02.11.2010
Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 07.04.2010 – 11 K 78/06
1. Stoffbesitzer sind nach § 9 BO natürliche Personen, die kein eigenes Brenntgerät haben, ausschließlich selbstgewonnene Obststoffe mit dem Brenngerät einer fremden Brennerei verarbeiten und daraus in einem Betriebsjahr nicht mehr als 50 Liter Weingeist herstellen. Dabei gelten solche Stoffe als selbstgewonnen, die vom Stoffbesitzer als Eigentümer, Nießbraucher oder Pächter geerntet werden (Obst) oder von ihm oder seinen Beauftragten gesammelt werden (z. B. wildwachsende Beeren und Wurzeln) oder in einem von ihm für eigene Rechnung geführten Betrieb erzeugt werden (z. B. Wein, Weintrester, Weinhefe).
2. Aufgrund einer Pacht geerntetes Obst kann nur dann als selbstgewonnen angesehen werden, wenn sich die Pacht auf ein Grundstück und nicht auf die darauf stehenden Bäume bezieht – auch wenn zivilrechtlich die Pacht von Obstbäumen grundsätzlich möglich ist.
3. Obst, das privat angekauft und zu Most verarbeitet wird, ist nicht selbstgewonnen i. S. d. Brennordnung.
4. Werden selbstgewonnene Stoffe mit nicht selbstgewonnenen Stoffen gemischt, können sie nicht mehr als selbstgewonnen anerkannt werden.
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Finanzrechtsstreit
hat der 11. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 07. April 2010 durch die Berichterstatterin … Richterin am Finanzgericht …
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist in den vorliegend maßgeblichen Jahren 1997 bis 2002 in der Obstabfindungsbrennerei seines Schwagers, B, als Stoffbesitzer aufgetreten. Im Rahmen von Steueraufsichtsmaßnahmen hat das Hauptzollamt (HZA) X sämtliche Brenngenehmigungen für die Brennerei des B ab 1993 angefordert und ausgewertet. Dabei kam es zu dem Ergebnis, dass der Kläger im Zeitraum 1992 bis 2002 als vorgeschobener Stoffbesitzer für seinen Schwager aufgetreten ist. Dem Aktenvermerk der Steueraufsichtsbeamten des HZA X vom 30. Oktober 2002 (Verwaltungsakten Blatt 8) zufolge hatten diese den Kläger an diesem Tag in seinem Haus aufgesucht und zu seiner Stoffbesitzereigenschaft befragt. In diesem Rahmen habe der Kläger angegeben, auf seinem Grundstück stünden 3 Zwetschgenbäume sowie 20 bis 25 Apfelbäume. Die Abfindungsanmeldungen habe er immer selbst ausgefüllt und unterschrieben. Er wisse auch, dass er als Stoffbesitzer nur eigene Obststoffe brennen dürfe. Im Jahr 2000 habe er 1.500 Liter Zwetschgenmaische seines Schwagers B auf sich angemeldet, da dessen Kontingent ausgeschöpft gewesen sei. In seiner Vernehmung im Rahmen des Steuerstrafverfahrens wegen Steuerhinterziehung und der Erschleichung von Branntweinübernahmegeld nahm der Kläger diese Aussage zurück. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung gab der Kläger an, er sei zu dieser Aussage gezwungen worden. Es könne aber sein, dass er „mal für 200 oder 300 l unterschrieben habe, weil das Kontingent meines Schwagers ausgeschöpft war.”
Später wurden die Obstanbauflächen überprüft und festgestellt, dass sich auf den Grundstücken des Klägers lediglich 4 Apfelbäume befanden sowie 3 Zwetschgen- und 2 Süßkirschenbäume (Verwaltungsakten Blatt 19).
Da das HZA X davon ausging, dass der vom Kläger angemeldete Branntwein teilweise außerhalb der Abfindung hergestellt und damit Branntweinsteuer hinterzogen wurde, leitete es das Verfahren zur weiteren Bearbeitung an die Straf- und Bußgeldstelle des beklagten HZA weiter. Dieses setzte mit Steuerbescheid vom 15. September 2004 gegen den Kläger Branntweinsteuer in Höhe von x.xxx,xx EUR für 170,3 lA für die Jahre 1997 bis 2002 fest, die bisher als steuerfreie Überausbeute behandelt worden waren. Im Rahmen des anschließenden Einspruchsverfahrens reduzierte das beklagte HZA mit Steueränderungsbescheid vom 7. Oktober 2005 die Steuer um xx,xx EUR auf x.xxx,xx EUR für 168,9 lA, da im ursprünglichen Bescheid eine zu hohe Branntweinmenge und ein falscher Steuersatz zugrunde gelegt worden waren (xx,xx EUR/l statt dem damals gültigen Steuersatz von xx,xx DM/l). Im Übrigen blieb das Einspruchsverfahren ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 21. März 2006).
Zur Begründung der hiergegen gerichteten Klage lässt der Kläger vortragen, er sei ordnungsgemäßer Stoffbesitzer gewesen. Er habe neben den Erträgen der in seinem Eigentum stehenden Obstbäume auch zulässigerweise durch Überlassung der Nutzung von Obstbäumen, teilweise gegen Entgelt und teilweise unentgeltlich, Obst geerntet und Obstsaft hergestellt. Dieser Sachverhalt sei im Rahmen der Ermittlungen nicht geprüft worden, obwohl eine Beweisführung zu dem damaligen Zeitpunkt leicht und zeitnah durchführbar gewesen sei. Sämtliche erzeugten Stoffe seien entweder in seinen Räumen oder in gesondert bezeichneten Behältern beim Brennereibesitzer vergoren mit der Folge, dass die daraus entstandene Maische bzw. der daraus entstandene „Most” als Brenngut/Obststoff vollkommen legal gewonnen worden sei.
Die in den Aufzeichnungen festgestellten Abkürzungen ZWE für Zwetschgenwasser führe nicht zwangsläufig dazu, dass hierfür kein Herstellungsnachweis vorhanden sei. Zwetschgenwasser werde auch aus Kernobstsaft gebrannt. Die Bezeichnung KOM für Kernobstmaische und KOB deuteten auf dies hin.
Im Übrigen sei es zulässig, den legal erzeugten Abfindungsbranntwein einzulagern und erst zu dem Zeitpunkt zu veräußern, der einen guten Verkaufserlös verspreche. In früheren Zeiten sei regelmäßig der in Abfindungsbrennereien erzeugte Branntwein eingelagert und erst zu einem späteren Zeitpunkt veräußert worden. Es komme heute noch vor, dass nach Erbfällen die Erben im Zuge der Räumung von früher landwirtschaftlich genutzten Gebäuden größere Mengen legal erzeugten Branntwein zum Verkauf brächten.
Der Kläger, B, C, D und E seien aufgrund des mündlich abgeschlossenen Unterpachtvertrages mit Herrn F, einem Schäfer in Y, seit August 1990 Pächter des sich auf dem Flurstücks… in… Y-Y befindlichen Obstbaumbestandes. Nach dem Tode des Herrn F in November 1995 sei dieser Unterpachtvertrag bis Juni 1999 mit dessen Witwe, Frau W F, fortgeführt worden. Seit Juni 1999 sei dieses Grundstück mit mündlich abgeschlossenem Unterpachtvertrag von Herrn G gepachtet. Der Inhalt dieser Unterpachtverträge sei darauf gerichtet gewesen, dass die Pächter die auf diesem Grundstück befindlichen Obstbaumkulturen zur Gewinnung von Obst (Zwetschgen, Birnen und Äpfel) entsprechend bewirtschaften. Dazu gehöre regelmäßige Baumpflege, bestehend aus jährlichem Baumschnitt, Entsorgung des Schnittgutes und dem Ernten und Entsorgen des Obstes. Es sei Bedingung gewesen, dass möglichst kein Fallobst auf dem Boden zurückbleibe, damit ein Abweiden durch die Schafe bei der Schafzucht keine Probleme verursache. Seit dem Jahr 2002 werde dieses Grundstück von den Pächtern nicht mehr gepflegt und nicht bewirtschaftet, weil sie keine Verwendung mehr für das Obst gehabt hätten. Dies habe zur Folge gehabt, dass der jährliche Baumschnitt nicht erfolgt sei und andere Pflegemaßnahmen am Baumbestand nicht vorgenommen worden seien.
Der Kläger beantragt,
den Steuerbescheid vom 15. September 2004 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 7. Oktober 2005 und der Einspruchsentscheidung vom 21. März 2006 ersatzlos aufzuheben.
Das beklagte HZA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt es vor, zwar könne auch grundsätzlich Stoffbesitzer sein, wer Obst als Dienstherr oder Auftraggeber durch andere Personen ernten lasse; die Voraussetzungen seien aber nicht erfüllt, wenn Obst gekauft werde und dies vom Käufer geerntet oder Fallobst mit Genehmigung des Eigentümers von anderen Personen aufgelesen werde. Weder im Zeitpunkt der Ermittlungen noch im Rahmen des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens seien substantiierte Nachweise angeboten worden, die die Stoffbesitzereigenschaft des Klägers belegten. Allein der Hinweis, dass er wohl gegen Entgelt und teilweise unentgeltlich Obst geerntet und Obstsaft hergestellt habe, sei nicht ausreichend. Zugekauftes Obst gelte nur dann als selbst gewonnen, wenn es in einem für eigene Rechnung geführten Betrieb zu Kernobstmost verarbeitet werde.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung und die Klageerwiderung vom 18. Dezember 2006 verwiesen.
Am 18. Februar 2010 wurde die Sache mit den Beteiligten erörtert. Im Rahmen des Erörterungstermins haben sich beide Beteiligte mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin für einverstanden erklärt (§ 79a Abs. 3 und 4 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Am 7. April 2010 wurde die Sache mündlich verhandelt. Hierbei wurde das vorliegende Verfahren mit den parallel geführten, ebenfalls beim Finanzgericht Baden-Württemberg anhängigen Klageverfahren 11 K 79/06, 11 K 80/06 und 11 K 81/06 mit dem vorliegenden Verfahren im Einverständnis mit den Beteiligten zur gemeinsamen Verhandlung, nicht zur gemeinsamen Entscheidung, verbunden. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde eine Beweisaufnahme durch Vernehmung der Herren B, C, D, G und Frau H, in den Parallelverfahren auch des Klägers als Zeugen durchgeführt. Sämtliche Zeugen haben sich mit der Verwertung ihrer Aussagen in den jeweils anderen Verfahren für einverstanden erklärt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift vom 7. April 2010 verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist unbegründet. Der Steuerbescheid vom 15. September 2004 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 7. Oktober 2005 und der Einspruchsentscheidung vom 21. März 2006 ist zu Recht ergangen und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat für die in Anlage 1 zum Steueränderungsbescheid vom 7. Oktober 2005 aufgelisteten Obststoffe seine Stoffbesitzereigenschaft nicht nachgewiesen.
Gemäß § 36 Abs. 1 des Branntweinmonopolgesetzes (BranntwMonG) darf derjenige, der keine eigene Brennerei besitzt, selbstgewonnene Stoffe wie Obst, Beeren, Wein, Weinhefe, Most, Wurzeln oder Rückstände davon als Stoffbesitzer in der Brennerei eines anderen verarbeiten, soweit der im Betriebsjahr gewonnene Branntwein nicht über 50 Liter Weingeist hinausgeht. Dieser Branntwein gilt als innerhalb des Brennrechts hergestellt. Stoffbesitzer sind natürliche Personen, die kein eigenes Brenngerät haben, ausschließlich selbstgewonnene Obststoffe mit dem Brenngerät einer fremden Brennerei verarbeiten und daraus in einem Betriebsjahr nicht mehr als fünfzig Liter Weingeist herstellen (§ 9 Abs. 1 der Brennereiordnung, Anlage 1 der Grundbestimmungen zum BranntwMonG v. 8.4.1922, – BO–). Dabei gelten nach § 9 Abs. 2 BO solche Stoffe als selbstgewonnen, die vom Stoffbesitzer als Eigentümer, Nießbraucher oder Pächter geerntet (z.B. Obst) oder von ihm oder seinen Beauftragten gesammelt (z.B. wildwachsende Beeren und Wurzeln) oder in einem von ihm für eigene Rechnung geführten Betrieb erzeugt worden sind (z.B. Wein, Weintrester, Weinhefe).
1. Nach den Feststellungen des Prüfungsdienstes und den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung verfügte dieser in den maßgeblichen Jahren 1997 bis 2002 über ein Obstgrundstück mit 4 Apfelbäumen, 3 Zwetschgenbäumen und 2 Kirschbäumen. Aus dem von diesen Bäumen geernteten Obst konnte der Kläger pro Jahr durchschnittlich 117 l Kernobstmaische, 243 l Zwetschgenmaische und 180 l Kirschen Maische herstellen. Wegen der Ertragsberechnung wird auf die Anlage zur Prüfung von Obstanbauflächen (Verwaltungsakten Bl. 20) verwiesen. Die dem Steuerbescheid zugrunde liegenden Brennverfahren hätten aufgrund der großen angemeldeten Maischemengen nicht allein aus dem von seinem Grundstück gewonnenen Obst hergestellt werden können, selbst wenn man berücksichtigt, dass die Erntemengen in einzelnen Jahren erheblich über dem Durchschnitt liegen können. Da der Kläger zumindest ab 1997 jedes Jahr als Stoffbesitzer aufgetreten ist, kann es sich bei den angemeldeten Obststoffen auch nicht um angesammelte Mengen gehandelt haben. Zwar dürfte es sich bei den angemeldeten Rohstoffmengen zumindest teilweise um selbstgewonnene Rohstoffe gehandelt haben; diese Mengen können bei der Berechnung der Branntweinsteuer jedoch nicht in Ansatz gebracht werden, da sie regelmäßig mit Rohstoffen gemischt wurden, für die der Kläger nicht nachweisen konnte, dass sie „selbstgewonnen” im Sinne der BO waren. So wurden z.B. mit Brenngenehmigung vom 5. März 1997 für den 12. und 13. März 2007 600 l Zwetschgen und 60 l Kernobstmost, jeweils als gemischt angemeldet (Reg.-Nr. xx/xxxx, Verwaltungsakten Bl. 26). Von seinen eigenen Bäumen hätte der Kläger aber durchschnittlich lediglich 243 l Zwetschgenmaische herstellen können (s.o.). Auch wenn der Kläger die angemeldeten 60 l Kernobstmost von seinen Apfelbäumen hätte gewinnen können, waren sie gleichwohl nicht zu berücksichtigen, da sie gemischt mit der Zwetschgenmaische angemeldet wurden, die nicht vollständig selbst gewonnen sein kann. Ist aber ein Teil der gemischten Rohstoffe nicht selbstgewonnen, kann der Nachweis des Merkmals „selbstgewonnen” für die Gesamtmenge nicht mehr erbracht werden.
Auch in den übrigen Brenngenehmigungen wurden regelmäßig so große Mengen angemeldet, dass sie nicht ausschließlich von dem Grundstück des Klägers gewonnen sein konnten.
2. Einen Nachweis, dass er über das genannte Obstbaumgrundstück hinaus über weitere selbstgewonnene Obststoffe verfügt, hat der Kläger nicht erbracht. Das Gericht ist nach den in den Akten enthaltenen Erklärungen und Bestätigungen sowie aufgrund der Gerichtstermine, insbesondere des Ergebnisses der Beweisaufnahme, nicht davon überzeugt, dass in dem maßgeblichen Zeitraum ein Pachtvertrag im Sinne des Branntweinmonopolrechts bestanden hat (§ 96 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Kennzeichnend für einen Pachtvertrag ist, dass der Verpächter verpflichtet wird, dem Pächter den Gebrauch des verpachteten Gegenstands und den Genuss der Früchte, soweit sie nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft als Ertrag anzusehen sind, während der Pachtzeit zu gewähren, und der Pächter verpflichtet ist, dem Verpächter die vereinbarte Pacht zu entrichten (§ 581 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB –). Das Vorliegen einer solchen Vereinbarung hat der Kläger nicht nachgewiesen.
a) Die Existenz des vom Kläger angeführten Vertrages über die Verpachtung von Obstbäumen, ursprünglich zwischen dem Schäfer F bzw. dessen Witwe, später, ab 1999 dem Zeugen G auf der einen Seite und dem Kläger sowie dessen Schwägern, den Zeugen B, D und C auf der anderen Seite ist nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen worden.
Auch wenn sämtliche Beteiligte in ihrer Vernehmung im Rahmen der mündlichen Verhandlung von einem Pachtverhältnis sprachen, sind ihre Aussagen über die tatsächlichen Verhältnisse nicht geeignet, das Bestehen eines solchen zu belegen. Zur Überzeugung des Gerichts steht lediglich fest, dass es eine Absprache mit dem früheren Schäfer F dergestalt gab, dass der Kläger und seine Schwäger berechtigt waren, das auf dem Grundstück anfallende Obst aufzulesen und zu ernten, wenn sie im Gegenzug unter den Bäumen Ordnung halten und die Bäume pflegen. Dass es sich dabei nicht nur um eine unentgeltliche Überlassung des Obstes, sondern um einen Pachtvertrag im Sinne des § 581 BGB gehandelt hat, konnte im Rahmen der Beweisaufnahme nicht nachgewiesen werden. So ist auch nach der Beweisaufnahme unklar, wer genau den ursprünglichen Pachtvertrag mit dem damaligen Schäfer F abgeschlossen hat. Nach der Aussage des Zeugen B haben „alle zusammen das Grundstück in Y, ein Grundstück von ursprünglich Herrn F, gepachtet gehabt, jeder einzeln”. Nach Aussage des Zeugen D ist dieser damals ohne seine Geschwister zu Herrn F gegangen und hat „das Stück” gepachtet. Weiter sagte er aus, „Da war nichts ausgemacht …. Über andere haben wir dabei nicht gesprochen. Es war keine Gegenleistung vereinbart. Ich habe dann die Bäume geschnitten. Ich habe das Grundstück dann noch sauber gehalten. Unter den Bäumen habe ich gemäht. …” Der Aussage des Zeugen C zufolge wurde das Grundstück von dem Schäfer F gemeinsam mündlich gepachtet. Zunächst sei der Zeuge B zu diesem hingegangen und habe die Abmachung mit ihm getroffen, danach hätten sie das Grundstück unter einander aufgeteilt. Der Kläger erklärte, er wisse nicht mehr genau, wie es zu dem Pachtvertrag gekommen sei. Er sei jedenfalls nicht hingefahren und habe mit dem Schäfer selbst auch nicht darüber gesprochen. Im Hinblick auf die Abmachung mit dem jetzigen Schäfer, dem Zeugen G, sagten alle übereinstimmend aus, man habe alles so weiterlaufen lassen, wie es mit seinem Vorgänger bzw. dessen Ehefrau abgemacht gewesen sei (siehe zum Ganzen die Niederschrift vom 7. April 2010).
Durch die Beweisaufnahme konnte daher nicht nachgewiesen werden, wer den Pachtvertrag tatsächlich abgeschlossen haben soll, ob jeder einzeln, wie die Vernehmung des Zeugen D nahelegt, oder der Zeuge B als Vertreter für die anderen in seinem und deren Namen aufgetreten ist. Offen geblieben ist auch der Inhalt des vorgetragenen Vertrages, ob nur die Obstbäume gepachtet waren, jeder einen konkreten Teil des Grundstücks gepachtet hatte, wie der Zeuge D es beschrieben hat, oder das Grundstück als Ganzes von allen gemeinsam durch den Zeugen B –auch als Vertreter für die anderen –gepachtet und danach untereinander aufgeteilt wurde, wie es die Aussagen der anderen Zeugen nahelegen.
Der Zeuge G hat ebenfalls widersprüchlich ausgesagt, er habe zwei Grundstücke verpachtet; das betreffende Grundstück sei schon verpachtet gewesen als er es übernommen habe. Andererseits führte er aus, er selbst habe das Grundstück an sich für seine Schafe benötigt und selbst bewirtschaftet. In der vom Zeugen G selbst erstellten Bestätigung vom März 2009 an „Vermögen und Bau” (Anlage zur Niederschrift über den Erörterungstermin vom 18. Februar 2010) erklärt er ebenfalls, dass nur die Obstbäume verpachtet waren.
Aufgrund dieser auch nach Durchführung der Beweisaufnahme verbliebenen Unklarheiten und Zweifel ist das Gericht nicht vom Vorliegen eines Pachtvertrages überzeugt, auch nicht im Hinblick auf die auf dem Grundstück stehenden Obstbäume. Für eine Verpachtung des Grundstücks oder Teilen davon fehlt es schon an einer Überlassung der Pachtsache, denn sämtliche Zeugen sind von einer Nutzung des Grundstücks durch die Schäfer F und G ausgegangen. Aber auch eine Pacht der Obstbäume ist durch die Beweisaufnahme nicht nachgewiesen. Zwar geht auch das Gericht davon aus, dass es dem Kläger gestattet war, auf dem betreffenden Grundstück im Rahmen einer unentgeltlichen Überlassung Obst zu ernten und aufzulesen, und dass er bei der Pflege der Bäume und des Grundstücks half. Das aufgrund eines solchen reinen Überlassungsvertrages geerntete Obst ist jedoch nicht selbstgewonnen im Sinne des § 9 Abs. 2 BO. Der Nachweis der für einen Pachtvertrag typischen Verbindlichkeit der Regelung konnte nicht erbracht werden.
b) Das auf dem vom Zeugen G gepachteten Grundstück geerntete Obst wäre aber selbst dann nicht selbstgewonnen, wenn ein Pachtvertrag über die Obstbäume nachgewiesen worden wäre; denn unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Abfindungsbrennens und der Systematik des § 9 Abs. 2 BO können Stoffe nur dann als Pächter selbst gewonnen werden, wenn sich die Pacht auf ein Grundstück bezieht.
Als Begründung für die monopolrechtliche Sonderstellung und die darin niedergelegte Begünstigung (insbesondere die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen, die Möglichkeit der Ablieferung des nicht vermarkteten Branntweins an die Bundesmonopolverwaltung zu einem festen Übernahmepreis und die in der Regel verbleibende steuerfreie Überausbeute) wird die Verwertung von Ernteüberschüssen und nicht mehr marktfähigem Obst angegeben. Die Möglichkeit der Ablieferung zu einem günstigen Übernahmepreis soll dabei einer großen Zahl kleinbäuerlicher und kleingewerblicher Betriebe die Existenz sichern (Hoppe/Heinricht, Kommentar zum Branntweinmonopol, § 57 Anm. 1 a. E.; Treu, Zeitschrift für Zölle und Verbrachsteuern – ZfZ– 1993, 379; Scheur, ZfZ 2000, 68, 69). Nach Sinn und Zweck des BranntwMonG und der BO kann die steuerliche Begünstigung des Brennens unter Abfindung jedoch nur gerechtfertigt werden, wenn es sich bei den gebrannten Stoffen um solche des Brennerei- oder Stoffbesitzers oder um in dessen Betrieb erzeugte Stoffe handelt. Das Merkmal „selbstgewonnen” wurde nämlich zur Beschränkung des Abfindungsbrennens durch Verordnung vom 26. Juni 1929 (Reichszollblatt – RZBl. – 1929, 122) in die BO aufgenommen (Hoppe/Heinricht, Kommentar zum Branntweinmonopol, Bd. III § 9 BO Anm. 18). Diese Einschränkung würde jedoch konterkariert, wenn der in der BO parallel zum Eigentum und Nießbrauch verwendete Begriff der Pacht nicht ebenfalls an das Grundstück anknüpfte, auf dem die Obstbäume stehen.
Dementsprechend hat auch der BFH im Hinblick auf die Ablieferungsfreiheit für unter Abfindung hergestellten Branntwein (§ 76 Abs. 2 Nr. 2 BranntwMonG in der 1968 gültigen Fassung) entschieden, „… Dabei ist die Vergünstigung an das Grundstück gebunden. … Die enge Verbindung mit dem Grundstück geht auch aus § 116 Abs. 3 BO hervor …”. Zur Begründung führte der BFH damals unter Berufung auf die Literatur aus, „Begünstigt sollte nicht etwa der Branntweinbedarf oder der Haustrunk einzelner Personen werden. Die Grenze für begünstigte Erzeugung ist vielmehr auf die Obstverwertung eines kleinbäuerlichen Betriebs ausgerichtet. Dabei wurde vom Gesetzgeber noch berücksichtigt, daß abgefundene Brennereien nicht unter amtlichem Verschluß stehen und der Branntweinaufschlag nach der geschätzten Ausbeute berechnet wird, so daß insbesondere die kleinen Verschlußbrennereien in ihrer Wettbewerbsfähigkeit zu schützen waren …” (Urteil vom 29. Februar 1968 VII 256/64, BFHE 92, 132, ZfZ 1968, 241).
Aufgrund einer Pacht geerntetes Obst kann daher nur dann als selbstgewonnen angesehen werden, wenn sich die Pacht auf ein Grundstück und nicht nur auf die darauf stehenden Bäume bezieht – auch wenn zivilrechtlich die Pacht von Obstbäumen grundsätzlich möglich ist (OLG Schleswig, SchlHAnz 1949, 376, zitiert nach Staudinger/Jürgen Sonnenschein/Barbara Veit, § 581 BGB Rz. 149 a. E.). Andernfalls wäre die Pacht kaum noch vom Erwerb des Obstes durch Kauf desselben am Baum, als Naturallohn, Leibgeding oder Pachtzins zu unterscheiden. In diesen zuletzt genannten Fällen ist Obst aber allgemein anerkannt nicht als selbstgewonnen anzusehen (Hoppe/Heinricht, Kommentar zum Branntweinmonopol, Bd. I, § 36 BranntwMonG Anm. 2 Nr. 3a und Bd. III § 9 BO Anm. 18).
Auch eine intensive Pflege der Bäume durch regelmäßiges Schneiden und Sauberhalten der Fläche unter den Bäumen, wie sie der Kläger vorgetragen hat, stellt keine hinreichende Verknüpfung mit dem Grundstück dar, die das geerntete Obst als selbstgewonnen kennzeichnen würde.
3. Der vom Kläger als Stoffbesitzer zur Abfindung angemeldete Kernobstmost ist ebenfalls nicht selbstgewonnen. Anders als der Kläger meint gelten Stoffe wie Wein, Weintrester und Weinhefe, die ausdrücklich genannt sind, zu denen aber auch Most gehört, nur dann als selbst gewonnen, wenn sie vom Stoffbesitzer in einem von ihm für eigene Rechnung geführten Betrieb erzeugt worden sind, (§ 9 Abs. 2 BO). Das ist typischerweise bei einem Winzer der Fall, es kann sich aber auch um einen Betreiber einer Mosterei handeln o.ä.. Der Kläger verfügt jedoch unstreitig über keinen eigenen Betrieb. Obst, das privat angekauft und zu Most verarbeitet wird, ist jedoch nicht selbstgewonnen im Sinne der BO. Werden selbstgewonnene Stoffe –unterstellt die Zwetschen wären aufgrund des Pachtvertrages selbstgewonnen gewesen –wie vorliegend mit nicht selbstgewonnenen Stoffen gemischt, können sie nicht mehr als selbstgewonnen anerkannt werden. Insofern kommt es auf die Anerkennung des Pachtvertrages mit Herrn L nicht an.
4. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, die „in den Aufzeichnungen festgestellten Abkürzungen ZWE für Zwetschgenwasser” führten nicht zwangsläufig dazu, dass hierfür kein Herstellungsnachweis vorhanden sei. Zwetschgenwasser werde auch aus Kernobstsaft gebrannt. Die Bezeichnung KOM für Kernobstmaische und KOB deuteten auf dies hin. Zum einen handelt es sich bei den genannten Buchstabenkonstellationen um amtlich definierte und von der Zentralstelle für Abfindungsbrennen verwendete Abkürzungen (KOM für Kernobst most, ZWE für Zwetschgen usw.), zum anderen hat sie der Kläger in seinem Brennbuch nicht verwendet, sondern die gebrannten Obststoffe jeweils ausgeschrieben, so dass eine Verwechslung ausgeschlossen ist (vgl. die vorliegend maßgeblichen Auszüge aus dem Brennbuch der Brennerei des Zeugen B, Finanzgerichtsakte Bl. 56 ff.).
5. Auch der Hinweis des Klägervertreters auf die Zulässigkeit der Einlagerung von legal erzeugtem Abfindungsbranntwein führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Branntweinsteuerfestsetzung beruht vorliegend nicht auf der Feststellung ungeklärter Mehrmengen, sondern auf der nachgewiesenen Verarbeitung nicht selbstgewonnener Rohstoffe. Inwieweit die Einlagerung von unter Abfindung hergestelltem Branntwein an diesem Ergebnis etwas ändern soll, ist nicht ersichtlich.
Die Stoffbesitzereigenschaft und die Verarbeitung selbstgewonnenen Obstes führen zu einer Steuerbegünstigung, weshalb die Beweislast für das Vorliegen dieser Voraussetzungen beim Kläger liegt. Ein solcher Nachweis konnte nicht erbracht werden. Die Berechnung der festgesetzten Branntweinsteuer ist nicht zu beanstanden, substantiierte Einwendungen wurden diesbezüglich auch nicht erhoben. Die Klage war daher abzuweisen.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 135 Abs. 1 S. 1 und 143 Abs. 1 FGO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.