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  • 02.11.2010

    Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 24.02.2010 – 3 K 2099/05 B

    1. Erwirbt eine Kirchengemeinde ein ihr vor Überführung in das Volkseigentum der DDR gegen Entschädigung gehörendes sog. Mauergrundstück, welches als Unland brachliegt, nach Maßgabe des MauerG käuflich vom Bund im Jahr 2001 zurück, scheidet eine Grundsteuerbefreiung gem § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 GrStG i. d. F. v. 13.9.1993 aus (hier: Abgrenzung zur als bloße dingliche Surrogation anzusehenden Landabfindung i.S. des FlurbG).

    2. Ein zur Annahme land- und forstwirtschaftlichen Vermögens gehörender auszusetzender Forstbetrieb liegt nicht vor, wenn eine objektiv erkennbare Zwecksetzung, ein ehemaliges sog. Mauergrundstück als Forstgrundstück zu nutzen fehlt, weil der Baumbewuchs des Mauerstreifens lediglich durch Naturverjüngung und nicht durch gezielte Aufforstungsmaßnahmen entstanden ist und insbesondere keine forstwirtschaftliche Nutzung nachgewiesen wird.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In dem Rechtsstreit

    hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg – 3. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24. Februar 2010 durch den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht …, die Richterin am Finanzgericht …, den Richter am Finanzgericht … sowie die ehrenamtliche Richterin … und den ehrenamtlichen Richter …

    für Recht erkannt:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

    Tatbestand:

    Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage eine Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Grundsteuergesetz – GrStG – für ein von ihr im Jahre 2001 zurückerworbenes Mau-ergrundstück im Beitrittsgebiet.

    Die Klägerin – eine … Kirchengemeinde – ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts or-ganisiert.

    Sie war bis 1964 Eigentümerin zweier vormals im Grundbuch von … verzeichneter Flurstücke mit einer Gesamtgröße von etwa … m². Zum Zwecke der Errichtung und des Ausbaus von Sperranlagen zwischen Berlin (West) und der DDR wurden beide Grundstücke im Jahre 1964 nach Maßgabe des Verteidigungsgesetzes der DDR in Eigentum des Volkes überführt (so genannte Mauergrundstücke). Für den Verlust ihres Grundstückseigentums erhielt die Klägerin von der DDR seinerzeit eine Entschädigungsleistung. Nach der Wende bemühte die Klägerin sich zunächst vergeblich beim Amt zur Regelung offener Vermögensfragen (kurz: AROV) um Rückübertragung der Eigentumsrechte an dem Mauergrundstück nach Maßgabe des Vermögensgesetzes. Mit Bescheid vom … März 1998 – auf den der Senat im Übrigen Bezug nimmt (Bl. 50 f Streitakte) – lehnte das AROV eine Rückübertragung ab. Aufgrund notariellen Vertrages vom … Oktober 2001 und Lastenwechsel zum … Dezember 2001 erwarb die Klägerin das Mauergrundstück nach Maßgabe der Bestimmungen des Mauergrundstücksgesetzes – MauerG – vom 15. Juli 1996 käuflich von der Bundesrepublik Deutschland (Bundesfinanzverwaltung) zum Kaufpreis von …– DM. Dieser Kaufpreis entsprach 1/4 des zum Kaufzeitpunkt durch Sachverständigengutachten ermittelten Verkehrswerts in Höhe von … – DM. Beide Flurstücke wurden im Grundbuch auf die Klägerin umgeschrieben und sind dort jeweils als „Unland” bezeichnet.

    Mit Einheitswertbescheid auf den 1. Januar 2002 vom … August 2004 nahm der Beklagte für beide Grundstücksflächen als wirtschaftliche Einheit im Sinne von § 2 Bewertungsgesetz – BewG – eine Nachfeststellung auf die Klägerin vor und ordnete diese dem Grundvermögen zu. Er stellte den Einheitswert in der Grundstücksart unbebautes Grundstück auf … EUR (… m² * 2,50 DM) fest. Hinsichtlich der Größe der seinerzeit nicht amtlich vermessenen Grundstücksflächen erging der Bescheid vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung – AO –. In dem zusammengefassten Bescheid setzte der Beklagte zugleich den Grundsteuermessbetrag im Wege der Nachveranlagung auf … EUR fest. Mit gesonderten Bescheiden, jeweils vom … August 2004, setzte der Beklagte außerdem die Grundsteuer für die Jahre 2002 bis 2004 fest.

    Gegen sämtliche Bescheide legte die Klägerin fristgerecht Einsprüche ein.

    Zur Begründung machte sie geltend:

    Beide Flurstücke seien als Pfarrland zu betrachten und deshalb von der Grundsteuererhebung befreit. Zum Nachweis legte sie dem Beklagten Ablichtungen aus ihren Lagebüchern aus dem Jahr 1942 vor – auf die der Senat im Übrigen Bezug nimmt (Bl. 48 f EW.-Akte). Danach habe es sich bei dem heutigen Flurstück … um eine Teilfläche des früheren Flurstücks … gehandelt, das in ihrem Lagebuch als „Pfarrvermögen” bezeichnet sei. Hinsichtlich des vormaligen Flurstücks … – das heute zum Flurstück … gehöre – habe es sich ausweislich der Eintragung im Lagebuch um „Kirchenland” gehandelt.

    Die Einsprüche blieben erfolglos.

    Mit zusammengefasster Einspruchsentscheidung vom … Februar 2005 lehnte der Beklagte eine Grundsteuerbefreiung nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GrStG ab.

    Zur Begründung führte er aus:

    Die Voraussetzungen für die geltend gemachte Steuerbefreiung lägen nicht vor. Bei den streitigen Grundstücksflächen habe es sich zum Stichtag 1. Januar 2002 nicht – wie vorgetragen – um bewirtschaftetes Pfarrland, sondern um nicht privilegiertes (brachliegendes) Unland gehandelt. Der hohe Verkehrswert spreche dafür, dass es sich bei den streitigen Flächen um Bauerwartungsland oder Rohbauland handele, abgesehen davon seien die Flurstücke im maßgebenden Flächennutzungsplan ebenso nicht als Pfarrland ausgewiesen.

    Dagegen hat sich die Klägerin mit ihrer Klage gewandt, mit der sie weiterhin eine Grundsteuerbefreiung nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GrStG begehrt.

    Ihr vorinstanzliches Vorbringen ergänzend und vertiefend trägt sie vor:

    Bei dem Grundstück handele es sich um ein so genanntes fiktives Dienstgrundstück im Sinne des Urteils des Bundesfinanzhofes – BFH – vom 30. Juli 1965, III 1/63 U (Bundessteuerblatt – BStBl. – III 1965, 566). Entgegen den Ausführungen des Beklagten stellten die streitigen Grundstücksflächen weder Bauerwartungs- noch Rohbauland dar, vielmehr seien die betreffenden Flächen im maßgebenden Flächennutzungsplan als Trassenerwartungsland ausgewiesen, weil geplant sei, in diesem Bereich die Autobahnverbindung … zu bauen. Eine anderweitige Bebaubarkeit des Areals sei ausgeschlossen. Es handele sich nicht um brachliegendes Unland. Vielmehr würden die betreffenden Flächen von ihr – der Klägerin – als Waldgrundstück wirtschaftlich genutzt. Der Baumbewuchs sei schon vor dem Jahr 2000 vorhanden gewesen. Zum Zwecke einer späteren Holzernte würden die betreffenden Flächen von ihr aufgeforstet und bewirtschaftet. Dass die Flurstücke im Grundbuch dennoch nicht als Wald- bzw. Wiesenfläche, sondern als Unland verzeichnet seien, beruhe allein auf dem Umstand, dass beide Flurstücke im Zeitpunkt der Grundbucheintragung noch nicht amtlich vermessen gewesen seien.

    Nachdem der frühere Berichterstatter des Finanzgerichts – FG-Berlin der Klägerin mit Schreiben vom 19. Januar 2006 – auf das ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 115 f Streitakte) – aufgegeben hatte, ihre Behauptung, das Streitgrundstück sei bereits zum maßgebenden Stichtag als Waldgrundstück bewirtschaftet worden, näher zu präzisieren und unter Beweis zu stellen, hat die Klägerin dem Gericht ein Schreiben der … Forsten vom 7. März 2006 (in Kopie) vorgelegt, auf das der Senat wegen der weiteren Einzelheiten im Übrigen Bezug nimmt (Bl. 128 Streitakte). Darin wird ausgeführt, dass sich nach der Beseitigung der innerdeutschen Grenzanlagen auf den Mauergrundstücksflächen eine mit Forstpflanzen bestockte Grünfläche habe entwickeln können. Seit mindestens 2000 sei von einem Wald im Sinne des § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Erhaltung und Pflege des Waldes – LWaldG – auszugehen. Die Klägerin sei deshalb zur Einhaltung der aus diesem Gesetz folgenden Bestimmungen verpflichtet.

    Nachdem die Klägerin ihre Klage wegen Grundsteuer für 2002 bis 2004 in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat, ist das Verfahren insoweit abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 3 K 3041/10 gemäß § 72 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO – eingestellt worden.

    Die Klägerin beantragt nunmehr,

    den zusammengefassten Einheitswert- und den Grundsteuermessbetragsbescheid auf den 1. Januar 2002 vom … August 2004 sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom … Februar 2005 ersatzlos aufzuheben;

    hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, den Rechtsstreit zu vertagen, um der Klägerin Gelegenheit zu geben, zu den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GrStG ergänzend vorzutragen und Nachweise zu erbringen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen

    und verweist auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt er vor: Dass die Klägerin das Grundstück zum Stichtag 1. Januar 2002 als Pfarrland bewirtschaftet habe, sei von ihr nicht nachgewiesen worden. Nicht erkennbar sei ferner, dass die streitigen Flächen zum Stichtag einem Stellenfonds der Klägerin zugeordnet gewesen seien, dessen Erträge zur Besoldung und Versorgung ihrer Geistlichen und Kirchendiener sowie ihrer Hinterbliebenen bestimmt seien. Unbeachtlich sei, wie das Grundstück im Jahre 1942 genutzt worden sei; maßgebend seien stattdessen die Nutzungsverhältnisse zum Bewertungsstichtag. Gegen eine Steuerprivilegierung spreche, dass sie – die Klägerin – das Streitgrundstück erst im Jahre 2001 aufgrund eines Kaufvertrages zurückerworben habe. Anders als im Fall einer Flurbereinigung, bei der die neue Grundstücksfläche als Ersatz für die bisherige Grundstücksfläche übertragen werde, sei die Klägerin für die zu DDR-Zeiten nach dem Verteidigungsgesetz der DDR erfolgte Enteignung ihres Grundstücks in Geld entschädigt worden.

    Soweit die Klägerin im Klageverfahren erstmals vortrage, dass sie die streitigen Grundstücksflächen als Waldgrundstück nutze, vermag er – der Beklagte – ihr nicht zu folgen. Gegen diesen Vortrag spreche, dass beide Flurstücke im Grundbuch als Unland verzeichnet seien. Diese Bezeichnung sei auch noch bei der im Jahre 2005 erfolgten Flurstückszerlegung beibehalten worden. Die Klägerin sei den Nachweis schuldig geblieben, dass sie die Flurstücke bereits vor dem 1. Januar 2002 aufgeforstet habe.

    Dem Senat haben bei seiner Entscheidung ein Band Einheitswert- und Grundsteuerakten des Beklagten zur Steuernummer … vorgelegen.

    Entscheidungsgründe:

    Die Klage ist zulässig.

    Soweit die Klägerin den geltend gemachten Anspruch auf Grundsteuerbefreiung für ihren Grundbesitz im Wege der Anfechtungsklage sowohl gegen den Einheitswert– als auch den Grundsteuermessbetragsbescheid verfolgt, bestehen gegen die Zulässigkeit der Klage keine Bedenken.

    Die Grundsteuerbefreiung kann sowohl im Verfahren gegen die Einheitswerte als auch im Verfahren gegen die Grundsteuermessbeträge entschieden werden, da der Beklagte die Entscheidung über die Grundsteuerbefreiung nicht ausdrücklich dem Steuermessbetragsverfahren vorbehalten hat (vgl. Urteile des BFH vom 24. Juli 1985, II R 227/82, BStBl. II 1986, 128 und vom 22. Oktober 1986, II R 214/84, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 1988, 19). Deshalb ist es unschädlich, dass die Klägerin sowohl den Einheitswert – als auch den Grundsteuermessbetragsbescheid angefochten hat.

    Die Klage ist jedoch unbegründet.

    Der angefochtene Einheitswert- bzw. Grundsteuermessbetragsbescheid auf den 1. Januar 2002 sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

    Der Klägerin steht kein Anspruch auf Aufhebung des Einheitswertes- bzw. Steuermessbetragsbescheides auf den 1. Januar 2002 zu.

    1.

    Im Streitfall wird der Einheitswert für Zwecke der Grundsteuerfestsetzung benötigt (§ 19 Abs. 4 BewG). Der Beklagte hat eine Grundsteuerbefreiung für den streitgegenständlichen Grundbesitz der Klägerin zu Recht abgelehnt. Die Voraussetzungen einer Grundsteuerbefreiung nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GrStG liegen nicht vor.

    Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GrStG in der durch das Standortsicherungsgesetz – StandOG – vom 13. September 1993 (Bundesgesetzblatt – BGBl. – 1993, 1569 f) geltenden Fassung ist Grundbesitz der Religionsgesellschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, und der jüdischen Kultusgemeinden von der Grundsteuer befreit, wenn der Grundbesitz am 1. Januar 1987 und im Veranlagungszeitpunkt zu einem nach Kirchenrecht gesonderten Vermögen, insbesondere einem Stellenfonds gehört, dessen Erträge ausschließlich für die Besoldung und Versorgung der Geistlichen und Kirchendiener sowie ihrer Hinterbliebenen bestimmt sind.

    Für die Grundsteuerbefreiung entsprechenden Grundbesitzes in den neuen Bundesländern genügt es, dass neben der Zugehörigkeit zum kirchenrechtlichen Sondervermögen im aktuellen Feststellungs- bzw. Veranlagungszeitpunkt, diese zu irgendeinem früheren Zeitpunkt vor dem 1. Januar 1987 zu einem Stellenvermögen gehörten (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Satz 2 GrStG). Mit dieser den Grundtatbestand erweiternden Ausnahmeregelung sollte nach dem Willen des Gesetzgebers dem Umstand Rechnung getragen werden, dass kirchlicher Grundbesitz in den neuen Bundesländern zu DDR-Zeiten besonderen staatlichen Eingriffen ausgesetzt war (vgl. Troll/Eisele, GrStG, 9. Auflage 2006, § 3 Anm. 59 a. E.). Die durch das StandOG eingeführte Neuregelung beruht auf der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zur Vorgängerregelung (BFH-Urteil vom 13. Mai 1987,BStBl. 1987 II, S. 722). Danach waren Dienstgrundstücke nur privilegiert, wenn der entsprechende Grundbesitz unmittelbar zum Unterhalt des Stelleninhabers bestimmt war und dieser über dessen Nutzungsart und Erträgnisse selbst befinden konnte. Bei einem Fortbestand der Vorgängerregelung hätte diese (enge) Auslegung des BFH dazu geführt, dass die Grundsteuerbefreiung für Dienstgrundstücke weitgehend ins Leere gelaufen wäre. Denn im Allgemeinen dient heute kirchlicher Grundbesitz nicht mehr unmittelbar dem Unterhalt des Stelleninhabers, auch wenn er zu dem der Besoldung des Stelleninhabers gewidmeten Vermögen gehört und seine Erträge auch tatsächlich für seine Besoldung verwendet werden (vgl. Troll/Eisele, a.a.O. § 3 Tz. 59). Nach der heutigen weiter gefassten Gesetzesfassung ist hingegen lediglich erforderlich, dass der betreffende Grundbesitz zum aktuellen Stichtag sowie bezüglich des im Streitfall gegebenen Grundbesitzes im Beitrittsgebiet, dass dieser zu irgendeinem früheren Zeitpunkt vor dem 1. Januar 1987 zu einem Stellenvermögen gehörte (Troll/Eisele a.a.O.). Daraus folgt aber auch, dass nach dem Stichtag 1. Januar 1987 erworbener Grundbesitz in keinem Fall mehr steuerbefreit ist, selbst wenn er durch Tausch oder Ersatzkauf erworben wurde (vgl. BFH-Urteil vom 10. Juli 2002, II R 22/00, BFH/NV 2003, 202); insoweit ist also das Steuerbefreiungsprivileg für kirchlichen Grundbesitz aus Gründen der Besitzstandswahrung (siehe Glier, GrStG-Kommentar, 2009, § 3 Seite 6 b) beschränkt auf bis zum 1. Januar 1987 angeschafften (Alt-)Grundbesitz.

    Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall liegen die Voraussetzungen der Steuerbefreiungsvorschrift nicht vor.

    Denn die Klägerin hat den streitigen Grundbesitz jedenfalls erst nach dem Stichtag 1. Januar 1987 im Jahre 2001 aufgrund notariellen Kaufvertrages erworben, sodass es sich um von der Befreiungsvorschrift nicht erfassten (nicht privilegierten) (Neu-)Grundbesitz handelt. Dementsprechend kam auch keine Vertagung des Rechtsstreits in Betracht. Dass die Klägerin ihr früheres – in Volkseigentum der DDR überführtes – Grundstückseigentum nach Maßgabe der Vorschriften des MauerG zurückerworben hat, führt zu keiner anderen Beurteilung. Der Senat versteht die für das Beitrittsgebiet geltende Sonderregelung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Satz 2 GrStG dahingehend, dass die Steuerbefreiung (jedenfalls in Bezug auf die hier in Rede stehenden Mauergrundstücke) voraussetzt, dass der Grundbesitz bis spätestens 1. Januar 1987 in das (wirtschaftlichen) Eigentum der Kirche gelangt und (ununterbrochen) bis zum maßgebenden Veranlagungszeitpunkt (hier: 1. Januar 2002) in deren (wirtschaftlichem) Eigentum verblieben ist. Für diese einschränkende Auslegung spricht, dass die zum Zwecke der Errichtung und des Erhalts der innerdeutschen Grenzanlagen erfolgten Grundstücksenteignungen nicht gezielt gegen die Kirchen in der DDR gerichtet waren. Von diesen Enteignungsmaßnahmen waren vielmehr alle Grundstückseigentümer gleichermaßen betroffen, sofern deren Grundstücke zur Errichtung und zum Ausbau der innerdeutschen Grenzanlagen benötigt wurden.

    Der Streitfall kann auch nicht mit einer Landabfindung im Sinne des FlurbG verglichen werden. Bei einer Flurbereinigungsmaßnahme wäre die Zuteilung einer Ersatzfläche nach dem Stichtag des 1. Januar 1987 für die Gewährung der Steuerbefreiung unschädlich (§ 68 Abs. 1 Satz 1 FlurbG) (vgl. hierzu: BFH-Urteile vom 9. Juli 1971, III R 30/70 und 10. Juli 2002, II R 22/00, BStBl. II 1971, 785; BFH/NV 2003, 102; Troll/Eisele, a.a.O.). Denn die neue Grundstücksfläche tritt – unter Fortsetzung des Eigentums – als Surrogat an die Stelle der hingegebenen Flächen. Ein solcher Fall der dinglichen Surrogation liegt indes im Streitfall nicht vor. Obgleich der Klägerin hinsichtlich der streitigen Fläche ein Erwerbsanspruch gegen die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolgerin der DDR nach Maßgabe der Vorschriften des MauerG zustand, ist das Streitgrundstück der Klägerin nicht als dinglich wirkender Ersatz für die seinerzeit erfolgte Enteignung zugefallen. Der Grundstückserwerb beruhte vielmehr auf einem selbstständigen kausalen und dinglichen Rechtsgeschäft. Bei dem Erwerbsanspruch i. S. v. § 2 Abs. 1 MauerG handelt es sich also nicht um ein sich am (neuen) Grundstück fortsetzendes dingliches Recht, sondern lediglich um einen obligatorischen Anspruch auf Erwerb des für Zwecke des Mauerbaus in Volkseigentum der DDR überführten Grundbesitzes (vgl. zur Rechtsnatur des Anspruchs z. B. Bundesverwaltungsgericht – BVerwG – Urteil vom 23. November 2006, 3 C 6/06, Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts – BVerwGE – 127, 188).

    Der Einwand der Klägerin, im Streitfall sei von einem fiktiven Dienstgrundstück auszugehen, geht fehl. Fiktiver Dienstgrundbesitz hat für das aktuelle Recht keine Bedeutung; es handelt sich um eine Fiktion, die im Rahmen früherer Vorgängervorschriften von Relevanz war (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 9. Juli 1971, III R 30/70, BStBl. II 1971, 785).

    2. Abgesehen davon hat die Klägerin weder substantiiert dargelegt noch nachgewiesen, dass der streitige Grundbesitz sowohl vor der Überführung in Volkseigentum der DDR als auch nach dem Rückerwerb im Jahre 2001 zu einem Stellenfonds gehörte. Gegen eine solche Zugehörigkeit spricht – worauf der Beklagte zu Recht hinweist – dass die streitigen Flächen im Grundbuch als Unland bezeichnet worden sind. Der Senat folgt insoweit nicht dem Vortrag der Klägerin, dass diese Grundbuchbezeichnung darauf beruhte, dass die betreffenden Flurstücke seinerzeit noch nicht amtlich vermessen waren. Gegen diesen Vortrag spricht, dass die Klägerin in ihrer nach dem Stichtag am 6. Januar 2004 beim Beklagten abgegebenen Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts auf den 1. Januar 2002 (sie Bl. 29 f EW.-Akte) auf Seite 2 des amtlichen Vordrucks unter der Rubrik „Angaben zur Nutzung des Grundstücks” selbst erklärt hat, dass es sich um Unland, also um nicht nutzbare Flächen, handelt. Des Weiteren ist für den Senat nicht nachvollziehbar, ob die streitigen Flurstücke zumindest zu irgendeinem Zeitpunkt vor der Enteignung im Jahre 1964 tatsächlich zu einem Stellenfonds gehörten. Die von der Klägerin vorgelegten Lagebücher sind nicht so aussagekräftig, dass der Senat hierauf die nötige Überzeugungskraft stützen könnte, zumal die streitigen Grundstücksflächen dort lediglich als Ackerflächen verzeichnet sind.

    3. Der von der Klägerin geltend gemachte Aufhebungsanspruch könnte im Hinblick auf den festgestellten Einheitswert des Weiteren auch aus der für den Grundbesitz im Beitrittsgebiet geltenden Sondervorschrift des § 125 Abs. 2 BewG hergeleitet werden. Indes sieht der Senat die Voraussetzungen dieser Vorschrift im Streitfall für nicht erfüllt an, Nach § 125 Abs. 2 BewG werden für Betriebe der Land und Forstwirtschaft für Zwecke der Grundsteuererhebung keine Einheitswerte gesondert festgestellt (§ 179 AO), sondern Ersatzwirtschaftswerte ermittelt, die im Messbetragsverfahren als unselbstständige Besteuerungsgrundlage in einem vereinfachten Verfahren ermittelt werden. Im Streitfall ist indes nicht von einem Betrieb der Forstwirtschaft auszugehen; der Beklagte hat das Streitgrundstück insoweit zu Recht dem Grundvermögen zugeordnet. Offen bleiben kann dabei, ob die im Einheitswertbescheid vorgenommene Zuordnung zum Grundvermögen überhaupt noch wegen etwaiger Bestandskraft (zur selbständigen Verwaltungsakteigenschaft der Artfeststellung siehe BFH-Urteil vom 5. Mai 1999, II R 44/96, BFH/NV 2000,8) korrigierbar ist. Selbst wenn man nach den Grundsätzen der Rechtsschutz gewährenden Auslegung von einer rechtzeitigen Anfechtung auch der Artfeststellung ausginge, handelt es sich bei dem streitigen Grundbesitz zum Stichtag 1. Januar 2002 jedenfalls nicht um einen Betrieb der Land und Forstwirtschaft im Sinne von § 125 Abs. 2 BewG i. V. m. § 33 Abs. 1 BewG.

    Die Abgrenzung zwischen Grundvermögen und land- und forstwirtschaftlichem Vermögen im Beitrittsgebiet richtet sich einerseits nach § 129 Abs. 2 Nr. 1 BewG i.V.m. § 51 des Bewertungsgesetzes der DDR – BewG DDR – und andererseits nach § 33 Abs. 1 BewG, der auch für Grundbesitz im Beitrittsgebiet Anwendung findet.

    Ob die Streitflächen bezogen auf den streitigen Stichtag absehbar (absehbar ist ein Zeitraum von sechs Jahren) für die Schaffung einer Autobahntrasse in Anspruch genommen werden sollten und deshalb nach § 51 BewG DDR anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen würden, kann offen bleiben.

    Denn das Grundstück der Klägerin diente jedenfalls zum maßgebenden Stichtag keinen land- und forstwirtschaftlichen Zwecken i. S. v. § 33 Abs. 1 Satz 1 BewG.

    Unter Land- und Forstwirtschaft versteht man nämlich die planmäßige Nutzung des Grund und Bodens zur Gewinnung pflanzlicher und tierischer Erzeugnisse sowie die unmittelbare Verwertung dieser Erzeugnisse, einschließlich der erzeugten Pflanzen und Tiere selbst (Rössler/Troll, a.a.O., § 33 Tz. 3 m.w.N. zur Rechtsprechung des BFH). Für die Zuordnung zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen kommt es nach § 33 Abs. 1 Satz 1 BewG darauf an, ob die Wirtschaftsgüter dauernd einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft zu dienen bestimmt sind. Das setzt eine gewisse planmäßige und ständige Bewirtschaftung voraus. Der Wille des Eigentümers muss darauf gerichtet sein, einen angemessenen Nutzen in Form eines nachhaltig erzielbaren Rohertrags zu erwirtschaften (Rössler/Troll a.a.O.). Dabei kommt der Zweckbestimmung durch den Eigentümer oder einen sonstigen Verfügungsberechtigten entscheidende Bedeutung zu. Dabei weist allerdings die Forstwirtschaft gegenüber der Landwirtschaft Besonderheiten auf. Denn während bei der Landwirtschaft die planmäßige Nutzung des Grund und Bodens durch Fruchtziehung in der Regel Jahr für Jahr der Jahreszeit entsprechende Arbeiten erfordert und jedes Jahr Erträge erwirtschaftet werden können, liegen die Verhältnisse bei der Forstwirtschaft insofern anders, als zwischen der (planmäßigen) Aufforstung einer Waldfläche und der Holzernte je nach Umtriebszeit (das ist der zu erwartende Zeitraum von der Bestandsbegründung bis zur Endnutzung) mehrere Jahrzehnte vergehen können (BFH-Urteil vom 18. November 2009, II R 30/08, juris). Ertrag- bzw. bewertungssteuerrechtlich handelt es sich um sogenannte „auszusetzende Forstbetriebe”. Zu solchen auszusetzenden Forstbetrieben gehören insbesondere Bauernwaldungen. Diese Kleinwälder zeichnen sich dadurch aus, dass es sich um Baumpflanzungen weniger Altersklassen auf geringen Flächengrößen handelt, die nach der Aufforstung in der Regel über viele Jahre hinweg keine direkten Nutzungen bis zur Holzernte ermöglichen. Auch derartige Bauernwaldungen erfüllen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung den Begriff des Forstbetriebes, da sich infolge des natürlichen Wachstums ein ständiger jährlicher Wertzuwachs vollzieht.

    Wendet man die vorliegenden Grundsätze auf den Streitfall an, liegen die Voraussetzungen für die Annahme eines (auszusetzenden) Forstbetriebes in Bezug auf den streitigen Grundbesitz nicht vor.

    Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 FGO) ist der Senat nicht davon überzeugt, dass im Streitfall zum maßgebenden Stichtag ein auszusetzender Forstbetrieb vorlag. Selbst wenn man der Klägerin darin folgte, dass ihr Grundbesitz bereits bei Erwerb im Jahre 2001 bewaldet gewesen war – wofür das von ihr vorgelegte Schreiben der … Forsten Anhalt bietet – fehlt es jedenfalls an einer objektiv erkennbaren Zwecksetzung, das Grundstück als Forstgrundstück zu nutzen. Gegen eine solche Zwecksetzung spricht schon die Tatsache, dass der fragliche Wald nicht durch gezielte Aufforstungsmaßnahmen der Klägerin bzw. des Voreigentümers, sondern offenbar vollständig durch Naturverjüngung entstanden ist. Die Naturverjüngung, bei der es sich um durch Samenflug oder Aufschlag entstandenen Baumbewuchs handelt, ist zwar eine forstwirtschaftlich anerkannte kostengünstige Methode zur Gewinnung neuer Baumbestände. Gleichwohl dürfte der ausschließlich mit dem Mittel der Naturverjüngung bewerkstelligte Waldbau keine geeignete Methode zur Erlangung eines wirtschaftlich verwertbaren Baumbestandes darstellen, wenn es sich – wie im Streitfall – um einen ehemaligen Mauerstreifen handelt. Ungeachtet der fehlenden gezielten Aufforstungsmaßnahmen spricht gegen eine ernst zu nehmende Absicht der Klägerin, den Grundbesitz zum Stichtag einer nachhaltigen forstwirtschaftlichen Nutzung zuzuführen jedoch der Umstand, dass die Klägerin – wie oben bereits ausgeführt – in ihrer beim Beklagten am 6. Januar 2004 abgegebenen Steuererklärung keine Angaben zu einer etwaigen forstwirtschaftlichen Nutzung der Flächen gemacht hat. Diese Angabe wird zudem – wie der Beklagte mit Recht hervorhebt – auch durch die entsprechenden Bezeichnungen beider Flurstücke im Grundbuch bestätigt. Nicht in Einklang zu bringen ist ferner der Umstand, dass der Verkehrswert des Grundstücks umgerechnet etwa 20 DM pro Quadratmeter betragen hat. Der Verkehrswert sowie der von der Klägerin aufgewandte Kaufpreis dürften den Wert für ein reines Waldgrundstück um ein Mehrfaches überschreiten. Die Gesamtumstände deuten vielmehr darauf hin, dass es der Klägerin bei ihrer Kaufentscheidung weniger um eine forstwirtschaftliche Nutzung des Areals als vielmehr darum ging, das Grundstück zu einem erheblich unter dem Verkehrswert liegenden Kaufpreis zu erwerben. Nicht unberücksichtigt bleiben darf ferner, dass die Klägerin die angebliche forstwirtschaftliche Nutzung erst in einem späten Stadium des Verfahrens nach Erhebung der Klage erstmals vorgebracht hat. Soweit die Klägerin einwendet, dass eine forstwirtschaftliche Nutzung daraus folge, dass sie wegen des Waldes auf ihrem Grundstück die aus den einschlägigen Bestimmungen des Landeswaldgesetzes folgenden Verpflichtungen zu erfüllen hat, ergibt sich keine andere Beurteilung. Die Klägerin übersieht insoweit, dass der Begriff des Waldes im Sinne des Landes- bzw. Bundeswaldgesetzes die besondere Sozialbindung von Wäldern (Art. 14 des Grundgesetzes – GG –) konkretisiert, so dass dieser wegen der unterschiedlichen Zweckrichtung nicht mit dem steuerlichen Begriff des Forstbetriebs deckungsgleich ist (vgl. Schmidt/Kulosa, EStG, 29. Aufl., § 13 Tz. 7).

    Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil Revisionsgründe im Sinne von § 115

    Abs. 2 FGO nicht ersichtlich sind.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    VorschriftenGrStG § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 6, BewG § 125 Abs. 2, BewG § 33 Abs. 1 S. 1, BewG § 129 Abs. 2 Nr. 1, BewG DDR § 51, MauerG § 2 Abs. 1, FlurbG § 68 Abs. 1 S. 1, StandOG