24.01.2024 · IWW-Abrufnummer 239292
Finanzgericht Münster: Urteil vom 10.08.2023 – 3 K 2723/21 F
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die gesonderte Feststellung der Anzahl der Beschäftigten und der Ausgangslohnsumme gemäß § 13a Abs. 4 des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG), jeweils auf den Stichtag 00.00.2017 und für Zwecke der Erbschaftsteuer.
3
Als Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist im Handelsregister […] (HRB […]) folgendes eingetragen: „[…] Ausbildung von Fachkräften im sozialen Bereich, […].“ Der Alleingeschäftsführer und Alleingesellschafter der Klägerin, Herr E. I., verstarb am 00.00..2017. Er wurde von der Beigeladenen beerbt.
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Die Klägerin hielt am Bewertungsstichtag 51 v. H. der Anteile an der „I-GmbH“ mit Sitz in H-Stadt (AG H-Stadt, HRB E. I., im Folgenden auch: „Tochtergesellschaft“). Für diese Gesellschaft stellte das Finanzamt H-Stadt nach Aufforderung durch den Beklagten mit Bescheiden vom 01.04.2020 auf den Stichtag 00.00.2017 die Anzahl der Beschäftigten auf 2 Personen und die Ausgangslohnsumme auf 38.461 EUR gesondert fest.
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In der für die Klägerin am 09.04.2017 an den Beklagten übermittelten Lohnsteueranmeldung für den Zeitraum März 2017 war unter der Kennziffer 86 (= Zahl der Arbeitnehmer einschl. Aushilfs- und Teilzeitkräfte) die Zahl 11 eingetragen.
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Das Finanzamt C-Stadt, Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle, forderte im Juni 2019 beim Beklagten auf den Bewertungsstichtag 00.00.2017 u. a. die Feststellung der Anzahl der Beschäftigten und der Ausgangslohnsumme für die Klägerin an.
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Die Klägerin reichte die Feststellungserklärung im August 2019 beim Beklagten ein. In der „Anlage Betriebsvermögen für Anteile an Kapitalgesellschaften zur Feststellungserklärung auf den Bewertungsstichtag 00.00.2017 gab sie die „Anzahl der Beschäftigten in der Gesellschaft ohne solche in nachgeordneten Gesellschaften“ (Zeile 132) mit „unter 20“ an, ebenso die „Anzahl der Beschäftigten in der Gesellschaft einschließlich solche in nachgeordneten Gesellschaften“ (Zeile 135). Zur Ausgangslohnsumme der Gesellschaft (Zeilen 144 bis 147) machte sie in der Feststellungserklärung keine Angaben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Feststellungserklärung vom 02.08.2019 Bezug genommen. Am 09.09.2019 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, die durchschnittliche Lohnsumme habe sich in den Jahren von 2012 bis 2016 auf 278.290 EUR belaufen.
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Am 29.04.2020 erließ der Beklagte einen zusammengefassten Bescheid, der verschiedene gesonderte Feststellungen enthielt. Insbesondere stellte er die Anzahl der Beschäftigten auf 12 Personen fest. 11 Personen waren ausweislich der Anlage zum Feststellungsbescheid bei der Klägerin selbst beschäftigt; ein weiterer Beschäftigter wurde ihr aus der Tochtergesellschaft zugerechnet, entsprechend der Beteiligungshöhe von 51 v. H. bei 2 Beschäftigen in der Tochtergesellschaft. Die Ausgangslohnsumme stellte der Beklagte auf 297.905 EUR fest. Dieser Betrag setzte sich aus der erklärten Ausgangslohnsumme der Klägerin zuzüglich eines Anteils von 51 v. H. der für die Tochtergesellschaft festgestellten Ausgangslohnsumme zusammen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 29.04.2020 Bezug genommen.
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Den hiergegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 05.10.2021 als unbegründet zurück. Bezüglich der Feststellung der Anzahl der Beschäftigten führte er aus, er sei an die Feststellungen im Grundlagenbescheid des Finanzamts H-Stadt für die Tochtergesellschaft vom 01.04.2020 gebunden. Die Zahl der eigenen Beschäftigten der Klägerin habe er anhand der in der Lohnsteueranmeldung für den Monat März 2017 ersichtlichen Arbeitnehmeranzahl geschätzt. Substantiierte Einwendungen gegen die festgestellte Anzahl der Beschäftigten habe die Klägerin nicht erhoben.
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Am 02.11.2021 ist die vorliegende Klage bei Gericht eingegangen.
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Während des Klageverfahrens ist der zunächst auch wegen der Höhe des gesondert festgestellten Wertes des Anteils an einer Kapitalgesellschaft gemäß § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG angefochtene zusammengefasste Bescheid am 15.11.2022 geändert und die Anzahl der Beschäftigten auf 12 Personen und die Ausgangslohnsumme auf 297.905 EUR festgestellt worden. Soweit die Klage gegen die gesonderte Feststellung des Wertes des Anteils an einer Kapitalgesellschaft gemäß § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG gerichtet war, wird sie inzwischen nicht mehr weiter verfolgt.
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Die Klägerin trägt vor, die Lohnsummenregelung finde keine Anwendung. Sie habe am Bewertungsstichtag weniger Mitarbeiter beschäftigt als die im ErbStG geforderte Anzahl. § 13a Abs. 3 ErbStG und § 23 Abs. 1 Satz 4 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) seien einheitlich auszulegen, d. h. maßgeblich für Zwecke des § 13a Abs. 3 ErbStG sei nicht die Anzahl der Mitarbeiter nach Köpfen, sondern nach deren Arbeitszeitanteilen. Als […] Weiterbildungsinstitut habe sie nur punktuellen und stundenweisen Personalbedarf. Für die jeweiligen Teilgebiete seien nur punktuell Spezialisten hinzugebucht bzw. für einen sehr kurzen Zeitraum beschäftigt worden. Analog zu Saisonarbeitern seien diese weder ausschließlich noch überwiegend in ihrem Betrieb beschäftigt gewesen. Ihr Betrieb sei nicht mit dem eines klassischen Industriebetriebs vergleichbar.
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Mit Schreiben vom 13.02.2023 ist die Klägerin gemäß § 79b Abs. 2 FGO aufgefordert worden, binnen 3 Wochen nach Zustellung der Anordnung erstens mitzuteilen, wie viele Beschäftigte die Klägerin am Stichtag 00.00.2017 hatte, und anzugeben, mit welchem Stellenanteil bzw. mit welcher Stundenzahl die jeweiligen Personen bei der Klägerin beschäftigt waren; zweitens die Arbeitsverträge aller am 00.00.2017 bei der Klägerin Beschäftigen vorzulegen; drittens mitzuteilen, welche bei der Klägerin beschäftigten Personen zum Stichtag 00.00.2017 noch in einem anderen Betrieb beschäftigt waren und in welchem Stundenumfang dies jeweils der Fall war. Zugleich ist eine Belehrung nach § 79b Abs. 3 FGO erfolgt.
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Hierzu hat die Klägerin am 15.02.2023 mitgeteilt, am Stichtag seien 8 Personen bei ihr angestellt gewesen. Frau V. I. sei mit 20 Stunden bei ihr beschäftigt gewesen. Frau W. I. sei mit 2 Stunden bei ihr beschäftigt und hauptberuflich Betreuerin und Erzieherin in einer Grundschule im Rahmen des evangelischen Kirchenkreises E-Stadt gewesen. Frau F. C. sei mit 15 Stunden bei ihr beschäftigt und hauptberuflich Fachlehrerin für Pflegeberufe und Altentherapeutin gewesen. Frau X. L. sei mit 6 Stunden bei ihr beschäftigt, hauptberuflich Psychologin und bei der U-Schule in E-Stadt beschäftigt gewesen. Frau E. T. sei mit 5 Stunden als Reinigungskraft bei ihr beschäftigt und hauptberuflich Reinigungskraft bei verschiedenen anderen Unternehmen und Privathaushalten gewesen. Frau O. M. sei mit 4 Stunden als Reinigungskraft bei ihr beschäftigt und hauptberuflich Reinigungskraft bei verschiedenen anderen Unternehmen und in Privathaushalten gewesen. Frau G. D. sei mit 20 Stunden bei ihr beschäftigt gewesen; die Hauptbeschäftigung könne nicht mehr nachvollziehbar dargelegt werden. Frau B. N., Diplom-Psychologin, sei mit 19 Stunden bei ihr und daneben bei der D-Firma beschäftigt gewesen.
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Zugleich hat die Klägerin folgende Unterlagen beigebracht, auf die wegen der Einzelheiten jeweils Bezug genommen wird:
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1. Anstellungsvertrag mit Frau V. I. als Geschäftsführerin vom 01.06.2017;
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2. Personalfragebogen vom 31.10.2013 für Frau W. I.;
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3. Arbeitsvertrag mit Frau F. C. vom 07.09.1998 über 19,5 Stunden wöchentlich nebst Ergänzung vom 30.08.2017 über 15 Stunden wöchentlich;
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4. Personalfragebogen vom 19.01.2017 bzw. 26.01.2017 für Frau E. T., nebst Formular zur Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung bei einer geringfügig entlohnten Beschäftigung vom 21.02.2017;
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5. Formular betr. Frau O. M. zur Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung bei einer geringfügig entlohnten Beschäftigung vom 01.02.2013;
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6. Arbeitsvertrag mit Frau G. D. vom 02.10.2014;
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7. Änderungsvereinbarung mit Frau B. N. vom 15.06.2016 zum Arbeitsvertrag vom 30.09.1996.
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Ferner trägt die Klägerin vor, am Stichtag seien darüber hinaus Herr E. I. in Vollzeit und Frau C. G., letztere mit 15 Wochenstunden und einer anderweitigen Hauptbeschäftigung, für sie tätig gewesen. Herr I. sei als am Stichtag verstorbener Gesellschaftergeschäftsführer nicht mit in die Anzahl der Beschäftigten einzubeziehen.
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Die Klägerin hat zudem ein Datenübertragungsprotokoll betr. die Lohnsteueranmeldung für März 2017 und das Lohnjournal für März 2017 beigebracht. Danach waren von den insgesamt 11 Beschäftigten 4 geringfügig beschäftigt. Für die geringfügig Beschäftigten (Frau X. L., Frau E. T., Frau O. M. und Frau W. I.) wurde demnach die pauschale Lohnsteuer von 2 v. H. an die Bundesknappschaft abgeführt. Die für März 2017 angemeldete Summe der einzubehaltenden Lohnsteuer von 1.739,48 EUR entfiel auf folgende Beschäftigte: Frau F. C., Frau G. D., Frau C. G., Frau V. I., Herrn E. I., Frau B. N. und Frau S. N..
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Die Klägerin hat die Anzahl der Beschäftigten zunächst mit 4,25 angegeben. Diese Zahl hat sie im Schriftsatz vom 28.04.2023 auf 3,15 reduziert. Im Einzelnen hat sie dabei die beigeladene Frau V. I. mit 0,5 berücksichtigt, Frau W. I. mit 0, Frau F. C. mit 0,4, Frau X. L., Frau E. T. und Frau O. M. jeweils mit 0,25, ferner Frau G. D. mit 0,6, Frau L. mit 0,5 und eine weitere, lediglich als „Nr. 9“ bezeichnete Person mit 0,4. Ergänzend führt die Klägerin aus, dass man nach der Gesetzesbegründung („überwiegend im Betrieb tätig sind“) auch zu dem Ergebnis gelangen könne, dass ausschließlich Frau V. I. als Beschäftigte zu zählen sei. Sie sei die einzige Person gewesen, die ausschließlich in ihrem Betrieb tätig gewesen sei. Naturgemäß müsse die Umschulung von Altenpflegekräften von verschiedenen Fachpersonen unterrichtet werden. Da diese wie Saisonarbeiter nur dann für sie, die Klägerin, tätig würden, wenn Umschüler zu unterrichten seien, und die Stundenzahl ihrer Mitarbeiter der Teilnehmerzahl angepasst werde, seien die anderen Mitarbeiter ‒ außer Frau I. ‒ als überwiegend anderweitig tätige Mitarbeiter für erbschaftsteuerliche Zwecke nicht zu berücksichtigen.
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Die Klägerin macht zudem geltend, dass die Beigeladene erst nach dem Tod ihres Ehemannes in die Organstellung als Geschäftsführerin hineingewachsen sei. Wenn man auch überwiegend anderweitig beschäftigte Arbeitskräfte bei der Feststellung der Anzahl der Beschäftigten berücksichtige, würde aus jedem Kleinbetrieb mit diversen stundenweise beschäftigen Mitarbeitern ein großes Unternehmen „hochgerechnet“. Das widerspreche der Intention des Gesetzgebers und sei verfassungswidrig.
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Die Klägerin hat zu der von ihr angegebenen durchschnittlichen Lohnsumme von 278.290 EUR mitgeteilt, sie ergebe sich aus dem Durchschnitt der Jahre 2012 bis 2016. Im Einzelnen hat sie dargelegt, sie habe in 2012 Löhne bzw. Gehälter von 368.414,61 EUR, in 2013 von 359.742,54 EUR, in 2014 von 280.591,59 EUR; in 2015 von 196.129,52 EUR und in 2016 von 186.572,83 EUR, insgesamt 1.391.451,09 EUR, gezahlt.
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Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid vom 15.11.2022 dahingehend zu ändern, dass die Anzahl der Beschäftigten auf 3,15 festgestellt und die Feststellung der Ausgangslohnsumme aufgehoben wird,
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hilfsweise, die Lohnsumme für die nicht ausschließlich oder überwiegend im Betrieb tätigen Mitarbeiter anteilig zu kürzen,
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sowie weiter hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
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Zur Begründung nimmt der Beklagte im Wesentlichen Bezug auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Er vertritt die Auffassung, in die Feststellung der Anzahl der Beschäftigten seien grundsätzlich alle Beschäftigten, unabhängig von ihrem sozialversicherungsrechtlichen Status, einzubeziehen, insbesondere auch geringfügig Beschäftigte im Sinne des § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV). Eine Umrechnung der Beschäftigtenzahl anhand der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit sei nicht vorzunehmen.
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Am 18.01.2023 hat die Berichterstatterin einen Erörterungstermin durchgeführt. Der Senat hat am 04.05.2023 und am 10.08.2023 mündlich verhandelt. Auf die Protokolle wird Bezug genommen.
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Die Beteiligten haben übereinstimmend ihren Verzicht auf die Einvernahme der von der Berichterstatterin schriftlich befragten Zeuginnen erklärt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte (Bl. 388 ff.) Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unbegründet.
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1. Der Bescheid vom 15.11.2022 über die gesonderte Feststellung der Anzahl der Beschäftigten und der Ausgangslohnsumme nach § 13a Abs. 4 ErbStG für Zwecke der Erbschaftsteuer auf den Bewertungsstichtag 00.00.2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
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Der Beklagte hat die Anzahl der Beschäftigten auf den Bewertungsstichtag 00.00.2017 zutreffend auf 12 und die Ausgangslohnsumme auf 297.905 EUR festgestellt.
43
Nach § 13a Abs. 4 Satz 1 ErbStG stellt das für die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit örtlich zuständige Finanzamt im Sinne des § 152 Nummer 1 bis 3 BewG u.a. die Ausgangslohnsumme und die Anzahl der Beschäftigten gesondert fest, wenn diese Angaben für die Erbschaftsteuer von Bedeutung sind. Die Entscheidung über die Bedeutung trifft das Finanzamt, das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer oder die Feststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 BewG zuständig ist (§ 13a Abs. 4 Satz 3 ErbStG).
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Als Ausgangslohnsumme definiert § 13a Abs. 3 Satz 2 ErbStG die durchschnittliche Lohnsumme der letzten fünf vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) endenden Wirtschaftsjahre. Die Lohnsumme umfasst gemäß § 13a Abs. 3 Satz 6 ErbStG alle Vergütungen (Löhne und Gehälter und andere Bezüge und Vorteile), die im maßgebenden Wirtschaftsjahr an die auf den Lohn- und Gehaltslisten erfassten Beschäftigten gezahlt werden. Außer Ansatz bleiben nach § 13a Abs. 3 Satz 7 ErbStG Vergütungen an solche Beschäftigte,
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1. die sich im Mutterschutz im Sinne des Mutterschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 20.06.2002 (BGBl. I Seite 2318), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 23.10.2012 (BGBl. I Seite 2246) geändert worden ist, befinden oder
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2. die sich in einem Ausbildungsverhältnis befinden oder
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3. die Krankengeld im Sinne des § 44 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ‒ Gesetzliche Krankenversicherung ‒ (Artikel 1 des Gesetzes vom 20.12.1988, BGBl. I Seiten 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 30.05.2016 (BGBl. I Seite 1254) geändert worden ist, beziehen oder
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4. die Elterngeld im Sinne des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.01.2015 (BGBl. I Seite 33) beziehen oder
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5. die nicht ausschließlich oder überwiegend in dem Betrieb tätig sind (Saisonarbeiter); diese im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) einem Betrieb zuzurechnenden Beschäftigten bleiben bei der Anzahl der Beschäftigten des Betriebs im Sinne des § 13a Abs. 3 Sätze 3 und 4 ErbStG unberücksichtigt.
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Gehören bei Anteilen an einer Kapitalgesellschaft zum Betriebsvermögen des Betriebs der jeweiligen Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar Anteile an Kapitalgesellschaften, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland haben, und beträgt die Beteiligung mehr als 25 v. H., sind die Lohnsummen und die Anzahl der Beschäftigten dieser Gesellschaften einzubeziehen zu dem Anteil, zu dem die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung besteht, § 13a Abs. 3 Sätze 11 und 12 ErbStG.
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Bei Anwendung dieser Regelungen auf den Streitfall erweisen sich die hier streitigen Feststellungen als rechtmäßig. Der Beklagte hat die Ausgangslohnsumme und die Anzahl der Beschäftigten auf Anforderung des Finanzamts C-Stadt als Erbschaftsteuerfinanzamt gesondert festgestellt.
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Der Beklagte hat die Anzahl der bei der Klägerin selbst Beschäftigten im Ausgangspunkt zutreffend anhand der bei ihr im Zeitpunkt der Steuerentstehung, d. h. am 00.00.2017, auf den Lohn- und Gehaltslisten erfassten Beschäftigten, gezählt nach Köpfen, mit 11 ermittelt. Von der so ermittelten Personenzahl hat er zu Recht keinen Beschäftigten unberücksichtigt gelassen. Schließlich hat er die für die Tochtergesellschaft auf den 00.00.2017 gesondert festgestellte Anzahl der Beschäftigten und die Lohnsumme zutreffend anteilig mit einer Person in die gesonderte Feststellung bei der Klägerin einbezogen.
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Die Anzahl der Beschäftigten ist im Ausgangspunkt anhand der Anzahl der auf den Lohn- und Gehaltslisten erfassten Beschäftigten, gezählt nach Köpfen, zu bestimmen (i. E. ebenso z. B. Geck in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 13a Rz. 69; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13a Rz. 84; Wachter in Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, § 13a Rz. 282, 287).
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Dafür spricht bereits der Wortlaut des § 13a Abs. 3 Sätze 7 und 11 f. ErbStG sowie des § 13a Abs. 4 ErbStG. Da diese Vorschriften den Terminus „Anzahl der Beschäftigten“ jeweils ohne weitere Differenzierungen oder Einschränkungen verwenden, liegt es bereits nach dem Gesetzestext nahe, dass die „Anzahl der Beschäftigten“ der Zahl der im Betrieb beschäftigten Personen entspricht.
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Für diese Vorgehensweise und zugleich gegen eine Umrechnung der Beschäftigtenzahl anhand von Stellenanteilen streitet auch die Gesetzeshistorie. Zwar hatte der Gesetzgeber des Erbschaftsteuerreformgesetzes (ErbStRG vom 24.12.2008, BGBl. I 2008, Seite 3018) die für Zwecke des § 13a Abs. 1 ErbStG a. F. maßgebliche Anzahl von zehn Beschäftigten zunächst der Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG entlehnt (vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum ErbStRG, BT-Drs. 16/7918, Seite 33). Mit der Erhöhung der relevanten Beschäftigtenzahl auf 20 durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz (vom 22.12.2009, BGBl. I 2009, Seite 3950) gab der Gesetzgeber allerdings rückwirkend zum 01.01.2009 die Anknüpfung an das KSchG völlig auf (vgl. BVerfG, Urteil vom 17.12.2014 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136, Rz. 217, 225). Nachdem das BVerfG die Privilegierung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten als unverhältnismäßig im engeren Sinne und deshalb als verfassungswidrig eingestuft hatte, senkte der Gesetzgeber im Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des BVerfG vom 04.11.2016 (BGBl. I 2016, Seite 2464) in § 13a Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 ErbStG die Grenze für den Verzicht auf die Lohnsummenprüfung auf eine Beschäftigtenzahl von höchstens 5 Beschäftigten ab. Dabei sollte § 13a ErbStG in seiner Grundstruktur erhalten bleiben, soweit aufgrund des o. g. Urteils des BVerfG vom 17.12.2014 kein Änderungsbedarf bestand. Die Beschäftigtenzahl sollte jedoch abgesenkt werden, um die Ausnahme von der Lohnsummenregelung auf eine relativ kleine Gruppe von Betrieben zu beschränken (Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 353/15, Seite 2, zur ursprünglich vorgesehenen Absenkung auf 3 Beschäftigte; Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drs. 18/8911, Seite 37, zur Absenkung auf 5 Beschäftigte). Zu diesem Zeitpunkt war die Fragestellung, ob die Beschäftigtenzahl anhand einer stellenanteiligen Betrachtung, also mit einem gegenüber einer Zählung nach Köpfen niedrigeren Wert, vorgenommen werden könnte, dem Gesetzgeber jedoch ‒ allein schon durch die Darstellung der Gesetzeshistorie im Urteil des BVerfG ‒ hinlänglich bekannt. Der Gesetzgeber wollte allerdings die Höchstbeschäftigtenzahl für die Ausnahme von der Lohnsummenregelung deutlich verschärfen und sah gerade keinen Anlass, eine stellenanteilige Betrachtung einzuführen. Überdies zeigen auch die Formulierungen des § 13a Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 ErbStG („anteilig einzubeziehenden Beschäftigte“) und des § 13a Abs. 3 Satz 11 ErbStG („sind in die Lohnsummen und die Anzahl der Beschäftigten dieser Gesellschaften einzubeziehen zu dem Anteil, zu dem die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung besteht“), dass dem Gesetzgeber die Problematik, ob Beschäftigte nach Köpfen oder unter bestimmten Umständen lediglich anteilig einzubeziehen sein könnten, bewusst war. Er hat jedoch nur für die in § 13a Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 ErbStG in Bezug genommenen Vorschriften des § 13a Abs. 3 Sätze 11 und 13 ErbStG, die nachgeordnete Personen- bzw. Kapitalgesellschaften betreffen, eine anteilige Einbeziehung von Beschäftigten angeordnet. Diese Systematik spricht im Umkehrschluss dafür, dass für alle anderen Sachverhalte grundsätzlich eine Zählung nach Köpfen zu erfolgen hat.
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Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist der Beklagte im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass alle auf den Lohn- und Gehaltslisten der Klägerin am Stichtag erfassten Personen, nämlich 11, als Beschäftigte zu zählen sind.
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Die Zahl von 11 Beschäftigten bei der Klägerin war im Streitfall auch nicht zu reduzieren, weder um die Person des am Stichtag verstorbenen Geschäftsführers, noch um die bei der Klägerin geringfügig Beschäftigten, noch um etwaige Beschäftigte im Sinne des § 13a Abs. 3 Satz 7 ErbStG.
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Der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft ist ebenfalls Beschäftigter i. S. des § 13a ErbStG, auch wenn er kündigungsschutz- bzw. sozialversicherungsrechtlich ggf. kein Arbeitnehmer ist (ebenso Geck, KÖSDI 2021, 22064, 22066), und zwar unabhängig davon, ob der Geschäftsführer gleichzeitig Gesellschafter ist (vgl. Geck in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 13a Rz. 32). Denn die Feststellung der Anzahl der Beschäftigten zum Besteuerungsstichtag dient allein der Entscheidung über die Frage, ob und mit welchen prozentualen Modifikationen die Lohnsummenregelung Anwendung findet. Der Schutz des individuellen Arbeitsplatzes im konkreten Betrieb ist nicht Ziel der in § 13a Abs. 3 ErbStG getroffenen Regelungen, sondern es geht um den grundsätzlichen Arbeitsplatzerhalt, um den Erhalt des Betriebes mit einem bestimmten Beschäftigungsvolumen, für das die Entwicklung der Lohnsumme in der Zeit nach dem Besteuerungsstichtag als Indikator dient. Die Lohnsumme soll dem Erwerber, der den Betrieb weiterführt, ein gewisses Maß an Flexibilität in Bezug auf die Fluktuation der im Betrieb Beschäftigten bieten (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zum ErbStRG, BT-Drs. 16/7918, Seite 33). Dementsprechend differenziert auch der Gesetzestext nicht anhand kündigungs- oder sozialversicherungsrechtlicher Kriterien, sondern stellt gemäß § 13a Abs. 3 Satz 6 ErbStG auf die „auf den Lohn- und Gehaltslisten erfassten Beschäftigten“ ab. Dazu gehört auch der Geschäftsführer; gerade seine Position prägt in kleinen Betrieben wie dem vorliegenden häufig das gesamte, den konkreten Betrieb am Besteuerungsstichtag ausmachende Beschäftigungsvolumen.
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Auch die Tatsache, dass der vor seinem Tod zu den Beschäftigten des Betriebes zählender Erblasser, im Streitfall Herr E. I. als Geschäftsführer, diese Eigenschaft mit dem Eintritt seines Todes verliert, steht der Einbeziehung seiner Person in die Anzahl der Beschäftigten des Betriebes nicht entgegen. Wie bereits dargestellt, zielt die Lohnsummenregelung des § 13a Abs. 3 ErbStG auf den (abstrakten) Erhalt von Arbeitsplätzen im konkreten Betrieb. Dazu wird das maßgebliche Beschäftigungsvolumen, gemessen anhand der Lohnsummen, vor und nach dem Stichtag miteinander verglichen. Die Frage, ob ein Erblasser (noch) als Beschäftigter eines Betriebes zu gelten hat, wurde im Kern bereits im Gesetzgebungsverfahren zum ErbStRG aus dem Jahr 2008 thematisiert. Diverse Ausschüsse unter der Federführung des Finanzausschusses hatten damals empfohlen, den Gesetzesentwurf zu § 13a Abs. 4 ErbStG ausdrücklich zu ergänzen um die Formulierung, dass der Erblasser oder Schenker sowie der Erwerber nicht als „Arbeitnehmer“ gelten sollte (BR-Drs. 4/1/08, unter Ziffer 9 b)). Diesem Vorschlag folgte der Gesetzgeber indes nicht. Maßgeblich ist deshalb, wie sich die Beschäftigtenanzahl des Betriebs am Besteuerungsstichtag zum Zeitpunkt des die Steuer auslösenden Ereignisses, hier dem Tod des Gesellschafter-Geschäftsführers, darstellte. Alle Personen, die zu diesem Zeitpunkt Einkünfte im Sinne des § 19 Einkommensteuergesetzes (EStG) aus ihrer Tätigkeit in diesem Betrieb erzielten, sind in die Berechnung der Anzahl der Beschäftigten mit einzubeziehen.
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Geringfügig Beschäftigte sind bei der Bestimmung der Anzahl der Beschäftigten nicht auszunehmen, sondern wie alle anderen Beschäftigten nach Köpfen in diese Berechnung mit einzubeziehen. Sie erzielen einkommensteuerlich in dem betreffenden Betrieb Einkünfte im Sinne des § 19 EStG. Letztlich ist die Aufteilung des im konkreten Betrieb vorhandenen Beschäftigungsvolumens auf die dort Beschäftigten grundsätzlich eine strategische Entscheidung der Betriebsleitung, die freilich ‒ je nach Arbeitsmarktlage ‒ auch von den Wünschen und Bedürfnissen derjenigen beeinflusst wird, die ihre Arbeitskraft im Betrieb zur Verfügung stellen. Da es um den Erhalt des Beschäftigungsvolumens in dem konkreten Betrieb geht und alle dort Beschäftigen einschließlich der geringfügig Beschäftigten ihren Anteil daran haben, verbietet es sich, das am Besteuerungsstichtag vorgefundene Beschäftigungsvolumen per se anhand sozialversicherungsrechtlicher Kriterien rechnerisch zu reduzieren. Das wird insbesondere am Sachverhalt des Streitfalls deutlich, in dem geringfügig Beschäftigte wie die Zeuginnen M. und T. als Reinigungskräfte dem Betriebszweck „Weiterbildung“ gegenüber untergeordnete Hilfstätigkeiten erbrachten haben, andererseits aber die Zeugin L. als Diplompsychologin ebenfalls im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses für die Klägerin jahrelang in deren Kerntätigkeitsbereich, der Lehre, tätig war.
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Aus den gleichen Gründen reduziert sich die Anzahl der Beschäftigten nicht um solche Beschäftigten, die neben ihrer Beschäftigung im konkreten Betrieb anderweitige Beschäftigungsverhältnisse haben. Das gilt unabhängig davon, mit wie vielen Stunden sie im konkreten Betrieb tätig sind und ob die Beschäftigung in einem anderen Betrieb möglicherweise den Schwerpunkt ihrer beruflichen Tätigkeit bildet. Denn alle diese Beschäftigten tragen ihren Anteil zum Beschäftigungsvolumen des konkreten Betriebes bei, wie er sich zum Stichtag darstellt. Hinzu kommt, dass anderenfalls Vollzugsdefizite bei der Erbschaftsteuer drohen würden. Denn der jeweilige Betriebsinhaber verfügt keineswegs jederzeit über eine gesicherte Datenlage zu der Frage, ob die bei ihm Beschäftigten möglicherweise in weiteren Betrieben ebenfalls beschäftigt sind und in welchem Umfang. Dasselbe gilt erst recht für die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte. Wie die schriftliche Befragung der im Betrieb Beschäftigten durch die Berichterstatterin im Streitfall zeigt, ist auch bei der Befragung der Beschäftigten selbst, sofern sie nach Jahren überhaupt noch kontaktierbar sind, nicht in jedem Fall ein gesichertes und abschließendes Bild über den für den konkreten Betrieb geleisteten Stundenumfang bzw. über etwaige weitere Beschäftigungsverhältnisse zu erlangen.
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Beschäftigte, die gemäß § 13a Abs. 3 Satz 7 ErbStG bei der Anzahl der Beschäftigten unberücksichtigt bleiben müssen, sind vorliegend ebenfalls nicht gegeben. Insbesondere erfüllten im Besteuerungszeitpunkt keine im Betrieb der Klägerin Beschäftigten die Merkmale des § 13a Abs. 3 Satz 7 Nr. 5 ErbStG. Nach dieser Vorschrift bleiben Beschäftigte, die nicht ausschließlich oder überwiegend im Betrieb tätig sind (Saisonarbeiter), bei der Anzahl der Beschäftigten außer Ansatz.
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Die Ausnahmeregelungen des § 13a Abs. 3 Satz 7 ErbStG sind im Rahmen der Erbschaftsteuerreform 2016 aus arbeits- und sozialpolitischen Gründen berücksichtigt worden (vgl. Wachter in Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, § 13a Rz. 280). Sie lehnen sich ‒ soweit es um § 13a Abs. 3 Satz 7 Nr. 5 ErbStG geht ‒ in ihrer Formulierung an die Vorgängerregelung des § 13a Abs. 4 Satz 1 ErbStG in der Fassung des ErbStRG an. Diese sah vor, dass die Lohnsumme alle Vergütungen umfasste, die im maßgeblichen Wirtschaftsjahr an die auf den Lohn- und Gehaltslisten erfassten Beschäftigen gezahlt wurden; außer Ansatz blieben Vergütungen an solche Arbeitnehmer, die nicht ausschließlich oder überwiegend in dem Betrieb tätig waren. Der Gesetzgeber des ErbStRG hatte dabei vor Augen, dass Leiharbeitsverhältnisse und Saisonarbeitsverhältnisse nicht in die maßgebliche Lohnsumme einbezogen werden sollten. Nach seiner Vorstellung war die Lohnsumme in Einzelunternehmen, Personen- und Kapitalgesellschaften ohne großen Aufwand zu ermitteln, wenn diese keine Unterbeteiligungen hatten (Gesetzentwurf der Bundesregierung zum ErbStRG, BT-Drs. 16/7918, Seite 34). Nachdem das Urteil des BVerfG vom 17.12.2014 1 BvL 21/12 eine Änderung der §§ 13a, 13b ErbStG notwendig gemacht hatte, wurde § 13a Abs. 4 Satz 7 ErbStG in der im Streitfall anzuwendenden Fassung durch das Gesetz zur Anpassung des ErbStG an die Rechtsprechung des BVerfG vom 04.11.2016, BGBl. I 2016, Seite 2464, eingeführt. Darin wurden ‒ gleichzeitig mit der Absenkung der Beschäftigtenzahl, bei der Betriebe von der Einhaltung der Lohnsummenregelung ausgenommen waren ‒ in § 13a Abs. 4 Satz 7 Nr. 1 bis Nr. 4 ErbStG neue Ausnahmen für bestimmte Beschäftigte geschaffen, die bei der Anzahl der Beschäftigten und der Ermittlung der Lohnsumme unberücksichtigt blieben. Die vorherige Formulierung des § 13a Abs. 4 Satz 1 ErbStG bildete demgegenüber die Blaupause für den Wortlaut des neuen § 13a Abs. 3 Satz 7 Nr. 5 ErbStG, welcher um den Klammerzusatz „Saisonarbeiter“ ergänzt wurde. Hierzu führte der Finanzausschuss aus, dass Saisonarbeiter wie nach bisherigem Recht sowohl bei der Anzahl der Beschäftigten eines Betriebs sowie bei der Ermittlung der Lohnsummen unberücksichtigt bleiben sollten (Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses BT-Drs. 18/8911, Seite 37).
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Der Umstand, dass der Gesetzgeber den Weg des Klammerzusatzes für einen Gesetzestext gewählt und den Gesetzestext als solchen beibehalten hat, der bei seiner Einführung jedenfalls auch Leiharbeiter umfassen sollte, lässt darauf schließen, dass der Klammerzusatz „Saisonarbeiter“ den Regelungsgehalt des § 13a Abs. 3 Satz 7 Nr. 5 ErbStG nicht vollständig abbilden sollte, sondern vielmehr als typisierendes Beispiel zu verstehen ist.
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Vor diesem Hintergrund, zusammen mit der Intention der Lohnsummenregelung, das Beschäftigungsvolumen des konkreten, im Wege der Rechtsnachfolge übergegangenen Betriebes für die Zukunft zu erhalten, wird deutlich, dass der Wortlaut des § 13a Abs. 3 Satz 7 Nr. 5 ErbStG („nicht ausschließlich oder überwiegend in dem Betrieb tätig“) nicht in dem Sinne zu verstehen ist, dass Teilzeitkräfte, geringfügig Beschäftigte oder Beschäftigte mit einem weiteren Beschäftigungsverhältnis in einem anderen Betrieb bei der Anzahl der Beschäftigten und bei der Ermittlung der Lohnsumme per se außer Ansatz bleiben sollen. Der Lohnsummenregelung liegt eine betriebsbezogene Betrachtungsweise zugrunde, um den abstrakten Arbeitsplatzerhalt im konkreten Betrieb im Sinne des Erhalts der für den Betrieb insgesamt erforderlichen Arbeitskraft sicherzustellen. Daher muss auch der ‒ für sich genommen nicht eindeutig formulierte ‒ Wortlaut der Ausnahmeregelung in diesem Licht verstanden werden. Es kann deshalb nicht maßgeblich sein, ob der Beschäftigte, bezogen auf den Zeitpunkt der Steuerentstehung, die ihm zur Verfügung stehende wöchentliche Arbeits- oder Lebenszeit nur teilweise oder überwiegend in dem konkreten Betrieb verbringt.
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Die Regelungstechnik, welche einen Saisonarbeiter als typisches Beispiel eines unter § 13a Abs. 3 Satz 7 Nr. 5 ErbStG fallenden Beschäftigten hervorhebt, macht deutlich, dass § 13a Abs. 3 Satz 7 Nr. 5 ErbStG solche Personengruppen ausnehmen soll, die zeitlich nicht dauerhaft in dem konkreten Betrieb arbeiten, sondern in einem befristeten Beschäftigungsverhältnis für ihn tätig sind und einen durch die Art des Betriebes bedingten, regelmäßig wiederkehrenden, erhöhten Arbeitskräftebedarf des Betriebs abdecken. Dieses Normverständnis ist an den allgemeinen Sprachgebrauch in Bezug auf das Wort „Saisonarbeiter“ angelehnt. Das digitale Wörterbuch der deutschen Sprache DWDS umschreibt die Bedeutung des Wortes „Saisonarbeiter“ so: „jemand, der zur Erledigung saisonbedingt anfallender Arbeiten nur vorübergehend befristet eingestellt bzw. beschäftigt wird“ (https://www.dwds.de/wb/Saisonarbeiter). Die Formulierung in § 13a Abs. 3 Satz 7 Nr. 5 ErbStG, die auf eine nicht ausschließliche oder überwiegende Tätigkeit des Beschäftigten in dem Betrieb abstellt, ist deshalb so zu verstehen, dass sie eine zeitliche Grenze in Bezug auf befristete Arbeitsverträge festlegt, mit denen der Betrieb einen betriebsbedingt regelmäßig wiederkehrenden, erhöhten Arbeitskräftebedarf abdeckt. § 13a Abs. 3 Satz 7 ErbStG ist als Ausnahmevorschrift zu § 13a Abs. 3 Satz 6 ErbStG formuliert, welcher alle Vergütungen an die im maßgeblichen Wirtschaftsjahr Beschäftigten als für die Lohnsumme maßgebliche Größe festlegt. „Nicht ausschließlich oder überwiegend in dem Betrieb“ tätig i. S. des § 13a Abs. 3 Satz 7 Nr. 5 ErbStG sind deshalb nur Beschäftigte mit einem auf höchstens 6 Monate befristeten Arbeitsvertrag, deren Tätigkeit einen betriebsbedingt regelmäßig wiederkehrenden, erhöhten Arbeitskräftebedarf des Betriebes abdeckt.
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Im Streitfall waren laut Lohnjournal im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer 11 Personen bei der Klägerin beschäftigt. Davon war, auch nach dem Vortrag der Klägerin, keiner auf Grundlage eines befristeten Arbeitsvertrages in ihrem Betrieb tätig.
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Aus der Tochtergesellschaft war gemäß § 13a Abs. 3 Sätze 11 und 12 ErbStG ein weiterer Beschäftigter in die gesonderte Feststellung der Anzahl der Beschäftigten bei der Klägerin einzubeziehen. Gehören bei Anteilen an einer Kapitalgesellschaft zum Betriebsvermögen des Betriebs der jeweiligen Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar Anteile an Kapitalgesellschaften, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland haben, und beträgt die Beteiligung mehr als 25 v. H., sind die Lohnsummen und die Anzahl der Beschäftigten dieser Gesellschaften zu dem Anteil einzubeziehen, zu dem die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung besteht, § 13a Abs. 3 Sätze 11 und 12 ErbStG. Im Streitfall war die Klägerin unmittelbar zu 51 v. H. an der in Deutschland ansässigen Tochterkapitalgesellschaft beteiligt, für die die Anzahl der Beschäftigten auf 2 festgestellt wurde. Dementsprechend war die Hälfte davon, also ein Beschäftigter, in die Feststellung bei der Klägerin als Muttergesellschaft einzubeziehen.
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Die Ausgangslohnsumme hat der Beklagte zutreffend auf 297.905 EUR festgestellt. Sie entspricht der durchschnittlichen Lohnsumme der letzten fünf vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) endenden Wirtschaftsjahre (§ 13a Abs. 3 Satz 2 ErbStG) von 278.290 EUR, zuzüglich 51 v. H. des entsprechend für die Tochtergesellschaft festgestellten Betrages. Wie vorstehend ausgeführt, sind die Voraussetzungen des § 13a Abs. 3 Satz 7 ErbStG, die für Vergütungen und Beschäftigte gleichermaßen gelten, bei der Klägerin nicht erfüllt, so dass sich ihre Lohnsumme nicht verringert. Hinsichtlich der für die Tochtergesellschaft festgestellten Lohnsumme sehen § 13a Abs. 3 Sätze 11 und 12 ErbStG deren anteilige Einbeziehung zwingend vor.
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2. Die Kostenentscheidung zu Lasten der Klägerin beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Soweit die Kostenentscheidung die Beigeladene betrifft, folgt sie aus § 139 Abs. 4 FGO. Nachdem die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat und auch keine sonstigen Gründe vorliegen, die es gebieten würden, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aus Billigkeit der Klägerin bzw. der Staatskasse aufzuerlegen, bleibt es bei dem Grundsatz, dass die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht erstattungsfähig sind.
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3. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.