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  • 01.07.2008

    Finanzgericht Sachsen-Anhalt: Urteil vom 21.02.2008 – 3 K 305/01

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Sachsen-Anhalt

    3 K 305/01

    Gewerbesteuermessbeträge 1996, 1997 und 1998

    In dem Rechtsstreit

    ...

    hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 3. Senat -

    aufgrund mündlicher Verhandlung vom 21. Februar 2008

    durch

    den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht Schurwanz,

    den Richter am Finanzgericht Burckgard,

    den Richter am Finanzgericht Kerber,

    den ehrenamtlichen Richter

    die ehrenamtliche Richterin

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    Die Bescheide vom 04. Mai 2007 über die einheitlichen Gewerbesteuermessbeträge 1996 und 1997 sowie den Gewerbesteuermessbetrag 1998 werden nach Maßgabe der Entscheidungsgründe geändert. Der Beklagte hat der Klägerin das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mitzuteilen und nach Rechtskraft der Entscheidung die Bescheide mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

    Die bis zur mündlichen Verhandlung entstandenen Kosten des Verfahrens haben die Klägerin zu 40 v.H. und der Beklagte zu 60 v.H. zu tragen; die seither entstandenen Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

    Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    Tatbestand:

    Die im Jahr 1990 gegründete Klägerin betreibt einen Einzelhandel mit Computern. In den Streitjahren waren R., B. und M. zu je einem Drittel am Stammkapital der Klägerin beteiligt. Alle drei Gesellschafter sind zugleich zu Geschäftsführern bestellt.

    In der Zeit vom 17. Januar 2000 bis zum 27. April 2000 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Hierbei vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Betriebsaufspaltung mit der Grundstücksgemeinschaft B., M., R. erfüllt seien. An dieser Grundstücksgemeinschaft sind die drei Gesellschafter der Klägerin mit ihren Ehefrauen zu gleichen Teilen beteiligt. Die Grundstückgemeinschaft vermietete an die Klägerin ein Gebäude, in den sich ihre Lagerräume, die Werkstatt, Verkaufsräume, Büroräume und der Testschulungsraum der Klägerin befinden.

    Des Weiteren stellte der Prüfer fest, dass die Gesellschafter in den Streitjahren der Klägerin Darlehen ausreichten, die mit einem Zinssatz von 10 bis 12 v.H. verzinst wurden. Angemessen sei jedoch ein Mittel aus den gültigen Soll- und Habenzinsen. Der Prüfer bezog sich auf die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) in BStBl II 1990, 649 und in BStBl II 1994, 725. Hinsichtlich der Differenzbeträge nahm der Prüfer verdeckte Gewinnausschüttungen an (1996: 11.591,40 DM, 1997: 8.623,55 DM; 1998: 10.456,08 DM). Wegen der Zusammenstellung der einzelnen Darlehensverträge wird auf Bl. 115 ff. der Bp-Arbeitsakte verwiesen. Die vom Prüfer vorgenommene Berechnung des angemessenen Zinses ergibt sich aus Bl. 183 ff. der Bp-Arbeitsakte.

    Außerdem nahm der Prüfer verdeckte Gewinnausschüttungen hinsichtlich der in den Jahren 1996 und 1998 an die Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlten sog. Leistungszulagen an, weil der Anstellungsvertrag hinsichtlich ihrer Höhe keine klare und eindeutige Regelung enthalte (1996: 15.000,00 DM; davon jeder Gesellschafter-Geschäftsführer je 5.000,00 DM; 1998: 8.395.50 DM, davon B. 2.404,50 DM, R. 2.819,00 DM und M. 3.172,00 DM). Die Zulage wird im Zusammenhang mit bestimmten Projekten gezahlt, für die Überstunden bzw. Wochenendarbeit notwendig waren. Auf die insoweit getroffenen Vereinbarungen in den Anstellungsverträgen wird Bezug genommen. Auch andere Arbeitnehmer der Klägerin haben eine Zulage erhalten.

    Wegen der weiteren Feststellungen wird auf den Inhalt des Prüfungsberichts verwiesen.

    In Auswertung der Prüfungsfeststellungen ergingen am 06. November 2000 nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Bescheide für 1996, 1997 und 1998 über (einheitliche) Gewerbesteuermessbeträge.

    Die Klägerin legte gegen die Änderungsbescheide fristgemäß Einspruch ein, der sich gegen die Annahme einer Betriebsaufspaltung und gegen den Ansatz von verdeckten Gewinnausschüttungen richtete.

    Der Beklagte wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidungen vom 24. Juli 2001 als unbegründet zurück.

    Die Klägerin hat am 17. August 2001 Klage erhoben. Die Klage hat sich zunächst gegen dieselben Punkte wie die Einsprüche gerichtet.

    Im Verlauf des Verfahrens hat einerseits der Beklagte seine Auffassung aufgegeben, dass eine Betriebsaufspaltung vorliege. Er hat dem entsprechend am 09. Juni 2005 geänderte Bescheide für 1996, 1997 und 1998 über die (einheitlichen) Gewerbesteuermessbeträge erlassen, die er am 04. Mai 2007 berichtigt hat. Andererseits wendet sich die Klägerin nunmehr nur noch gegen die verdeckten Gewinnausschüttungen hinsichtlich der Verzinsung der Darlehen.

    Die Klägerin trägt vor, dass die Abweichung zwischen den Darlehensverträgen, die mit den Gesellschaftern geschlossen wurden, und dem Vertrag, der mit einer Nichtgesellschafterin (W.) geschlossen wurde, unwesentlich seien. Ein Gesellschafter (M.) habe einen Teil des Darlehens rückfinanziert. Auch hier sei eine Verzinsung von 10 v.H. vereinbart worden.

    Der Beklagte vergleiche die vereinbarten Zinssätze der Gesellschafterdarlehen mit Zinssätzen von Ratenkrediten der Banken. Ein Gesellschafterdarlehen, welches ohne werthaltige Sicherheiten an wirtschaftendes Unternehmen vergeben werde, könne wenn überhaupt in seiner Konditionierung mit einem Kontokorrentkredit eines Kreditinstituts verglichen werden. Ebenso sei, wenn man dem Gedanken der Teilung der Marge folgen wolle, mit dem Vergleich zu einem Refinanzierungsinstrument zu verfahren. Nicht der Zins eines Sparbriefs, sondern der Habenzins eines Kontokorrentkontos sei für die Beurteilung der Refinanzierung heranzuziehen. Im Übrigen könne die Klägerin diesem Vorgehen nicht zustimmen. Die Höhe des Zinssatzes eines Gesellschafterdarlehens, das der Sicherung der Liquidität oder der Sicherung der Finanzierung von Investitionen diene, könne nur mit dem Zinssatz verglichen werden, den die Gesellschaft zahlen müsste, wenn sie das Darlehen zu gleichen Konditionen am Kapitalmarkt aufnehmen würde. Es sei zu berücksichtigen, dass ein Gesellschafterdarlehen ungesichert sei und im Falle der Insolvenz der Gesellschaft hinter den Forderungen anderer Gläubiger zurücktrete. Banken würden in der Regel keine ungesicherten Darlehen vergeben. Ein Risikoaufschlag von 2 Prozentpunkten auf ein Refinanzierungsgeschäfts sei moderat, weshalb ein Zinssatz von 12 v.H. wirtschaftlich gerechtfertigt sei.

    Die Klägerin beantragt,

    die Bescheide vom 04. Mai 2007 über die einheitlichen Gewerbesteuermessbeträge dahingehend zu ändern, dass die Messbeträge unter Außerachtlassung folgender verdeckter Gewinnausschüttungen festgesetzt werden:

    1996: 11.591,00 DM,

    1997: 8.623 DM,

    1998: 10.456 DM.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Aufgrund des mit W. geschlossenen Vertrages (vgl. Bl. 175 der Bp-Arbeitsakte) könne ein Fremdvergleich durchgeführt werden. Frau W. sei schlechter gestellt als die Gesellschafter, denn sie könne erst frühestens nach Ablauf eines Jahres und mit einer vierwöchigen Kündigungsfrist die Rückzahlung des Darlehens verlangen. Sie trage deshalb ein höheres Risiko als die Gesellschafter, weshalb ein höherer Zinssatz gerechtfertigt sei. Sie habe allerdings auch lediglich Zinsen von 10 v.H. erhalten

    Da die banküblichen Sollzinsen für Ratenkredite im Prüfungszeitraum durchschnittlich 11,54 v.H. und die Habenzinsen für Finanzanlagen (Sparbriefe) durchschnittlich 4,45 v.H. betrugen, sei der Ansatz eines Mittelwertes von 8 v.H. angemessen. Dieser Ansatz stehe auch zu den bisher höchstrichterlich entschiedenen Vergleichsfällen nicht im Widerspruch, weil die BFH-Rechtsprechung keine konkreten Maßstäbe für die Festlegung angemessener Zinsen nenne.

    Was die Rückfinanzierung durch den Gesellschafter M. betreffe, so rechtfertige diese nicht die Anerkennung eines Zinssatzes von 10 v.H. Habe die Gesellschaft selbst keinen Kredit aufgenommen, so würden die banküblichen Habenzinsen die Untergrenze und die banküblichen Sollzinsen die Obergrenze der verhinderten Vermögensmehrung bilden. Der im Einzelfall angemessene Betrag sei innerhalb der genannten Marge durch Schätzung zu ermitteln, wobei dem Risiko, dass das Darlehen nicht zurückgezahlt werden könne, besondere Bedeutung zukomme. Der Ansatz der Sollzinsen sei jedenfalls dann nicht gerechtfertigt, wenn die Gesellschaft - wie die Klägerin - keine Bankgeschäfte betreibe und deshalb nicht den damit verbundenen Aufwand habe. Seien keine anderen Anhaltspunkte für die Schätzung erkennbar, so sei nicht zu beanstanden, wenn von dem Erfahrungssatz ausgegangen werde, dass sich private Darlehensgeber und -nehmer die bankübliche Marge zwischen Soll- und Habenzinsen teilen (BFH in BStBl II 1990, 649).

    Die von der Klägerin vorgelegte Bescheinigung der Hausbank über Zinsen in Höhe von 14,75 v.H. für Kontoüberziehungen (vgl. Bl. 174 der Bp-Arbeitsakte) könne nicht berücksichtigt werden, weil sie als Maßstab für langfristige Verbindlichkeiten mit gewissem Risiko nicht in Frage komme. Im Übrigen hätten die Jahresdurchschnittswerte der Kontokorrentzinsen in den Jahren 1996 bis 1998 10,1 v.H., 9,1 v.H. bzw. 9,0 v.H. betragen.

    Mit Schriftsatz vom 20. Juni 2006 hat der Beklagte erklärt, er sei bereit, die bisher angesetzten verdeckten Gewinnausschüttungen um die Hälfte vermindert zu berücksichtigen. Diese Minderung ergebe sich, wenn man einen Zinssatz von 10 v.H. als angemessen ansetze.

    In der mündlichen Verhandlung sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass es über die Homepage der Bundesbank (www.bundesbank.de) die Möglichkeit gibt, statistische Zeitreihen für verschiedene Finanzierungsarten abzurufen, die nach Durchschnittssätzen, Untergrenzen der Streubreite und Obergrenze der Streubreite differenzieren.

    Entscheidungsgründe:

    1. Die Klage richtet sich inzwischen nur noch gegen den Ansatz der verdeckten Gewinnausschüttungen hinsichtlich der Verzinsung der von den Gesellschafter-Geschäftsführern an die Klägerin hingegebenen Darlehen. Insoweit ist die Klage begründet.

    a) Nach der Rechtsprechung des BFH sind verdeckte Gewinnausschüttungen i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) bei Kapitalgesellschaften Vermögensminderungen und verhinderte Vermögensmehrungen, die nicht auf einer offenen Gewinnausschüttung beruhen, die sich auf den Unterschiedsbetrag i. S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auswirken und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mitveranlasst sind (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 04. Juni 2003 I R 38/02, BStBl 2004, 139, m.w.N.). Dazu gehören die einem Gesellschafter gezahlten Vergütungen, die ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter (§ 43 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG -) einem Nicht-Gesellschafter unter ansonsten vergleichbaren Verhältnissen nicht gewährt hätte.

    Ist der Begünstigte ein beherrschender Gesellschafter, kann die Vermögensminderung auch dann ihre Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis haben, wenn der Leistung keine klare und von vornherein abgeschlossene Vereinbarung zugrunde liegt (ständige BFH-Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 24. Januar 1990 I R 157/86, BStBl II 1990, 645). Verträge zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter sind ggf. auszulegen. Erst wenn sich der Inhalt eines Vertrages nicht zweifelsfrei feststellen lässt, ist Raum für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung wegen unklarer Vereinbarung (s. z.B. BFH-Urteil vom 22. Oktober 1998 I R 29/98, BFH/NV 1999, 972).

    Zahlt eine Kapitalgesellschaft an ihren Gesellschafter eine unangemessen hohe Vergütung, die sie an einen Nicht-Gesellschafter nicht gezahlt hätte, liegt darin eine verdeckte Gewinnausschüttung. Die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung führt zu einer Einkünftekorrektur außerhalb der Steuerbilanz (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juni 1994 I R 137/93, BFHE 175, 347). Der Höhe nach umfasst diese Einkünftekorrektur die Differenz zwischen der tatsächlich vereinbarten und der Vergütung, den voneinander unabhängige Vertragspartner unter vergleichbaren Umständen vereinbart hätten. Soweit dieser Fremdvergleichsvergütung nicht anderweitig ermittelt werden kann, ist sie gemäß § 162 Abs. 1 Satz 1 AO zu schätzen (vgl. BFH-Urteil vom 17. Oktober 2001 I R 103/00, BStBl II 2004, 171).

    Ob und ggf. in welchem Umfang bei Leistungen zwischen der Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter die tatsächlich vereinbarten Vergütungen von denjenigen abweichen, die zwischen fremden Dritten vereinbart worden wären, ist eine tatsächliche Frage, deren Beantwortung im gerichtlichen Verfahren in erster Linie dem Finanzgericht obliegt. Dieses muss die maßgebliche Fremdvergleichsvergütung unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles ermitteln, was im Regelfall eine Schätzung notwendig macht. Die Entscheidung darüber, wie der Fremdvergleich im Einzelfall durchzuführen ist, obliegt grundsätzlich dem Finanzgericht. Dieses muss wie ansonsten auch (z.B. bei der Prüfung der Angemessenheit von GmbH-Geschäftsführergehältern oder bei der Prüfung der Angemessenheit von Konzernverrechnungspreisen) bei der Ermittlung der "fremdüblichen" Vergütung allerdings beachten, dass es häufig für die betreffende Leistung nicht "die" Fremdvergleichsvergütung gibt, sondern regelmäßig eine gewisse Bandbreite, die in vollem Umfang einen zutreffenden objektiven Wert widerspiegelt und deswegen auch in ihrem unteren und oberen Bereich als "richtig" zugrunde zu legen ist. Bei der Berechnung der verdeckten Gewinnausschüttung ist von der für den Steuerpflichtigen günstigsten Vergleichsvergütung auszugehen; eine Mittelwertmethode - wie sie der Beklagte im Ergebnis anwendet - lässt sich § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und dem in diesem Zusammenhang anzustellenden Fremdvergleich nicht entnehmen (BFH-Urteile vom 17. Oktober 2001 I R 103/00, BStBl II 2004, 171;vom 06. April 2005 I R 22/04, BStBl II 2007, 658). Soweit der BFH in der Vergangenheit für die Frage, was im Verhältnis zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter eine angemessene Verzinsung sei, angenommen hat, dass sich im Zweifel Darlehensgläubiger und Darlehensschuldner die Spanne zwischen banküblichen Haben- und Sollzinsen teilen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19. Januar 1994 I R 93/93, BStBl II 1994, 725), ist diese Betrachtung angesichts der neueren Rechtsprechung nicht mehr haltbar (Gosch, KStG, Kommentar, 1. Auflage 2005, § 8 Rz. 693).

    Die vom Finanzgericht angestellte Würdigung kann in einem Revisionsverfahren nur daraufhin überprüft werden, ob sie in verfahrensfehlerhafter Weise zu Stande gekommen ist und ob sie gegen Denkgesetze oder gegen allgemeine Erfahrungssätze verstößt. Ist all diese nicht der Fall, so muss sie auch dann Bestand haben, wenn sich aus den vom Finanzgericht vorgefundenen tatsächlichen Umständen gleichermaßen andere Beträge hätten ableiten lassen (BFH-Urteil vom 06. April 2005 I R 22/04, BStBl II 2007, 658).

    b) Unter Berücksichtigung vorstehender Überlegungen kann im Streitfall eine verdeckte Gewinnausschüttung hinsichtlich der vereinbarten Zinsen nicht festgestellt werden.

    aa) Zwischen den Beteiligten war nur die Frage der Angemessenheit der Zinshöhe streitig. Da sich für das Gericht weder aus dem Vortrag der Beteiligten noch aus den Akten Umstände aufdrängten, die zu einer umfassenden Überprüfung der Darlehensvereinbarungen zwischen der Klägerin und ihren Gesellschafter-Geschäftsführern Anlass gegeben hätten, beschränkte sich das Gericht bei seiner Überprüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide auf den zwischen den Beteiligten streitigen Punkt.

    bb) Das Gericht konnte für die Streitjahre nicht feststellen, dass die Höhe der vereinbarten Zinsen die Bandbreite dessen übersteigt, was fremde Dritte miteinander vereinbart hätten.

    (1) Der Beklagte, der für das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung die Feststellungslast trägt (BFH-Urteil vom 26. Februar 2003 I R 52/02, BFH/NV 2003, 1221), hat nichts dazu vorgetragen, dass es für den Zeitpunkt der Abschlüsse der Darlehensverträge statistische Erhebungen darüber gäbe, zu welchen Zinskonditionen Gesellschafter-Geschäftsführer "ihren" Kapitalgesellschaften üblicherweise Darlehen gewähren. Dem Gericht sind Erkenntnisse herüber nicht bekannt.

    (2) Ebenso wenig sind allgemeine Erfahrungssätze zu Zinsen für Darlehen, die Nichtgesellschafter, die keine Kreditinstitute sind, an Kapitalgesellschaften ausreichen, ersichtlich.

    Auch die konkrete Bezugnahme auf den einzelnen Darlehensvertrag mit W., in dem eine Verzinsung von 10 v.H. vereinbart war, hilft insoweit nicht ohne Weiteres weiter. Denn dieser am 16. Juli 1998 geschlossene Vertrag kann allenfalls zum Fremdvergleich für Darlehensverträge herangezogen werden, die im unmittelbaren zeitlichen Umfeld abgeschlossen wurden, nicht jedoch für die früher geschlossenen Verträge.

    (3) Bei der Einbeziehungen aller sonstigen dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen, kann nicht festgestellt werden, dass die zur Überprüfung stehenden Zinssätze die Grenze zur Unangemessenheit überschreiten:

    (a) Die Sparkasse S. erklärte mit Bescheinigung vom 28. April 2000, dass sie der Klägerin seit dem 01. Januar 1996 für Kontoüberziehungen einen Zinssatz von mindestens 14,75 v.H. in Rechnung stelle. Die in den Gesellschafterdarlehen vereinbarten Zinsen liegen darunter.

    (b) In dem Darlehensvertrag vom 16. Juli 1998 mit W. wurde ein Zinssatz von 10 v.H. vereinbart. Dies entspricht der bereits ab dem Jahr 1997 vorgenommenen Verzinsung der Gesellschafterdarlehen. Den von der Bundesbank im Internet veröffentlichten Zahlenreihen kann entnommen werden, dass in den Jahren vor 1998 die Zinsen im Allgemeinen höher waren. Die Vereinbarung höherer Zinsen als 10 v.H. in den in den Jahren vor 1997 geschlossenen Darlehensverträgen entspricht damit der allgemeinen Entwicklung des Kapitalmarktes.

    (c) Zwar ist in dem Darlehensvertrag zwischen dem Gesellschafter-Geschäftsführer M. und B. bereits schon am 30. September 1994 ein Zinssatz von 10 v.H. vereinbart worden;. da dieser Vertrag jedoch bereits vor den meisten hier zu untersuchenden abgeschlossen wurde, ist seine Eignung für einen Fremdvergleich eher eingeschränkt.

    (d) Die vom Beklagten angeführten Jahresdurchschnittswerte (10,1 v.H., 9,1 v.H., 9,0 v.H.) beziehen sich auf Kontokorrentkredite in der Größenordnung von 200.000,00 DM bis 1.000.000,00 DM in den Jahren 1997 und 1998; im Jahr 1996 für Kredite unter 1.000.000,00 DM. Nach Aktenlage liegt der höchste einzelne Darlehensbetrag unter 200.000,00 DM, so dass fraglich ist, ob die Werte für die Jahre 1997 und 1998 überhaupt für einen Vergleich tauglich sind. Im Übrigen ist ohnedies der Vergleichszins maßgeblich, der bei Vertragsabschluss galt. Hierzu ist festzustellen, dass die Darlehen bis einschließlich 1996 mit 12 v.H. verzinst wurden, anschließend mit 10 v.H. (vgl. auch Aufstellung in der Einspruchsentscheidung). Ab 1997 wurde ein Zinssatz von 10 v.H. angesetzt. Blickt man nun auf die vom Beklagten angeführten Durchschnittswerte, so kann man auch dort ein Absinken des Jahresdurchschnittswerts beobachten: 1994 11,5 v.H., 1995 10,9 v.H., 1996 10,1 v.H., 1997 9,1 v.H. Daraus folgt, dass die grundsätzliche Tendenz fallender Zinsen auch zwischen der Klägerin und ihren Gesellschaftern Beachtung fand.

    (e) Zöge man die vom Beklagten genannten Jahresdurchschnittswerte heran, müssen, da es sich bei diesen Werten um Durchschnittswerte handelt, notwendigerweise sowohl höhere als auch niedrigere Zinsen üblich gewesen sein. Die größte Abweichung zwischen den Jahresdurchschnittswerten und den zu beurteilenden Zinsen im Streitfall ergibt sich im Jahr 1996 mit 1,9 v.H. (12 v.H. - 10,1 v.H.). Dies ist eine Abweichung von ca. 18,8 v.H. vom Jahresdurchschnitt, also nicht der Obergrenze. Der Senat schätzt diese Abweichung nicht als so bedeutend ein, dass sie zwingend zur Überschreitung der Obergrenze führt. So ergibt sich bei einem Blick in die Statistiken der Bundesbank etwa aus der Zeitreihe SU0500 (Sollzinsen Banken / Kontokorrentkredite unter 100.000 EUR, Duchschnittssatz) für den Zeitpunkt November 1996 ein Wert von 10,10 v.H. Aus der Zeitreihe SU0502 (Sollzinsen Banken / Kontokorrentkredite unter 100.000 EUR, Obergrenze der Streubreite) ist zum selben Zeitpunkt ein Wert von 11,75 v.H. zu entnehmen, woraus sich eine Differenz von Durchschnittssatz zu Obergrenze der Streubreite von 1,65 v.H. errechnet (Abweichung von 16,34 v.H. vom Durchschnittssatz). Berücksichtigt man, dass bei der Ermittlung der Streubreite jeweils 5 v.H. der Meldungen mit den höchsten und niedrigsten Zinssätzen ausgesondert werden, so ist die Abweichung des Zinssatzes von 12 v.H. von dem vom Beklagten herangezogenen Durchschnittswert nicht so signifikant, dass die Obergrenze der möglichen Bandbreite sicher überschritten ist.

    (f) Der Beklagte räumt für die Berechnung seines Mittelwertes selbst ein, dass die banküblichen Sollzinsen für Ratenkredite im Prüfungszeitraum 11,54 v.H. betrugen. Da die Zinsen in den Jahren zuvor höher gewesen sein dürften (vgl. vorstehende Ausführungen) und ein Teil der Darlehensverträge aus der Zeit vor dem Prüfungszeitraum stammt, dürfte ein Zinssatz von 12 v.H. bis Ende 1996 und von 10 v.H. ab 1997 auch unter diesem Aspekt nicht zwingend außerhalb einer möglichen Bandbreite gelegen haben.

    (g) Auch die statistischen Daten der Bundesbank lassen die Feststellung einer Überschreitung der Obergrenze der möglichen Bandbreite nicht zu. In den im Internet veröffentlichten Zeitreihen-Datenbanken der Deutschen Bundesbank sind Durchschnittssätze nachzulesen, aber auch die Ober- und Untergrenzen der Streubreite. Dabei wird die Streubreite ermittelt, indem jeweils 5 v.H. der Meldungen mit den höchsten und den niedrigsten Zinssätzen ausgesondert werden. Hieraus folgt, dass für die Bestimmung der Bandbreite jedenfalls geringfügige Überschreitungen der Obergrenze noch hinzunehmen sind, ohne dass dies zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führt. Im Einzelnen ist den Statistiken Folgendes zu entnehmen:

    Die Obergrenze der Streubreite für die Sollzinsen der Banken für Dispositionskredite an Privatkunden (eingeräumte Überziehungskredite) betrug im November 1996 (= frühester ausgewiesener Zeitpunkt) 10,25 v.H., im Dezember 1996 10,25 v.H. und danach während des ganzen im Streit befindlichen Zeitraums 9,75 v.H.

    Die Obergrenze der Streubreite für die Sollzinsen der Banken für Kontokorrentkredite unter 100.000,00 EUR betrug seit November 1996 (= frühester ausgewiesener Zeitpunkt) 11,75 v.H. und das während des gesamten streitigen Zeitraums.

    Die Obergrenze der Streubreite für die Sollzinsen der Banken für Kontokorrentkredite von 100.000,00 EUR bis unter 500.000,00 EUR betrug Januar bis April 1996 12,25 v.H. (zuvor war er während der ganzen neunziger Jahre höher), Mai 1996 12,00 v.H., Juni 1996 bis Oktober 1996 11,75 v.H., November 1996 bis Februar 1997 11,50 v.H., März 1997 bis Dezember 1997 11,25 v.H., Januar 1998 bis April 1998 11,50 v.H., Mai 1998 bis November 1999 11,25 v.H.

    Die Obergrenze der Streubreite für die Sollzinsen der Banken für Ratenkredite von 36 bis 60 Monaten von 5.000,00 EUR bis 15.000,00 EUR betrug im Januar 1996 monatlich 0,55 v.H. (= 6,6 v.H. p.a.). Die Tendenz war fallend (Dezember 1998: 0,49 v.H. monatlich).

    Die Obergrenze der Streubreite für die Sollzinsen der Banken für langfristige Festzinskredite an Unternehmen und Selbständige betrug im November 1996 (= frühester ausgewiesener Zeitpunkt) 9,23 v.H. und fiel bis Ende 1998 auf 7,75 v.H.

    Bei einer Gesamtwürdigung aller vorgenannten Zahlen kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass die vereinbarten Zinsen als unangemessen anzusehen sind. Bei der Vielzahl unterschiedlicher möglicher Darlehenskonditionen erscheint es nicht möglich, die hier zu beurteilenden Darlehensverträge in eine bestimmte Kategorie einzuordnen. Festgehalten werden kann allerdings, das die von der Klägerin vereinbarten Zinssätze nicht oder nur geringfügig über den maximal möglichen Obergrenzen der Streubreite liegen.

    c) Da im Ergebnis somit nicht mit der erforderlichen Gewissheit festgestellt werden konnte, dass die zwischen der Klägerin und ihren Gesellschafter-Geschäftsführern vereinbarten Zinsen für die von den Gesellschafter-Geschäftsführern ausgereichten Darlehen, die Bandbreite der angemessenen Zinsen überstiegen, war die Klage begründet. Die Festsetzungen sind dahingehend zu ändern, dass sie ohne die im Klageantrag genannten verdeckten Gewinnausschüttungen vorzunehmen sind. Soweit die bisherige Berücksichtigung der verdeckten Gewinnausschüttungen zur Bildung von Gewerbesteuerrückstellungen geführt hatte, sind diese entsprechend R 20 Abs. 2 Satz 2 EStR 1996 anzupassen.

    2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Hierbei wurde berücksichtigt, dass sich ein Teil des ursprünglichen Streits bereits vor der mündlichen Verhandlung erledigt hatte.

    3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    RechtsgebieteKStG, EStG