von Staus günstiger gewesen sei. Auf Befragen des Gerichts hat er aber mitgeteilt, dazu keine näheren Angaben machen zu können.
Mangels greifbarer Anhaltspunkte fehlt es insoweit auch an einer Möglichkeit der Schätzung zusätzlicher Aufwendungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
Rev., Az.: VI R 36/16
Urt. v. 30.08.2016
Az.: 2 K 218/15
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Berücksichtigung beruflich bedingter Fahrtkosten als Werbungskosten.
Der Kläger ist seit dem ... 2010 für den Gesamthafenbetrieb Hamburg als sogenannter Gesamthafenarbeiter im Bereich der Logistik tätig.
Grundlage ist ein Arbeitsvertrag vom ... 2010 ("Einstellungsvertrag Logistik"). Danach übernimmt der Gesamthafenbetrieb gegenüber dem Kläger insoweit die Funktion eines Arbeitgebers, als diese nicht von den Logistikbetrieben auszuüben ist (Nr. 02 des Vertrags). Der Kläger hat sich nach näherer Bestimmung der Gesamthafenbetriebs-Gesellschaft (GHBG) zur Arbeitseinteilung an den dafür vorgesehenen Stellen einzufinden; er hat nach Maßgabe der vorhandenen Beschäftigungsmöglichkeiten Anspruch auf Einteilung zur Logistikarbeit (Nr. 03 des Vertrags). Nach Nr. 03 des Vertrags gehört der Kläger während der Arbeit bei den Logistikbetrieben mit allen Rechten und Pflichten auch zur Belegschaft des jeweiligen Logistikbetriebs. Die Auszahlung des Lohnes erfolgt durch die GHBG (Nr. 05 des Vertrags).
Der Gesamthafenbetrieb Hamburg ist durch Vereinbarung über die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter in Hamburg vom 9. Februar 1951 zwischen der Arbeitsgemeinschaft Hamburger Hafen-Fachvereine und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr auf der Grundlage des Gesetzes über die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter (Gesamthafenbetrieb) vom 3. August 1950 (BGBl. I 1950, S. 352) gegründet worden. Nach seiner Satzung gehören die Gesamthafenarbeiter während der Arbeit bei den Hafeneinzelbetrieben mit allen Rechten und Pflichten auch zu deren Belegschaft (§ 8 Abs. 2). Der Lohnanspruch der Gesamthafenarbeiter richtet sich gemäß § 12 Abs. 1 der Satzung gegen den Hafeneinzelbetrieb, bei dem sie beschäftigt waren. Die GHBG übernimmt im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Hafeneinzelbetriebs die Ausfallbürgschaft für den Lohnanspruch der von ihr dem Hafeneinzelbetrieb zugeteilten Gesamthafenarbeiter (§ 12 Abs. 2 der Satzung). Die Auszahlung des Lohnes für die Gesamthafenarbeiter erfolgt durch die GHBG (§ 14 Abs. 1 der Satzung). Die Hafeneinzelbetriebe haben dafür jeweils ein Konto bei der GHBG zu führen, auf dem ein ausreichendes Guthaben zur Abdeckung der durch die Beschäftigung der Gesamthafenarbeiter entstehenden Kosten zu unterhalten ist (§ 15 Abs. 2 der Satzung).
Die Tätigkeit der Gesamthafenarbeiter ist im Drei-Schicht-System organisiert. Die Schichtzeiten werden von der GHBG vorgegeben und orientieren sich an den Zeiten der Hafenbetriebe. Die Einteilung zur Arbeit erfolgt grundsätzlich täglich, wobei die Gesamthafenarbeiter am Vortag ab 14.00 Uhr bei den Einteilern der GHBG anzurufen haben, die ihnen ihren Einsatzbetrieb und die Schichtzeit mitteilen. Wenn eine Arbeitseinteilung mangels Nachfrage nicht möglich ist, müssen sich die Gesamthafenarbeiter zur kurzfristigen Einteilung bereithalten ("Stand By"), wobei dies auch zu Hause erfolgen kann, wenn ein rechtzeitiges Erreichen des Einsatzbetriebs gewährleistet ist. Sofern keine Vermittlung erfolgten kann, sind die Gesamthafenarbeiter nicht verpflichtet, sich in den Geschäftsräumen des GHBG aufzuhalten.
Es kommt auch vor, dass Gesamthafenarbeiter von der GHBG längerfristig, für Wochen, Monate oder sogar Jahre zur Arbeit bei einem Hafenbetrieb eingeteilt werden, wenn dort ein entsprechender Bedarf besteht (sogenannte Betriebsgruppe). Dies erfolgt in Abstimmung mit dem Mitarbeiter und dem anfordernden Betrieb.
Der Kläger war im Streitjahr 2014 nach arbeitstäglicher Zuteilung durch die GHBG bei insgesamt fünf verschiedenen Hafeneinzelbetrieben tätig ... . Er ist zu diesen Betrieben, die im Gebiet des Hamburger Hafens ansässig sind und dort über ein eigenes Betriebsgelände verfügen, jeweils von seiner Wohnung aus mit dem Pkw gefahren.
In seiner Einkommensteuererklärung 2014 machte der Kläger Fahrtkosten auf der Grundlage einer Einsatzwechseltätigkeit in Höhe von insgesamt ... € geltend.
Mit Einkommensteuerbescheid 2014 vom 22. Mai 2015 setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf ... € fest. Dabei berücksichtigte er die vom Kläger geltend gemachten Fahrtkosten in Höhe von insgesamt ... €. Der Beklagte ging dabei davon aus, dass der Kläger als Hafenarbeiter gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet beschäftigt sei und deshalb für die Fahrten von der Wohnung zum nächstgelegenen Zugang zum Tätigkeitsgebiet (V-Straße) und auch innerhalb des Tätigkeitsgebiet die Entfernungspauschale von 0,30 € pro Kilometer anzuwenden sei.
Der Kläger legte dagegen am 2. Juni 2015 Einspruch ein. Er arbeite nicht in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet, sondern jeweils bei verschiedenen Arbeitgebern in deren ortsfesten Einrichtungen.
Mit Schreiben vom 4. Juni 2015 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass dem Antrag zum Teil entsprochen werden könne. Für alle Fahrten innerhalb des weiträumigen Tätigkeitsgebiets könnten die Reisekostengrundsätze angewendet werden. Dies sei im angegriffenen Bescheid nicht berücksichtigt worden. In der Gesamtsumme könnten Fahrtkosten in Höhe von insgesamt ... € als Werbungskosten angesetzt werden.
Mit Änderungsbescheid vom 18. Juni 2015 setzte der Beklagte daraufhin die Einkommensteuer 2014 auf ... € fest. Der Kläger legte am 30. Juli 2015 auch gegen diesen Bescheid Einspruch ein und begehrte weiterhin die Berücksichtigung von Fahrtkosten in Höhe von ... €.
Mit Entscheidung vom 15. September 2015 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
Der Kläger hat am 14. Oktober 2015 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass er als Gesamthafenarbeiter bei der GHBG als Leiharbeiter tätig sei. Dabei werde er an ständig wechselnden auswärtigen Tätigkeitsstätten eingesetzt. Er, der Kläger, erfahre seine Einsatzorte oft sehr kurzfristig. Er arbeite nicht in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet, sondern an verschiedenen, gegebenenfalls sogar ständig wechselnden Tätigkeitstätten. In der Vergangenheit sei es auch vorgekommen, dass Gesamthafenarbeiter außerhalb des Hafengebiets eingesetzt worden seien. Er, der Kläger, habe im Streitjahr unterschiedliche Tätigkeiten im Bereich der Logistik auf dem jeweiligen Betriebsgelände der Hafeneinzelbetriebe vorgenommen. Er habe nicht stets den Zugang zum Hafen über den kürzesten Weg gewählt, sondern habe je nach Arbeitseinsatz vereinzelt auch andere Zugänge genutzt, beispielsweise um Staus zu umfahren. Dies könne er aber nicht näher darlegen.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 2014 vom 18. Juni 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. September 2015 dergestalt zu ändern, dass Fahrtkosten in Höhe von insgesamt ... € berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass zwar eine erste Tätigkeitsstätte des Klägers im Sinne von § 9 Abs. 4 EStG verneint werden müsse, der Kläger allerdings vorgetragen habe, dass die Tätigkeiten weiträumige Gebiete im Bereich des Hafens beträfen. Es liege somit ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG vor. Die Tätigkeiten des Klägers lägen typischerweise und arbeitstäglich im Hamburger Hafen. Dem Gesamthafenbetrieb dürften nur Betriebe angehören, in denen Hafenarbeit geleistet werde. Beim Hamburger Hafen handele es sich um eine zwar größere, aber gleichwohl abgrenzbare Fläche, innerhalb derer der Arbeitnehmer tätig werden solle. Dem Kläger stehe gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 a Satz 3 EStG in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG die Entfernungspauschale für die Strecke zwischen Wohnung und dem zur Wohnung nächstgelegene Zugang zu. Unbeschadet davon dürften die Fahrten innerhalb des Tätigkeitsgebiets mit den tatsächlichen Aufwendungen angesetzt werden. Das objektive Nettoprinzip werde mit diesen beiden Komponenten Entfernungspauschale und tatsächlichen Aufwendungen folgerichtig umgesetzt. Selbst wenn man den Gesamthafenbetrieb als Arbeitgeber ansehe, spiele sich die Vermittlung an die einzelnen Hafenbetriebe in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet ab. Dies habe zur Folge, dass die Fahrten bis zu dessen Grenze mit der Entfernungspauschale abzugelten seien. Hilfsweise sei zu überlegen, ob nicht ein "Sammelpunkt" im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 HS 1 EStG vorliege. In diesem Fall wäre die Entfernungspauschale von der Wohnung bis zum Betrieb anzusetzen. Gleiches gelte auch, wenn die Hafeneinzelbetriebe doch als jeweils erste Arbeitsstätte anzusehen seien.
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung am 30. August 2016 F als Zeugen zur Praxis der Einteilung der Gesamthafenarbeiter durch die GHBG vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Verhandlungsprotokolls Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Rechtsbehelfsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2014 vom 18. Juni 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. September 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat darin zu Recht Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) für Fahrten mit dem Pkw von der Wohnung zu den Tätigkeitsstätten nur mit insgesamt ... € berücksichtigt.
1)
Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 1 EStG sind Werbungskosten auch Aufwendungen des Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Fahrten, die nicht Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne von § 9 Abs. 4 EStG sowie keine Familienheimfahrten sind. Um solche Fahrten handelt es sich vorliegend.
Die streitgegenständlichen Fahrten des Klägers zu seinen Tätigkeitsstätten bei den Hafeneinzelbetrieben ... sind keine Familienheimfahrten (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 5 EStG). Es liegen - unstreitig - keine Fahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung vor. Die Fahrten erfolgten auch nicht zwischen der Wohnung des Klägers und seiner erster Tätigkeitsstätte im Sinne von § 9 Abs. 4 EStG.
a) Erste Tätigkeitsstätte ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist (§ 9 Abs. 4 Satz 1 ESG). Die Zuordnung wird durch die dienst- und arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt (§ 9 Abs. 4 Satz 2 EStG). Von einer dauerhaften Zuordnung ist insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll (§ 9 Abs. 4 Satz 3 EStG). Fehlt eine solche dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte oder ist sie nicht eindeutig, ist erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll (§ 9 Abs. 4 Satz 4 EStG).
b) Daran gemessen liegt im Streitjahr keine erste Tätigkeitsstätte des Klägers vor. Es fehlt an der Dauerhaftigkeit einer Zuordnung zu einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten.
Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem Gesamthafenbetrieb Hamburg weist die Besonderheit auf, dass einerseits der Gesamthafenbetrieb Hamburg sein Arbeitgeber ist, der - vergleichbar mit Leiharbeitsverhältnissen - seine Einsätze bei den Hafeneinzelbetrieben bestimmt (durch die GHBG) und insoweit das Weisungsrecht ausübt. Andererseits kommt es für die Dauer des jeweiligen Einsatzes der Gesamthafenarbeiter im Hafeneinzelbetrieb zu Arbeitsverhältnissen mit dem Hafeneinzelbetrieb, dem der Gesamthafenarbeiter zugeteilt worden ist.
Soweit und solange ein Gesamthafenarbeiter in einem Hafeneinzelbetrieb eingesetzt ist, ist die Arbeitgeberstellung des Gesamthafenbetriebs nur subsidiär. Der Gesamthafenbetrieb übernimmt im Rahmen seiner Aufgaben gegenüber den Gesamthafenarbeitern die Funktionen eines Arbeitgebers nur insoweit wahr, als diese nicht von den Hafeneinzelbetrieben auszuüben sind (Nr. 02 des Einstellungsvertrags). Nach der Anlage des Gesamthafenbetriebsgesetzes und den dieses Gesetz ausfüllenden Bestimmungen der Vereinbarung und der darauf beruhenden Satzung bezweckt die Gesamtregelung, den Gesamthafenarbeitern einen im Verhältnis zu den Hafeneinzelbetrieben zusätzlichen Arbeitgeber zu verschaffen, damit sie auch während der Zeit, in der sie nicht in einem Hafeneinzelbetrieb eingesetzt sind, einen vertraglichen Arbeitgeber haben und nicht arbeitslos sind. Dem Gesamthafenbetrieb und der für ihn handelnden GHBG kommt insoweit eine Auffangfunktion zu, nicht aber die Aufgabe, alleiniger Arbeitgeber anstelle der Hafeneinzelbetriebe zu sein (vgl. BAG-Beschluss vom 25. November 1992 7 ABR 7/92, DB 1993, 2084).
Der Kläger war im Streitjahr keiner ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Gesamthafenbetriebs oder der GHBG zugeordnet. Er sollte auch nicht dort, sondern bei den Hafeneinzelbetrieben tätig werden. Selbst im Fall des "Stand By" und an Tagen, an denen keine Vermittlung möglich ist, besteht keine Verpflichtung zum Aufsuchen der Geschäftsräume des GHBG. Dies folgt aus dem - unstreitigen - Vortrag des Klägers und wurde vom Zeugen Voges, bei der GHBG für die Einteilung der Gesamthafenarbeiter zuständig, in seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung glaubhaft bestätigt. Der Zeuge hat zudem einen glaubwürdigen Eindruck gemacht. Eigene Interessen am Ausgang des Verfahrens sind nicht erkennbar.
Auch soweit der Kläger in den Hafeneinzelbetrieben tätig war, fehlt es an einer dauerhaften Zuordnung zu einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung. Die Tätigkeit der Gesamthafenarbeiter ist dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht - befristet oder unbefristet - zum Stammpersonal eines Hafeneinzelbetriebs gehören, sondern - vergleichbar zu Leiharbeitnehmern - zur Deckung des neben dem Stammpersonal zusätzlichen (Spitzen-)Bedarfs bei den Hafeneinzelbetrieben vorgesehen und zu diesem Zweck sowie zur entsprechenden Einteilung durch die GHBG beim Gesamthafenbetrieb eingestellt sind (§ 6 Abs. 2 der Satzung). Ihr Einsatz ist deshalb nicht auf Dauer angelegt, sondern nur vorübergehend und kann gegebenenfalls sogar arbeitstäglich wechseln (vgl. Nr. 03 Abs. 2 des Einstellungsvertrags). Die Arbeitseinteilung erfolgt täglich im Drei-Schicht-Betrieb, wenn nicht - ausnahmsweise - eine längerfristige Einteilung zu einem Hafeneinzelbetrieb im Rahmen einer sogenannten Betriebsgruppe vorgenommen wird. Dies hat der Kläger - unbestritten - vorgetragen und ist durch die glaubhaften Bekundungen des Zeugen F in der mündlichen Verhandlung bestätigt worden.
Der Kläger ist im Streitjahr 2014 bei fünf verschiedenen Hafeneinzelbetrieben in unterschiedlichen Zeiträumen von einem Tag bis zu 247 (mit Unterbrechungen) Tagen tätig geworden. Dabei ist jeweils arbeitstägliche eine neue Einteilung durch die GHBG vorgenommen worden. Der Kläger war zu keinem Hafeneinzelbetrieb im Rahmen einer sogenannten Betriebsgruppe längerfristig eingeteilt worden. Dies hat der Kläger - unbestritten - vorgetragen. Der Zeuge F hat diesen Vortrag im Rahmen seiner Vernehmung glaubhaft bestätigt und dabei unter anderem bekundet, dass der Hafeneinzelbetrieb A, bei dem der Kläger im Streitjahr an 247 Tagen (mit Unterbrechungen) tätig war, im Jahr 2014 keine Betriebsgruppe unterhalten sondern das Personal täglich bestellt habe. Unabhängig von der Frage, ob der Kläger von den jeweiligen Hafeneinzelbetrieben als dann primäre Arbeitgeber einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung zugeordnet worden ist oder deren Betriebsgelände als weiträumiges Tätigkeitsgebiet anzusehen ist, fehlt es an der Voraussetzung, dass die Zuordnung zu dem Arbeitgeber/Betrieb auf Dauer erfolgt ist.
Nach § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG ist von einer dauerhaften Zuordnung zwar insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll. Damit werden auch befristete Arbeitsverhältnisse als dauerhafte Zuordnung erfasst. Der Begriff der dauerhaften Zuordnung erfordert aber eine Prognoseentscheidung zu Beginn der Zuordnung (vgl. Loschelder in Schmidt, EStG, 35. Aufl. 2016, § 9 Rn. 255), bei der die Arbeitsvertragsparteien von einer gewissen zeitlichen Länge der Betriebszugehörigkeit ausgehen. Auch befristete Arbeitsverhältnisse sind dadurch gekennzeichnet, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Laufzeit des Arbeitsvertrags vereinbaren. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
Der Kläger ist im Streitjahr jeweils täglich von der GHBG bei einem Hafeneinzelbetrieb zur Arbeit eingeteilt worden. Durch die Einteilung ist jeden Tag ein neues Arbeitsverhältnis mit den Hafeneinzelbetrieben entstanden. Dabei konnte der Kläger nicht von länger dauernden Einsätzen ausgehen, sondern musste durch die tägliche Einteilung vielmehr mit täglich wechselnden Arbeitsverhältnissen bei den Hafeneinzelbetrieben rechnen. Auch soweit der Kläger an mehreren Tagen hintereinander bei einem Hafeneinzelbetrieb eingesetzt worden ist, erfolgte dies jeweils arbeitstäglich. Es fehlt im Streitjahr auf Grund der täglichen Einteilung an einer Dauerhaftigkeit der Zuordnung zu einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung, weil schon die Arbeitsverhältnisse bei den Hafeneinzelbetrieben kurzfristig waren. Anders ist dies möglicherweise bei einer sogenannten Betriebsgruppe zu beurteilen, bei der - mit Zustimmung des Gesamthafenarbeiters - eine längere Einteilung zu einzelnen Betrieben erfolgt. Dies kann vorliegend aber dahinstehen, weil der Kläger im Streitjahr keiner Betriebsgruppe angehörte.
Es fehlt damit auch an einer betrieblichen Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft typischerweise arbeitstäglich oder je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll (§ 9 Abs. 4 Satz 4 EStG). Auch diese Tatbestände erfordern eine "dauerhafte" Tätigkeit des Arbeitnehmers im Betrieb, an der es nach den obigen Darlegungen fehlt.
2)
Der Kläger kann - wie erfolgt - gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 2 EStG anstelle der tatsächlichen Aufwendungen den pauschalen höchsten Kilometersatz für Pkw nach dem Bundesreisekostengesetz von 0,30 € geltend machen (§ 5 Abs. 2 des Bundesreisekostengesetzes). Allerdings sind die zu berücksichtigenden Fahrtaufwendungen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG eingeschränkt. Danach gilt die Entfernungspauschale des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG für die Fahrten zwischen der Wohnung des Steuerpflichtigen zum nächstgelegenen Zugang zu einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet, wenn er nach den dienst- und arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie den diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen hat; entsprechendes gilt für denselben Ort (Sammelpunkt) den der Steuerpflichtige dauerhaft typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen hat. Für die Fahrten innerhalb des weiträumigen Tätigkeitsgebiets sind die tatsächlichen Aufwendungen oder - wahlweise - die pauschalen Kilometersätze je gefahrenen Kilometer zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 4 EStG).
a)
Soweit der Kläger im Streitjahr in den Hafeneinzelbetrieben tätig war, fehlt es - unabhängig von der Frage, ob die Hafeneinzelbetriebe über weiträumige Tätigkeitsgebiete und/oder Sammelpunkte verfügten - nach den obigen Darlegungen an einer arbeitsrechtlichen Verpflichtung zum dauerhaften, typischerweise arbeitstäglichen Aufsuchen desselben Ortes. Der Kläger war diesen Betrieben jeweils nur vorübergehend zugewiesen.
b)
Der Kläger stand im Streitjahr aber in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zum Gesamthafenbetrieb. Er war ihm gegenüber arbeitsvertraglich verpflichtet, typischerweise arbeitstäglich Einteilungen zu Hafeneinzelbetrieben nachzukommen, die im Hafengebiet ansässig und tätig sind. Der Kläger ist im Streitjahr auch nur im Gebiet des Hamburger Hafens eingesetzt worden. Der Hafen Hamburg ist als weiträumiges Tätigkeitsgebiet im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Buchst. a Satz 3 EStG anzusehen.
aa)
Der Begriff des weiträumigen Tätigkeitsgebiets wird gesetzlich nicht definiert. In Abgrenzung zur ersten Tätigkeitsstätte im Sinne von § 9 Abs. 4 EStG, die eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers darstellt, ist ausweislich des Wortlauts des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG nicht erforderlich, dass das Tätigkeitsgebiet dem Arbeitgeber als Betriebsgelände zuzuordnen ist. Erforderlich ist nur, dass der Arbeitnehmer nach den dienst- und arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie den diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen dauerhaft dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen hat. Dies erfordert, dass eine Fläche von einer bestimmten (Mindest-) Größe - "weiträumig" - vorliegt, die auf dienst- oder arbeitsrechtlicher Grundlage als typischerweise arbeitstäglicher Tätigkeitsbereich festgelegt wird. Als weiträumiges Tätigkeitsgebiet kommen etwa Häfen, Forstgebiete oder Briefzustellbezirke in Betracht (vgl. BT-Drucks. 17/10774, 13; Loschelder in Schmidt, EStG, 35 Aufl. 2016, § 9 Rn. 204; BMF-Schreiben vom 24. Oktober 2014, BStBl I 2014, 1312, Tz. 41).
bb)
Das Gebiet des Hamburger Hafens wird gesetzlich durch § 2 des Hafenentwicklungsgesetzes vom 25. Januar 1982 (HmbGVBl., S. 19) definiert und wird in Anlagen zum Gesetz auf Karten dargestellt. Nach den für den Kläger geltenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen sollte er im Streitjahr - durch die GHBG arbeitstäglich eingesetzt - in diesem feststehenden Gebiet, wenn auch bei verschiedenen Hafeneinzelbetrieben, tätig werden. Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem Gesamthafenbetrieb überlagert insoweit die durch die Einteilung jeweils entstehenden Arbeitsverhältnisse mit den Hafeneinzelbetrieben, in deren ortsfesten Einrichtungen (Betriebsgelände) der Kläger jeweils tätig war. Der Hamburger Hafen ist der größte Seehafen Deutschlands und weist mit einer Fläche von etwa 74 km2 (www.hamburg.de) eine ausreichende Größe auf, um "weiträumig" zu sein. Der Hamburger Hafen ist auch nicht zu groß um als weiträumiges Tätigkeitsgebiet auszuscheiden. Dies kommt nur dann in Betracht, wenn das Gebiet - wie von § 9 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG gefordert - nicht mehr typischerweise arbeitstäglich aufgesucht werden kann. Dies ist beim Hamburger Hafen bei der Fläche von 74 km2 ersichtlich nicht der Fall, zumal es auch dem Kläger möglich war, den Hafen arbeitstäglich von seiner Wohnung mit dem Pkw aus zu erreichen.
cc)
Der Kläger war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Streitjahr auch nicht typischerweise arbeitsrechtlich verpflichtet, außerhalb des Gebiets des Hamburger Hafens eingesetzt zu werden, so dass sein Einsatzgebiet nicht hinreichend abgegrenzt gewesen sein könnte. Der Zeuge F hat zwar bekundet, dass es in der Vergangenheit in Einzelfällen vorgekommen sei, dass Mitarbeiter an ein Einzelunternehmen vermittelt und dann außerhalb des Hafengebiets eingesetzt worden seien. Dies sei bei einer Stauerei der Fall gewesen, die am Flughafen Hamburg tätig gewesen sei. Diese Tätigkeit sei aber schon etwa drei bis vier Jahre beendet. Ähnlich lange liege eine Zusammenarbeit mit einer Lager- und Importgesellschaft zurück, die Betriebsflächen in H unterhalten habe. Aus diesen glaubhaften Aussagen ergibt sich, dass es in der Vergangenheit zu vereinzelten Einsätzen außerhalb des Hafengebiets gekommen ist, diese Praxis aber schon im Streitjahr beendet war.
dd)
An der Annahme einer Tätigkeit des Klägers in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiets im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG ändert auch Tz. 45 des BMF-Schreibens vom 24. Oktober 2014 (BStBl I 2014, 1312) nichts. Dort wird ausgeführt, dass dann, wenn ein Arbeitnehmer in mehreren ortsfesten Einrichtungen seines Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines Dritten, die innerhalb eines bestimmten Bezirks gelegen sind, beruflich tätig werden soll, er nicht in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet, sondern an verschiedenen Tätigkeitsstätten tätig sei. Der Senat legt diese gesetzesinterpretierende Verwaltungsvorschrift so aus, dass sie hier schon nicht einschlägig ist, weil sie entscheidend darauf abstellt, dass der Arbeitgeber, ein verbundenes Unternehmen oder ein Dritter selbst über mehrere ortsfeste Einrichtungen verfügt, in denen der Arbeitnehmer tätig werden soll. Dies ist nach den obigen Darlegungen weder bei der GHBG noch bei den Hafeneinzelbetrieben der Fall. Im Übrigen ist die Verwaltungsanweisung für das Gericht nicht bindend.
3)
Der Beklagte hat auf dieser Grundlage die als Werbungskosten anzusetzenden Fahrtaufwendungen zutreffend berechnet, indem die Fahrten von der Wohnung des Klägers bis zum nächstgelegenen Hafenzugang (V-Straße) mit der Entfernungspauschale von 0,30 € pro Kilometer (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG) und die Fahrten von dort zu den jeweiligen Hafeneinzelbetrieben mit dem Pauschbetrag von 0,30 € pro gefahren Kilometer (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 2 und 4 EStG, § 5 Abs. 2 des Bundesreisekostengesetzes) angesetzt wurden. Die dabei berücksichtigten Entfernungen sind zutreffend und zwischen den Beteiligten unstreitig.
Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob der Kläger für einzelne Fahrten zu den Hafeneinzelbetrieben über andere Zugänge zum Hafen die gesamten gefahrenen Kilometer geltend machen könnte. Die Gesetzesbegründung geht offenbar davon aus (vgl. BT-Drucks. 17/10774, 13).
Die Finanzverwaltung und Teile des Schrifttums wollen die tatsächlichen Kosten in solchen Fallgestaltungen nur insoweit anerkennen, als sie auf die zusätzlichen Kilometer bei der Benutzung eines entfernteren Zugangs entfallen (vgl. BMF-Schreiben vom 24. Oktober 2014, BStBl I 2014, 1312, Tz. 43; Loschelder in Schmidt, EStG, 35 Aufl. 2016, § 9 Rn. 204; kritisch: Thürmer in Blümich, EStG, § 9 Rn. 316).
Das Gericht kann indes nicht feststellen, welche anderen Zugänge zum Hafen der Kläger wie oft benutzt hat und welche zusätzlich gefahrenen Kilometer dadurch angefallen sind. Der Kläger hat zwar vorgetragen, auch andere Zugänge benutzt zu haben, insbesondere wenn dies auf Grund von Staus günstiger gewesen sei. Auf Befragen des Gerichts hat er aber mitgeteilt, dazu keine näheren Angaben machen zu können.
Mangels greifbarer Anhaltspunkte fehlt es insoweit auch an einer Möglichkeit der Schätzung zusätzlicher Aufwendungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
Rev., Az.: VI R 36/16
RechtsgebietEStGVorschriften§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a S. 3 EStG