Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 02.08.2007

    Bundesfinanzhof: Urteil vom 12.04.2007 – VI R 77/04

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Gründe:

    I. Streitig ist, ob Bewirtungskosten eines Arbeitnehmers als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.

    Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger war als Pharmaberater nichtselbständig tätig. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (1998) machte der Kläger bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch Bewirtungsaufwendungen in Höhe von 22 556 DM geltend und begehrte in Höhe von 18 045 DM (80 v.H.) deren Berücksichtigung als Werbungskosten.

    Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte hiervon im Einvernehmen mit den Klägern 8 000 DM. Gegen den Einkommensteuerbescheid 1998 legten die Kläger Einspruch ein mit der Begründung, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit zur Förderung der Geschäftsbeziehungen Ärzte und deren Mitarbeiter auf eigene Kosten bewirtet habe. Dabei seien Produkte seines Arbeitgebers präsentiert und beworben worden.

    Im Einspruchsverfahren erhöhte das FA die Einkommensteuerfestsetzung um 5 686 DM, weil es nunmehr die Bewirtungsaufwendungen nicht mehr zum Abzug zuließ.

    Das Finanzgericht (FG) wies aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 521 veröffentlichten Gründen die Klage als unbegründet ab.

    Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen und formellen Rechts.

    Die Kläger beantragen sinngemäß, den Einkommensteuerbescheid für 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. August 2001 sowie das Urteil des FG München dahingehend abzuändern, dass weitere Werbungskosten in Höhe von 9 860 DM bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden und die Einkommensteuer dementsprechend herabgesetzt wird.

    Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

    II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

    Die Würdigung des FG, dass die geltend gemachten Bewirtungsaufwendungen nicht ausschließlich oder nahezu ausschließlich beruflich veranlasst gewesen seien, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

    1. a) Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Hierzu können nach § 9 Abs. 5 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG auch Bewirtungsaufwendungen eines Arbeitnehmers zählen. Nach § 9 Abs. 5 EStG sind die Gewinnermittlungsvorschriften des § 4 Abs. 5 Nr. 1 bis Nr. 5 EStG sinngemäß anwendbar. Danach sind dem Grunde nach Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus beruflichem Anlass Werbungskosten, wenn ihre Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind. Sie sind der Höhe nach allerdings nur im Umfang von 80 v.H. der angemessenen Aufwendungen als Werbungskosten abziehbar (§ 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung). Aus § 4 Abs. 5 Nr. 2 Satz 2 und 3 EStG folgt aber nicht, dass schon dann, wenn die dort geforderten Angaben über die näheren Umstände der Bewirtung durch den Steuerpflichtigen gemacht worden sind, der berufliche Anlass als nachgewiesen gilt. Insoweit sind die zu treffenden Angaben eine notwendige, aber noch keine hinreichende Bedingung für den Werbungskostenabzug. Die Frage, ob die Bewirtungsaufwendungen tatsächlich durch den Betrieb oder Beruf veranlasst sind, entscheidet sich auf Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nach den allgemeinen Grundsätzen. Danach liegen Werbungskosten vor, wenn zwischen den Aufwendungen und der jeweiligen Einkunftsart ein objektiver Veranlassungszusammenhang besteht.

    b) Ob der Steuerpflichtige Aufwendungen aus beruflichem Anlass erbringt oder ob es sich um Aufwendungen für die Lebensführung i.S. von § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG handelt, muss anhand einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, die in erster Linie dem FG als Tatsacheninstanz obliegt, entschieden werden (vgl. BFH-Urteile vom 12. April 1979 IV R 106/77, BFHE 127, 533, BStBl II 1979, 513; vom 10. April 2002 VI R 46/01, BFHE 198, 563, BStBl II 2002, 579; vom 26. Januar 2005 VI R 71/03, BFHE 208, 572, BStBl II 2005, 349; vom 22. Juni 2006 VI R 61/02, BFHE 213, 566, BStBl II 2006, 782; vom 1. Februar 2007 VI R 25/03, zur Veröffentlichung bestimmt; BFH-Beschluss vom 8. Juni 2004 VI B 158/03, BFH/NV 2004, 1406).

    2. Nach diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des FG, die Aufwendungen des Klägers für die Bewirtungen seien nicht beruflich veranlasst, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn die tatrichterliche Überzeugungsbildung der Vorinstanz (§ 96 Abs. 1 FGO), die nur insoweit revisibel ist, als Verstöße gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze vorliegen (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsbeschluss vom 10. Februar 2005 VI B 113/04, BFH/NV 2005, 783, m.w.N.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 118 Rz 30; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 118 FGO Rz 87, m.w.N.) und den BFH als Revisionsgericht schon dann binden, wenn sie zwar nicht zwingend, aber möglich sind, lässt im Streitfall solche Verstöße nicht erkennen.

    Das FG hat sich für seine Überzeugungsbildung, dass die geltend gemachten Bewirtungsaufwendungen nicht ausschließlich oder nahezu ausschließlich beruflich veranlasst gewesen seien, auf die vom Kläger selbst in den jeweiligen Bewirtungsbelegen gemachten Angaben über den Anlass der Bewirtungen gestützt. Es hat die dort getroffenen Angaben als eher allgemein charakterisierend eingestuft und insbesondere konkrete Hinweise darauf, dass der Kläger im Rahmen der Essenseinladungen Produkte seines Arbeitgebers präsentiert oder dafür geworben hätte, nicht feststellen können. Auch soweit vom Kläger Fortbildungsveranstaltungen behauptet worden waren, hat die Vorinstanz nicht feststellen können, dass Produkte des Arbeitgebers einbezogen gewesen seien. Die darauf gestützte Würdigung und Entscheidung des FG, dass ein konkreter beruflicher Bezug der geltend gemachten Bewirtungsaufwendungen sich nicht mit ausreichender Deutlichkeit erkennen ließe, begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken. Dasselbe gilt für die Würdigung, dass der Kläger einen Gesamtbetrag von 22 556 DM als eigene Kosten für Kundeneinladungen geltend gemacht habe, aber nur Belege über 12 324 DM habe vorlegen können, dass das Verhältnis von geltend gemachten Bewirtungsaufwendungen zu dem der vierköpfigen Familie des Klägers im Streitjahr zur Verfügung stehenden Einkommen den Vortrag des Klägers ebenso wenig glaubhaft mache wie die Einlassung, dass der Kläger von seinem Vater mit ca. 25 000 DM jährlich unterstützt worden sei. Auch die Würdigung, dass zweifelhaft sei, ob der genannte betriebliche Anlass tatsächlich vorgelegen hätte, weil die Bewirtungen zu einem großen Teil an Wochenenden, an Feiertagen oder am Geburtstag der Klägerin stattgefunden hätten, ist eine durchaus mögliche tatrichterliche Überzeugungsbildung, die keine Verstöße gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze erkennen lässt.

    3. Die Kläger können sich schließlich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass durch die Anerkennung von Bewirtungsaufwendungen in vorangegangenen Veranlagungszeiträumen ein Vertrauenstatbestand entstanden sei. Denn das FA hat nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung in jedem Veranlagungszeitraum stets neu die Sach- und Rechtslage zu prüfen und eine als falsch erkannte Rechtsauffassung zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufzugeben (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 12. Juli 2006 IV B 9/05, BFH/NV 2006, 2028, m.w.N.).

    RechtsgebietEStG