19.11.2009
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 11.09.2009 – 3 K 124/08
Die für eine Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung liegt regelmäßig vor, wenn die Person oder Personengruppe, die das Besitzunternehmen beherrscht, über die Stimmenmehrheit bei der Betriebsgesellschaft verfügt. Für eine Betriebsgesellschaft in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft gilt das jedenfalls dann, wenn sie nicht den Vorschriften des Mitbestimmungsgesetzes unterliegt. Denn auch in einer solchen Aktiengesellschaft kann sich auf Dauer nur ein geschäftlicher Betätigungswille entfalten, der vom Vertrauen des Mehrheitsaktionärs getragen ist, weil dieser mittelbar über die Zusammensetzung des Vorstands entscheiden kann.
Tatbestand
A.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob zwischen dem Kläger und der A AG die für eine Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung besteht.
I.
Der Kläger war im Streitjahr Vorstandsvorsitzender der A1 AG (inzwischen umfirmiert in A AG) und an ihrem Grundkapital zu 71,18 % beteiligt. Die A AG entstand durch Umwandlung der A2 GmbH in eine Aktiengesellschaft und wurde am ..... 1992 in das Handelsregister eingetragen. Sie produziert und vermarktet ..... und sonstige Konsumgüter (§ 2 der Satzung vom 24. November 1992, Betriebsprüfungsarbeitsakten - BpAA - Bd. II Bl. 49 ff., geändert am 10. August 1998, BpAA Bd. II Bl. 62 ff., und am 26. August 1998, BpAA Bd. II Bl. 69 ff.) und hat ihren Geschäftssitz seit dem 16. November 2001 in dem Geschäftsgebäude X-Straße in Hamburg. Die Aktien der A AG waren bis einschließlich 2001 am Neuen Markt notiert und sind seit 2002 zum Handel im Geregelten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassen.
Im Streitjahr bestand der Vorstand der A AG aus dem Kläger und zwei weiteren Mitgliedern. Nur der Kläger war zur Einzelvertretung befugt. Der Aufsichtsrat bestand ebenfalls aus drei Mitgliedern (§ 9 Abs. 1 der Satzung; Schriftsatz des Klägers vom 9. Oktober 2008, Finanzgerichtsakten - FGA - Bl. 27). Die Geschäftsordnung vom 15. März 2001, die der Aufsichtsrat dem Vorstand gab (Anl. K 1, FGA Anlagenband), enthielt u.a. folgende Bestimmungen:
§ 4 Gesamtverantwortung
Unbeschadet ihrer Ressortzuständigkeit werden alle Vorstandsmitglieder alle für den Geschäftsverlauf der Gesellschaft entscheidenden Daten laufend verfolgen, um jederzeit auf die Abwendung drohender Nachteile, auf wünschenswerte Verbesserungen oder zweckmäßige Änderungen durch Anrufung des Gesamtvorstandes, Unterrichtung des Vorstandsvorsitzenden oder sonst auf geeignete Weise hinwirken zu können.
§ 5 Vorsitzender des Vorstandes
(1) Dem Vorsitzenden des Vorstandes obliegt die Koordination aller Geschäftsbereiche des Vorstands. Er hat auf eine einheitliche Ausrichtung der Geschäftsführung auf die durch die Beschlüsse des Vorstandes festgelegten Ziele hinzuwirken. Von den Mitgliedern des Vorstandes kann er jederzeit Auskünfte über einzelne Angelegenheiten ihrer Geschäftsbereiche verlangen und bestimmen, dass er über bestimmte Arten von Geschäften von vornherein zu unterrichten ist.
(2) Der Vorsitzende des Vorstandes repräsentiert den Vorstand und die Gesellschaft gegenüber der Öffentlichkeit, insbesondere gegenüber Behörden, Verbänden, Wirtschaftsorganisationen und Publikationsorganen. (...)
(3) Dem Vorsitzenden des Vorstandes obliegt die Federführung im mündlichen oder schriftlichen Verkehr mit dem Aufsichtsrat und dessen Mitgliedern. (...) § 6 Vorstandssitzungen
(1) Der Vorstand trifft seine Entscheidungen grundsätzlich in Vorstandssitzungen. (...)
(7) Der Vorstand ist beschlußfähig, wenn alle Mitglieder eingeladen und mindestens zwei der Mitglieder in der Sitzung anwesend sind. (...) Bei der Abstimmung entscheidet die einfache Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorstandsvorsitzenden den Ausschlag. Ist der Vorstandsvorsitzende abwesend, so ist bei Stimmengleichheit der Beschlußvorschlag abgelehnt. Über Beschlüsse gegen die Stimme des Vorstandsvorsitzenden ist der Aufsichtsrat zu unterrichten. (...)
§ 8 Zwingende Entscheidungsbefugnis des Gesamtvorstandes
(1) Der Gesamtvorstand beschließt über alle Angelegenheiten, die von besonderer Bedeutung und Tragweite für die Gesellschaft oder ihre Tochter- und Beteiligungsgesellschaften sind, insbesondere über: (...)
c) Angelegenheiten, die dem Aufsichtsrat vorzulegen sind (...), (...)
(2) Die folgenden Rechtsgeschäfte bzw. Handlungen dürfen gemäß § 111 Abs. 4 S. 2 AktG nur mit vorheriger ausdrücklicher Zustimmung des Aufsichtsrates durch ein Vorstandsmitglied oder den Gesamtvorstand abgeschlossen bzw. ausgeführt werden, soweit sie nicht im verabschiedeten und genehmigten Budget oder sonstigen dem Aufsichtsrat bereits zur Kenntnis gebrachten Unterlagen enthalten waren;
a) Erwerb, Veräußerung oder Belastung von Grundstücken (...); b) Aufnahme von Darlehen mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr (...);
c) Abschluß oder Änderung von Kauf-, Miet-, Pacht- und Leasingverträgen, bei denen der Barwert der fest vereinbarten Zahlungen mehr als EURO 2.000.000,-- zuzüglich USt. im Jahr beträgt. (...)
II.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks X-Straße in Hamburg. Hierauf errichtete er ein im Jahr 2001 fertig gestelltes Geschäftsgebäude. Seit Sommer 2000 führte der Kläger Verhandlungen mit der A AG über die Anmietung von Geschäftsräumen in diesem Gebäude. Die Eckdaten für das geplante Mietverhältnis wurden zunächst in einem Letter of Intent (Anlage K 2, FGA Anlagenband) festgehalten. Der Mietzins für die Büroflächen sollte danach monatlich DM 37,50 DM/qm betragen. Das Mietverhältnis sollte am 1. Juli 2001 beginnen und auf zehn Jahre befristet sein mit einer Verlängerungsoption auf weitere fünf Jahre.
Der Vorstand der A AG legte den Letter of Intent dem Aufsichtsrat zur Unterzeichnung vor (E-Mail-Schreiben vom 25. Oktober 2000, Anlagenkonvolut K 3, FGA Anlagenband). Auf Wunsch des Aufsichtsrates wurde ein Gutachten erstellt, in dem die Vor- und Nachteile der geplanten Anmietung gegenübergestellt und der Vertragsabschluss befürwortet wurden (Anlage K 4, FGA Anlagenband). In seiner Sitzung am 27. August 2001 beschloss der Vorstand, dem Aufsichtsrat die Anmietung der Räumlichkeiten und den Erwerb der vom Kläger vorgenommenen Einbauten vorzuschlagen (Protokoll der Vorstandssitzung vom 27. August 2001, Anlage K 5, FGA Anlagenband). Daraufhin fasste der Aufsichtsrat am 31. August 2001 einen entsprechenden Beschluss (Anlagen K 7 bis K 10, FGA Anlagenband). In seiner Sitzung am 25. Oktober 2001 beschloss der Aufsichtsrat dann jedoch, eine feste Mietzeit von lediglich drei Jahren zu vereinbaren und die Einbauten nicht zu erwerben, sondern ebenfalls anzumieten. Das Protokoll der Aufsichtsratssitzung vom 25. Oktober 2001 (Anlage K 11, FGA Anlagenband Kläger) enthält dazu folgenden Passus:
”... B) proposed an amendment to the Supervisory Board recent resolution dated August 31, 2001 regarding the key points of the lease contract for the building at X-Straße III between A1 AG and the B GmbH.
After throughout discussion the Supervisory Board resolved on the changing of the resolution of August 31, 2001 in the following aspects:
Term: 3 years instead of 10 years and options. (...) Objects: instead of the purchase of A related investments (...), A will rent for three years at DM 540.000 (Euro 276,000) per annunm (...).”
Der Mietvertrag wurde schließlich am 29. Oktober 2001 unterzeichnet (BpAA Bd. I Bl. 181 ff.). Die A AG war nach § 2 des Vertrages berechtigt, die gemieteten Räume für ihren Geschäftsbetrieb zu nutzen, d.h. zu Bürozwecken, zum Vertrieb ..... Der Vertrag enthielt eine Befristung des am 16. November 2001 beginnenden Mietverhältnisses auf drei Jahre. Der Vermieter hatte die Möglichkeit, der Mieterin eine zweimalige Verlängerungsoption auf jeweils fünf Jahre einzuräumen. Der Mietzins betrug im ersten Mietjahr DM 20/qm und im zweiten und dritten Jahr DM 41/qm. Die weiteren in dem Gebäude befindlichen Räume wurden an Dritte vermietet.
Am 12. Juli 2002 wurde eine u.a. bzgl. Mietzins und Optionsrechten geänderte Fassung des Mietvertrages unterzeichnet (BpAA Bd. I Bl. 189 ff.), die auch eine Vereinbarung über die Anmietung der Einbauten enthielt (Anlage 17.5 zum Mietvertrag, BpAA Bd. I Bl. 200 ff.).
III.
In der am 18. September 2002 beim Finanzamt Hamburg-1 eingegangenen Einkommensteuererklärung 2001 erklärte der Kläger die negativen Einkünfte aus der Vermietung des Objekts X-Straße in Höhe von ./. DM 1.904.310,31 als Verluste aus Vermietung und Verpachtung. Das Finanzamt Hamburg-1 nahm die Veranlagung am 5. Februar 2003 insoweit zunächst erklärungsgemäß, aber unter dem Vorbehalt der Nachprüfung vor (Einkommensteuerakten - EStA- Bd. VI Bl. 212 und 215). Am 25. April 2003 ergingen auf Antrag des Klägers ein geänderter Einkommensteuerbescheid (festgesetzte Einkommensteuer: Euro 64.490,27, EStA Bd. VII Bl. 29) und ein geänderter Bescheid zum 31. Dezember 2001 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer (für Einkünfte aus Kapitalvermögen Euro 449.586, für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung Euro 667.009, EStA Bd. VII, Bl. 32). Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
Vom 19. September 2005 bis zum 29. Juni 2006 führte der Beklagte bei dem Kläger eine Außenprüfung für den Veranlagungszeitraum 2002 durch. Die Betriebsprüfungsstelle des Beklagten kam dabei zu dem Ergebnis, dass zwischen dem Kläger als Besitzunternehmer und der A AG als Betriebsgesellschaft eine steuerliche Betriebsaufspaltung bestanden habe mit der Folge, dass die Mieteinkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren und durch Bilanzierung zu ermitteln seien (Betriebsprüfungsbericht vom 29. Juni 2006, Tz. 13, BpAA Bd. II Bl. 111 ff.). Der Kläger teilte mit Schreiben vom 27. Februar 2006 (BpAA Bd. II Bl. 96) mit, dass bei der A AG eine Mitbestimmung durch die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat nicht gegeben sei, und reichte auf Aufforderung der Betriebsprüfungsstelle mit Schreiben vom 7. März 2006 (BpAA Bd. II Bl. 97 ff.) eine Eröffnungsbilanz auf den 16. November 2001 und eine Folgebilanz auf den 31. Dezember 2001 ein sowie eine Übersicht über die Auswirkungen der Einkünfteumqualifizierung.
Daraufhin erließ der Beklagte am 18. Oktober 2006 entsprechend geänderte Bescheide betreffend Einkommensteuer und Verlustfeststellung 2001 (FGA Anlagenband).
IV.
Mit Schreiben vom 25. Oktober 2006 (Rechtsbehelfsakten - RbA - Bl. 66 ff.) legte der Kläger gegen diese Änderungsbescheide Einspruch ein. Er, der Kläger, habe trotz seiner Mehrheitsbeteiligung keinen beherrschenden Einfluss auf die A AG ausgeübt, denn anders als die Mitgliederversammlungen anderer Vereine und Kapitalgesellschaften habe die Hauptversammlung bei einer börsennotierten Aktiengesellschaft nur eine schwache Stellung.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 22. Mai 2008 als unbegründet zurück. Die für eine Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung liege vor, da der Kläger als Mehrheitsaktionär in der Lage gewesen sei, auf die Geschäfte des täglichen Lebens der A AG Einfluss zu nehmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) könne auch eine Aktiengesellschaft das Betriebsunternehmen bei einer Betriebsaufspaltung sein, denn der Mehrheitsaktionär könne über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats und damit mittelbar auch über die Besetzung des Vorstandes entscheiden (BFH-Urteil vom 28. Januar 1982 IV R 100/78, BFHE 135, 330, BStBl II 1982, 479).
V.
Der Kläger hat am 23. Juni 2008 Klage beim Finanzgericht (FG) erhoben (FGA Bl. 1 ff.).
Er trägt vor, dass aufgrund der Vermietung der Geschäftsräume an die A AG zwar die für eine Betriebsaufspaltung erforderliche sachliche Verflechtung vorliege, nicht hingegen die ebenfalls erforderliche personelle Verflechtung. Das Urteil des BFH, in dem dieser die personelle Verflechtung zwischen einer AG und ihrem Mehrheitsaktionär bejaht habe, sei 27 Jahre alt und aufgrund der zwischenzeitlichen Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur AG, insbesondere zu Funktion und Haftung des Aufsichtsrats, überholt.
In Anbetracht des Kollegialprinzips im Vorstand (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Aktiengesetz -AktG-), der Zuständigkeit des Aufsichtsrats für Rechtsgeschäfte mit Vorstandsmitgliedern (§ 112 AktG) und der Eigenverantwortlichkeit des Aufsichtsrats mit den haftungsrechtlichen Folgen genüge die Möglichkeit, über die Mehrheit im Aufsichtsrat mittelbar die Zusammensetzung des Vorstands zu bestimmen, nicht für die für eine personelle Verflechtung erforderliche Durchsetzung eines einheitlichen Geschäfts- und Betätigungswillens des Mehrheitsgesellschafters. Vorstand und Aufsichtsrat einer AG seien keineswegs willfährige Instrumente des Hauptaktionärs. So habe jedes Aufsichtsratsmitglied sein Amt eigenständig und eigenverantwortlich sowie frei von Weisungen Dritter im besten Interesse der Gesellschaft wahrzunehmen und trage insoweit auch haftungsrechtliche Konsequenzen (§ 116 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 93 Abs. 2 Satz 1 AktG). Etwaige Schadensersatzansprüche gegen Aufsichtsratsmitglieder könnten durch Minderheitsaktionäre durchgesetzt werden (§ 147 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 AktG a.F.). Entsprechendes gelte für die in § 93 AktG normierten Sorgfaltspflichten und Verantwortungsbereiche von Vorstandsmitgliedern, deren Entscheidungen sich ausschließlich nach dem Unternehmenswohl zu richten hätten und anderenfalls zu Schadensersatzpflichten führten. Aufgrund der unabhängigen und eigenverantwortlichen Rechtsstellung der Aufsichtsratsmitglieder und der Sorgfaltspflichten des Vorstandes sei es für einen Mehrheitsgesellschafter unmöglich, durch eine unmittelbare oder mittelbare Besetzung dieser Gremien ihm genehme Entscheidungen durchzusetzen, zumal ein Vorstandsmitglied in eigenen Angelegenheiten einem - im Gegensatz zum GmbH-Recht nicht dispositiven - Stimmverbot unterliege (§§ 136 Abs. 1 Satz 1, 142 Abs. 1 Satz 2 und 3 AktG).
Ferner ließen sich Vorgänge wie die Bestellung und Abberufung von Aufsichtsräten und Vorständen bei einer börsennotierten AG mit Streubesitz wie der A AG nicht „hinter verschlossenen Türen” vollziehen, sondern riefen ein erhebliches Misstrauen am Kapitalmarkt hervor und hätten womöglich die Anordnung einer Sonderprüfung durch Beschluss der Hauptversammlung (§ 142 Abs. 1 Satz 1 AktG) oder aufgrund eines Minderheitsverlangens von Aktionären zur Folge. Dies gelte umso mehr, als an der A AG neben dem Mehrheitsaktionär mehrere Paketaktionäre beteiligt seien, die allein oder gemeinsam die erforderlichen Quoren für Sonderprüfung und Klageerzwingung zustande brächten. Selbst die „freiwillige” Mandatsniederlegung eines Aufsichtsratsmitglieds auf Druck des Mehrheitsaktionärs sei nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) zu veröffentlichen und hätte dieselben Konsequenzen.
Dementsprechend hätten die Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der A AG die Entscheidung bzgl. des Mietvertragsabschlusses ausschließlich am Unternehmenswohl und nicht an den Wünschen des Klägers orientiert. Der Abschluss des Mietvertrages vom 16. November 2001 habe eines Beschlusses des Gesamtvorstandes und des Aufsichtsrates bedurft. Letzterer habe die A AG bei Vertragsabschluss nach § 112 AktG auch vertreten müssen. Dem Abschluss des Mietvertrages seien langwierige Verhandlungen und Diskussionen in Vorstand und Aufsichtsrat sowie zwischen beiden vorausgegangen. Dies ergebe sich u.a. aus dem zwischen dem Vorstandsmitglied Dr. C und dem Aufsichtsrat seit Oktober 2000 geführten Schriftwechsel (Anlagenkonvolut K 3, FGA Anlagenband). Da das Ergebnis dieses Entscheidungsprozesses für den Kläger nicht absehbar gewesen sei, habe er sich parallel dazu bemüht, die Immobilie an Dritte zu veräußern. Die schließlich am 25. Oktober 2001 nach langen Diskussionen getroffene Entscheidung des Aufsichtsrates, die Mietzeit von zehn auf drei Jahre zu verkürzen und die vom Kläger getätigten Einbauten anzumieten und nicht zu erwerben (Protokoll der Aufsichtsratssitzung vom 25. Oktober 2001, Anlage K 11, FGA Anlagenband), sei für den Kläger sehr nachteilig gewesen und dokumentiere, dass der Aufsichtsrat sich allein am Unternehmenswohl orientiert habe. Aufgrund von Differenzen zwischen dem Kläger einerseits und den anderen Vorstandsmitgliedern und dem Aufsichtsrat andererseits bzgl. des Mietvertrages über die Einbauten sei dieser Mietvertrag erst nach weiteren Verhandlungen im Juli 2002 abgeschlossen worden.
Während nach der Rechtsprechung des BFH für eine personelle Verflechtung erforderlich sei, dass das Nutzungsverhältnis hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlagen nicht gegen den Willen der das Besitzunternehmen beherrschenden Person aufgelöst werden könne, habe er, der Kläger, schon wegen der Befristung des Mietverhältnisses keinen Einfluss auf dessen Beendigung.
Entgegen der Auffassung des Beklagten habe er, der Kläger, auch nicht auf die Geschäfte des täglichen Lebens der A AG Einfluss nehmen können. Zum einen sei die Hauptversammlung der AG gegenüber dem Vorstand nicht weisungsbefugt, und zum anderen habe er, der Kläger, trotz seiner Einzelvertretungsbefugnis als Vorstandsmitglied nach der Geschäftsordnung des Vorstandes für eine Vielzahl von Handlungen und Rechtsgeschäften entweder eine Mehrheitsentscheidung des Gesamtvorstands oder eine vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats herbeiführen müssen.
Der Kläger beantragt,
die Änderungsbescheide zur Einkommensteuer 2001 und einkommensteuerlichen Verlustfeststellung 2001 jeweils vom 18. Oktober 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Mai 2008 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte nimmt zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung Bezug und führt ergänzend aus, dass sich auch bei einer AG nur ein geschäftlicher Betätigungswille entfalten könne, der vom Vertrauen des Mehrheitsgesellschafters getragen sei, was für die Annahme einer personellen Verflechtung genüge. Es komme nicht darauf an, ob der Kläger tatsächlich Einfluss genommen habe, sondern darauf, ob er die Möglichkeit dazu gehabt hätte.
VI.
Die Beteiligten haben sich auf Anfrage des Gerichts vom 24. Juli 2009 (FGA Bl. 75) gegen eine Verfahrensaussetzung im Hinblick auf das vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängige Verfahren zur Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 3 Sätze 2 bis 8 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 (Az. 2 BvL 59/06; Vorlagebeschluss des BFH vom 6. September 2006 XI R 26/04, BFHE 214, 430, BStBl II 2007, 167) ausgesprochen. Der Beklagte hat die angefochtenen Bescheide mit Einverständnis des Klägers insoweit für vorläufig erklärt (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11. September 2009, FGA Bl. 88 f.).
Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, aber vor Urteilsverkündung, hat die Klägervertreterin telefonisch mitgeteilt, dass die A AG im Streitjahr 27 Arbeitnehmer beschäftigt habe und der A-Konzern insgesamt 1.768 Arbeitnehmer.
Auf die Sitzungsprotokolle des Erörterungstermins vom 08. Januar 2009 (FGA Bl. 54 ff.) und der mündlichen Verhandlung vom 11. September 2009 (FGA Bl. 88 ff.) sowie auf die o.g. Unterlagen und die damit zusammenhängenden Vorgänge aus der Finanzgerichtsakte und den folgenden Steuerakten wird Bezug genommen: Band I der Gewerbesteuerakten, Bände VI und VII der Einkommensteuerakten, Band I der Bilanz- und Bilanzberichtsakten, Bände I und II der Betriebsprüfungsarbeitsakten und je ein Band Betriebsprüfungs- und Rechtsbehelfsakten (St.-Nr. .../.../...).
Gründe
B.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Die Klage ist zulässig.
Sie richtet sich zu Recht gegen den Beklagten. Unabhängig davon, ob die Zuständigkeit des inzwischen aufgelösten Finanzamts Hamburg-1 auf den Beklagten übergegangen ist, ist eine Anfechtungsklage nach § 63 Abs 1 Nr. 1 FGO gegen die Behörde zu richten, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat. Wird, wie im Streitfall, ein geänderter Bescheid angefochten, so ist das Finanzamt zu verklagen, das den Bescheid geändert hat (Tipke in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 63 FGO Rz. 2).
II.
Die Klage hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Der geänderte Einkommensteuerbescheid und der Verlustfeststellungsbescheid sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Der Beklagte hat die Einkünfte des Klägers aus der Vermietung des Objektes X-Straße zu Recht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt.
Einkünfte aus der Vermietung unbeweglichen Vermögens i.S. des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG sind gemäß § 21 Abs. 3 EStG Einkünften aus anderen Einkunftsarten zuzurechnen, soweit sie zu diesen gehören. Die streitgegenständlichen Vermietungseinkünfte des Klägers sind seinen gewerblichen Einkünften nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG zuzuordnen. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Person oder Personengruppe, die ihr Vermögen, insbesondere Gebäude und Maschinen, an eine Kapitalgesellschaft (Betriebsgesellschaft) vermietet, nicht vermögensverwaltend, sondern gewerblich tätig, wenn die vermieteten Wirtschaftsgüter zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen der Kapitalgesellschaft gehören (sachliche Verflechtung) und die Person oder Personengruppe sowohl das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen in der Weise beherrscht, dass sie in der Lage ist, in beiden Unternehmen einen einheitlichen Geschäfts- und Betätigungswillen durchzusetzen (personelle Verflechtung; BFH-Urteile vom 30. November 2005 X R 56/04, BFHE 212, 100, BStBl II 2006, 415; vom 1. Juli 2003 VIII R 24/01, BFHE 202, 535, BStBl II 2003, 757; vom 27. August 1992 IV R 13/91, BFHE 169, 231, BStBl II 1993, 134; FG Hamburg, Zwischenurteil vom 4. September 2007 3 K 93/06, EFG 2008, 700).
1. Die Voraussetzungen einer sachlichen Verflechtung sind erfüllt. Ein Grundstück ist eine wesentliche Betriebsgrundlage, wenn es für die Betriebsführung der Betriebsgesellschaft von nicht nur geringer Bedeutung ist. Das ist stets anzunehmen, wenn es der räumliche und funktionale Mittelpunkt der Geschäftstätigkeit des Betriebsunternehmens ist (BFH-Urteile vom 1. Juli 2003 VIII R 24/01, BFHE 202, 535, BStBl II 2003, 757; vom 23. Mai 2000 VIII R 11/99, BFHE 192, 474, BStBl II 2000, 621). Bei dem vermieteten Bürogebäude, in dem sich die Hauptverwaltung und Geschäftsleitung der A AG befinden, ist das unstreitig der Fall.
2. Zwischen dem Kläger und der A AG bestand im Streitjahr auch eine personelle Verflechtung.
Hierfür ist erforderlich, dass die vermietende Person oder Personengruppe sowohl im Besitz- als auch im Betriebsunternehmen nach den gesellschaftsrechtlichen Stimmverhältnissen in der Lage ist, ihren Willen durchzusetzen (BFH-Urteil vom 30. November 2005 X R 56/04, BFHE 212, 100, BStBl II 2006, 415). Das ist der Fall, wenn die Person oder Personengruppe über die Stimmenmehrheit bei der Betriebsgesellschaft verfügt und die Entscheidungen in der Betriebsgesellschaft und wenigstens die Entscheidungen über die Geschäfte des täglichen Lebens nach dem Mehrheitsprinzip getroffen werden (BFH-Urteil vom 21. August 1996 X R 25/93, BFHE 181, 284, BStBl II 1997, 44). Der Beherrschungswille muss sich insbesondere auf das Nutzungsverhältnis hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlage beziehen. Dieses soll vor allem nicht gegen den Willen der Person oder der Personengruppe, die das Besitzunternehmen beherrscht, aufgelöst werden können (BFH-Urteil vom 21. August 1996 X R 25/93, BFHE 181, 284, BStBl II 1997, 44).
a. Die Beherrschung des Besitzunternehmens durch den Kläger ist offenkundig. Als Alleineigentümer des Grundstücks hatte er die Möglichkeit, die Betriebsaufspaltung zu beenden. Zwar war eine Kündigung des Mietvertrages jedenfalls während der Befristung des Mietverhältnisses einschließlich der Verlängerungsoptionen nur aus wichtigem Grund möglich. Doch konnte der Kläger als Eigentümer die Betriebsaufspaltung zumindest jederzeit durch eine Veräußerung des Grundstücks aufheben (vgl. hierzu Kempermann, GmbH-Rundschau -GmbHR- 2005, 317). Im Übrigen ist für die Annahme einer personellen Verflechtung nicht erforderlich, dass der Mietvertrag zivilrechtlich jederzeit kündbar wäre. Denn wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung für eine gewisse Zeit ausgeschlossen wurde, beruht dies auch auf dem Willen des Besitzunternehmens, hier des Klägers.
b. Der Kläger beherrschte auch die Betriebsgesellschaft, die A AG.
aa. Der Grundsatz, dass man eine Gesellschaft beherrscht, wenn man über die Stimmenmehrheit verfügt und die Entscheidungen nach dem Mehrheitsprinzip getroffen werden, gilt uneingeschränkt, wenn es sich bei der Betriebsgesellschaft um eine GmbH handelt, ist nach der Rechtsprechung des BFH aber auch übertragbar auf eine AG als Betriebsgesellschaft, an deren Grundkapital der Besitzunternehmer mehrheitlich beteiligt ist (BFH-Urteile vom 22. März 1990 IV R 15/87, BFH/NV 1991, 439; vom 28. Januar 1982 IV R 100/78, BFHE 135, 330, BStBl II 1982, 479). Diese Rechtsprechung ist nach Auffassung des erkennenden Senats nicht überholt. Zwar ist der Vorstand einer AG gegenüber den (Groß-) Aktionären nicht weisungsgebunden (Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 76 Rn. 10). Auch kann die Hauptversammlung einer AG dem Vorstand grundsätzlich keine Einzelweisungen bzgl. der Geschäftsführung erteilen (§ 119 Abs. 2 AktG), wie es die Gesellschafterversammlung einer GmbH gegenüber dem Geschäftsführer vermag (§ 37 Abs. 1 GmbH-Gesetz -GmbHG-). Der Aufsichtsrat einer AG nimmt seine Aufgaben schließlich eigenverantwortlich und frei von Weisungen Dritter wahr.
Doch kann der Mehrheitsaktionär in einer AG wie der A AG nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. §§ 96 Abs. 1, 101 Abs. 1 Satz 1 AktG in der Hauptversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit mindestens zwei Drittel der Mitglieder des Aufsichtsrates wählen. Nach § 15 Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG) vom 18. Mai 2004 (BGBl I 2004, 974) ist auf Aufsichtsratswahlen, die vor dem 1. Juli 2004 eingeleitet worden sind, das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVerfG) 1952 auch nach seinem Außerkrafttreten anzuwenden. Gemäß § 76 Abs. 6 BetrVerfG 1952 findet die Regelung in Absatz 1 der Vorschrift, dass der Aufsichtsrat einer AG zu einem Drittel aus Arbeitnehmervertretern bestehen muss, keine Anwendung auf Aktiengesellschaften, die weniger als fünfhundert Arbeitnehmer beschäftigen; für Aktiengesellschaften, die vor dem 10. August 1994 eingetragen worden sind, gilt dies nur, wenn sie Familiengesellschaften sind. Nicht anwendbar ist die genannte Regelung ferner auf Gesellschaften i.S.d. § 1 Abs. 1 Mitbestimmungsgesetz (MitbestG; § 85 Abs. 2 BetrVerfG 1952), also auf Gesellschaften, die mehr als 2.000 Arbeitnehmer beschäftigen und deren Aufsichtsrat zur Hälfte mit Arbeitnehmern zu besetzen ist. Sowohl nach § 77a BetrVerfG 1952, als auch nach § 5 Abs. 1 MitbestG gelten Arbeitnehmer eines Konzerns als Arbeitnehmer der beherrschenden Gesellschaft.
Wie der Kläger nach Schluss der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat, waren im Streitjahr 27 Arbeitnehmer bei der A AG beschäftigt und 1.768 Arbeitnehmer beim A-Konzern (oben A VI). Das Gericht sieht im Hinblick auf diesen Vortrag keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 93 Abs. 3 Satz 2 FGO. Aufgrund der entsprechenden Mitteilung des Klägers im Betriebsprüfungsverfahren (oben A III), war zwischen den Beteiligten unstreitig, dass im Aufsichtsrat der A AG keine Mitbestimmung durch die Arbeitnehmer gegeben war. Selbst wenn der Aufsichtsrat der A AG aufgrund der nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Beschäftigtenzahlen in Anwendung der genannten Vorschriften zu einem Drittel mit Arbeitnehmervertretern besetzt gewesen wäre oder hätte besetzt werden müssen, führte dies zu keiner anderen Entscheidung. Der Senat kann diese Frage daher offen lassen. Denn auch bei einem zu einem Drittel mit Arbeitnehmern zu besetzenden Aufsichtsrat hätte die Hauptversammlung jedenfalls zwei Drittel der Aufsichtsratsmitglieder und damit die Mehrheit wählen können.
Da der Aufsichtsrat wiederum die Vorstandsmitglieder bestellt und abberuft (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 AktG), entscheidet ein Mehrheitsaktionär mittelbar über die personelle Zusammensetzung des Vorstands und so über die Grundlinien der Geschäftspolitik der AG (BFH-Urteil vom 28. Januar 1982 IV R 100/78, BFHE 135, 330, BStBl II 1982, 479). Das genügt für die Annahme einer durch das Gesellschaftsrecht vermittelten Beherrschung.
Denn es ist nicht erforderlich, dass tatsächlich oder wenigstens rechtlich potentiell jede einzelne Maßnahme der laufenden Geschäftsführung bei der Betriebsgesellschaft unmittelbar durch einen Willensentscheid der das Besitzunternehmen beherrschenden Personen bestimmt ist; es genügt vielmehr, dass sich aufgrund der Befugnis, die Mitglieder der geschäftsführenden Organe der Betriebsgesellschaft zu bestellen und abzuberufen, in der Betriebsgesellschaft auf Dauer nur ein geschäftlicher Betätigungswille entfalten kann, der vom Vertrauen der das Besitzunternehmen beherrschenden Personen getragen ist und demgemäß mit deren geschäftlichem Betätigungswillen grundsätzlich übereinstimmt. So verhält es sich im Verhältnis einer Betriebsgesellschaft in der Rechtsform einer AG zu ihrem Mehrheitsaktionär (BFH-Urteil vom 28. Januar 1982 IV R 100/78, BFHE 135, 330, BStBl II 1982, 479; Stuhrmann in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 15 EStG Rn. 612; s.a. FG Nürnberg, Urteil vom 28. Juni 2005 I 320/2001, DStRE 2006, 671, für eine GmbH, bei der wesentliche Befugnisse der Gesellschafterversammlung auf einen Beirat übertragen worden waren).
Dafür, dass ein Mehrheitsaktionär, der der AG das Betriebsgrundstück vermietet, einen beherrschenden Einfluss auf die AG ausübt, besteht sogar eine gesetzliche Vermutung. Nach § 17 Abs. 1 AktG sind rechtlich selbständige Unternehmen, auf die ein anderes Unternehmen (herrschendes Unternehmen) unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann, als abhängig anzusehen. Der beherrschende Einfluss muss, ebenso wie bei der personellen Verflechtung, gesellschaftsrechtlich vermittelt sein (Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 17 Rn 8 f.). Von einem in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen wird vermutet, dass es von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig ist (§ 17 Abs. 2 AktG). Unternehmen in diesem Sinne ist jeder Gesellschafter ohne Rücksicht auf die Rechtsform, wenn er neben der Beteiligung an der AG anderweitige wirtschaftliche Interessenbindungen aufweist, die nach Art und Intensität die ernsthafte Sorge begründen, er könne wegen dieser Bindungen seinen aus der Mitgliedschaft folgenden Einfluss auf die AG nachteilig ausüben (BGH-Urteil vom 18. Juni 2001 II ZR 212/99, BGHZ 148, 123, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 2001, 2973); diese Voraussetzungen sind bei der Vermietung des Betriebsgrundstücks an die AG erfüllt (allgemein für Betriebsaufspaltungen Vetter in K. Schmidt/Lutter, AktG, § 17 Rn 15 m.w.N.).
bb. Die vom Kläger aufgeführten weiteren Besonderheiten einer AG rechtfertigen keine andere Wertung als bei der GmbH:
aaa. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Minderheitenschutz bei der GmbH nicht schwächer ausgeprägt als bei der AG. Stehen Abschluss oder Beendigung eines Mietvertrages mit einem Mehrheitsgesellschafter im Raum und ist die geplante Rechtshandlung für die Gesellschaft objektiv nachteilig, ist der Minderheitsgesellschafter in einer GmbH nicht weniger geschützt als in einer AG, sondern hat sogar eher mehr Verteidigungsmöglichkeiten. Wenn zwischen Mehrheitsaktionär und AG kein Beherrschungsvertrag i.S.d. § 291 Abs. 1 Satz 1 AktG besteht, muss der Mehrheitsaktionär als herrschendes Unternehmen gemäß § 311 Abs. 1 AktG Nachteile, die dadurch entstehen, dass er die AG zu einem für sie nachteiligen Rechtsgeschäft veranlasst hat, ausgleichen oder anderenfalls nach 317 Abs. 1 AktG Schadensersatz leisten. Der GmbH steht in einem entsprechenden Fall ebenfalls ein Schadensersatzanspruch gegen den Mehrheitsgesellschafter zu (Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., Anh § 13 Rn 19, 22). Doch beschränkt sich der Schutz der Minderheitsgesellschafter in der GmbH als abhängigem Unternehmen nicht auf eine nachträgliche Kompensation, sondern es ist bereits die Schädigung der Gesellschaft verboten. Grundlage ist die gesellschaftliche Treuepflicht, als deren Ausfluss den Gesellschafter gegenüber der GmbH und den Mitgesellschaftern Unterlassungs- und Loyalitätspflichten treffen. Hierzu gehört die Pflicht, die GmbH nicht zu eigenem Nutzen zu schädigen, insbesondere nicht unter Einsatz der eigenen Mehrheitsmacht (BGH-Urteil vom 5. Juni 1975 II ZR 23/74, BGHZ 65, 15, Wertpapiermitteilungen -WM- 1978, 1205; Karsten Schmidt in Scholz, GmbHG, 10. Aufl., § 45 Rn 107 m.w.N.). Fasst die Gesellschafterversammlung einen entsprechenden Beschluss, kann dieser durch jeden Minderheitsgesellschafter unabhängig von der Höhe seiner Beteiligung angefochten werden (Lutter/Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., Anh § 47 Rn 53, 56, 62). Soll die nachteilige Maßnahme ohne vorherigen Beschluss durch den Geschäftsführer durchgeführt werden, hat jeder Minderheitsgesellschafter gegen die GmbH und gegen den beherrschenden Gesellschafter einen Anspruch auf Unterlassung (H. Winter/Seibt in Scholz, GmbHG, 10. Aufl., § 14 Rn 62). Flankiert werden diese Rechte durch das Auskunfts- und Einsichtsrecht jedes Gesellschafters gemäß § 51a GmbHG.
bbb. Für die Schadensersatzansprüche gegenüber der Geschäftsführung aufgrund nachteiliger Geschäftsführungsmaßnahmen und ihre Geltendmachung gilt Entsprechendes. Zwar weist der Kläger zutreffend darauf hin, dass der Vorstand einer AG nach § 93 AktG die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden hat und im Falle einer Pflichtverletzung zum Schadensersatz verpflichtet ist; diese Vorschrift gilt gemäß § 116 Satz 1 AktG sinngemäß für den Aufsichtsrat. Etwaige Ersatzansprüche waren nach § 147 Abs. 1 Satz 1 AktG in der im Streitjahr gültigen Fassung vom 9. Juni 1998 auch auf Verlangen einer Minderheit geltend zu machen, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichten (diese Regelung wurde mit Wirkung ab dem 1. November 2005 durch Art. 1 Nr. 14 des Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts -UMAG- gestrichen und ersetzt durch das in §§ 148 f. AktG geregelte Klagezulassungsverfahren auf Antrag einer Minderheit, deren Anteile zusammen den einhundertsten Teil des Grundkapitals oder einen anteiligen Betrag von Euro 100.000 erreichen).
Doch die eigenverantwortliche Stellung des Aufsichtsrates und die Verpflichtung von Vorstand und Aufsichtsrat, ihre Entscheidungen ausschließlich am Wohl der Gesellschaft auszurichten, begründen keinen wesentlichen Strukturunterschied zum Recht der GmbH. Denn auch der Geschäftsführer einer GmbH hat gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden und ist nach Absatz 2 der Vorschrift im Falle der Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft schadensersatzpflichtig. Die Haftung kann zwar durch eine haftungsfreistellende Gesellschafterweisung ausgeschlossen oder durch Vereinbarung eines geminderten Sorgfaltsmaßstabs o.ä. eingeschränkt werden (BGH-Urteil vom 16. September 2002 II ZR 107/01, NJW 2002, 3777). Hierfür und für einen nachträglichen Verzicht oder Vergleich gibt es bei der AG aber vergleichbare Regelungen (§ 93 Abs. 4 AktG). Außerdem können derartige Beschlüsse, wenn sie gegen die gesellschaftliche Treuepflicht verstoßen, angefochten werden.
Bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegenüber GmbH-Geschäftsführern besteht ebenfalls ein wirkungsvoller Minderheitsschutz. So sind Gesellschafter, deren Geschäftsanteile zusammen mindestens dem zehnten Teil des Stammkapitals entsprechen, gemäß § 50 Abs. 1 GmbHG berechtigt, die Einberufung einer Gesellschafterversammlung zu verlangen und die gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG erforderliche Beschlussfassung über Ersatzansprüche auf die Tagesordnung zu setzen (§ 50 Abs. 2 GmbHG). Ist der Geschäftsführer gleichzeitig Gesellschafter, unterliegt er nach § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG einem Stimmverbot (vgl. entsprechende Regelung für die AG: § 136 Abs. 1 Satz 1, 3. Fall AktG). Wenn die Anwendung dieser Vorschrift im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen wurde, kann die Abstimmung durch den Geschäftsführer einen Stimmrechtsmissbrauch darstellen und die Anfechtbarkeit des Beschlusses begründen (Lutter/Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., § 47 Rn. 14).
ccc. Der Umstand, dass der Vorstand der A AG neben dem Kläger aus zwei weiteren Mitgliedern bestand, und das für einen mehrköpfigen Vorstand nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AktG geltende Kollegialprinzip sowie die Zustimmungserfordernisse nach § 8 der Geschäftsordnung des Vorstandes (Anlage K 1, FGA Anlagenband) stehen der Beherrschung der A AG durch den Kläger ebenfalls nicht entgegen. Seine Position als Vorstandsvorsitzender, der den Vorstand nach § 5 der Geschäftsordnung des Vorstands leitet und dessen Stimme gemäß § 6 Abs. 7 Satz 6 der Geschäftsordnung bei Stimmengleichheit den Ausschlag gibt, verstärkt seine beherrschende Stellung nur, begründet sie aber nicht. Auf die Position als Geschäftsführer einer GmbH (und damit entsprechend auch auf die Position als Vorstand einer AG) ist bei der Frage der personellen Verflechtung nur abzustellen, wenn die Gesellschafterstellung nicht die für Abstimmungen erforderliche Mehrheit vermittelt (BFH-Urteil vom 30. November 2005 X R 56/04, BFHE 212, 100, BStBl II 2006, 415; BFH-Beschluss vom 5. April 2005 IV B 96/03, BFH/NV 2005, 1564).
ddd. Ebenso wenig spricht gegen eine Beherrschung der A AG durch den Kläger, dass nach § 112 AktG der Aufsichtsrat Rechtshandlungen ihm gegenüber, zu denen auch die Optionsausübung gehörte, vornehmen musste. Denn da der Kläger als Mehrheitsaktionär maßgeblichen Einfluss auf die Bestellung des Aufsichtsrates durch die Hauptversammlung hatte (§ 101 Abs. 1 Satz 1, § 119 Abs. 1 Nr. 1 AktG), war gewährleistet, dass sich in der A AG auf Dauer nur ein geschäftlicher Betätigungswille entfalten konnte, der vom Vertrauen des Klägers getragen wurde und seine Interessen als Grundstückseigentümer berücksichtigte. Liegt ein derartiger Einfluss vor, ist auch bei einer GmbH unerheblich, ob die Person, die die Besitzgesellschaft beherrscht, als Geschäftsführerin der Betriebsgesellschaft von den Beschränkungen des Selbstkontrahierungsverbots nach § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) befreit ist (BFH-Urteile vom 24. August 2006 IX R 52/04, BFHE 215, 107, BStBl II 2007, 165; vom 21. August 1996 X R 25/93, BFHE 181, 284, BStBl II 1997, 44) oder ob sie als Gesellschafterin, der gegenüber ein Rechtsgeschäft vorgenommen werden soll, nach § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG einem Stimmverbot unterliegt (BFH-Urteile vom 30. November 2005 X R 56/04, BFHE 212, 100, BStBl II 2006, 415; vom
26. Januar 1989 IV R 151/86, BFHE 156, 138, BStBl II 1989, 455).
eee. Dieser über die Zusammensetzung von Aufsichtsrat und Vorstand vermittelte Einfluss des Klägers auf die Geschäftsführung der A AG wird nicht dadurch entkräftet, dass sich die Bestellung und Abberufung von Aufsichtsräten und Vorständen in einer börsennotierten AG nicht im Verborgenen durchführen lassen und evtl. Misstrauen am Kapitalmarkt hervorrufen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Aufsichtsrat und Vorstand innerhalb ihres Ermessensspielraums die vom Mehrheitsaktionär gewünschte Maßnahme regelmäßig ergreifen können, ohne ihre in § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG geregelte Sorgfaltspflicht zu verletzen, und sich dem Wunsch eines Mehrheitsaktionärs deshalb nicht verschließen werden, so dass es zu einer Abberufung nur selten kommen wird. Maßnahmen bzgl. der Verwaltung eines gemieteten Grundstücks, im Streitfall etwa die Ausübung der Optionsrechte zur Verlängerung des Mietverhältnisses, werden nur in ganz seltenen Fällen für die Gesellschaft eindeutig schädlich sein. Im Regelfall sind derartige Maßnahmen nicht ausschließlich nachteilig, sondern auch mit Vorteilen verbunden, so dass eine Abwägung erforderlich ist, die innerhalb eines breiten kaufmännischen Ermessensspielraums stattfindet (vgl. Studie gemäß Anlage K 4, FGA Anlagenband). So kann ein relativ hoher Mietzins durch die Lage und Ausstattung des Objekts und vermiedene Umzugskosten gerechtfertigt sein.
Darüber hinaus unterscheidet sich die Situation bei einer börsennotierten AG auch insoweit nicht in relevanter Weise von der Situation bei einer GmbH. Dort kann sich aufgrund der regelmäßig deutlich geringeren Zahl der Gesellschafter und ihres meistens engeren persönlichen Kontaktes untereinander und zur Geschäftsführung ein Wechsel in der Geschäftsführung auf Druck des Mehrheitsgesellschafters erst recht nicht im Verborgenen vollziehen.
cc. Aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung als Mehrheitsaktionär war der Kläger demzufolge in der Lage, bei den täglichen Geschäften und insbesondere bzgl. der Nutzung der gemieteten Räume seinen Willen durchzusetzen. So war eine Fortsetzung oder Beendigung des Mietverhältnisses gegen den Willen des Klägers nicht möglich. Durch die Stimmenmehrheit in der Hauptversammlung konnte der Kläger die Entscheidung bzgl. der Fortsetzung des Mietverhältnisses durch Ausübung der Verlängerungsoptionen maßgeblich beeinflussen.
Dass der Aufsichtsrat und die übrigen Vorstandsmitglieder ihre Entscheidungen bzgl. des Mietverhältnisses im Streitfall nach dem Vortrag des Klägers über einen langen Zeitraum gründlich vorbereitet und nur am Unternehmenswohl ausgerichtet haben, führt zu keiner anderen Würdigung. Es kommt, worauf der Beklagte zutreffend hinweist, nicht darauf an, ob der Mehrheitsaktionär tatsächlich Einfluss auf die Geschäftsführung genommen hat, sondern allein auf die rechtliche Möglichkeit dazu (BFH-Urteil vom 30. November 2005 X R 56/04, BFHE 212, 100, BStBl II 2006, 415). Abgesehen davon beruhten die vom Kläger ins Feld geführten Änderungen des Mietvertrages im Verhältnis zu dem Aufsichtsratsbeschluss vom 31. August 2001, nämlich die Verkürzung der Mietdauer von zehn auf drei Jahre und die Anmietung der Einbauten anstelle ihres Erwerbs, nach dem Protokoll der Aufsichtsratssitzung vom 25. Oktober 2001 (Anlage K 11, FGA Anlagenband) offenbar auf seinem eigenen Vorschlag (oben A II).
3. Der durch den Beklagten angesetzte Verlust aus der Vermietung des Objektes X-Straße ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Dass er geringer ist als vom Kläger zunächst erklärt, hängt damit zusammen, dass der Beklagte die Einkünfte zu Recht als gewerblich qualifiziert und durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelt hat. Dabei hat er die durch den Kläger eingereichten Bilanzen zugrunde gelegt.
III.
Von einer Verfahrensaussetzung nach § 74 FGO wegen des beim BVerfG anhängigen Verfahrens zur Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 3 Sätze 2 bis 8 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 (Az. 2 BvL 59/06; Vorlagebeschluss des BFH vom 6. September 2006 XI R 26/04, BFHE 214, 430, BStBl II 2007, 167) sieht der Senat ab, weil die Beteiligten sich dagegen ausgesprochen haben und dem Rechtsschutzinteresse des Klägers dadurch Rechnung getragen wurde, dass der Beklagte die angefochtenen Bescheide mit Einverständnis des Klägers insoweit für vorläufig erklärt hat.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen, weil die Grundsatzentscheidung des BFH zur der Frage einer Betriebsaufspaltung zwischen einer AG und ihrem Mehrheitsaktionär aus dem Jahr 1982 stammt (BFH-Urteil vom 28. Januar 1982 IV R 100/78, BFHE 135, 330, BStBl II 1982, 479) und diese Rechtsprechung nur noch einmal, nämlich im Jahr 1990, bestätigt wurde (BFH-Urteil vom 22. März 1990 IV R 15/87, BFH/NV 1991, 439). Zum einen haben sich das Aktienrecht und die Rechtsprechung des BGH seitdem geändert, und zum anderen waren die in den entschiedenen Fällen betroffenen Aktiengesellschaften, soweit aus den Urteilstatbeständen ersichtlich ist, nicht börsennotiert.