25.04.2017 · IWW-Abrufnummer 193463
Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 08.11.2016 – 3 K 218/16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
FG Sachsen
08.11.2016
3 K 218/16
In dem Finanzrechtsstreit
- Kläger -
Prozessbevollmächtigte/r:
gegen
- Beklagter -
wegen Einkommensteuer 2014
hat der 3. Senat unter Mitwirkung XXX, der XXX, der ehrenamtlichen Richter XXX und XXX im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 8. November 2016 für Recht erkannt:
Tenor:
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob die Erstellung eines Schadensgutachtens sowie Ausschachtungsarbeiten am Mauerwerk zur Schadensfeststellung als Handwerkerleistungen nach § 35a Abs. 3 EStG zu berücksichtigen sind.
Die Kläger sind zusammen veranlagte Eheleute. Die Abdichtung des Kellers ihres Einfamilienhauses gegen von außen eindringendes Grund- und Niederschlagswasser war undicht, so dass nahezu der gesamte Kellerbereich von Feuchtigkeitsschäden betroffen war.
In ihrer Einkommensteuererklärung 2014 machten sie als Handwerkerleistungen iSd. § 35a Abs. 3 EStG u.a. Kosten für das Gutachten eines Bausachverständigen (€ 2.967,56), Kosten für eine Suchschachtung am Haus (€ 1.987,30) sowie für den Schornsteinfeger (€ 76,81) geltend.
Den Kosten für den Bausachverständigen liegt eine Rechnung des Bausachverständigenbüros A vom 10. Juli 2014 zugrunde. Diese setzt sich zusammen aus einem Stundenaufwand von € 21,25 und Fremdkosten für Statikerstellung durch das Ingenieurbüro B iHv. € 900,-- (Blatt 13 Rechtsbehelfsakte). Aus der Stundenliste (Blatt 14 Rechtsbehelfsakte) ergibt sich, dass 6,75 Stunden auf Ortstermine entfielen und die restliche Zeit auf die Erstellung des Gutachtens. Die Statikerleistungen bestanden in einer statischen Untersuchung der Außenwände zur Schadensanalyse (Blatt 15 Rechtsbehelfsakte). Das Gutachten (Blatt 4 ff. der Finanzgerichtsakte) sollte zu folgenden Fragen erstellt werden:
Welche Feuchtigkeitsschäden sind an den Wänden vorhanden? Welche Ursachen haben die Feuchtigkeitsbildungen? Welche Maßnahmen sind aus Sicht des Gutachters erforderlich, um die Beanstandungen zu beheben? Wer ist aus Sicht des Gutachters für die vorhandenen Feuchtigkeitsbildungen verantwortlich? Die Kosten des Gutachtens wurden von den Klägern unbar beglichen (Blatt 53 der Finanzgerichtsakte).
Die Kosten für die Suchschachtung iHv. € 1.987,30 wurden den Klägern am 7. Juli 2014 von der Firma C in Rechnung gestellt (Blatt 16 Rechtsbehelfsakte) und von den Klägern unbar bezahlt (Blatt 53 der Finanzgerichtsakte). Die Leistungen bestanden ausweislich der Rechnung im Wesentlichen in einem Erdaushub bis 4 m Tiefe mit Sicherung der Baugrube durch einen Zaun und durch die Installation einer Wasserhaltung gegen eindringendes Regenwasser.
Die Kosten der Suchschachtung und des Gutachtens waren Gegenstand eines Vergleiches des bei dem Landgericht Dresden vom 9. April 2015 (Az. AR 70/14 G). Dort heißt es unter Ziff. 7:
"Die Beklagten zahlen als Gesamtschuldner an die Kläger als Gesamtgläubiger € 4.600,-- als Schadensersatz für die in der Klage geltend gemachten Kosten des Sachverständigen D, zusätzliche Heizkosten, Suchschachtung. In diesem Betrag sind Positionen enthalten, die bislang noch nicht rechtshängig geworden sind.
Die Parteien sind einig, dass mit diesem Vergleichsbetrag sämtliche bislang entstandenen Schadensermittlungskosten und zusätzliche Kosten im Zusammenhang mit den hier streitgegenständlichen Mängeln abgegolten sind".
Mit dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2014 vom 16. September 2015 erkannte der Beklagte - das Finanzamt - lediglich einen Abzugsbetrag von € 31,-- an. Leistungen zur Schadensfeststellung an Gebäuden, für Statikerleistungen sowie für Mess- und Überprüfungsarbeiten für den Schornsteinfeger seien nach dem BMF-Schreiben vom 10. Januar 2014 nicht nach § 35a Abs. 3 EStG begünstigt. Der Einspruch hiergegen blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 25. Januar 2016).
Mit der hiergegen am 16. Februar 2016 erhobenen Klage machen die Kläger geltend, dass die Aufwendungen für das Gutachten und die Suchschachtung nötig gewesen seien, um die weitere Verfahrensweise und die Beauftragung der Handwerker abzustimmen. Es handele sich also bei diesen Kosten um Kosten für "vorbereitende" Annexmaßnahmen für haushaltsnahe Handwerkerleistungen. Der Streitfall sei mit dem Fall des BFH-Urteils vom 6. November 2014 VI R 1/13 vergleichbar.
Die geltend gemachten Kosten seien den Klägern auch nicht erstattet worden. Im Prozess um die Beseitigung der Mängel und Ansprüche wegen erheblichen Bauverzugs seien Ansprüche iHv. € 90.000,-- streitbefangen gewesen. Unter Punkt 7 des am abgeschlossenen Vergleiches sei zwar geregelt, dass eine Zahlung von pauschal € 4.600,-- auch für die Kosten der Suchschachtung und des Gutachters erfolgen sollte, doch umfasse diese Pauchalzahlung sämtliche "Kosten im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Mängeln". Neben den Kosten des Gutachtens und der Suchschachtung hätten im Zivilverfahren weitere Kosten in erheblichem Umfang in Rede gestanden und zwar
Gutachterkosten € 3.000,--
Suchschachtung € 2.000,--
weitere Gutachterkosten € 1.700,--
Trocknungsgerät iHv. € 500,--
Stromkosten/erhöhte Heizkosten € 4.500,--
Mietzahlungen und Darlehenszinsen € 5.500,--
gesamt € 17.200,--.
Allein die Strom- und Heizkosten für die Trocknung der Kellerräume, die immer noch zur Vermeidung von Schimmelbildung anfallen würden, dürften die Zahlung aus dem Vergleich weitgehend aufzehren.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid 2014 vom 16. September 2015 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 25. Januar 2016 dahingehend zu ändern, dass als zusätzliche haushaltsnahe Dienstleistungen/Handwerkerleistungen iSd. § 35a EStG die Kosten für den Gutachter iHv. 2.967,56, für die Suchschachtung iHv. € 1.987,30 und für den Schornsteinfeger iHv. € 76,81 berücksichtigt werden.
Das Finanzamt beantragt,
die Kosten für den Schornsteinfeger iHv. € 76,81 als haushaltsnahe Dienstleistung/Handwerkerleistung zu berücksichtigen und im Übrigen die Klage abzuweisen.
Die Schornsteinfegerleistungen könnten aufgrund des BMF-Schreibens vom 10. November 2015 anerkannt werden. Die steuerliche Auswirkung betrage 16 €.
Gutachtertätigkeiten seien nach dem BMF-Schreiben vom 10. Januar 2014 (BStBl. I 2014, S. 75) nicht begünstigt. Die Tätigkeit eines Gutachters gehöre weder zu den haushaltsnahen Dienstleistungen, noch handele es sich um eine Handwerkerleistung. Auch die Suchschachtung sei in unmittelbarem Zusammenhang mit der Gutachtenserstellung erfolgt, diene zur Schadensfeststellung und sei daher nicht nach § 35a Abs. 3 EStG begünstigt. Eine gesonderte rechtliche Bewertung sei wegen dieses Zusammenhangs nicht möglich.
Aus dem BFH-Urteil vom 6. November 2014 VI R 1/13 ergebe sich nichts anderes. Dort sei über die Überprüfung der Funktionsfähigkeit eines Gerätes oder einer Anlage entschieden worden; hier gehe es aber um die Feststellung eines Schadens. Sowohl die im Rahmen des Gutachtens erforderliche Schachtung als auch das Gutachten selbst seien nicht als regelmäßige Überprüfung und damit auch nicht als regelmäßige Instandhaltungs- oder Erhaltungsmaßnahme anzusehen.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet. Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die dem Gericht vorliegenden Steuerakten und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 90 Abs. 2 FGO).
I. Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Für die Kosten für den Gutachter kommt ein Abzug nicht in Betracht, da es sich weder um eine Handwerkerleistung handelt, noch die Leistung im Haushalt der Steuerpflichtigen erbracht wurde (s. unten 1). Neben den unstreitig zu berücksichtigen Schornsteinfegerkosten können nur die Kosten der Suchschachtung als Handwerkerleistungen iSd. § 35a Abs. 3 EStG berücksichtigt werden. Allerdings ist wegen der Kostenerstattung von dritter Seite ein im Schätzungswege ermittelter Abschlag von 25 vH zu machen (s. unten 2).
Die Kosten sind nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Offensichtlich handelt es sich um Kosten wegen eines Baumangels. Baumängel sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH nicht unüblich und daher keine außergewöhnliche Belastungen (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 10. März 2016 VI R 80/14, BFH/NV 2016, S. 1266).
1. Nach § 35a Abs. 3 EStG ermäßigt sich auf Antrag für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs- Erhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen die tarifliche Einkommensteuer um 20% der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens um € 1.200,--. Die Steuerermäßigung kann nach Abs. 4 der Vorschrift nur in Anspruch genommen werden, wenn die Handwerkerleistung im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht wird.
Handwerkerleistungen sind alle handwerklichen Tätigkeiten, wenn sie zum Kernbereich eines handwerklichen Berufs gehören (vgl. BFH-Urteil vom 6. Mai 2010 VI R 4/09, BStBl. II 2011, S. 909 sowie Krüger in: L. Schmidt, EStG 35. Auflage 2016, Rz. 15). Der Leistungsort befindet sich im Haushalt, wenn die Leistung in dessen räumlichen Bereich erbracht wird. Leistungen außerhalb des Haushaltes sind nicht begünstigt, selbst wenn sie für den Haushalt erbracht werden (vgl. mwN Krüger, aaO, Rz. 21).
Bei den Gutachterkosten handelt es sich - ebenso wie bei den weiterberechneten Kosten des Statikers weder um die Leistung eines Handwerkers, sondern um die eines Bauingenieurs (D ist ausweislich seiner Homepage Bauingenieur; der Statiker ist Diplom-Ingenieur) noch wurde das Gutachten im Haushalt der Steuerpflichtigen erstellt. Letzteres ergibt sich aus der Stundenabrechnung; der Gutachter hat den weit überwiegenden Teil der Leistung außerhalb des Haushaltes mit der Erstellung des Gutachtens erbracht.
Die Gutachterkosten sind auch nicht der (an sich berücksichtigungsfähigen, s. dazu unten) Kosten der Suchschachtung untergeordnet. Umgekehrt diente die Suchschachtung der Feststellung und Begutachtung des Schadens.
2. Die Kosten der Suchschachtung sind dem Grunde nach berücksichtigungsfähig, da es sich um eine Handwerkerleistung handelt (Tiefbau) und die Leistung im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht wurde. Dieser umfasst auch den Garten (vgl. m.w.N. Krüger, aaO, Rz. 21). Die Kosten der Suchschachtung stehen auch nicht in so unmittelbarem Zusammenhang mit den Gutachterkosten, dass deswegen ihre Abzugsfähigkeit ausgeschlossen wäre. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Leistung von einem anderen Unternehmer erbracht und gesondert abgerechnet wurde.
Die dem Grunde nach berücksichtigungsfähigen Kosten sind jedoch insoweit zu kürzen, als die Kläger hierfür später Ersatz bekommen haben. Ebenso wie bei außergewöhnlichen Belastungen (vgl. hierzu z.B. BFH-Urteil vom 30. Juni 1999 III R 8/95) scheidet ein Abzug der Kosten der Handwerkerleistung aus, wenn und soweit die Ausgaben den Steuerpflichtigen nicht endgültig belasten, sondern dieser von dritter Seite einen Ersatz erhält. Unerheblich ist es, wenn dieser Ersatz in einem anderen Veranlagungszeitraum geleistet wird. Der Senat folgt damit dem im BMF-Schreiben vom 10. Januar 2014 (BStBl. I 2014, S. 75) und FG Münster (Urteil vom 6. April 2016 13 K 136/15 E) zu Versicherungsleistungen vertretenen Auffassung.
Die Kläger haben im Vergleichswege im Jahre 2015 einen Teil der Kosten ersetzt bekommen. Da der ausgehandelte Vergleich noch andere Posten als die Kosten der Suchschachtung betraf, ist im Schätzungswege zu ermitteln, welcher Anteil hierauf entfällt. Anhand des Vortrags des Klägers schätzt der Senat, dass 25 % der Kosten der Suchschachtung ersetzt wurden. Die Beteiligten wurden zu den Einzelheiten dieser Schätzung mit Schreiben der Berichterstatterin vom 15. September 2016 gehört. Sie haben hierzu keine Einwendungen erhoben.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1 und Abs. 3 FGO und § 708 Abs. 10, § 711 ZPO.
08.11.2016
3 K 218/16
In dem Finanzrechtsstreit
- Kläger -
Prozessbevollmächtigte/r:
gegen
- Beklagter -
wegen Einkommensteuer 2014
hat der 3. Senat unter Mitwirkung XXX, der XXX, der ehrenamtlichen Richter XXX und XXX im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 8. November 2016 für Recht erkannt:
Tenor:
- Der Einkommensteuerbescheid 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung wird dahingehend geändert, dass zusätzliche Handwerkerleistungen iHv. € 76,81 (Schornsteinfeger) und € 1.490,48 (75 % der Kosten der Suchschachtung) zum Abzug nach § 35a Abs. 3 EStG zugelassen werden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 70 % und der Beklagte zu 30%.
- Die Revision wird zugelassen.
- Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob die Erstellung eines Schadensgutachtens sowie Ausschachtungsarbeiten am Mauerwerk zur Schadensfeststellung als Handwerkerleistungen nach § 35a Abs. 3 EStG zu berücksichtigen sind.
Die Kläger sind zusammen veranlagte Eheleute. Die Abdichtung des Kellers ihres Einfamilienhauses gegen von außen eindringendes Grund- und Niederschlagswasser war undicht, so dass nahezu der gesamte Kellerbereich von Feuchtigkeitsschäden betroffen war.
In ihrer Einkommensteuererklärung 2014 machten sie als Handwerkerleistungen iSd. § 35a Abs. 3 EStG u.a. Kosten für das Gutachten eines Bausachverständigen (€ 2.967,56), Kosten für eine Suchschachtung am Haus (€ 1.987,30) sowie für den Schornsteinfeger (€ 76,81) geltend.
Den Kosten für den Bausachverständigen liegt eine Rechnung des Bausachverständigenbüros A vom 10. Juli 2014 zugrunde. Diese setzt sich zusammen aus einem Stundenaufwand von € 21,25 und Fremdkosten für Statikerstellung durch das Ingenieurbüro B iHv. € 900,-- (Blatt 13 Rechtsbehelfsakte). Aus der Stundenliste (Blatt 14 Rechtsbehelfsakte) ergibt sich, dass 6,75 Stunden auf Ortstermine entfielen und die restliche Zeit auf die Erstellung des Gutachtens. Die Statikerleistungen bestanden in einer statischen Untersuchung der Außenwände zur Schadensanalyse (Blatt 15 Rechtsbehelfsakte). Das Gutachten (Blatt 4 ff. der Finanzgerichtsakte) sollte zu folgenden Fragen erstellt werden:
Welche Feuchtigkeitsschäden sind an den Wänden vorhanden? Welche Ursachen haben die Feuchtigkeitsbildungen? Welche Maßnahmen sind aus Sicht des Gutachters erforderlich, um die Beanstandungen zu beheben? Wer ist aus Sicht des Gutachters für die vorhandenen Feuchtigkeitsbildungen verantwortlich? Die Kosten des Gutachtens wurden von den Klägern unbar beglichen (Blatt 53 der Finanzgerichtsakte).
Die Kosten für die Suchschachtung iHv. € 1.987,30 wurden den Klägern am 7. Juli 2014 von der Firma C in Rechnung gestellt (Blatt 16 Rechtsbehelfsakte) und von den Klägern unbar bezahlt (Blatt 53 der Finanzgerichtsakte). Die Leistungen bestanden ausweislich der Rechnung im Wesentlichen in einem Erdaushub bis 4 m Tiefe mit Sicherung der Baugrube durch einen Zaun und durch die Installation einer Wasserhaltung gegen eindringendes Regenwasser.
Die Kosten der Suchschachtung und des Gutachtens waren Gegenstand eines Vergleiches des bei dem Landgericht Dresden vom 9. April 2015 (Az. AR 70/14 G). Dort heißt es unter Ziff. 7:
"Die Beklagten zahlen als Gesamtschuldner an die Kläger als Gesamtgläubiger € 4.600,-- als Schadensersatz für die in der Klage geltend gemachten Kosten des Sachverständigen D, zusätzliche Heizkosten, Suchschachtung. In diesem Betrag sind Positionen enthalten, die bislang noch nicht rechtshängig geworden sind.
Die Parteien sind einig, dass mit diesem Vergleichsbetrag sämtliche bislang entstandenen Schadensermittlungskosten und zusätzliche Kosten im Zusammenhang mit den hier streitgegenständlichen Mängeln abgegolten sind".
Mit dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2014 vom 16. September 2015 erkannte der Beklagte - das Finanzamt - lediglich einen Abzugsbetrag von € 31,-- an. Leistungen zur Schadensfeststellung an Gebäuden, für Statikerleistungen sowie für Mess- und Überprüfungsarbeiten für den Schornsteinfeger seien nach dem BMF-Schreiben vom 10. Januar 2014 nicht nach § 35a Abs. 3 EStG begünstigt. Der Einspruch hiergegen blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 25. Januar 2016).
Mit der hiergegen am 16. Februar 2016 erhobenen Klage machen die Kläger geltend, dass die Aufwendungen für das Gutachten und die Suchschachtung nötig gewesen seien, um die weitere Verfahrensweise und die Beauftragung der Handwerker abzustimmen. Es handele sich also bei diesen Kosten um Kosten für "vorbereitende" Annexmaßnahmen für haushaltsnahe Handwerkerleistungen. Der Streitfall sei mit dem Fall des BFH-Urteils vom 6. November 2014 VI R 1/13 vergleichbar.
Die geltend gemachten Kosten seien den Klägern auch nicht erstattet worden. Im Prozess um die Beseitigung der Mängel und Ansprüche wegen erheblichen Bauverzugs seien Ansprüche iHv. € 90.000,-- streitbefangen gewesen. Unter Punkt 7 des am abgeschlossenen Vergleiches sei zwar geregelt, dass eine Zahlung von pauschal € 4.600,-- auch für die Kosten der Suchschachtung und des Gutachters erfolgen sollte, doch umfasse diese Pauchalzahlung sämtliche "Kosten im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Mängeln". Neben den Kosten des Gutachtens und der Suchschachtung hätten im Zivilverfahren weitere Kosten in erheblichem Umfang in Rede gestanden und zwar
Gutachterkosten € 3.000,--
Suchschachtung € 2.000,--
weitere Gutachterkosten € 1.700,--
Trocknungsgerät iHv. € 500,--
Stromkosten/erhöhte Heizkosten € 4.500,--
Mietzahlungen und Darlehenszinsen € 5.500,--
gesamt € 17.200,--.
Allein die Strom- und Heizkosten für die Trocknung der Kellerräume, die immer noch zur Vermeidung von Schimmelbildung anfallen würden, dürften die Zahlung aus dem Vergleich weitgehend aufzehren.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid 2014 vom 16. September 2015 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 25. Januar 2016 dahingehend zu ändern, dass als zusätzliche haushaltsnahe Dienstleistungen/Handwerkerleistungen iSd. § 35a EStG die Kosten für den Gutachter iHv. 2.967,56, für die Suchschachtung iHv. € 1.987,30 und für den Schornsteinfeger iHv. € 76,81 berücksichtigt werden.
Das Finanzamt beantragt,
die Kosten für den Schornsteinfeger iHv. € 76,81 als haushaltsnahe Dienstleistung/Handwerkerleistung zu berücksichtigen und im Übrigen die Klage abzuweisen.
Die Schornsteinfegerleistungen könnten aufgrund des BMF-Schreibens vom 10. November 2015 anerkannt werden. Die steuerliche Auswirkung betrage 16 €.
Gutachtertätigkeiten seien nach dem BMF-Schreiben vom 10. Januar 2014 (BStBl. I 2014, S. 75) nicht begünstigt. Die Tätigkeit eines Gutachters gehöre weder zu den haushaltsnahen Dienstleistungen, noch handele es sich um eine Handwerkerleistung. Auch die Suchschachtung sei in unmittelbarem Zusammenhang mit der Gutachtenserstellung erfolgt, diene zur Schadensfeststellung und sei daher nicht nach § 35a Abs. 3 EStG begünstigt. Eine gesonderte rechtliche Bewertung sei wegen dieses Zusammenhangs nicht möglich.
Aus dem BFH-Urteil vom 6. November 2014 VI R 1/13 ergebe sich nichts anderes. Dort sei über die Überprüfung der Funktionsfähigkeit eines Gerätes oder einer Anlage entschieden worden; hier gehe es aber um die Feststellung eines Schadens. Sowohl die im Rahmen des Gutachtens erforderliche Schachtung als auch das Gutachten selbst seien nicht als regelmäßige Überprüfung und damit auch nicht als regelmäßige Instandhaltungs- oder Erhaltungsmaßnahme anzusehen.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet. Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die dem Gericht vorliegenden Steuerakten und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 90 Abs. 2 FGO).
I. Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Für die Kosten für den Gutachter kommt ein Abzug nicht in Betracht, da es sich weder um eine Handwerkerleistung handelt, noch die Leistung im Haushalt der Steuerpflichtigen erbracht wurde (s. unten 1). Neben den unstreitig zu berücksichtigen Schornsteinfegerkosten können nur die Kosten der Suchschachtung als Handwerkerleistungen iSd. § 35a Abs. 3 EStG berücksichtigt werden. Allerdings ist wegen der Kostenerstattung von dritter Seite ein im Schätzungswege ermittelter Abschlag von 25 vH zu machen (s. unten 2).
Die Kosten sind nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Offensichtlich handelt es sich um Kosten wegen eines Baumangels. Baumängel sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH nicht unüblich und daher keine außergewöhnliche Belastungen (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 10. März 2016 VI R 80/14, BFH/NV 2016, S. 1266).
1. Nach § 35a Abs. 3 EStG ermäßigt sich auf Antrag für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs- Erhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen die tarifliche Einkommensteuer um 20% der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens um € 1.200,--. Die Steuerermäßigung kann nach Abs. 4 der Vorschrift nur in Anspruch genommen werden, wenn die Handwerkerleistung im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht wird.
Handwerkerleistungen sind alle handwerklichen Tätigkeiten, wenn sie zum Kernbereich eines handwerklichen Berufs gehören (vgl. BFH-Urteil vom 6. Mai 2010 VI R 4/09, BStBl. II 2011, S. 909 sowie Krüger in: L. Schmidt, EStG 35. Auflage 2016, Rz. 15). Der Leistungsort befindet sich im Haushalt, wenn die Leistung in dessen räumlichen Bereich erbracht wird. Leistungen außerhalb des Haushaltes sind nicht begünstigt, selbst wenn sie für den Haushalt erbracht werden (vgl. mwN Krüger, aaO, Rz. 21).
Bei den Gutachterkosten handelt es sich - ebenso wie bei den weiterberechneten Kosten des Statikers weder um die Leistung eines Handwerkers, sondern um die eines Bauingenieurs (D ist ausweislich seiner Homepage Bauingenieur; der Statiker ist Diplom-Ingenieur) noch wurde das Gutachten im Haushalt der Steuerpflichtigen erstellt. Letzteres ergibt sich aus der Stundenabrechnung; der Gutachter hat den weit überwiegenden Teil der Leistung außerhalb des Haushaltes mit der Erstellung des Gutachtens erbracht.
Die Gutachterkosten sind auch nicht der (an sich berücksichtigungsfähigen, s. dazu unten) Kosten der Suchschachtung untergeordnet. Umgekehrt diente die Suchschachtung der Feststellung und Begutachtung des Schadens.
2. Die Kosten der Suchschachtung sind dem Grunde nach berücksichtigungsfähig, da es sich um eine Handwerkerleistung handelt (Tiefbau) und die Leistung im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht wurde. Dieser umfasst auch den Garten (vgl. m.w.N. Krüger, aaO, Rz. 21). Die Kosten der Suchschachtung stehen auch nicht in so unmittelbarem Zusammenhang mit den Gutachterkosten, dass deswegen ihre Abzugsfähigkeit ausgeschlossen wäre. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Leistung von einem anderen Unternehmer erbracht und gesondert abgerechnet wurde.
Die dem Grunde nach berücksichtigungsfähigen Kosten sind jedoch insoweit zu kürzen, als die Kläger hierfür später Ersatz bekommen haben. Ebenso wie bei außergewöhnlichen Belastungen (vgl. hierzu z.B. BFH-Urteil vom 30. Juni 1999 III R 8/95) scheidet ein Abzug der Kosten der Handwerkerleistung aus, wenn und soweit die Ausgaben den Steuerpflichtigen nicht endgültig belasten, sondern dieser von dritter Seite einen Ersatz erhält. Unerheblich ist es, wenn dieser Ersatz in einem anderen Veranlagungszeitraum geleistet wird. Der Senat folgt damit dem im BMF-Schreiben vom 10. Januar 2014 (BStBl. I 2014, S. 75) und FG Münster (Urteil vom 6. April 2016 13 K 136/15 E) zu Versicherungsleistungen vertretenen Auffassung.
Die Kläger haben im Vergleichswege im Jahre 2015 einen Teil der Kosten ersetzt bekommen. Da der ausgehandelte Vergleich noch andere Posten als die Kosten der Suchschachtung betraf, ist im Schätzungswege zu ermitteln, welcher Anteil hierauf entfällt. Anhand des Vortrags des Klägers schätzt der Senat, dass 25 % der Kosten der Suchschachtung ersetzt wurden. Die Beteiligten wurden zu den Einzelheiten dieser Schätzung mit Schreiben der Berichterstatterin vom 15. September 2016 gehört. Sie haben hierzu keine Einwendungen erhoben.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1 und Abs. 3 FGO und § 708 Abs. 10, § 711 ZPO.
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