07.08.2008 · IWW-Abrufnummer 082541
Bundesfinanzhof: Beschluss vom 02.07.2008 – IX B 46/08
Soll nach dem Konzept eines geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer Personengesellschaft die Vermietungstätigkeit des Fonds nur 20 Jahre umfassen, ist sie nicht auf Dauer ausgerichtet und die Einkünfteerzielungsabsicht muss auf beiden Ebenen (auf der Ebene der Personengesellschaft wie auf der Ebene des Gesellschafters) überprüft werden.
Gründe:
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) erwarb mittelbar über eine Treuhand GmbH im Streitjahr 1998 eine Kommanditbeteiligung in Höhe von 600 000 DM an der A-Fonds KG (geschlossener Immobilienfonds, im Folgenden: KG). Die KG kaufte ebenfalls im Streitjahr 1998 für 41,8 Mio. DM ein Grundstück mit einem von der Verkäuferin, die B-AG zu errichtenden und in den Jahren 1997 und 1998 errichteten Multiplex-Kino und vermietete dieses Grundstück auf zwanzig Jahre an die B-GmbH & Co. KG (B-KG) für eine jährliche Miete von 2 981 500 DM. Die KG verpflichtete sich, das Grundstück zum 31. Dezember 2018 der Verkäuferin zum Verkehrswert zum Verkauf anzubieten. Nachdem Ende 2002 das Insolvenzverfahren über das Verm ögen der B-KG eröffnet wurde, setzte der Insolvenzverwalter das Mietverhältnis mit gekürzten Mietbeträgen fort. In ihrem Prospekt ermittelte die KG für die Jahre 1998 bis 2018 einen Einnahmeüberschuss von 61,62 % des nominellen Eigenkapitals von 29 Mio. DM, dem das prüfende Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung (Groß-Bp) im Rahmen einer für die Jahre 1998 bis 2001 durchgeführten Außenprüfung folgte.
Der Antragsteller finanzierte seine Beteiligung durch ein Darlehen von 600 000 DM (Konditionen: Jahreszins 5 % bis 30. Dezember 2008, Tilgung ab 30. März 1999 1 % jährlich; Laufzeitende voraussichtlich 31. Dezember 2010; keine Sondertilgungen) und sicherte die Darlehenssumme durch Abtretung seiner Rechte und Ansprüche aus einer Risiko-Lebensversicherung sowie der Forderungen aus dem Fonds. Ebenfalls im Streitjahr 1998 schloss er eine Rentenversicherung ab.
Die Groß-Bp ging bei ihrer Außenprüfung davon aus, der Antragsteller habe ohne Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt. Unter Ansatz der ursprünglichen Darlehenskonditionen würden sich bis zum Jahr 2018 Sonderwerbungskosten in Höhe von 85,7 % der vom Antragsteller gezeichneten Beteiligung ergeben und damit --weil der Antragsteller bis 2018 nur Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 61,6 % seiner Beteiligung zu erwarten habe-- ein Totalverlust. Der Antrags- und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) folgte der Groß-Bp und erließ für die Streitjahre 1998 bis 2001 geänderte und für die Streitjahre 2002 und 2003 erstmalige Feststellungsbescheide, in denen er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mangels Einkünfteerzielungsabsicht des Antragstellers nicht berücksichtigte. Über die nach erfolglosen Einsprüchen erhobene Klage ist noch nicht entschieden.
Die für das Klageverfahren beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Feststellungsbescheide für die Streitjahre lehnte das Finanzgericht (FG) ab. Es sei nicht davon auszugehen, dass die als Sonderwerbungskosten zu behandelnden Finanzierungsaufwendungen des Antragstellers --wie von diesem geltend gemacht-- im Zeitraum bis zum Jahr 2018 55,6 % des gezeichneten Kapitals betragen würden und deshalb geringer wären als die von der KG voraussichtlich erzielten Einkünfte von 61,6 % des gezeichneten Kapitals. Der Antragsteller habe nicht glaubhaft dargelegt, das Darlehen bereits zum 30. Dezember 2010 vollständig zu tilgen. Insbesondere habe keine Verpflichtung zur Sondertilgung bestanden. Die Umstände des Streitfalls sprächen auch dagegen, der Antragsteller habe die zur Sicherheit gegebenen Versicherungen ebenso wie Eigenmittel in die Tilgung mit einbeziehen wollen. Der Antragsteller habe sich vielmehr allein wegen der zu erwartenden langjährigen Verlustzuweisungen und der damit verbundenen Steuerersparnisse für eine vollständige Fremdfinanzierung entschieden. Bei der Berechnung der voraussichtlichen Finanzierungsaufwendungen sei mangels gegenteiliger Umstände von den anfänglichen Konditionen auch für die Zeit über die Zinsbindungsfrist hinaus auszugehen.
Hiergegen richtet sich die vom FG zugelassene Beschwerde des Antragstellers. Das FG habe die Einkünfteerzielungsabsicht unzutreffend verneint. Bei einer auf Dauer ausgerichteten Vermietung sei auch bei längeren Verlustperioden von der Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen. Bei einem Finanzierungskonzept, das anfängliche Verluste auch über einen längeren Zeitraum bedinge, aber nach planmäßiger vollständiger Tilgung des Darlehens eine Kompensationswirkung erwarten lasse, könne ein besonderer Umstand gegen die Einkünfteerzielungsabsicht nicht gegeben sein (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. April 2005 IX R 15/04, BFHE 210, 24, BStBl II 2005, 754). Im Streitfall sei ein derartiger "Gesamtplan" zur Tilgung des Darlehens festzustellen. Es habe von Anfang an ein konzeptioneller Zusammenhang zwischen dem Darlehen und der Rentenversicherung bestanden.
Der Antragsteller beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die AdV für die Jahre 1998 bis 2003 zu gewähren.
Das FA beantragt,
die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Sätze 2 bis 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Vollziehung soll ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO). Das ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH der Fall, wenn bei summarischer Prüfung des Verwaltungsakts gewichtige Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 22. Februar 2006 I B 145/05, BFHE 213, 29, BStBl II 2006, 546, und vom 3. Februar 2005 I B 208/04, BFHE 209, 204, BStBl II 2005, 351, m.w.N.).
2. Zutreffend hat das FG entschieden, dass bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage im Streitfall keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Feststellungsbescheide bestehen.
Zu Recht hat es die Einkünfteerzielungsabsicht des Antragstellers verneint.
a) Die Einkünfteerzielungsabsicht musste aufgrund einer Prognose geprüft werden.
Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist nur bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich und typisierend --wenn also keine besonderen Umstände dagegen sprechen-- davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 10. Mai 2007 IX R 7/07, BFHE 218, 160, BStBl II 2007, 873, und in BFHE 210, 24, BStBl II 2005, 754, m.w.N. insbesondere zu Ausnahmefällen). Von einer auf Dauer ausgerichteten Vermietung ist nur auszugehen, wenn sie nach den bei ihrem Beginn ersichtlichen Umständen keiner Befristung unterliegt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 9. Juli 2002 IX R 57/00, BFHE 199, 422, BStBl II 2003, 695, und vom 29. März 2007 IX R 7/06, BFH/NV 2007, 1847).
Im Streitfall fehlt es an einer auf Dauer angelegten Vermietung. Denn nach dem Konzept der KG sollte die Vermietungstätigkeit des Fonds nur 20 Jahre umfassen. Liegen schon deshalb die gesetzlichen Typisierungsvoraussetzungen nicht vor und muss die Einkünfteerzielungsabsicht anhand einer Prognose überprüft werden, kommt es im Streitfall nicht darauf an, ob der Sachverhalt zugleich die Voraussetzungen einer Ausnahme erfüllt, die als Beweisanzeichen gegen die Einkünfteerzielungsabsicht spricht und die ebenfalls in eine Prognose mündet.
b) Das FG hat die als Werbungskosten abziehbaren Finanzierungsaufwendungen in nicht zu beanstandender Weise in die Prognose einbezogen, wodurch es bezogen auf die Beteiligung beim Antragsteller zu einem Werbungskostenüberschuss kommt. Nach summarischer Prüfung ergeben sich keine Zweifel, dass der Antragsteller danach nicht mit einem Totalüberschuss rechnen kann. Das FG ist dabei zutreffend von den Darlehensbedingungen ausgegangen, wie sie der Antragsteller und seine Bank im Streitjahr 1998 vereinbart haben (vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 16. September 2004 X R 25/01, BFHE 207, 515, BStBl II 2006, 228). Für zinsgünstigere Konditionen nach der Zinsbindungsphase hat das FG keinerlei Indizien feststellen können.
Es hat überdies in zumindest möglicher Würdigung des Sachverhalts keine Anhaltspunkte dafür feststellen können, der Antragsteller habe von vornherein eine (teilweise) Tilgung des Darlehens durch den Einsatz der Rentenversicherung oder von Eigenmitteln beabsichtigt.
Zwar bedarf es entgegen der Beschwerdeerwiderung nicht eines von vornherein geschaffenen Finanzierungskonzepts, z.B. derart, dass die zunächst erhöhten Schuldzinsen durch den bei Fälligkeit des Darlehens vorgesehenen Einsatz von parallel laufenden Lebensversicherungen abgelöst werden. Der BFH hat ein derartiges Konzept in einem --hier nicht vorliegenden-- Fall als notwendige Ergänzung eines wirtschaftlichen Verhaltens herausgestellt, das zunächst darauf abzielt, auch die anfallenden Schuldzinsen fremd zu finanzieren und somit Zinsen auflaufen zu lassen und das --wenn nicht durch ein Finanzierungskonzept von vornherein eine Kompensation durch spätere positive Ergebnisse vorgesehen ist-- auch bei auf einem auf Dauer angelegten Vermieten gegen die Einkünfteerzielungsabsicht spricht (BFH-Urteile in BFHE 218, 160, BStBl II 2007, 873, und in BFHE 210, 24, BStBl II 2005, 754).
Für die hier mangels eines auf Dauer ausgerichteten Vermietens schon deshalb zu prüfende Einkünfteerzielungsabsicht hat das FG zwar zutreffend nicht ein von vornherein geschaffenes Finanzierungskonzept für notwendig gehalten. Es ist nach summarischer Prüfung indes davon ausgegangen, dass der Antragsteller statt der ihm nach den Feststellungen der Vorinstanz ohnehin jederzeit möglichen Eigenfinanzierung seine Beteiligung allein deshalb im vollen Umfang fremd finanziert hat, um damit wegen der zu erwartenden langjährigen Verlustzuweisungen Steuerersparnisse zu erzielen. Zu diesem zumindest möglichen Schluss ist das FG gelangt, weil es im Wesentlichen im Ermessen des Antragstellers gestanden hat, in welcher Weise er Fremd- und Eigenmittel einsetzt.