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  • 14.10.2009

    Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 05.02.2009 – 4 K 1078/05

    Ein Gestaltungsmissbrauch i.S.d. § 42 AO liegt vor, wenn die jeweiligen Gesellschafter einer GmbH vor dem Hintergrund des eingetretenen Wertverlusts der Beteiligung ihre gleich hohen Anteile untereinander jeweils zum selben Preis veräußern und so ohne weitere beachtlichen wirtschaftlichen Gründe die für GmbH-Beteiligungen im Privatvermögen gesetzlich nicht vorgesehene Teilwertabschreibung realisieren wollen, ohne sich von der Einkunftsquelle endgültig zu trennen.


    Tatbestand

    Streitig ist die Nichtberücksichtigung eines Veräußerungsverlustes nach § 17 des Einkommensteuergesetzes - EStG - wegen des Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten.

    Die Kläger sind Eheleute und wurden für 2001 mit Einkünften jeweils aus nichtselbständiger Arbeit, selbständiger Arbeit, Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist als selbständiger Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in einer Steuerberatungskanzlei tätig. Des Weiteren unterrichtet er mit Professur Steuerrecht an der Fachhochschule K. Die Klägerin ist als kaufmännische Angestellte in der Sozietät des Klägers beschäftigt.

    Mit Gesellschaftsvertrag vom 20. September 2000 gründete der Kläger zusammen mit fünf weiteren Personen, den Herren A. L., T. M., G. M., B. S. und M. M., die ... Vermögensverwaltungs GmbH. Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 350.000 € = 684.540 DM.

    Hiervon übernahmen in bar




















    der Kläger 50.000 € = 14,29 v.H.
    Herr G. M. 50.000 € = 14,29 v.H.
    Herr B. S. 50.000 € = 14,29 v.H.
    Herr M. M. 50.000 € = 14,29 v.H.
    Herr A. L. 50.000 € = 14,29 v.H. und
    Herr T. M. 100.000 € = 28,55 v.H.
    Die GmbH hatte ausschließlich den Zweck, das als Stammkapital geleistete Geld durch Gewinne von kurzfristigen oder längerfristigen An- und Verkäufen von Aktien und Wertpapieren zu mehren. Die Kapitalgesellschaft handelte in der Folge fast ausschließlich mit Aktien am Neuen Markt. Im Gründungsvertrag vom 20. September 2000 wurde Herr T. M. zum einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt. Dieser handelte im Folgenden mit Vollmacht vom 18. September 2001 für Herrn A. L. In der Gesellschafterversammlung am 30. November 2001 wurde einstimmig zugestimmt, dass Herr T. M. einen Teil seines Stammkapitals in Höhe von 50.000 € unentgeltlich an seinen Vater Herrn H. M. übertrug. Somit waren fort an 7 Anteilseigner zu je 50.000 € am Stammkapital der ... Vermögensverwaltungs GmbH beteiligt, was einem Beteiligungsverhältnis von jeweils 14,29 v.H. entspricht.

    Durch den Niedergang am Neuen Markt und der anderen Börsensegmente entwickelte sich der Zweck der Gesellschaft nicht in die erwartete und gewünschte Richtung.

    Zum 31. Dezember 2001 wies das Vermögen der GmbH anhand eines Depotauszugs der Kreissparkasse W einen Wert von noch 94.575,73 DM aus. Die jeweiligen Gesellschafter der ... Vermögensverwaltungs GmbH veräußerten in Anbetracht dieses Wertverlustes ihre jeweilige Beteiligung von 14,29 v.H. mit Verträgen vom 14. und 17. Dezember 2001 untereinander für 7.500 € und erwarben damit zeitgleich wieder eine entsprechende Beteiligung wie folgt:

    Der Kläger veräußerte mit notariellem Vertrag vom 17. Dezember 2001 (Urk-Nr. 2406) seine Beteiligung an Herrn T. M. und erwarb mit notariellem Vertrag vom selben Tag (Urk-Nr. 2408) in gleicher Höhe eine Beteiligung von Herrn M. M. Entsprechende Verträge vom 14. Dezember und vom 17. Dezember 2001 liegen für die Herren M. M., B. S., H. M., T. M. und G. M. vor. Auch diese fünf Gesellschafter veräußerten - wie der Kläger- ihre Anteile und erwarben einen Gesellschaftsanteil in gleicher Höhe zurück. Diesen Veräußerungs- und Erwerbsvorgängen lagen die einstimmigen Beschlüsse der außerordentlichen Gesellschafterversammlungen vom 08. Dezember 2001 und vom 15. Dezember 2001 zugrunde. Nach den o.a. Transaktionen waren alle Gesellschafter wiederum mit 14,29 v.H., d. h. mit derselben Beteiligungsquote wie vor den Veräußerungen, an der ... Vermögensverwaltungs GmbH beteiligt.

    In ihrer Einkommensteuererklärung 2001 machten die Kläger aus der Veräußerung der GmbH-Beteiligung seitens des Klägers einen Verlust nach § 17 EStG in Höhe von 83.123 DM (= 42.500 €) geltend. Dieser ergab sich auf Grund der Differenz zwischen dem Wert der Stammeinlagen bei Gründung der Gesellschaft in Höhe von 50.000 € und dem Veräußerungspreis von 7.500 €.

    Der Beklagte erkannte diesen Verlust im Einkommensteuerbescheid 2001 vom 17. Mai 2002 und in dem auf Grund einer Betriebsprüfung nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung -AO- geänderten Einkommensteuerbescheid vom 24. September 2002 wegen Gestaltungsmissbrauchs nicht an.

    Im Einspruchsverfahren trugen die Kläger wie folgt vor:

    Sie beriefen sich auf die Kommentierung von Fischer, in Hübschmannl/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordung, § 42 AO Rz. 34, 66, wonach Gestaltungen nicht deswegen unangemessen seien, nur weil sie ungewöhnlich seien. Steuerlich sinnvolle Gestaltungen seien nicht als missbräuchlich nach § 42 AO anzusehen, da grundsätzlich jeder Steuerpflichtige frei sei, seine Angelegenheiten so zu einzurichten, dass er möglichst wenig Steuern zahlen müsse (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 11. Oktober 2000 I R 99/96, BStBl II 2001,22). Hier sei zu bedenken, dass dem Finanzamt bei einer späteren Veräußerung der GmbH-Anteile aufgrund der Totalgewinnbetrachtung bei Wertsteigerungen der Anteile nichts entgehe, da es hier zu einem erhöhten Veräußerungsgewinn komme. Die Gründungsanteile der jeweiligen Gesellschafter seien endgültig an andere Personen veräußert worden. Herr L. habe als Einziger bei der Veräußerung nicht mitgewirkt. Die Veräußerung sei endgültig (ohne Rückübertragung) und auch tatsächlich erfolgt. Die Gesellschafter hätten nicht die gleichen Anteile, sondern nur Anteile der gleichen Art erworben (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 15. Dezember 1999 I R 29/97, BStBl II 2000, 527). Dass im Veräußerungszeitpunkt Dezember 2001 noch die Möglichkeit der vollen Realisierung eines Veräußerungsverlusts nach § 17 EStG bestanden habe, begründe keinen Gestaltungsmissbrauch. Auch im Falle der damaligen Firmenübertragungen und Grundstücksveräußerungen im Dezember 1998 aufgrund der drohenden Abschaffung des halben Steuersatzes bei Unternehmensübertragungen nach § 34 EStG und der neuen Spekulationsfrist bei Grundstücksübertragungen sei die Finanzverwaltung nicht von einem Rechtsmissbrauch ausgegangen. Vorliegend seien für die getätigten Transaktionen vornehmlich Gesellschafterinteressen bestimmend gewesen. Der Kläger habe vor der Veräußerung der Anteile als Gesellschafter nur Herrn M. M. und seinen Bruder B. S. näher, Herrn T. M. und Herrn G. M. eher flüchtig und die Herren L. und H. M. überhaupt nicht gekannt. Es könne daher von gleich gerichteten Interessen keine Rede sein. Auf Grund der massiven Vermögensverluste sei es mit den Herren T. M. und G. M. zu Meinungsverschiedenheiten gekommen. Sein Bruder B. S., Herr M. M. und er hätten keinerlei Entscheidungen in der Vermögensanlage getroffen und seien nur über die Verluste informiert worden. Jeder Gesellschafter habe seine höchst persönlichen individuellen Gründe für die Anteilsveräußerung gehabt. Der Gesellschafter M. M. habe den Wert seines GmbH-Anteils für sein laufendes Scheidungsverfahren ermitteln müssen. Der Gesellschafter G. M. habe den wahren Wert seines Anteils für seine Hausbank in Erfahrung bringen wollen. Bei der Wertermittlung im Veräußerungszeitpunkt sei der Wert der GmbH-Anteile lt. GmbH-Bilanz zum 31. Dezember 2001 von 94.575 DM zugrunde gelegt worden. Danach seien zum 17. Dezember 2001 95.000 DM (: 7 = 13.570 DM = 6.780 €) angesetzt worden. Auf dieser Basis sei der Veräußerungspreis von 7.500 € ermittelt und akzeptiert worden. Eine unabhängige Wertermittlung durch eine externe Unternehmensberatung sei nicht notwendig gewesen, da sich unter den Gesellschaftern Wirtschaftsprüfer und Steuerberater befunden hätten und letztlich nur der Depotauszug auszuwerten gewesen sei, da keine stillen Reserven vorhanden gewesen seien.

    Die Transaktion sei auf der Rechtslage des bis 2001 geltenden § 17 EStG vorgenommen worden. Dabei hätten die realisierten Verluste noch zu 100 v.H. geltend gemacht werden können. Das geltende Recht zu § 17 EStG 2001 habe somit nicht umgangen werden können. Ein Gestaltungsmissbrauch liege nicht allein darin, dass eine Einkunftsquelle kurz vor einem bestimmten Stichtag veräußert oder anderweitig aufgegeben werde. Die Ausnutzung des Stichtagsprinzips sei legal. Hierauf basierende steuerorientierte Gestaltungen könnten grundsätzlich nur dann unter den Anwendungsbereich des § 42 AO fallen, wenn eine vor dem Stichtag erfolgte Maßnahme alsbald nach dem Stichtag rückgängig gemacht oder wesentlich abgeändert und sich damit nur als vorgeschoben erweisen würde. Ordnungsgemäß abgewickelte endgültige Dispositionen könnten demgegenüber nicht allein deshalb, weil sie im Hinblick auf einen steuerlichen Stichtag erfolgt seien, als missbräuchlich verworfen werden (Hinweis auf die BFH-Urteile vom 11. Oktober 2000 I R 99/96, a.a.O.; vom 27. März 2001 I R 129/98, BFH/NV 2001, 1539). Das Motiv, Steuern zu sparen, mache eine Gestaltung nicht unangemessen (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 18. Juli 2001 I R 48/97, BFH/NV 2001,1636; Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 12. Mai 2003, Az. 7 K 3172/01 E, EFG 2003, 1247). Auch sei hier das Eigentum an den Anteilen zivilrechtlich und wirtschaftlich übertragen worden. Ein Kaufpreis sei ebenfalls gezahlt worden. Es habe sich auch nicht um dieselben Anteile sondern um andere Anteile, nämlich der gleichen Art an der M + P GmbH gehandelt (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 15. Dezember 1999 I R 29/97, BStBl II 2000, 527). Die Gesellschafter hätten auch die Liquidation beschließen können. Dabei hätten die tatsächlich eingetretenen Verluste der GmbH-Anteile nach § 17 EStG a.F. - letztlich ebenfalls in 2001 hundertprozentig - geltend gemacht werden können.

    Der Beklagte wies den Einspruch mit Entscheidung vom 16. Dezember 2004 als unbegründet zurück. Er ging weiterhin von einem Rechtsmissbrauch aus.

    Nach § 42 Satz 1 AO könne durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Von einer Umgehung sei auszugehen, wenn eine Gestaltung gewählt werde, die - gemessen an dem erstrebten Ziel - unangemessen sei, der Steuerminderung dienen solle und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen sei (ständige BFH-Rechtsprechung). Eine rechtliche Gestaltung sei unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorgegebene typische Gestaltung zur Erreichung bestimmter wirtschaftlicher Ziele nicht gebrauche, sondern hierfür einen ungewöhnlichen Weg wähle, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel, Steuern zu sparen, nicht erreichbar sein solle. Die Unangemessenheit einer Rechtsgestaltung trete insbesondere zutage, wenn diese keinem wirtschaftlichen Zweck diene. Wirtschaftlich habe sich an der Gesellschafterstellung des Klägers vor und nach der Veräußerung nichts geändert. Der Kläger sei wiederum, wie auch die anderen 5 Gesellschafter, mit 14,29 v.H. an der ... Vermögensverwaltungs GmbH beteiligt. Die An- und Verkäufe (Geschäftsanteilsabtretungen) dienten keinem wirtschaftlichen Zweck. Die mit den veräußerten und erworbenen Anteilen verbundenen Gesellschaftsrechte seien identisch, so dass außer dem steuerlichen Grund der vollen Berücksichtigung des Veräußerungsverlustes noch in 2001 wirtschaftliche Gründe für die Anteilsveräußerung und den Erwerb nicht ersichtlich seien. Ein Gestaltungsmissbrauch sei darin zu sehen, dass der alleinige Grund für die Anteilsveräußerung (ausschließlich untereinander) darin bestanden habe, für 2001 den steuerlichen Verlust nach § 17 EStG a.F. noch zu 100 v.H. geltend zu machen, da durch das Halbeinkünfteverfahren ab 2002 der Verlust nur noch zur Hälfte zu realisieren gewesen wäre. Gemäß § 17 Abs. 1 EStG 2001 gehöre zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten 5 Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt gewesen sei. Der Kläger sei seit der Gründung im September 2000 mit 14,29 v.H, also wesentlich, beteiligt. Der Systemwechsel vom Vollanrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren ab dem Veranlagungszeitraum 2002 sei ausschlaggebend für die Anteilsveräußerung an Herrn T. M. gewesen. Als Veräußerungspreis seien 7.500 € vereinbart worden. Durch die voll eingezahlte Stammeinlage i. H. von 50.000 € sei der erklärte Verlust nach § 17 EStG in Höhe von 83.123 DM entstanden. Noch am selben Tag habe der Kläger von Herrn M. M. einen Anteil an der ... Vermögensverwaltungs GmbH im Nominalbetrag von 50.000 € für ebenfalls 7.500 € erworben und sei damit wiederum zu 14,29 v.H. an der Gesellschaft beteiligt. Neben dem Kläger hätten auch 6 der 7 Gesellschafter, bei denen es sich überwiegend um Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Bankkaufleute handele, ihre bestehenden Anteile in einer Art Ringtausch untereinander verkauft und von jeweils einem anderen Mitgesellschafter dessen gleich hohe Beteiligung erworben. Der Tatbestand des § 17 EStG sei erfüllt, wenn ein i.S. des § 17 Abs. 1 EStG wesentlich Beteiligter seine Anteile veräußere. Nach der Veräußerung sei der jeweilige Veräußerer um die Anteile entreichert und um die Gegenleistung bereichert. Im vorliegenden Fall sei eine Veräußerung der Beteiligung im vorgenannten Sinn wirtschaftlich nicht gewollt gewesen, da ein Anteil, der vollumfänglich die gleichen Rechte wie der veräußerte Anteil vermittele, am selben Tag für denselben Preis, der für den veräußerten Anteil erzielt worden sei, erworben worden sei. Wirtschaftlich habe sich durch den Abschluss der beiden Geschäftsanteilsabtretungsverträge nichts geändert. Der Kläger und die anderen beteiligten 5 Gesellschafter seien jeweils wiederum mit 14,29 v.H., d. h. mit derselben Beteiligungsquote wie vor der Veräußerung, an der GmbH beteiligt. Der Kläger habe einerseits 7.500 € für den erworbenen Anteil gezahlt, andererseits habe er 7.500 € für den veräußerten Anteil erhalten. Dass die Anteile in der dargestellten Weise tatsächlich und endgültig übertragen worden seien, werde nicht in Zweifel gezogen. Dass es sich bei dem veräußerten und dem erworbenen Anteil nicht um den nämlichen Anteil handele, sei unerheblich. Die mit den veräußerten und erworbenen Anteilen verbundenen Gesellschafterrechte seien identisch, so dass außer dem steuerlichen Grund der vollen Berücksichtigung des Veräußerungsverlusts wirtschaftliche Gründe für die Anteilsveräußerung und den Erwerb nicht ersichtlich seien. Auch Herr A. L., der an dieser Rotation als einziger Gesellschafter nicht beteiligt gewesen sei, sei nach wie vor mit 14, 29 v.H. Anteilseigner. Die so vorgenommenen Transaktionen seien nur bei gleichen Beteiligungsverhältnissen und bei maximal 6 Gesellschaftern durchführbar gewesen. Diese Voraussetzungen seien dadurch geschaffen worden, dass Herr T. M. vor den Veräußerungsgeschäften einen Anteil von 50.000 € (Gründungsmitglied mit 100.000 € = 28,55 v.H.) unentgeltlich auf seinen Vater Herrn H. M. übertragen habe. Herr A. L. sei mit Vollmacht durch Herrn T. M. vertreten worden. Nach Aktenlage habe Herr L keine Kenntnisse über die Vorgänge in der GmbH bzw. hinsichtlich der Anteilsveräußerungen (vgl. vorliegende Protokolle und Gesellschafterbeschlüsse) gehabt. Herr L habe die niedrigste Steuerprogression gehabt; für die anderen 6 Gesellschafter sei ein derartiges „Steuersparmodell” also von wesentlich höherem Interesse gewesen. Die vorgetragenen Gründe zur Veräußerung und zum Erwerb der Anteile begründeten keine beachtlichen nichtsteuerlichen Gründe i. S. der Rechtsprechung, die zu einer Anerkennung der gewählten Gestaltung führen könnten. Der Verkehrswert der Anteile hätte ohne weiteres auch ohne eine tatsächliche Veräußerung ermittelt werden können. Nach § 9 des Gesellschaftsvertrages vom 20. September 2000 stehe dem Gesellschafter eine Abfindung in Höhe des Verkehrswerts zu. Dieser richte sich bei den von der GmbH gehaltenen Wertpapieren nach dem Kurswert zum Zeitpunkt des Ausscheidens. So sei auch der Kaufpreis der Anteile nach dem Depotwert der vorhandenen Wertpapiere, also nach der in dem Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Verkehrswertermittlung, bestimmt worden. Auch habe kein Interessenkonflikt bestanden, da jeder Gesellschafter einerseits einen Veräußerungserlös i. H. von 7.500 € erzielt habe und andererseits Anschaffungskosten i. H. von ebenfalls 7.500 € gehabt habe. Es sei auch davon auszugehen, dass die Beträge am selben Tag geflossen seien. Der Abtretungsvertrag enthalte keinerlei Festlegung des Fälligkeitszeitpunktes des Kaufpreises und Vereinbarungen für den Fall des Zahlungsverzugs. Auch dies zeige, dass ein Interessengegensatz zwischen Erwerber und Veräußerer nicht bestanden habe. Ob sich die Beteiligten teilweise nicht gekannt oder doch gekannt, bzw. nur ein- oder zweimal gesehen hätten, spiele keine Rolle. Nach den vom Kläger eingereichten Protokollen der Gesellschafterversammlungen seien die Herren T. M., G. M., B. S., M. M. und der Kläger stets persönlich anwesend gewesen, so dass davon auszugehen sei, dass sich die Beteiligten untereinander gekannt hätten. Gleichgerichtete Interessen hätten insoweit bestanden, als die Beteiligten durch die Abtretungsverträge einen steuerlichen Verlust i. S. des § 17 EStG a.F. zu erzielen versucht hätten. Auch die Aussage, dass i. S. einer Totalgewinnbesteuerung der Finanzverwaltung kein steuerlicher Nachteil erwachse, da Wertsteigerungen in künftigen Jahren einen Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG erhöhten, sei nicht zutreffend. Durch die Veräußerung sei die Wertminderung des Anteils in voller Höhe steuerlich geltend gemacht worden. Künftige Wertsteigerungen seien hingegen nach § 3 Nr. 40 EStG nur noch zur Hälfte steuerpflichtig.

    Das angeführte BFH-Urteil vom 11. Oktober 2000 (I R 99/96, a.a.O.) sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da in dem Urteilsfall die Einkunftsquelle, nämlich der Fondsanteil, im Wege der Veräußerung tatsächlich aufgegeben worden sei. Der BFH-Entscheidung vom 18. Juli 2001 I R 48/97 (a.a.O.) und dem Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf, 7 K 3172/01 E (a.a.O.) hätten jeweils Veräußerungen (Liquidationen) im Ganzen an fremde Dritte zugrunde gelegen. Im Rahmen der Gesamtbetrachtung sei von einem Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i. S. des § 42 AO auszugehen. Hierfür spreche insbesondere das BFH-Urteil vom 08. Mai 2003 (Az. IV R 54/01, BStBl II 2003, 854 zur Anteilsrotation, bei der ein Gestaltungsmissbrauch bei Veräußerung von Aktien an eine nahe stehende Personengesellschaft und anschließender ausschüttungsbedingter Teilwertabschreibung angenommen worden sei). Dort habe es sich um als bloße „Hin und Her” darstellende Transaktionen gehandelt, die steuerlich nicht anzuerkennen gewesen seien. Genau so stelle sich der vorliegende Fall dar. Im Endergebnis habe sich wirtschaftlich auf der Gesellschafterebene nichts geändert. Durch die o. a. Gestaltung sei lediglich versucht worden, die im Rahmen des § 17 EStG nicht zulässige Teilwertabschreibung auf anderem Wege zu erreichen. Der vorliegende Fall sei auch nicht mit den Firmenübertragungen Ende 1998 vergleichbar, da in diesen Fällen der Eigentümer wirtschaftlich tatsächlich gewechselt habe. Genau dies sei in dem hier zu beurteilenden Fall aber nicht gegeben. Zwar seien formal Anteile veräußert worden, wirtschaftlich habe sich aber an der Gesellschafterstellung vor und nach der Anteilsveräußerung nichts geändert. Alle Gesellschafter seien vor und nach der Veräußerung mit derselben Beteiligungsquote von 14,29 v.H. % beteiligt. Die zivilrechtliche Wirksamkeit der Verträge bleibe davon unberührt.

    Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die Aktenausfertigung der Einspruchsentscheidung (Bl. 214 ff. des Leitz-Ordners „Verwaltungsvorgänge”) Bezug genommen.

    Hiergegen richtet sich die Klage. Die Kläger machen insoweit geltend, dass ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten hier nicht vorliege. Die der Entscheidung des Beklagten zugrunde gelegten Rechtsprechungsnachweise seien sämtlich nicht auf den hier vorliegenden Fall anzuwenden. So sei der Vergleich mit der Überkreuzvermietung (BFH-Urteil vom 19. Juni 1991 IX R 134/86, BStBl II 1991, 904) äußerst weit hergeholt. Auch sei die durchgeführte Veräußerung dauerhaft und stelle nicht ein bloßes „Hin und Her” dar, worauf der BFH in seinem Urteil zur sog. Anteilsrotation zwischen einer wertlosen Schweizer AG, einer inländischen GmbH& Co. KG und den an den beiden Gesellschaften Beteiligten abgestellt habe. Auch die vom Beklagten angeführten Urteile zu einer Veräußerung zwischen nahen Angehörigen, insbesondere die Urteile des Finanzgerichts Schleswig-Holstein vom 10. April 2003, 2 K 304/00, EFG 2003, 1553, und des Finanzgerichts München vom 4. Oktober 1999, 13 K 3944/96, DStRE 2000, 293, seien auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar.

    Darüber hinaus fehle es an einem Umgehungstatbestand, da die Gestaltung nicht zu einer Umgehung des in 2001 geltenden Rechts geführt habe, sondern lediglich der für die Anerkennung der Verluste in voller Höhe maßgebliche Stichtag ausgenutzt worden sei (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 11. Oktober 2000 I R 99/96, a.a.O.). Das Motiv, Steuern zu sparen, allein mache eine Gestaltung nicht unangemessen (Hinweis auf das Urteil des BFH vom 18. Juli 2001 I R 48/97, a.a.O.). Es müsse den Gesellschaftern freistehen, ihre Anteile zu veräußern oder die Gesellschaft zu liquidieren (Hinweis auf das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 12. Mai 2003, 7 K 3172/01 E, a.a.O.).

    Der wirtschaftliche Grund für die Veräußerung habe in dem eingetretenen Wertverlust seit Gründung der GmbH gelegen, die Veräußerung sei tatsächlich durchgeführt worden und zu Bedingungen, wie dies unter fremden Dritten üblich sei. Genau so gut hätten die Gesellschafter auch eine Liquidation beschließen können. Darüber hinaus seien die Interessen der Gesellschafter nicht gleichgerichtet gewesen, vielmehr habe jeder einzelne Gesellschafter seine persönlichen Motive und Interessen für eine Veräußerung gehabt. So sei die Veräußerung seitens des Herrn M. M. durch dessen Scheidung veranlasst gewesen, da er eine mögliche und zeitraubende Unternehmensbewertung unbedingt habe vermeiden wollen. Der einzig mögliche Weg sei in der gebotenen Kürze der Zeit die Veräußerung unter den Gesellschaftern gewesen.

    Die Kläger sind der Ansicht, ein Rechtsmissbrauch nach § 42 Abs. 1 Satz 2 AO liege nicht vor, da sie sich an die geltenden gesetzlichen Vorschriften gehalten hätten. Daher sei ein Verlust aus der Veräußerung des GmbH-Anteils zu berücksichtigen.

    Diesbezüglich sehen sich die Kläger durch ein Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 29. September 2004 (Az.:12 K 72/02, DStRE 2005, 247) bestätigt. Dort sei entschieden worden, dass eine Übertragung einer wesentlichen Beteiligung an einer GmbH in der Krise zwischen Ehegatten zum symbolischen Preis von 1 DM als entgeltlich beurteilt werden und zur Entstehung eines Veräußerungsverlustes nach § 17 EStG führen könne, wenn die Anteile nach den Gesamtumständen tatsächlich wertlos gewesen seien und auch ein fremder Dritter nicht mehr als 1 DM bezahlt hätte. Des Weiteren habe aus dem Umstand allein, dass der Veräußerer die Anteile nur seiner Ehefrau zum Erwerb angeboten habe, nicht auf die Unentgeltlichkeit der Anteilsübertragung geschlossen werden können. Die Übertragung auf die Ehefrau und die damit verbundene Ausnutzung der Verlustrealisierungsmöglichkeit nach § 17 EStG stellten auch keinen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO dar. Insoweit sehen die Kläger starke Parallelen zu dem hier anhängigen Rechtsstreit.

    Schließlich beziehen sich die Kläger noch auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom 29. Mai 2008 (IX R 77/06, BStBl II 2008, 789), das die Vorinstanz (Finanzgericht Münster, Urteil vom 30. Mai 2006, 11 K 6601/02 E, EFG 2006, 1302) aufgehoben hat. Der BFH habe dort die Auffassung vertreten, dass die Veräußerung von GmbH-Anteilen an eine von den Gesellschaftern der GmbH neu gegründete, beteiligungsidentische GmbH nicht deshalb rechtsmissbräuchlich i.S. des § 42 AO sei, weil die Anteile zu einem Zeitpunkt veräußert worden seien, als die Veräußerung noch nicht dem Halbeinkünfteverfahren unterlegen habe, oder weil sich die Tätigkeit der neu gegründeten GmbH auf das Halten der veräußerten Anteile beschränkt habe. Die Kläger sehen sich insoweit in ihrer Rechtsauffassung bestärkt.

    Die Kläger beantragen,

    unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 16. Dezember 2004 den Einkommensteuerbescheid 2001 in der Fassung vom 24. September 2002 dahingehend abzuändern, dass der geltend gemachte Verlust aus der Veräußerung von Anteilen an der ... Vermögensverwaltungs GmbH in Höhe von DM 83.123 (42.500 €) als Verlust bei den Einkünften aus § 17 EStG anerkannt wird;

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Er hält an seiner Rechtsauffassung in der Einspruchsentscheidung fest und verweist vollinhaltlich auf diese. Darüber hinaus führt er aus, dass zwar formal eine Veräußerung stattgefunden habe, wirtschaftlich sich aber an der Gesellschafterstellung durch die Veräußerung nichts geändert habe. Durch die Gestaltung habe der Kläger lediglich versucht, den eingetretenen Wertverlust steuerlich geltend zu machen. Eine solche Berücksichtigung als Teilwertabschreibung sei jedoch im Rahmen des § 17 EStG gerade nicht möglich. Auch sei der vorliegende Fall gerade nicht mit einer Liquidation zu vergleichen, da der Kläger die Einkunftsquelle nicht aufgegeben habe.

    Der Beklagte hält auch die Entscheidung des BFH vom 29. Mai 2008 für nicht einschlägig, da hier mangels Zwischenschaltung einer GmbH gerade kein Rechtsträgerwechsel eingetreten sei. Vorliegend fehle es daran, dass ein selbständiges Steuersubjekt dazwischen geschaltet worden sei, das insoweit eine Abschirmwirkung gegenüber dem Veräußerer entfalte. Im Streitfall sei auch die wirtschaftliche Stellung des Klägers als Anteilseigner vor und nach der Veräußerung gleich geblieben. So habe auch der BFH jüngst einen Missbrauch nach § 42 AO für möglich gehalten, wenn der Verkauf mit einem gleichzeitigen Rückerwerbsrecht verbunden sei (BFH-Beschluss vom 1. Februar 2008 IX B 251/07, BFH/NV 2008, 813). Im Urteil vom 29. August 2007 (IX R 17/07, BStBl II 2008, 502) werde die Anwendung des § 42 AO bejaht, wenn die Beteiligten durch zivilrechtlich mögliche Gestaltungen zwar wechselseitige Zahlungsverpflichtungen begründeten, damit aber ihre jeweilige Position weder tatsächlich noch wirtschaftlich änderten.

    Gründe

    I. Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2001 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung).

    Denn die Berücksichtigung eines Veräußerungsverlustes nach § 17 EStG kommt wegen eines Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 Abs. 1 AO nicht in Betracht.

    1. Eine wesentliche Beteiligung an der ... Vermögensverwaltungs GmbH nach § 17 EStG liegt vor, so dass grundsätzlich eine Berücksichtigung des Veräußerungsverlustes zu berücksichtigen gewesen wäre.

    a) Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war. Veräußerungsgewinn im Sinne von § 17 Abs. 2, 4 EStG ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten auf die Beteiligung übersteigt.

    b) Nach § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG ist ein Veräußerungsverlust nur zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige entweder eine relevante Beteiligung der Gesellschaft (d.h. gemäß § 17 EStG 2000 eine Stammeinlage i.H.v. mindestens 10 v.H. am Stammkapital) unentgeltlich erworben hatte (lit. a) oder die Anteile mehr als 5 Jahre vor der Veräußerung entgeltlich erworben hatte und während dieses Zeitraums relevant beteiligt war (lit. b). Da der Kläger im vorliegenden Fall seine Anteile bei Gründung der GmbH erworben hatte und die Gründung als Fall des entgeltlichen Erwerbs anzusehen ist, ist eine Berücksichtigung des Veräußerungsverlustes nach § 17 Abs. 2 Satz 4 lit. b EStG zu beurteilen (Schmidt/Weber-Grellett, EStG, 27. Aufl., 2008, § 17 Rz. 199). Die Wesentlichkeit einer Beteiligung ist für die Berücksichtigungsfähigkeit eines Veräußerungsverlustes im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 4 lit. b, Abs. 4 in der Fassung des StEntlG 1999/2000/2002 veranlagungszeitraumbezogen zu beurteilen (BFH-Urteil vom 29. Mai 2008 IX R 62/05, BStBl II 2008, 856). Auf den Zeitraum kommt es gemäß § 17 Abs. 2 Satz 4 lit. b Satz 2 EStG dann nicht an, wenn der Erwerb zur Begründung einer Beteiligung des Steuerpflichtigen im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG geführt hat. Ein solcher Fall ist auch der Erwerb einer nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG relevanten Beteiligung bei Gründung der Gesellschaft.

    2. Die Anerkennung des Veräußerungsverlustes scheidet allerdings wegen Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 Abs. 1 AO aus.

    a) Eine Steuerumgehung im Sinne des § 42 AO liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der auch der erkennende Senat folgt, vor, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die zur Erreichung des erstrebten wirtschaftlichen Ziels unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (st. Rspr.; vgl. z.B.: BFH-Urteile vom 18. März 2004 III R 25/02, BStBl II 2004,787, und vom 29. August 2007 IX R 17/0, BStBl II 2008, 426; BFH-Beschlüsse vom 3. Februar 1993 I B 90/92, BStBl II 1993, 426, und vom 20. Mai 1997 VIII B 108/96, DStRE 1997, 798; vgl. hierzu Klein/Brockmeyer, AO, 9. Auflage 2006 § 42 Rz. 12 ff.).

    b) Das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen (vgl. z.B.: BFH-Beschluss vom 29. November 1982 GrS 1/81, BStBl II 1983, 272). Eine steuerliche Gestaltung ist erst dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreicht werden soll (vgl. z.B.: (BFH-Urteile vom 16. Januar 1996 IX R 13/92, BStBl II 1996, 214, und vom 17. Dezember 2003 IX R 56/03, BStBl II 2004, 648, m.w.N.). Entscheidend sind immer die Verhältnisse aus der Sicht des Steuerpflichtigen, bei dem die rechtsmissbräuchliche Gestaltung in Frage steht. Was sich für den einen Vertragspartner als rechtsmissbräuchlich erweist, muss für den anderen Vertragspartner nicht ebenfalls missbräuchlich sein (Klein/Brockmeyer, a.a.O., § 42 Rz. 6). Grundsätzlich ist der Steuerpflichtige in der Wahl seiner Gestaltungen frei. Das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine rechtliche Gestaltung noch nicht unangemessen.

    c) Anzunehmen ist ein Gestaltungsmissbrauch bei einem gleichzeitig vereinbarten Rückerwerb, wenn hierdurch Steuergesetze umgegangen werden und es hierfür an einem wirtschaftlichen oder sonst beachtlichen außersteuerlichen Grund fehlt (vgl. z.B.: BFH-Urteil vom 9. Juli 1998 V R 68/96, BStBl II 1998, 637, und BFH-Beschluss vom 1. Februar 2008 IX B 251/07, BFH/NV 2008, 813). Die Unangemessenheit ist darin zu sehen, dass der Steuerpflichtige nach seinem Gesamtplan eine Rechtsposition erst schafft und dann durch eine gegenläufige rechtliche Gestaltung die geschaffene Rechtsposition wieder ausgleicht, um auf diese Art und Weise seine Steuern zu mindern (vgl. z.B.: BFH-Urteile vom 22. Januar 2002 VIII R 46/00, BStBl II 2002, 685; vom 31. Juli 2002 X R 103/96, BFH/NV 2003, 26, und vom 27. Oktober 2005 IX R 76/03, BStBl II 2006, 359; Fischer, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, Loseblatt Stand März 2008, § 42 Rz. 84). Demgemäß kann, worauf der Beklagte zutreffend hinweist, auch eine Veräußerung und ein zeitnaher (Rück)- Erwerb zu einem einheitlichen Vorgang zusammengefasst und ein Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 Abs. 1 S. 1 AO angenommen werden, sofern sich der erstrebte Erfolg bei einer Gesamtbetrachtung als unangemessene Rechtsgestaltung darstellt (so: BFH-Urteil vom 5. Mai 1992 IX R 281/87, BFH/NV 1992, 661; zustimmend: Klein/Brockmeyer, a.a.O., a.a.O., § 42 Rz. 51).

    3. Die Gestaltung ist unangemessen, wenn sie überhaupt keinem wirtschaftlichen Zweck dient, wenn ein vernünftiger wirtschaftlicher Grund überhaupt fehlt, wenn sie letztlich allein der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Danach sind unangemessen abwegige Gestaltungen. Maßgeblich ist, ob verständige Beteiligte die Gestaltung in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts unter wirtschaftlicher Zielsetzung gewählt hätten.

    a) Der Kläger hat seine Gesellschaftsanteile mit notariellem Vertrag vom 17. Dezember 2001 (Urk-Nr. 2406) veräußert, um am selben Tag mit notariellem Vertrag (Urk-Nr. 2408) Gesellschaftsanteile in derselben Höhe von 50.000 € und zum selben Preis von 7.500 € wie veräußert von einem anderen Gesellschafter wieder zu erwerben.

    aa) Sollte die Veräußerung erfolgen, um als Gesellschafter aus der Gesellschaft auszuscheiden und so den eventuell mittlerweile bestehenden Streitigkeiten mit den anderen Gesellschaftern zu entgehen, so stellt dies einen nachvollziehbaren Grund für die Veräußerung dar. Im Widerspruch dazu steht allerdings der Erwerb von Anteilen an der Gesellschaft noch am selben Tag. Auch spricht gegen dieses Motiv, dass der Kläger die Anteile zum selben Preis erworben hat, wie er seine Anteile zuvor veräußert hat. Ein erneuter Erwerb wäre allenfalls unter dem Gesichtspunkt eines günstigen Geschäfts als verständig anzusehen.

    bb) Soweit der Kläger anführt, die Veräußerung sei erfolgt, um den Verkehrswert der Anteile zu ermitteln, so kann dies seitens des Gerichts nicht nachvollzogen werden. Für eine Ermittlung des Verkehrswertes/Marktwertes ist allgemein keine tatsächliche Veräußerung notwendig. Vielmehr wurde der Marktwert, wie der Kläger selbst vorträgt, anhand der Depotauszüge ermittelt, wie dies nach dem Gesellschaftsvertrag auch beim Ausscheiden eines Gesellschafters zu geschehen hatte, und die Veräußerung zu diesem Preis mit einem geringen Aufschlag vorgenommen. Insoweit sah § 9 des notariellen Gesellschaftsvertrages vom 20. September 2000 ein allseits praktikables und leicht handhabbares Verfahren vor, nämlich eine Bewertung der Wertpapiere mit dem Tageswert (Schlusskurs) zum Zeitpunkt des Ausscheidens und für sog. Day-Trading ebenfalls nach dem jeweiligen Schlusskurs. Warum dann auch die Veräußerung tatsächlich durchgeführt werden musste, ist insoweit nicht verständlich. So konnte diese doch bei einer Vereinbarung des Veräußerungspreises anhand der Depotauszüge keine weiteren Aufschlüsse über den Wert der Gesellschaftsanteile geben. Darüber ist augenfällig, dass ein Verkaufspreis von 7.500 € zugrunde gelegt wurde, der sowohl Transaktionen vom 14. Dezember 2001 als auch Verkäufe/Anteilsübertragungen vom 17. Dezember 2001 betraf, ohne dass diesbezüglich zwischenzeitliche Wertschwankungen des Wertpapierdepots bei der Preisfindung berücksichtigt worden wären. Vielmehr scheinen sich die Beteiligten an den Transaktionen unter Zugrundelegung des Depotwerts auf einen ausreichenden „Sicherheitszuschlag” verständigt zu haben, um auf diesem Wege sicherzustellen, dass sich bei regelkonformen Verhalten aller Beteiligten per Saldo ein „Nullsummenspiel” ergab.

    cc) Soweit der Kläger vorträgt, dass die Veräußerung auf Wunsch des Gesellschafters Herrn M. M. erfolgt sei, damit dieser sein Scheidungsverfahren schnell ohne ein zeitaufwendiges Bewertungsverfahren abwickeln könne, ist angesichts des Vorstehenden bereits nicht nachvollziehbar, inwieweit es eines solchen Verfahrens überhaupt bedurft hätte. Selbst bei Anerkennung dieser Motive als durchaus nachvollziehbaren Grund für die Veräußerung der Anteile des Herrn M. M., ist jedoch kein Grund dafür ersichtlich, weshalb die anderen Gesellschafter, insbesondere auch der Kläger, ihre Anteile verkaufen sollten, nur weil ein anderer Gesellschafter seiner Anteile verkaufen wollte. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Motive für jeden Gesellschafter getrennt zu ermitteln sind.

    dd) Darüber hinaus liegt auch - entgegen der Auffassung der Kläger - kein Stichtagsproblem vor. So wäre es durchaus rechtlich zulässig und in Übereinstimmung mit den geltenden steuerrechtlichen Vorschriften möglich gewesen, wenn der Kläger seine Gesellschaftsanteile veräußert hätte, ohne noch am selben Tag einen Gesellschaftsanteil in derselben Höhe zu erwerben. Denn dies hätte - wie für eine Veräußerung vorausgesetzt - zu einer endgültigen Aufgabe der Einkunftsquelle gegen Entgelt geführt. So hätte durchaus die Möglichkeit bestanden, eine steuerrechtlich günstige Gestaltung zu wählen. Durch seinen erneuten Erwerb von Gesellschaftsanteilen hat der Kläger jedoch zum Ausdruck gebracht, dass er die Einkunftsquelle und das Ausmaß seiner Beteiligung an der GmbH gerade nicht aufgeben wollte. Daher fehlt es schon an einem vernünftigen wirtschaftlichen Grund und es ist kein vernünftiger Zweck für die Gestaltung ersichtlich.

    ee) Soweit der Kläger anführt, dass bei einer Liquidation ein Verlust zu berücksichtigen gewesen wäre und es dem Gesellschafter grundsätzlich frei stehe, die Gesellschaft zu liquidieren oder seine Anteile zu veräußern, so besteht der entscheidende Unterschied zu einer Liquidation darin, dass die Einkunftsquelle tatsächlich aufgegeben wird. Daher ist auch das vom Kläger zitierte Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 12. Mai 2003 7 K 3172/01 (a.a.O.) überhaupt nicht auf den hier vorliegenden Fall übertragbar. Hinzu kommt, dass bei einer Liquidation Ende 2001 ggfs. unklar war, ob ein entsprechender Liquidationsverlust überhaupt schon im Jahr 2001 berücksichtigungsfähig gewesen wäre oder erst mit Abschluss der Liquidation in einem späteren Veranlagungsjahr, dann unter Zugrundelegung des Halbeinkünfteverfahrens.

    ff) Die durchgeführte Gestaltung hat vielmehr dazu geführt, dass nach Abschluss der Transaktionen ein neutraler Zustand wieder hergestellt wurde, wie er vor den Veräußerungen bestand, wobei - im Gegenteil - die Gesellschafter nun noch mit zusätzlichen Notarkosten für die Beurkundungen belastet wurden. Steuerlich sollte letztlich eine Abschreibung der Gesellschaftsanteile auf den Teilwert erfolgen, die das Gesetz jedoch im Falle des § 17 EStG, bei der die Gesellschaftsanteile gerade zwingend im Privatvermögen gehalten werden müssen, nicht vorsieht. Die Gestaltung diente mithin allein der Steuerminderung, die auf Grund der gesetzlichen Wertungen so nicht erreichbar sein sollte.

    b) Insoweit besteht vorliegend ein wesentlicher Unterschied zu den vom Kläger angeführten Entscheidungen des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 29. September 2004 12 K 72/02, DStRE 2005, 247 und des BFH vom 29. Mai 2008 (IX R 77/06, a.a.O.). Denn dort vollzog sich tatsächlich auch ein Rechtsträgerwechsel bezüglich der Gesellschaftsanteile. In dem der Entscheidung des Finanzgerichts Baden-Württemberg zugrunde liegenden Fall erfolgte die Veräußerung der Gesellschaftsanteile zwischen Ehegatten, wobei der veräußernde Ehemann gerade die Einkunftsquelle endgültig aufgegeben hatte und es insoweit als unschädlich angesehen wurde, dass die endgültige Veräußerung der Verlustrealisierung diente (ebenso Finanzgericht des Saarlandes, Urteil vom 17. Juni 2008, 2 K 1179/04, EFG 2008, 1803). Gleiches gilt für den vom BFH im Urteil vom 29. Mai 2008 IX R 77/06 entschiedenen Fall, da bei der dortigen Gestaltung die Veräußerer der Gesellschaftsanteile gerade auf Dauer zwischen sich und die Einkunftsquelle eine inländische Kapitalgesellschaft geschaltet hatten und alle sich daraus ergebenden Konsequenzen zogen. Danach wurden die Anteile endgültig auf ein selbständiges Steuersubjekt übertragen, das unabhängig vom Gesellschafter zu besteuern war. Insoweit hatte auch dort nicht nur formal ein Rechtsträgerwechsel stattgefunden. Denn die Geltendmachung eines Verlusts im Falle einer Anteilsveräußerung oder Liquidation der Gesellschaft ist auch nach den gesetzlichen Regelungen vorgesehen und steht diesen nicht - wie hier die vom Kläger bezweckte Teilwertabschreibung - entgegen. Vorliegend ist hingegen sowohl die rechtliche als auch die wirtschaftliche Stellung des Klägers als Anteilseigner vor und nach der Veräußerung gleich geblieben. Lediglich der Wert der Beteiligung wurde betragsmäßig geringer ausgewiesen.

    c) Soweit das Finanzgericht Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 1. August 2007 (1 K 51/06, EFG 2008, 54) und das Finanzgericht Münster im Urteil vom 14. März 2007 (10 K 3380/04 E, EFG 2007,1024) einen Ver- und Ankauf von Wertpapieren in gleicher Zahl am selben Tag bzw. innerhalb eines Zeitraumes von zwei Tagen zur Realisierung von Spekulationsverlusten nicht als Gestaltungsmissbrauch angesehen haben, hält der erkennende Senat die dort zugrunde gelegten Bewertungsmaßstäbe auf den vorliegenden Fall für nicht übertragbar. Abgesehen davon, dass das Finanzgericht Hamburg mit rechtskräftigem Urteil vom 9. Juli 2004 (VII 52/02, EFG 2004, 1775) und das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht mit rechtskräftigem Urteil vom 14. September 2006 (5 K 286/03, EFG 2007, 192) in einem solchen Fall einen Gestaltungsmissbrauch angenommen haben, war dort die Frage des Anwendungsbereichs und der Voraussetzungen eines Gestaltungsmissbrauchs allein vor dem Hintergrund der speziellen Regelung von Verlustentstehung und Verlustausgleich in § 23 EStG zu entscheiden gewesen.

    d) Das Gericht sieht hier vielmehr eine Parallele zu dem vom BFH entschiedenen Sachverhalt, bei dem ein Verkauf mit einem gleichzeitigen Rückerwerbsrecht versehen war (BFH-Beschluss vom 1. Februar 2008 IX B 251/07, a.a.O.). Ebenso ist die vorliegende Gestaltung mit dem vom BFH in seinem Urteil vom 8. Mai 2003 IV R 54/01 entschiedenen Fall vergleichbar, wonach eine Anteilsrotation als rechtsmissbräuchlich angesehen wurde, wenn die Veräußerung nicht auf Dauer angelegt sei, sondern ein bloßes „Hin und Her” darstelle. Zwar wurde hier die Veräußerung nach ihrer vertraglichen Gestaltung dauerhaft durchgeführt, durch den Erwerb eines Geschäftsanteils am selben Tag in identischer Höhe zum selben Preis wurde jedoch erreicht, dass die ursprüngliche Beteiligungsquote letztlich unverändert blieb. Im Ergebnis lag damit nur ein Tausch von Gesellschaftsanteilen unter Einbeziehung mehrerer Gesellschafter zwecks Erlangung einer Teilwertabschreibung vor.

    4. Die unangemessene rechtliche Gestaltung muss zudem zweckgerichtet zur Umgehung eines Steuergesetzes gewählt worden sein, das heißt, es muss mit Umgehungsabsicht gehandelt werden (Finanzgericht Münster, Urteil vom 30. Mai 2006, 11 K 6601/02 E, EFG 2006, 1302). Ist der Tatbestand des § 42 AO im Übrigen erfüllt, lässt sich die Umgehungsabsicht regelmäßig im Wege des Indizienbeweises feststellen. Der Steuerpflichtige muss für die von ihm gewählte Gestaltung eine plausible Erklärung geben können. Geschieht dies nicht, so spricht das für eine Umgehungsabsicht (Finanzgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 10. April 2003, 2 K 304/00, EFG 2003, 1553; Klein/Brockmeyer, a.a.O., § 42 Rz. 22).

    Die von dem Kläger angeführten Gründe stellen keine plausible Erklärung für die gewählte Gestaltung dar. Für die von den Klägern gewählte Gestaltung ist kein vernünftiger wirtschaftlicher Grund ersichtlich, so dass schon deswegen eine Umgehungsabsicht festzustellen ist.

    5. Nach § 42 Abs. 1 AO kann durch den Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden und dies hat zur Folge, dass der Steueranspruch so entsteht, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entstanden wäre. Folglich waren die Gesellschaftsanteile - ungeachtet der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Geschäftsanteilsabtretungen - weiterhin dem Kläger zuzurechnen, als hätte eine Veräußerung nicht stattgefunden, so dass auch ein Veräußerungsverlust nicht zu berücksichtigen war.

    6. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen; der Senat folgt den insoweit zutreffenden Gründen der Einspruchsentscheidung (§ 105 Abs. 5 FGO).

    II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    III. Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Art nicht vorliegen.