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  • 22.03.2006 · IWW-Abrufnummer 060831

    Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 17.03.2004 – 2 K 2580/03

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Im Namen des Volkes

    URTEIL

    Az: 2 K 2580/03

    In dem Finanzrechtsstreit

    Herr St. G.
    - Kläger -

    Prozessbevollmächtigter: Steuerberater

    gegen

    Finanzamt
    - Beklagter -

    wegen Umsatzsteuer 1997

    hat der 2. Senat durch den Berichterstatter Richter am Finanzgericht gem. § 79a Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 Finanzgerichtsordnung ohne mündliche Verhandlung am 17. März 2004

    für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Die Kosten des Verfahrens fallen dem Kläger zur Last.


    Rechtsmittelbelehrung

    Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.

    Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerde-schrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist beim Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung muss dargelegt werden, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder dass ein Verfahrensfehler vorliegt, auf dem das Urteil des Finanzgerichts beruhen kann.

    Bei der Einlegung und Begründung der Beschwerde muss sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungs-gesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Buch-prüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.

    Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Straße 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/9231-201.

    Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundes-finanzhofs über die Zulassung der Revision ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des dritten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.

    Tatbestand

    Streitig ist, ob der Kläger im Jahr 1997 die Umsatzsteuer nach § 17 UStG berichtigen darf.

    Der Kläger tätigte im Streitjahr Umsätze als Immobilienmakler. Wegen der Vermittlung einer Immobilie stellte der Kläger gegenüber den Eheleuten Go. mit Datum vom 4. Dezember 1997 eine Rechnung. Darin berechnete er eine Maklercourtage in Höhe von 26.500 DM zuzüglich 15% USt (3.975,50 DM). Ein Teil der Provision in Höhe von 11.800 DM zuzüglich 15% USt (1.725,00 DM) wurde von einem Dritten beglichen. Der restliche Maklerlohn (15.000 DM zuzüglich 2.250,00 DM Umsatzsteuer) wurde von den Eheleuten Go. nicht beglichen. Die deswegen nicht mehr im Jahr 1997 erhobene Klage des Klägers vor dem Landgericht M. blieb ohne Erfolg. Die Klage wurde mit Urteil vom 11. November 1999 abgewiesen. Die vom Kläger eingelegte Berufung wurde mit Schreiben vom 21. Februar 2000 wieder zurückgenommen.

    Im der Umsatzsteuererklärung 1997 vom 15. September 1999 erklärte der Kläger unstreitige Umsätze in Höhe von 3.563,00 DM. Der Beklagte rechnete Umsätze in Höhe von 26.500,00 DM hinzu und setzte mit Bescheid vom 29. November 1999 Umsatzsteuer in Höhe von 3.981,00 DM fest. Der dagegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 28. September 2001).

    Der Kläger ist der Auffassung, dass die Forderung gegen die Eheleute Go. schon 1997 uneinbringlich war. Die Eheleute Go. seien nicht zahlungswillig gewesen. Das Landgericht M. habe die Klage nur deswegen abgewiesen, weil der Kläger nicht habe beweisen können, dass ein Makleranspruch entstanden sei.

    Der Kläger beantragt,

    den Umsatzsteuerbescheid 1999 vom 29. November 1999 und die Einspruchsentscheidung vom 28. September 2001 aufzuheben und die Umsatzsteuer 1997 entsprechend der eingereichten Steuererklärung festzusetzen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er ist der Auffassung, dass Uneinbringlichkeit erst im Jahr 1999 eingetreten sei.

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

    Entscheidungsgründe

    Das Gericht konnte durch den Berichterstatter und ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt hatten.

    Die Klage ist unbegründet.

    Gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 UStG hat ein Unternehmer, der einen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen, wenn das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Leistung uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich bezahlt, ist der Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG). Die Regelung entspricht den Bestimmungen der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG, im Folgenden 6. EG-RL). Die entsprechende Vorschrift Art. 11 Teil C Abs. 1 der 6. EG-RL lautet: "Im Falle der Annullierung, der Rückgängigmachung, der Auflösung, der vollständigen oder teilweise Nichtbezahlung oder des Preisnachlasses nach der Bewirkung des Umsatzes wird die Besteuerungsgrundlage unter von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert. Jedoch können die Mitgliedstaaten im Falle der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung von dieser Regel abweichen." Nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL wird "nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Einzelheiten der ursprüngliche Vorsteuerabzug berichtigt, wenn ... sich die Faktoren, die bei der Festsetzung des Vorsteuerabzuges berücksichtigt werden, nach Abgabe der Erklärung geändert haben, insbesondere bei rückgängig gemachten Käufen oder erlangten Rabatten. Die Berichtigung unterbleibt jedoch u.a. bei Umsätzen, bei denen keine oder keine vollständige Zahlung geleistet wurde. Bei Umsätzen, bei denen keine oder keine vollständige Zahlung erfolgt, können die Mitgliedstaaten jedoch eine Berichtigung verlangen". Von dieser Möglichkeit einer eigenständigen nationalen Regelung hat der Gesetzgeber in § 17 UStG Gebrauch gemacht (vgl. BFH, BStBl. II 2003, 206). Danach besteht in den Fällen der Uneinbringlichkeit zwingend eine Berichtigungspflicht der beteiligten Unternehmer; dazu korrespondiert der Steueranspruch des Finanzamts (vgl. Mößlang in Sölch/Ringleb, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, § 17 Rz. 18, 19).

    § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG definiert den Begriff der Uneinbringlichkeit nicht; das Gesetz geht aber davon aus, dass das Merkmal der "Uneinbringlichkeit" eng mit der Tatsache der Nichtbezahlung verknüpft ist, wenn es in § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG eine erneute Berichtigung bei nachträglicher Vereinnahmung bestimmt. Der Begriff der Uneinbringlichkeit ist hiernach auch mit Rücksicht auf den Zweck der Vorschrift auszulegen. Die in § 17 Abs. 2 UStG getroffene Sonderregelung für die Fälle der Uneinbringlichkeit ist ein besonders erwähnter Unterfall des § 17 Abs. 1 Nr. 1 UStG, der den Grundsatz verwirklichen soll, dass sich die Umsatzbesteuerung (letztlich) auf den Umfang der tatsächlich vereinnahmten Gegenleistung beschränkt (vgl. BFH, BStBl. II 1983, 389 m.w.N.). Die Vorschrift berücksichtigt insbesondere, dass die Besteuerung nach dem Sollprinzip, d.h. Entstehen der Umsatzsteuer und die Abziehbarkeit der in Rechnung gestellten Vorsteuer mit Ausführung der Leistung ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Vereinnahmung der Gegenleistung (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG und § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG), auf der am Regelfall orientierten Erwartung des Gesetzes beruht, der Leistungsempfänger werde die Forderung des Leistenden befriedigen und damit das betragsmäßige Gleichgewicht von Vorsteuerabzug und Umsatzsteuerschuld herstellen (vgl. BFH, BStBl. II 1984, 71).

    Für den Fall der (ganzen oder teilweisen) Uneinbringlichkeit ermöglicht § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG zur Herstellung des Gleichgewichts zwischen Umsatzsteuer und Vorsteuerabzug die Korrektur der Steuerbelastung. Der Regelungsinhalt wird verdeutlicht in der Formulierung laut Art. 11 Teil C Abs. 1 der 6. EG-RL, wonach die Besteuerungsgrundlage vermindert wird im Falle der vollständigen oder teilweisen Nichtzahlung. "Uneinbringlich" ist danach eine Forderung, wenn der Anspruch auf Entrichtung des Entgelts nicht erfüllt wird und bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf unabsehbare Zeit weder rechtlich noch tatsächlich durchsetzen kann (vgl. BFH, BStBl. II 2003, 206; BFH, BStBl. II 1994, 338; Tehler in Reiß/Kraeusel/Langer, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, § 17 Rz. 101 ff, jeweils m.w.N.).

    Das Gericht hält es unter Berücksichtigung dieser Grundsätze für gerechtfertigt, von einer Uneinbringlichkeit grundsätzlich - abgesehen vom Fall der Insolvenz des Schuldners - dann auszugehen, wenn zur Durchsetzung der vereinbarten Entgeltforderung gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen werden muss oder der Unternehmer von der Inanspruchnahme des Gerichts bewusst absieht. Dann ist bei objektiver Betrachtungsweise aus den Gesamtumständen erkennbar, dass die Entgeltforderung auf unabsehbare Zeit weder rechtlich noch tatsächlich durchgesetzt werden kann, weil der Schuldner seiner Zahlungsverpflichtung nicht mehr nachkommen wird. Die in der Literatur geäußerte Auffassung (am weitestgehenden wohl Stadie in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, Kommentar zum UStG, § 17 Rdnr. 137ff m.w.N.), Uneinbringlichkeit liege schon dann vor, wenn der Schuldner bei Fälligkeit nicht zahle, verlegt den Zeitpunkt der Uneinbringlichkeit soweit nach vorn, dass damit ohne überzeugenden Grund weiter von Prinzip der Sollversteuerung abgewichen wird, als es § 17 UStG vorsieht. Aus dem Begriff der Uneinbringlichkeit ist nämlich das erfolglose Bemühen um die Einbringung der Entgeltforderung zu entnehmen. Die weitergehende Auffassung ist mit der bestehenden Rechtslage nicht vereinbar.

    Nach diesen Grundsätzen hat die Klage keinen Erfolg. Das gerichtliche Vorgehen gegen die Eheleute Go. ist nicht mehr im Jahr 1997 eingeleitet worden. Das Gericht kann es deswegen offen lassen, ob eine Berichtigung im Jahr 1998 oder, wie es der Beklagte ausgeführt hat, im Jahr 1999 zu erfolgen hat.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO.

    RechtsgebietUmsatzsteuerVorschriften§ 17 UStG