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  • 14.03.2018 · IWW-Abrufnummer 200149

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 13.11.2017 – 15 K 3228/16 E

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Düsseldorf

    15 K 3228/16 E

    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

    Die Revision wird zugelassen.

    1

    G r ü n d e :

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    Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Pflegepauschbetrages.

    3

    Der Kläger (Jg. 1937) ist seit 25.11.2013 zum Betreuer der Frau A (Jg. 1925) und seit 29.01.2015 auch ihres Sohnes (Jg. 1946) bestellt (u. a. betr. „Gesundheitsfürsorge“). Beide Betreuten wohnen seit Oktober 2012 in unterschiedlichen Pflegeheimen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der zu 100 % schwerbehinderte Sohn (Merkmal „H“) noch im Haushalt seiner Mutter gelebt. Der Kläger erklärte bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 2015 „steuerfreie Aufwandentschädigungen bzw. Einnahmen“ als ehrenamtlicher Betreuer von 798 EUR und machte die Pflegepauschbeträge nach § 33b Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes –EStG- von jeweils 924 EUR für beide Betreuten geltend. Der Beklagte lehnte den Ansatz der Pauschbeträge mit Bescheid vom 31.05.2016 ab, weil der Kläger die Pflege nicht in seiner oder der Pflegebedürftigen Wohnung erbringe.

    4

    Mit dem Einspruch machte der Kläger – letztlich – lediglich noch den Pauschbetrag für die Pflege des Sohnes geltend. Dieser habe die Pflegestufe III, sitze im Rollstuhl und erhalte die Körperpflege durch das Fachpersonal des Heims. Er selbst – der Kläger – führe alle Fahrten außerhalb des Heims durch, insbesondere zwecks Arztbesuchen, mache Bewegungsübungen am Bett und im Rollstuhl, unterhalte sich mit ihm, übe lesen, führe ihn mit der Mutter zusammen, kleide ihn nach Ausgängen etc.

    5

    Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 24.10.2016 als unbegründet zurück. Die Pflegemaßnahmen machten nicht mindestens 10 % des gesamten pflegerischen Zeitaufwands aus, seien also gegenüber der Heimpflege von untergeordneter Bedeutung. Zudem erfolge die Pflege nicht „in der Wohnung“ des Sohnes, weil die Pflegebedürftigkeit nicht erst während der Heimunterbringung erfolgt, sondern Anlass für diese gewesen sei.

    6

    Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und ergänzt – nach Korrektur seines Vortrags, dass die Pflegestufe III des Betreuten erst im Folgejahr eingetreten sei: Der Zeitaufwand für die Pflege im Heim bei Pflegestufe II betrage wöchentlich 24,73 Stunden. Er selbst sei wöchentlich 3 Stunden tätig (so die Klageschrift des Klägers persönlich) bzw. 2,5 Stunden (offen gelassen im Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 06.11.2017) – mithin mit 12,13 % bzw. 10,11 %. Dass seine Arbeit von untergeordneter Bedeutung sein solle, erschließe sich ihm nicht. Anlass der Heimunterbringung des Sohnes sei der Umstand gewesen, dass die 88-jährige Mutter ihn nicht mehr habe versorgen können; im Heim habe sich dessen Gesundheitszustand erheblich verschlechtert. Der Erhalt der Aufwandentschädigung nach § 1835 des Bürgerlichen Gesetzbuchs –BGB- (399 EUR für den Betreuten als „mittellosen Sozialhilfeempfänger“) sei steuerlich unschädlich; diese sei unabhängig vom Pflegesatz zu gewähren.

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    Der Kläger beantragt,

    8

    den Einkommensteuerbescheid 2015 vom 31.05.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.10.2016 dahin zu ändern, dass der Pflegepauschbetrag von 924 EUR angesetzt wird.

    9

    Der Beklagte beantragt,

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    die Klage abzuweisen.

    11

    Das Gericht hat die Beteiligten am 19.09.2017 darauf hingewiesen, dass angesichts des Streitwerts unter 500 EUR eine Entscheidung des Senats im schriftlichen Verfahren – ggf. mit Revisionszulassung – in Betracht komme, § 94a der Finanzgerichtsordnung –FGO-.

    12

    Die Klage ist unbegründet.

    13

    Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO); der Beklagte hat die Gewährung des Pflegepauschbetrages zutreffend abgelehnt.

    14

    Gemäß § 33b Abs. 6 Satz 1 EStG kann der Steuerpflichtige wegen der außergewöhnlichen Belastungen, die ihm durch die Pflege einer nicht nur vorübergehend hilflosen Person erwachsen, einen Pflegepauschbetrag von 924 EUR geltend machen, wenn er dafür keine Einnahmen erhält. Nach Satz 5 muss die Pflege in der Wohnung entweder des Steuerpflichtigen oder des Pflegebedürftigen erfolgen.

    15

    Diese gesetzlichen Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

    16

    Für die vorliegende Entscheidung kann dahinstehen, ob der Begriff der „Wohnung“ auch ein Zimmer im Alten- oder Pflegeheim (hier des Sohnes) umfasst; diese Frage ist höchstrichterlich nicht entschieden und in der Literatur umstritten – maßgeblich wird darauf abgestellt, dass der Betreute in seiner persönlichen Umgebung verbleibt (Endert in Frotscher, EStG, § 33b Rdn. 55; Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 16. A., § 33b Rdn. 15; Loschelder in Schmidt, EStG, 36. A., § 33b Rdn. 37; differenzierend nach dem Anlass der Heimunterbringung: Schüler-Täsch in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 33b Rdn. 98).

    17

    Ungeachtet obigen Gesichtspunkts scheitert der Erfolg der Klage vorliegend bereits daran, dass der Kläger im Hinblick auf die Betreuung des Pflegebedürftigen „Einnahmen“ i. S. von § 33b Abs. 6 Satz 1 EStG erhalten hat.

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    Die Gewährung des Pflegepauschbetrages wird durch jegliche Art von Einnahmen der Pflegeperson im Zusammenhang mit der Pflege ausgeschlossen, sei es als – steuerfreie – Pflegevergütung oder als Aufwendungsersatz. Das gilt unabhängig von deren Höhe, denn das gesetzliche Einleitungswort „wenn“ begründet ein absolutes Abzugsverbot. Diese Einschränkung ist hinnehmbar, weil tatsächlich verbleibende außergewöhnliche Belastungen grundsätzlich nach § 33 EStG geltend gemacht werden können, wenn auch mit der materiell-rechtlichen Einschränkung der zumutbaren Eigenbelastung nach § 33 Abs. 3 EStG und der formellen Erschwernis des Nachweises konkreter Aufwendungen (Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH- vom 21.03.2002 III R 42/00, Bundessteuerblatt –BStBl- II 2002, 417; vom 17.07.2008 III R 98/06, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH –BFH/NV- 2009, 131; Mellinghoff a.a.O. Rdn. 14).

    19

    Dieser Ausschlussgrund liegt hier vor, weil der Kläger eine Aufwandentschädigung nach § 1835 BGB für ehrenamtliche Betreuer erhalten hat. Dass diese unabhängig vom Pflegesatz zu gewähren ist, ist nicht maßgebend. Die Betreuung des Sohnes besteht vorliegend in sozialen Kontakten, persönlicher Förderung von Fähigkeiten und sonstigen pflegerischen Leistungen. Soweit dem Kläger hierdurch Aufwendungen entstehen (etwa für Fahrtkosten zu Ärzten), werden diese mit dem Betreuungsgeld im Hinblick darauf abgegolten, dass der Betreute und Pflegebedürftige ein mittelloser Sozialhilfeempfänger ist. Damit stehen diese Einnahmen des Klägers – auch – im Zusammenhang mit der Pflege und unterfallen dem Anwendungsbereich des § 33b Abs. 6 EStG, der eine Vorteilsanrechnung sowohl für Aufwendungsersatz als auch für Pflegegelder vorsieht (BFH III R 42/00 a.a.O.).

    20

    Dass der Kläger das Betreuungsgeld ausschließlich verwendet, um Aufwendungen des Pflegebedürftigen zu bestreiten – dann wären die „Einnahmen“ im Rahmen des § 33b Abs. 6 EStG steuerunschädlich (vgl. BFH III R 42/00 und III R 98706 a.a.O.) b– ist weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Im Gegenteil hat der Kläger die Beschreibung seiner pflegerischen Tätigkeit im Klageverfahren beschränkt auf rein persönliche Dienst- und Hilfsleistungen; diese mögen Zeit und Kraft erfordern, nicht indes finanzielle Aufwendungen.

    21

    Bereits damit hat die Klage keinen Erfolg.

    22

    Darüber hinaus kann der Pflegepauschbetrag nicht gewährt werden, weil die Tätigkeit des Klägers nicht eine Mindestpflegedauer erreicht. Die überwiegende Literatur fordert eine Pflege in nicht nur untergeordnetem Umfang, d. h. mit mindestens 10 % des gesamten pflegerischen Zeitaufwandes (Loschelder a.a.O. Rdn. 37; Schüler-Täsch a.a.O. Rdn. 96; Mellinghoff a.a.O. Rdn. 15; ebenso Urteil des Finanzgerichts München vom 14.02.1995 16 K 2261/94, Entscheidungen der Finanzgerichte 1995, 722; a. A. Endert a.a.o. Rdn. 56). Dass der Kläger diesen Zeitaufwand erbracht hat, ist weder behauptet noch nachgewiesen. Der Kläger selbst hat im Einspruchsverfahren auf die im Betreuungsrecht vorgegebene Mindeststundenzahl von 54 pro Jahr verwiesen. Mit der Klageschrift beziffert er seine Pflege auf 2,5 Stunden wöchentlich (Angabe von 3 Stunden lediglich als Rechenbeispiel vom Prozessbevollmächtigten ergänzt). Das ist bezogen auf einen Gesamtaufwand von 24,73 Stunden zzgl. 2,5 Stunden (der Kläger berechnet seinen Anteil fehlerhaft lediglich bezogen auf den Aufwand des Heims von 24,73 Stunden) ein Anteil von nur 9,18 %.

    23

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    24

    Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 FGO zuzulassen. Ob die Aufwandentschädigung nach § 1835 BGB zu den (schädlichen) „Einnahmen“ nach § 33b Abs. 6 EStG gehört, ist bisher nicht höchstrichterlich entschiedenen. Gleiches gilt für die Frage der Mindestpflegedauer (10%-Grenze).