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  • 29.11.2023 · IWW-Abrufnummer 238548

    Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 26.06.2023 – 3 K 1681/17

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Hessisches Finanzgericht 3. Senat

    26.06.2023


    Tenor

    Die Klage wird abgewiesen.

    Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten darüber, ob ein vom Kläger im Streitjahr geltend gemachter Verlust i.H.v. … €, der in der Anlage AUS bei den steuerfreien Einkünften mit Progressionsvorbehalt erklärt wurde, einkommensteuerlich anzuerkennen ist. Dem Rechtsstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

    Der Kläger wird vom Beklagten (das Finanzamt) zuständigkeitshalber zur Einkommensteuer veranlagt. In der Einkommensteuererklärung 2012 erklärte er gewerbliche und selbständige Einkünfte, die zum Teil aus Beteiligungen stammten. Daneben wurde von ihm im Rahmen der ausländischen steuerfreien Einkünfte mit Progressionsvorbehalt ein in A erzielter Verlust in der oben genannten Höhe geltend gemacht.

    Dieser beruht auf einer vom Kläger beabsichtigten gewerblichen Tätigkeit in A. Seinerzeit verfügte er über gute Kontakte zur Firma B in C/ A, die Metallprodukte für Schreinereien (Klappen- und Scharniersysteme, Schrank-Aufhänger und Verbinder, Auszugssysteme und Komfortprodukte) herstellt und verkauft. Mit dem von ihm gegründeten Unternehmen beabsichtigte er mit der vorgenannten Firma dergestalt zusammenzuarbeiten, dass er deren Produkte in großen Stückzahlen aufkauft und diese einzeln oder in kleinen Mengen günstiger weiterverkauft als das von B selbst erfolgt. Auf die Idee dazu kam er in seiner Zeit als Steuerberater, als ein Mandant mit seinem Betrieb ein ähnliches Midi-Konzept verfolgte. Insoweit besteht eine Marktlücke, da der Kunde entweder einzelne Stücke/ kleine Mengen (Mini) für sehr hohe Einzelpreise erwerben kann oder er bei für ihn rechnerisch sinnvollen Preisen nur sehr große Mengen (Maxi) abnehmen muss. In seinem Fall sollten große Mengen erworben und diese mit einer für ihn akzeptablen Handelsspanne weiterverkauft werden. Die Lagerung der Produkte sollte entweder „on demand“ bei B selbst stattfinden oder in einer Spedition in der Nähe. So hätte die Firma B seine Kleinstkunden an ihn auslagern können und über Vertreterbesuche von B hätte die Möglichkeit, zu guten Preisen kleinere Mengen zu erwerben, verbreitet werden können. Außerdem sollten in Fachzeitschriften entsprechende Artikel geschaltet werden und es sollten auch Werbebeilagen und/ oder Mails an Fachzeitschriftenabonnenten erfolgen. Um von B überhaupt akzeptiert zu werden, war es notwendig, in A einen Gewerbebetrieb mit Registrierung und Wirtschaftskammerzugehörigkeit, gewerblicher Sozialversicherungsnummer und Steuernummer vorweisen zu können. Entsprechende Anmeldungen nahm der Kläger im Streitzeitraum vor. Des Weiteren mietete er in der Nähe der Firma B einen 18 m² großen Büroraum mit Einrichtung und Internet-Zugang an. Der Mietvertragsabschluss erfolgte am 27.08.2012 für 2 Jahre; der monatliche Mietzins betrug … €.

    Aus dem Verkauf seiner Steuerbüroanteile und seinen Ersparnissen sollten die Betriebskosten, insbesondere der Wareneinkauf, bestritten werden. Dabei handelte es sich um ca. … €, die sich zunächst auf einem Girokonto befanden. Da es aus verschiedenen Gründen nicht zum sofortigen Wareneinkauf kam, kaufte er von dem vorgenannten Geld auf Empfehlung seines Bankberaters wegen der Banken- bzw. Euro-Krise Goldbarren zu einem Preis von … €, die in einem Bankschließfach bei der Raiffeisenbank in D/ A lagerten. Neben der Absicherung sollte der kurzfristig prognostizierte Preisauftrieb seinem Betrieb auch weitere Mittel durch realisierte Kursgewinne zuführen. Der Kläger wollte das Gold nicht auf Dauer halten, sondern es nach und nach verkaufen, um daraus jeweils Wareneinkäufe zu tätigen.

    Letztendlich konnte der Kläger das von ihm verfolgte Geschäftsmodell nicht umsetzen. Kurz nach der Gründung seines Betriebs bekam sein Kontaktmann bei der Firma B mit seinem Vorgesetzten Probleme, so dass er dieses Thema und somit den Kläger mit seiner Idee dort nicht einführen konnte oder wollte. Der Kläger wartete dann noch eine Weile, in der Hoffnung auf eine dortige „Binnen- Klimaverbesserung“, um dann notfalls in 2013 zu starten. Nachdem sich die Situation nicht besserte, kündigte der Kläger seinen Büroraum zum 30.04.2013. Bis auf 2 kleine Goldbarren, die er in sein Privatvermögen überführte, veräußerte der Kläger die in 2012 angeschafften Goldbarren im Jahr 2013.

    Beim A Fiskus gab der Kläger ‒ vertreten durch seinen Steuerberater - betreffend den Streitzeitraum eine Einnahmen-Ausgabenrechnung ab. Daraus ergibt sich ein Verlust i.H.v. … €. Mit Bescheid vom 11.03.2014 setzte das Finanzamt E die den Kläger betreffende Einkommensteuer 2012 mit 0 € fest.

    Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2012 erkannte das Finanzamt bei den ausländischen Einkünften betreffend den Gewerbetrieb in A nur sonstige betriebliche Aufwendungen i.H.v. … € an; die Anschaffungskosten für die Goldbarren in Höhe von … € blieben im Einkommensteuerbescheid vom 04.11.2014 unberücksichtigt.

    Der dagegen mit Schreiben vom 01.12.2014 eingelegte Rechtsbehelf hatte keinen Erfolg und wurde mit Einspruchsentscheidung vom 03.08.2017 als unbegründet zurückgewiesen.

    Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner am 01.09.2017 vor dem Hessischen Finanzgericht erhobenen Klage, die zunächst das Aktenzeichen 12 K 1681/17 erhalten hat. Nach der Auflösung des 12. Senats durch Präsidiumsbeschluss vom 07.12.2020 ist das Klageverfahren in die Zuständigkeit des 3. Senats des Hessischen Finanzgerichts übergegangen und hat dort das Az.: 3 K 1681/17 erhalten.

    Der Kläger ist der Auffassung, dass das von ihm in A gegründete Unternehmen die Tatbestandsmerkmale des Gewerbebetriebs im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) erfülle. Da die für das Gold getätigten Aufwendungen dem Gewerbebetrieb dienten, sei auch vom Vorliegen von Betriebsausgaben auszugehen.

    Des Weiteren ist er der Ansicht, dass die Goldbarren Umlaufvermögen darstellten und die Anschaffungskosten bei der Gewinnermittlung nach Einnahmen-Überschussgrundsätzen deshalb steuermindernd zu berücksichtigen seien.

    In diesem Kontext sei zunächst zu prüfen, ob ein im Betriebsvermögen befindliches Wirtschaftsgut/ Vermögensgegenstand zum Anlagevermögen gehöre. Erst wenn dies nicht der Fall sei, gehöre es grundsätzlich zum Umlaufvermögen; in diesem Kontext sei auf die handelsrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften zu rekurrieren. Gemäß § 247 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) seien beim Anlagevermögen nur die Gegenstände auszuweisen, die bestimmt seien, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen. Im Umkehrschluss zählten zum Umlaufvermögen diejenigen Vermögensgegenstände (Wirtschaftsgüter), die entweder zum Verbrauch oder zur sofortigen Veräußerung bereitgehalten würden. Maßgeblich für die Zuordnung zum Anlagevermögen sei grundsätzlich die Funktion und wirtschaftliche Bedeutung, die dem Gegenstand innerhalb des Betriebsorganismus zufalle. Es komme für die Unterscheidung von Anlage- und Umlaufvermögen auf die Zweckbestimmung an, mit der ein Wirtschaftsgut im Betrieb eingesetzt werde. Diese Abgrenzung entspräche der höchstrichterlichen ge-festigten Finanzrechtsprechung (vgl. Bundesfinanzhof (BFH)-Urteile vom 28.05.1998 X R 80/94, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Ent-scheidungen des Bundefinanzhofs ‒ BFH/NV 1999, 359 und vom 10.08.2005 VIII R 78/02, Bundessteuerblatt ‒ BStBl - II 2006, 58).

    Bei Übertragung dieser Grundsätze auf den Streitfall handele es sich bei den Goldbarren nicht um Anlagevermögen. Das Gold sei gerade nicht dazu bestimmt gewesen, seinem Gewerbetrieb auf Dauer zu dienen, also planmäßig über einen gewissen Zeitraum gebraucht zu werden, wie beispielsweise ein PKW, eine Maschine, Büro, ein Recht, o.ä. Im Umkehrschluss sei zwingend vom Vorliegen von Umlaufvermögen auszugehen.

    Sämtliche Posten, die bei Bilanzierung auf der Aktivseite unter Umlaufvermögen anzusetzen seien, seien mit Ausnahme der unter § 266 Abs. 2 HGB unter B. IV genannten Wirtschaftsgüter (Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks) - zu denen die Goldbarren evident nicht gehörten - als Betriebsausgabe im Jahr der Bezahlung nach bzw. analog zu § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG bei der Gewinnermittlung nach bzw. analog zu § 4 Abs. 3 EStG grundsätzlich gewinnmindernd abziehbar.

    Da physisches Gold auch kein wertpapierähnliches Wirtschaftsgut, o.ä. sei, greife hier auch nicht das in § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG enthaltene Verbot des sofortigen Betriebsausgabenabzugs. Der Bundestag habe - ausdrücklich entgegen der Empfehlung des Bundesrats - Edelmetalle, insbesondere Gold, nicht in das Verbot des sofortigen Betriebsausgabenabzugs miteinbezogen. Somit könne Gold auch nicht mittels Auslegung nachträglich einbezogen werden.

    Bei der Anschaffung des Goldes habe es sich um eine notwendige betrieblich veranlasste Absicherungsaktion gegen einen von Vielen für sehr wahrscheinlich gehaltenen Euro-/ Banken-Crash gehandelt.

    Der Kläger beantragt,

    den Einkommensteuerbescheid für 2012 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 03.08.2017 dahingehend zu ändern, dass … € übersteigende zusätzliche und sofort abzugsfähige Betriebsausgaben in Höhe von … € bei der Ermittlung des Gewinns des österreichischen Gewerbebetriebes des Klägers berücksichtigt werden und die festgesetzte Einkommensteuer entsprechend herabgesetzt wird;

    die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

    Das Finanzamt beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Es ist der Auffassung, die aus der Anschaffung der Goldbarren resultierenden Verluste seien zu Recht einkommensteuerlich nicht berücksichtigt worden.

    Das Finanzamt ist der Ansicht, dass das vom Kläger in A gegründete Unternehmen bereits keinen Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG dargestellt habe. Es fehle an einer selbstständigen nachhaltigen Betätigung sowie der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, da ein zweifelhaftes Geschäftsmodell mit Fixierung auf nur einen Geschäftspartner bzw. sogar nur auf eine Person in dem Unternehmen vorliege. Auch werde die private Vermögensverwaltung nicht überschritten. Nach der Rundverfügung der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main vom 12.07.2017 ‒ S 2241 A ‒ 114 ‒ St 213 seien Kauf und Verkauf von Edelmetallen (ohne breiten Marktauftritt) als Verwaltung eigenen Vermögens zu behandeln.

    Selbst bei Vorliegen eines Gewerbebetriebs in A, handele es sich bei dem für das Gold gezahlten Kaufpreis nicht um Betriebsausgaben. Vorliegend fehle es an einer Vermögensminderung; das Vermögen sei nur umgeschichtet worden durch Auswechslung von Euro in Gold. Es handele sich dabei um ein gleichwertiges Vermögenssurrogat.

    Auch wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 EStG hier vorlägen, seien die insoweit getätigten Aufwendung im Streitjahr nicht gewinnmindernd zu berücksichtigen. Aus § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG geht hervor, dass u.a. Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind. Die vorgenannte Norm sei einschlägig, da die Goldbarren dem Anlagevermögen zuzurechnen seien. Als Umlaufvermögen könne Gold nur qualifiziert werden, wenn dieses - durch häufiges Umschichten erwiesen - als Wirtschaftsgut im Goldhandel eingesetzt werde. Das sei hier vorliegend unstreitig nicht der Fall, weshalb es sich um Anlagevermögen handele.

    Wegen des weiteren Beteiligtenvorbringens wird auf die wechselseitig ausgetauschten Schriftsätze sowie auf die Sitzungsprotokolle vom 10.12.2019 und 26.06.2023 verwiesen. Die Einkommensteuerakte war Gegenstand des Verfahrens.

    Entscheidungsgründe

    1. Die zulässige Klage ist nicht begründet.

    Der angefochtene Einkommensteuerbescheid in Gestalt der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

    Im Rahmen der Ermittlung der gewerblichen Einkünfte des Klägers hat das Finanzamt den aus dem Ankauf der Goldbarren resultierenden Verlust zu Recht nicht anerkannt.

    a) An der Gewerblichkeit der streitigen (negativen) Einkünfte hat der Senat keinen Zweifel. In diesem Kontext ist zu berücksichtigen, dass die gewerbliche Tätigkeit nach höchstrichterlicher gefestigter Rechtsprechung - der sich der erkennende Senat anschließt - nicht erst mit der Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr beginnt, sondern mit der Aufnahme von Vorbereitungsmaßnahmen, um den Gewerbebetrieb in Gang zu setzen (vgl. BFH-Urteil vom 09.05. 2017 IX R 24/16, BStBl II 2018, 168, mit weiteren Nachweisen ‒ m.w.N. - und vom 07.02.2018 X R 10/16 BStBl II 2018, 630). Dabei müssen die Vorbereitungsmaßnahmen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der beabsichtigten Betriebseröffnung stehen.

    Bei Übertragung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist von gewerblichen Einkünften auszugehen. Seinerzeit hatte der Kläger bereits vielfältige Vorbereitungsmaßnahmen getroffen. So war der Betrieb bei der österreichischen Gewerbebehörde angemeldet worden, die Registrierung bei der zuständigen Wirtschaftskammer war erfolgt. Des Weiteren verfügte der Kläger über eine gewerbliche Sozialversicherungsnummer und eine Steuernummer. Der Kläger hatte für einen Zeitraum von 2 Jahren betriebliche Räume angemietet. Diese Maßnahmen standen auch in einem finalen Zusammenhang mit der beabsichtigten Betriebseröffnung.

    Daneben steht es zur Überzeugung des erkennenden Gerichts fest, dass klägerseitig eine (selbstständige) nachhaltige Betätigung sowie eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr intendiert war. Nach Aktenlage verfügte der Kläger über ein schlüssiges Geschäftsmodell. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass er seine Produkte zunächst nur von der Firma B beziehen wollte. Es ist nicht unüblich und einkommensteuerlich auch nicht schädlich, wenn der Steuerpflichtige seine Leistungen von nur einem Vertragspartner bezieht. Nach den vorliegenden Informationen ist die Teilnahme des Klägers in dem von ihm dargestellten Marktsegment in jeder Hinsicht nachvollziehbar.

    Bei dem Goldankauf handelt es sich auch nicht um eine Transaktion im Bereich der privaten Vermögensverwaltung. Zwar wollte sich der Kläger nicht im Bereich des Goldhandels betätigen. Das physische Gold diente aber einem betrieblichen Zweck (siehe unten); dafür spricht neben seinem plausiblen Vortrag hinsichtlich der beabsichtigten Verwendung des Goldes auch der Umstand, dass er das Gold in einem Schließfach an seinem Betriebssitz in A verwahrte und nicht an seinem deutschen Wohnort.

    b) Anders als das Finanzamt sieht der erkennende Senat in der Anschaffung des Goldes auch Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4 EStG. Wie unter a) ausgeführt war der Goldankauf betrieblich veranlasst. Dafür wurden auch Aufwendungen getätigt, denn das Gold wurde vom Kläger für … € gekauft. Beim Gold handelt es sich auch nicht um ein Währungssurrogat, denn es hat keine Bezahlfunktion.

    c) Das Finanzamt, das den Sachverhalt im Verwaltungsverfahren selbst dem gewerblichen Bereich zugeordnet hat, ist jedoch zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Goldbarren nicht um Umlaufvermögen, sondern um (nicht abnutzbares) Anlagevermögen des Gewerbebetriebs handelt und die Anschaffungskosten für Anlagevermögen bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht sofort als Betriebsausgabe abziehbar sind.

    Das ergibt sich aus der in § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG enthaltenen Regelung, wonach die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind. Im Streitfall sind die Goldbarren erst im Jahr 2013 veräußert bzw. entnommen worden, weshalb die Anschaffungskosten erst in diesem Jahr gewinnmindernd zu berücksichtigen sind.

    Für die Abgrenzung zwischen Umlauf- und Anlagevermögen ist entscheidend auf die Legaldefinition des § 247 Abs. 2 HGB abzustellen. Nach dieser Norm zählen diejenigen Vermögensgegenstände zum Anlagevermögen, die dazu bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen. Diese handelsrechtliche Begriffsbestimmung kommt auch im Steuerrecht zur Anwendung (vgl. BFH-Urteil vom 10.08.2005 VIII R 78/02, BStBl II 2006, 58; vom 13.12.2006 VIII R 51/04, BStBl II 2008, 137). Sie wird in § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG unkommentiert übernommen. Im Umkehrschluss zählen zum Umlaufvermögen diejenigen Vermögensgegenstände (Wirtschaftsgüter), die entweder zum Verbrauch oder zur sofortigen Veräußerung bereitgehalten werden (BFH-Urteil vom 10.08.2005 VIII R 78/02, BStBl II 2006, 58; vom 13.12.2006 VIII R 51/04, BStBl II 2008, 137).

    Das Tatbestandsmerkmal „dem Geschäftsbetrieb zu dienen“ ist im Streitfall (siehe die Ausführungen unter b)) gegeben; im Übrigen wird es sowohl beim Anlage- als auch beim Umlaufvermögen vorausgesetzt.

    Auch die übrigen Tatbestandsmerkmale für die Annahme von Anlagevermögen sind erfüllt, denn die Goldbarren sind zur dauerhaften (betrieblichen) Verwendung bestimmt.

    Maßgeblich für die Zuordnung zum Anlagevermögen ist grundsätzlich die Funktion und wirtschaftliche Bedeutung, die dem Vermögensgegenstand innerhalb des Betriebsorganismus zufällt (BFH-Urteil vom 28.05.1998 X R 80/94, BFH/NV 1999, 359). Es kommt für die Abgrenzung von Anlage- und Umlaufvermögen auf die Zweckbestimmung an, mit der ein Wirtschaftsgut im Betrieb eingesetzt wird (BFH-Urteil vom 28.05.1998 X R 80/94, BFH/NV 1999, 359).

    Zwar liegt ein Umstand, der für das Vorliegen von Umlaufvermögen spricht, darin begründet, dass der Kläger von vornherein nicht die Absicht hatte, die Goldbarren langfristig zu halten. Die Goldbarren sollten nach und nach verkauft werden, um aus dem Verkaufserlös Betriebsausgaben zu bestreiten.

    Nicht jede Veräußerungsabsicht führt aber zur Qualifikation als Umlaufvermögen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 05.02.1987 IV R 105/84, BStBl II 1987, 448) - der der erkennende Senat folgt - darf der Gesetzesausdruck „dauernd“ nicht als reiner Zeitbegriff im Sinn von „immer“ oder „für alle“ Zeiten verstanden werden. Maßgeblich ist allein, ob nach der Zweckbestimmung der Gebrauch oder der Verbrauch (auch durch Weiterveräußerung) im Vordergrund steht (BFH-Urteil vom 05.02.1987 IV R 105/84, BStBl II 1987, 448 m.w.N.). In diesem Kontext ist zu berücksichtigen, dass die Zweckbestimmung zwar subjektiv von einem entsprechenden Willen des Steuerpflichtigen abhängt; dieser muss aber anhand objektiver Merkmale (so z.B. der Art des Wirtschaftsguts, Art und Dauer der Verwendung, Art des Unternehmens) nachvollziehbar sein.

    In Anwendung dieser Erwägungen ordnet der BFH etwa Vorführwagen eines Autohändlers (BFH-Urteil vom 17.11.1981 VII R 86/78, BStBl II 1982, 344) und Musterhäuser eines Fertighausherstellers (BFH-Urteil vom 31.03.1977 V R 44/73, BStBl II 1977, 684) dem Anlagevermögen zu. Für unerheblich hält er es dabei, dass die Gegenstände nach einer im Verhältnis zu ihrer allgemeinen Nutzungsdauer ganz geringen Zeitspanne veräußert werden. Die Dauerhaftigkeit des Dienens ist danach nicht am Verhältnis von beabsichtigter Dauer als Ausstellungsgegenstand zur allgemeinen wirtschaftlichen Nutzungsdauer von Fahrzeugen bzw. Fertighäusern festzumachen. Vielmehr ist das zeitliche Moment im Hinblick auf die Art der beabsichtigten Verwendung zu würdigen.

    Die Übertragung der vorgenannten Grundsätze auf den Streitfall ergibt Folgendes:

    Entscheidend für den Goldankauf ist das Sicherheitsmotiv. In der Gewinnung von Sicherheit liegt der beabsichtigte Gebrauch. In diesem Kontext wird klägerseitig (Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 15.03.2018, Seite 4) vorgetragen, „dass es sich bei der Anschaffung des Goldes in dem in Rede stehenden Zeitraum notwendig um eine betrieblich veranlasste Absicherungsaktion gegen einen von vielen für sehr wahrscheinlich gehaltenen Euro/ Bankencrash handelte“. Des Weiteren wird (s.o) vorgetragen, „die gleiche Funktion hätte nämlich eine Versicherung von Betriebsmitteln gegen einen Banken-Crash gehabt.“

    Diese Annahme wird auch durch die Äußerungen gestützt, die der Kläger im Verwaltungsverfahren gemacht hat. Insoweit wird auf sein an das Finanzamt gerichtetes Schreiben vom 21.04.2015 (Blatt 121 ff. der Einkommensteuerakte 2012) verwiesen. Dort wird auf Seite 2 detailreich ausgeführt, warum es zu dem Ankauf des physischen Goldes gekommen ist. Daraus ergibt sich, dass die „Aktion als Versicherung gegen die damals wirklich virulente Gefahr eines Banken-Crashs“ diente.

    Auch in der mündlichen Verhandlung vom 26.06.2023 hat der Kläger nochmal darauf hingewiesen (und durch die Nennung von Zeitungsartikeln unterlegt), dass die brenzlige Situation hinsichtlich der Euro-Stabilität der Auslöser für den Goldankauf war.

    In den vorgenannten Einlassungen kommt der klägerseitig intendierte Sicherheitszweck eindeutig zum Ausdruck. Solange der Kläger das Gold für diese Sicherheitszwecke nutzte und deshalb eine Veräußerung noch nicht beabsichtigt war, stellt das Gold daher Anlagevermögen dar.

    Zwar wurde vom Kläger auch noch ein anderer Zweck verfolgt. Sicherlich ging es ihm auch darum, aufgrund der erwarteten Goldpreissteigerung - die auch eintrat - einen Spekulationsgewinn zu realisieren. Dieser Zweck stellt aber im Vergleich zum Sicherungszweck einen untergeordneten Zweck dar. Der Hauptzweck lag eindeutig in der oben genannten Sicherheitskomponente. Das ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers im Verwaltungs- und im Klageverfahren.

    Der auf Sicherung zielende Wille des Klägers kann auch objektiviert werden. Wäre es ihm hauptsächlich um die Spekulation auf steigende Goldpreise gegangen, hätte er sich etwa mit Goldzertifikaten eindecken können. Mit der physischen Anschaffung von Gold gehen demgegenüber erhöhte Kosten für Prägung, Transport, Verwahrung einher, die zu einem Aufschlag auf den reinen Goldpreis führen und einen etwaigen Spekulationsgewinn mindern. Die Inkaufnahme dieser zusätzlichen Kosten objektiviert die überragende Bedeutung des Sicherheitsmotivs (vgl. Lüdenbach, „Ansatz und Bewertung von Gold“, Unternehmensteuern und Bilanzen - StUB - 2011, 545 (546)).

    2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    3. Die Revisionszulassung beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO. Zum einen hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, zum anderen dient die Revisionszulassung der Rechtsfortbildung durch den Bundesfinanzhof.

    RechtsgebietEStGVorschriften§ 4 Abs. 3 S. 4 EStG, § 6 Abs. 1 EStG § 6 Abs. 2, § 247 Abs. 2 HGB, § 6 Abs. 2 EStG