08.01.2010
Finanzgericht Nürnberg: Urteil vom 14.03.2002 – IV 456/00
Zur Ermittlung des Grundstückswertes eines bebauten Grundstücks für Zwecke der Erbschaftsteuer gem. §§ 146 Abs. 6, 145 Abs. 3 Satz 3 BewG und zur Nachweispflicht des Steuerpflichtigen gem. § 146 Abs. 7 BewG.
Tatbestand
Streitig sind der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts des bebauten Grundstücks Sch.-Weg 1 in A. als fiktiv unbebautes Grundstück nach §§ 146 Abs. 6, 145 Abs. 3 Satz 3 BewG und die Zuordnung des ererbten Anteils an diesem Grundstück.
Die am 25. 1. 1996 verstorbene R. L. (Erblasserin) war zu 1/2 Miteigentümerin an dem mit einem älteren Zweifamilienhaus bebauten, 2.734 qm großen Grundstück Sch.-Weg 1 in A. Sie hatte mit eigenhändig geschriebener und unterschriebener Erklärung vom 26. 8. 1979 ihren halben Anteil an diesem Grundstück dem Kläger „vererbt”. Zur Begründung gab sie dabei an, dass ihre Mutter sie darum in ihrem Testament gebeten habe und führte weiter an, dass der Beigeladene von ihr und ihrer Mutter Unterstützungen bei Grundstücksgeschäften erhalten habe. Weiter hatte die Erblasserin in der Erklärung vom 26. 8. 1979 dem Beigeladenen ihren halben Anteil an dem Anwesen St.-Gasse 13 in ... vererbt und dazu angeführt, dass sie dies so verfüge, damit sich der Beigeladene in seinem Erbe nicht benachteiligt fühle. Die übrigen Vermögensgegenstände verteilte die Erblasserin in ihrer Erklärung zu gleichen Teilen an den Kläger und den Beigeladenen. Gemäß Erbschein des Amtsgerichts ... vom 20. 12. 1996 wurde die Erblasserin zu je 1/2 vom Kläger und G. L. , dem Beigeladenen, beerbt.
Der Kläger und der Beigeladene wurden in Erbengemeinschaft hinsichtlich des 1/2-Miteigentumsanteils an dem Grundstück als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Mit notariellem Vertrag vom 25. 5. 1998 setzten sie sich „in Erfüllung der Teilungsanordnung der Erblasserin” u. a. dahin auseinander, dass der Kläger den erbengemeinschaftlichen Anteil am Anwesen Sch.-Weg 1 in A. erhielt.
Mit Bescheid vom 3. 11. 1998 stellte das Finanzamt im Wege einer gesonderten und einheitlichen Feststellung den Wert des bebauten Grundstücks Sch.-Weg 1 zum 25. 1. 1996 auf 820.000 DM fest, den Anteil der Erblasserin auf 410.000 DM und den Anteil des Klägers sowie des Beigeladenen am Grundstückswert auf je 205.000 DM. Es ermittelte dabei aus der erklärten Wohnfläche des Hauses von 220 qm zunächst im Ertragswertverfahren den Wert des Grundstücks mit 111.070 DM. Diesen ließ es jedoch unberücksichtigt und errechnete aus einem Bodenrichtwert von 375 DM/qm und der Grundstücksfläche von 2.734 qm nach einem Abschlag von 20 v. H. den Grundstückswert von 820.200 DM. Den Bodenrichtwert von 375 DM/qm hatte es als Mittelwert aus dem vom Gutachterausschuss im Landkreis ... für den Zeitraum 1. 1. 1995 bis 31. 12. 1995 festgesetzten Richtwert von 350 bis 400 DM/qm ermittelt. Das Finanzamt gab sowohl dem Kläger als auch dem Beigeladenen eine Ausfertigung des Feststellungsbescheids bekannt.
Beide erhoben gegen den Feststellungsbescheid Einspruch und machten zunächst geltend, dass der Grundstückswert gemäß dem inzwischen vollzogenen Willen der Erblasserin voll dem Kläger zuzuordnen sei. Dieser wandte sich sodann zudem gegen die Höhe des festgestellten Grundstückswerts. Mit getrennten Entscheidungen vom 1. 8. 2000 wies das Finanzamt sowohl den Einspruchs des Klägers als auch den Einspruch des Beigeladenen als unbegründet zurück.
Der Prozessbevollmächtigte hat für den Kläger Klage erhoben. Er beantragt, unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 1. 8. 2000 den Bescheid vom 3. 11. 1998 dahin zu ändern, dass der Wert für das gesamte Grundstück auf 306.000,-- DM - hilfsweise auf 382.000 DM - und der Wert des geerbten Hälfteanteils gegenüber dem Kläger auf 153.000 DM - hilfsweise 191.000 DM - festgestellt wird.
Er hat dazu eine Stellungnahme des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) H. B. vom 17. 11. 2000 vorgelegt. Danach sei der Bodenrichtwert von 375 DM/qm nicht sachgerecht, sondern den Merkmalen des Bewertungsgrundstücks anzupassen. Aufgrund der vom Gutachterausschuss mitgeteilten Kauffälle von 1994 bis 1996 würden sich laut der Stellungnahme die Bodenrichtwertangaben für A. auf unbebaute Grundstücke mit einer mittleren Grundstücksgröße von 500 qm und entsprechend den vom Gutachterausschuss zum 31. 12. 1998 veröffentlichten Richtwerten mit einer Geschossflächenzahl von 0,4 nach der zulässigen Bebauung beziehen. Für das Bewertungsgrundstück errechne sich bei einer Wohnfläche von 220 qm eine Geschossflächenzahl von rund 0,10. Anhand dieser Geschossflächenzahl hat der Sachverständige in der Stellungnahme einen Bodenrichtwert von 233 DM/qm und unter Berücksichtigung einer Hinterlandfläche von rund 160 qm ein Bodenrichtwert von 226 DM/qm errechnet, der wegen der vorhandenen tatsächlichen Bebauung nach dem Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 15. 10. 1997 (Az. 34 - S-3014 - 17/106-53946, Bew-Kartei OFD’en München und Nürnberg, § 146 Abs. 6 BewG Karte 1 - FMS vom 15. 10. 1997 -) weiter auf 140 DM/qm zu vermindern sei. Aus einem so angepassten Bodenrichtwert von 140 DM/qm und der Grundstücksfläche hat der Sachverständige den hilfsweise beantragten Grundstückswert von gerundet 382.000 DM und nach einem Abschlag von 20 v. H. den beantragten Grundstückswert von 306.000 DM berechnet.
Ein Gutachten desselben Sachverständigen vom 12. 3. 2002 über den gemeinen Wert des streitigen Grundstücks hat der Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung vorgelegt. Darin wird der gemeine Wert des Grundstücks ebenso wie in der vorgenannten Stellungnahme, allerdings ohne einen Abschlag von 20 v. H., zum streitigen Stichtag unter Berücksichtigung „der Vorgaben zur Berechnung des Mindeswerts im Rahmen der Bedarfsbewertung” auf 382.760 DM festgestellt. Ergänzend wird in dem Gutachten vom 12. 3. 2002 ausgeführt, dass das Verhältnis des Richtwerts für A. zum ermittelten Bodenwert von 140 DM/qm dem Verhältnis des im Markt X. festgesetzten Richtwerts für ein Baugebiet zu dem für ein angrenzendes Dorfgebiet entspreche.
Zur Begründung der Klage bringt der Prozessbevollmächtigte im Wesentlichen vor: Das Finanzamt habe den Grundstückswert nach § 146 Abs. 6 BewG nach dem um 20 v. H. ermäßigten Bodenrichtwert des Gutachterausschusses ermittelt. Dabei habe es jedoch nicht berücksichtigt, dass die lagetypischen Merkmale der Bodenrichtwertgrundstücke nicht mit dem zu bewertenden Grundstück übereinstimmten. Insbesondere die Größe des zu bewertenden Grundstücks weiche von den Bodenrichtwertgrundstücken ab. Der Bodenrichtwert sei daher gemäß R 161 ff. ErbStR entsprechend anzupassen. Zu den zu berücksichtigenden lagetypischen Merkmalen gehörten weiter die Geschossflächenzahl sowie die Größe und Tiefe des Grundstücks. Diese Merkmale seien mit dem tatsächlich vorhandenen Grundstück zu vergleichen und ggf. zu korrigieren. Die Auffassung des Finanzamts, dass von einem fiktiv unbebauten Grundstück auszugehen und sogar dessen Parzellierung zu unterstellen sei, finde weder im Bewertungsgesetz noch den Erbschaftsteuer-Richtlinien eine Grundlage. Vielmehr seien die Bodenrichtwerte gemäß § 196 Abs. 1 Satz 4 BauGB „nach ergänzenden Vorgaben der Finanzverwaltung” zu ermitteln und damit nach R 161 ff. ErbStR und den entsprechenden Ländererlassen - z. B. dem FMS vom 15. 10. 1997 - zu korrigieren. Gleiches gelte nach § 14 der Wertermittlungsverordnung bei einer Abweichung der wertbeeinflussenden Merkmale des zu bewertenden Grundstücks gegenüber dem Vergleichsgrundstück. Die ungeprüfte Anwendung der Bodenrichtwerte auf das gesamte Bewertungsgrundstück ohne die erforderlichen Wertkorrekturen führe zu ganz offensichtlich überhöhten Werten. Auch sei das Vorbringen des Finanzamts, dass nach den baurechtlichen Vorschriften eine dem Richtwertgrundstück vergleichbare Ausnutzung des streitigen Grundstücks möglich wäre, nicht nachvollziehbar. Die Möglichkeit einer Teilung des Grundstücks könne schon deshalb nicht als Begründung herangezogen werden, da Bewertungsobjekt das gesamte Grundstücks als wirtschaftliche Einheit sei. Durch die vorgelegte gutachtliche Stellungnahme des Sachverständigen H. B. und erst recht durch sein Gutachten vom 12. 3. 2002 sei gemäß § 145 Abs. 3 BewG der Nachweis eines niedrigeren Werts erbracht worden. Auch für diesen Nachweis seien nach R 176 Abs. 2 ErbStR die Abschnitte R 160 - 163 ErbStR entsprechend anzuwenden.
Der Wert des ererbten Grundstücksanteils sei ausschließlich dem Kläger zuzuordnen und nicht zur Hälfte auch dem Beigeladenen. Auch wenn in der notariellen Urkunde vom 25. 5. 1998 über die Auseinandersetzung von einer Teilungsanordnung die Rede sei, sei eine solche durch die Erklärung der Erblasserin vom 26. 8. 1979 nicht wirksam getroffen worden. Hinsichtlich der Zuwendung des streitigen Grundstücks an den Kläger liege vielmehr ein Vorausvermächtnis vor. Davon sei auch das Finanzamt Amberg im Erbschaftsteuerbescheid vom 1. 12. 2000 ausgegangen. Für das beklagte Finanzamt könne damit nichts anderes gelten.
Das Finanzamt beantragt dagegen Klageabweisung.
Zur Begründung trägt es im Wesentlichen vor:
Bei der Feststellung des Grundstückswerts vom 25. 1. 1996 sei für das bebaute Grundstück der Mindestwert zum Ansatz gekommen. Diesen habe das Finanzamt gemäß § 145 Abs. 3 BewG anhand der vom zuständigen Gutachterausschuss auf den 1. 1. 1996 mitgeteilten Bodenrichtwerte ermittelt. Da diese weder Angaben zur Geschossflächenzahl noch zur Grundstücksgröße oder Tiefe des Bodenrichtwertgrundstücks enthielten, sei der Bodenrichtwert unverändert übernommen worden. Selbst wenn die vorgelegte Stellungnahme des Sachverständigen H. B. als Bodenwertgutachten anzusehen wäre, weise sie jedoch erhebliche Mängel auf, die zu seiner Verwerfung führen würden. Gleiches gelte für die nunmehr vorgelegte und als Gutachten bezeichnete Wertermittlung vom 12. 3. 2002, die außer dem Verzicht auf den Abschlag von 20 v. H. keine großen Abweichungen gegenüber der Stellungnahme vom 17. 11. 2000 enthalte. Ein Bodenwertgutachten habe nämlich von der Fiktion des unbebauten Grundstücks auszugehen. Dies bedeute, dass kein Abschlag für die vorhandene Bebauung gemacht werden dürfe, wenn nach baurechtlichen Vorschriften eine dem Richtwertgrundstück entsprechende Ausnutzung möglich wäre. Nach einer Auskunft des Bauamts der Stadt Y. (Herr Z. ) könne das Grundstück im Rahmen der Bauordnung mit weiteren Gebäuden bebaut werden. Zudem könnten bei einem Bodenwertgutachten für ein fiktiv unbebautes Grundstück keine Abschläge wegen der Grundstücksgröße oder der Tiefe des Grundstücks gemacht werden. Dies wäre allenfalls bei einem Verkehrswertgutachten für das bebaute Grundstück möglich. Auch ein pauschaler Abschlag von 20 v. H. wie noch in der Stellungnahme des Sachverständigen vom 17. 11. 2000 sei bei einem Gutachten nicht möglich. Ein Gutachter habe sich bei seiner Wertermittlung an der Wertermittlungsverordnung zu orientieren.
Mit Beschluss vom 21. 2. 2000 hat der Senat G. L. notwendig zum Verfahren beigeladen.Für diesen hat der Prozessbevollmächtigte lediglich beantragt, den ererbten Hälfteanteil nicht auch dem Beigeladenen zuzuordnen, sondern ausschließlich dem Kläger. Einen Antrag zur Wertfeststellung hat der Beigeladene nicht gestellt. Auch hat er sich nicht zur Sache geäußert.
Dem Gericht liegt die Grundbesitzwertakte des beklagten Finanzamts für das streitige Grundstück vor.
Gründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Das Finanzamt hat zutreffend zum 25. 1. 1996 den Wert des ererbten 1/2-Anteils am bebauten Grundstück Sch.-Weg 1 in A. auf 410.000 DM und den Anteil des Klägers von 1/4 am Gesamtgrundstück auf 205.000 DM festgestellt.
Für die Erbschaft- und Schenkungsteuer sind seit 1. 1. 1996 nicht mehr die nach den Wertverhältnissen auf den 1. 1. 1964 festgestellten Einheitswerte maßgebend, sondern gesondert festzustellende Grundstückswerte. Diese sind unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse im Besteuerungszeitpunkt und der Wertverhältnisse zum 1. 1. 1996 festzustellen (§ 138 Abs. 1 Satz 2 BewG). Besteuerungszeitpunkt ist für die Erbschaftsteuer gemäß §§ 38 AO, 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG beim Erwerb im Wege der Gesamtrechtsnachfolge regelmäßig der Eintritt des Erbfalls, im Streitfall der 25. 1. 1996. Für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens sind dabei die Grundstückswerte abweichend von § 9 BewG nach näherer Maßgabe der §§ 139, 145 bis 150 BewG mit einem typisierenden Wert zu ermitteln (§ 138 Abs. 3 Satz 1 BewG).
Der Wert eines bebauten Grundstücks wird zunächst anhand der im Durchschnitt der letzten 3 Jahre vor dem Besteuerungszeitpunkt erzielten Jahresmiete und der Wertminderung wegen des Alters des Gebäudes errechnet (§ 146 Abs. 1 bis 5 BewG). Ist der so ermittelte Wert wie im Streitfall geringer als der Wert, mit dem der Grund und Boden allein als unbebautes Grundstücks nach § 145 Abs. 3 BewG zu bewerten wäre, so ist dieser Wert als sogenannter Mindestwert anzusetzen (§ 146 Abs. 6 BewG). Bei unbebauten Grundstücken bestimmt sich gemäß § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG der Wert nach ihrer Fläche und den um 20 v. H. ermäßigten Bodenrichtwerten. Die Bodenrichtwerte werden vom Gutachterausschuss beim Landratsamt aus der von ihm zu führenden Kaufpreissammlung abgeleitet. Zur Wertfeststellung für unbebaute Grundstücke sind nach § 145 Abs. 3 Satz 2 BewG Bodenrichtwerte von den Gutachterausschüssen nach dem Baugesetzbuch auf den 1. 1. 1996 zu ermitteln und den Finanzämtern mitzuteilen.
Der Steuerpflichtige hat demgegenüber nach § 146 Abs. 7 BewG zum einen die Möglichkeit nachzuweisen, dass der gemeine Wert des bebauten Grundstücks niedriger ist als der vom Finanzamt nach den Absätzen 2 bis 6 des § 146 BewG ermittelte Wert. Einen solchen Nachweis hat der Kläger weder unternommen noch erbracht. Die von ihm vorgelegte Stellungnahme des Dipl.-Ing. (FH) B. vom 17. 11. 2000 und ebenso sein Gutachten vom 12. 3. 2002 enthält weder einen Ansatz noch eine Aussage zum Wert des auf dem streitigen Grundstück vorhandenen Gebäudes. Der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts des bebauten Grundstücks ist damit nicht unternommen worden. Nach dem Wortlaut der §§ 146 Abs. 6, 145 Abs. 3 Satz 3 BewG kann der Steuerpflichtige zum anderen nachweisen, dass der gemeine Wert des Grundstücks als unbebautes Grundstück niedriger ist als der anhand des Richtwerts vom Finanzamt ermittelte Mindestwert.
In welcher Weise der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts zu erbringen ist, ist im BewG nicht näher bestimmt. Der Steuerpflichtige kann den ihm aufgebürdeten Nachweis entweder durch ein Gutachten des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder ein Wertgutachten eines Sachverständigen oder durch zeitnahe Verkäufe erbringen. Ein solches Wertgutachten muss inhaltlich richtig und schlüssig sein sowie den allgemein anerkannten Grundsätzen der Wertermittlung genügen, wie sie insbesondere in der Wertermittlungsverordnung niedergelegt sind.
Der vom Finanzamt zugrunde gelegte Bodenrichtwert von 375 DM für das streitige Grundstück als unbebautes Grundstück ist nicht zu hoch.
Das Finanzamt hat die vom Gutachterausschuss mitgeteilten Bodenrichtwerte regelmäßig ohne nähere Prüfung hinsichtlich ihrer Höhe anzuwenden. Es hat insbesondere nach den Bestimmungen des § 145 Abs. 3 Satz 1 und 2 BewG den Wert für das unbebaute Grundstück nicht anhand des Richtwerts zu schätzen und nicht für jedes einzelne Grundstück eine individuelle Wertermittlung durch Ableitung aus dem Bodenrichtwert vorzunehmen (vgl. FG Nürnberg, Urteil vom 27. 1. 2000 IV 261/1999, EFG 2000, 610, Gebel in Troll / Gebel / Jülicher, ErbStG, § 12 Rn. 613, Wolf, DStR 1997, 349, 342, Geiß, ZEV 1998, 13, 14). Das Finanzamt hat mitgeteilte Bodenrichtwerte grundsätzlich nur daraufhin zu überprüfen, ob sie rechtmäßig zustande gekommen und plausibel sind. d. h. nicht offenkundig außerhalb jedes sachlogischen Rahmens liegen (Rössler / Troll, BewG, § 145 Rn. 17).
Das Finanzamt hat den Richtwert für das streitige Grundstück aus dem vom Gutachterausschuss beim Landratsamt mitgeteilten Rahmenrichtwert von 350 bis 400 DM/qm für baureifes Land in A. entnommen. Es hat dabei zutreffend die Rahmenrichtwerte des Gutachterausschusses vom 1. 1. 1995 bis 31. 12. 1995 herangezogen und nicht die vom Gutachterausschuss für den Zeitraum 1. 1. 1996 bis 31. 12. 1996 festgesetzten. Denn nach § 196 Abs. 1 Satz 3 BauGB und ebenso nach § 13 der Gutachterausschussverordnung vom 23. 6. 1992 (BGBl I 1992, 167) sind Bodenrichtwerte jeweils zum Ende eines Kalenderjahres zu ermitteln. Die vom Gutachterausschuss für den Zeitraum 1. 1. bis 31. 12. 1996 festgesetzten Richtwerte mit einem Rahmen für baureifes Land von 350 bis 450 DM/qm betreffen deshalb nicht den 1. 1. 1996, sondern vielmehr den Beginn des nachfolgenden Kalenderjahres. Auch nach dem vom Finanzamt vorgelegten Schreiben des Gutachterausschusses vom 27. 10. 1997 ist der zum 1. 1. 1996 maßgebende Richtwert aus der Richtwertliste mit der Zeitangabe 1. 1. 1995 - 31. 12. 1995 zu entnehmen.
Der Ansatz des Mittelwerts von 375 DM/qm für das streitige Grundstück aus dem Rahmenrichtwert von 350 bis 400 DM/qm durch das Finanzamt ist nicht zu beanstanden. Der Rahmenrichtwert von 350 bis 400 DM/qm überlässt dem Finanzamt in einem nach § 145 Abs. 3 BewG noch vertretbaren Umfang eine Schätzung und Wertermittlung für das zu bewertende Grundstück. Die Bodenrichtwerte sind nach § 196 Abs. 1 Satz 1 BauGB zwar aufgrund der Kaufpreissammlung als durchschnittliche Lagewerte zu ermitteln. Nach den Angaben des Sachverständigen betreffen die dem Rahmenrichtwert zugrunde liegenden Grundstücksverkäufe zwar erheblich kleinere Grundstücke mit einer Durchschnittsfläche von rd. 500 qm. Obgleich das streitige Grundstück mit 2.734 qm erheblich größer ist und bei größeren Grundstücken erfahrungsgemäß etwas niedrigere Quadratmeterpreise bezahlt werden, ist der Richtwert für das streitige Grundstück nicht aus dem unteren Teil des Rahmenwerts zu entnehmen. Denn bei der Bewertung eines bebauten Grundstücks als unbebautes nach §§ 146 Abs. 6, 145 Abs. 3 BewG bleibt die vorhandene Bebauung außer Betracht und ist eine mögliche Teilbarkeit des (fiktiv) unbebauten Grundstücks zu beachten. Nach der vom Finanzamt vorgetragenen Auskunft des Bauamts der Stadt. Y. , der die übrigen Beteiligten nicht widersprochen haben, wäre das Grundstück ohne weiteres teilbar. Eine Aufteilung des streitigen Grundstücks in zweckmäßige Baugrundstücke wird auch dadurch erleichtert, dass es als Eckgrundstück mit zwei Seiten an eine öffentliche Straße grenzt und nach dem vorliegenden Lageplan mit einer dritten Seite ersichtlich an einen vom Sch.-Weg ausgehenden kurzen Stichweg. Zudem stellt nach dem genannten Schreiben des Gutachterausschusses vom 27. 10. 1997 in etwa das arithmetische Mittel der bei den Richtwerten angegebenen Preisspanne regelmäßig die Basis für die Bewertung dar.
Weitere Umstände, die einen Wertansatz für das streitige Grundstück unterhalb des Mittelwerts des Rahmenrichtwerts rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich. Solche ergeben sich insbesondere nicht aus der Lage des Grundstücks in einem Dorfgebiet mit umliegenden landwirtschaftlichen Anwesen. Von diesen etwa ausgehende, aber doch gegendübliche Beeinträchtigungen werden im Übrigen durch den Abschlag von 20 v. H. nach § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG abgegolten. In dem vom Gutachterausschuss mitgeteilten Richtwert ist im Übrigen auch keine Grundstücksgröße für das Richtwertgrundstück angegeben (vgl. auch R 161 Abs. 3 ErbStR).
Der Ansatz eines niedrigeren Bodenrichtwerts als des Mittelwerts des mitgeteilten Rahmenrichtwerts oder eine Anpassung des Richtwerts für das Bewertungsgrundstück kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil das zu bewertende Grundstück nach der Stellungnahme und dem Gutachte des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) B. aufgrund seiner tatsächlichen Bebauung eine erheblich geringere Geschossflächenzahl aufweist als ein nach seinen Angaben dem Rahmenrichtwert zugrunde liegendes durchschnittliches Grundstück von rd. 500 qm. Denn der vom Gutachterausschuss festgesetzte Bodenrichtwert ist vom Finanzamt lediglich dann in einen abweichenden Bodenwert für das zu bewertende Grundstück umzurechnen, wenn der festgesetzte Richtwert sich auf eine vom Gutachterausschuss angegebene Geschossflächenzahl bezieht. Anderenfalls scheidet eine Anpassung des Richtwerts nach den Geschossflächenzahlen des zu bewertenden Grundstücks und des sogenannten Richtwertgrundstücks auch unter dem Gesichtspunkt der Berücksichtigung von lagetypischen Merkmalen aus (vgl. R 161 Abs. 2 ErbStR), weil das Finanzamt wie dargelegt für das Grundstück keine individuelle Wertermittlung durch Ableitung aus dem Bodenrichtwert vorzunehmen hat. Die vom Gutachterausschuss mitgeteilten Rahmenrichtwerte beziehen sich jedoch nicht auf eine bestimmte Geschossflächenzahl. Dies ist erst bei den Bodenrichtwerten des Gutachterausschusses zum 31. 12. 1998 der Fall, wie sie den Äußerungen des Sachverständigen beigefügt sind.
Der vom Finanzamt angesetzte Richtwert ist auch nicht wegen der tatsächlichen Bebauung des Grundstücks anzupassen oder niedriger anzusetzen, weil dies nach dem FMS vom 15. 10. 1997 für den hier streitigen Bewertungsstichtag noch so vorgesehen war. Wie dargelegt, ist nach der gesetzlichen Regelung in § 146 Abs. 6 BewG der Grund und Boden allein als unbebautes Grundstück zu bewerten; die tatsächlich vorhandene Bebauung muss damit unberücksichtigt bleiben. Der Kläger kann sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes auf die Anweisung im genannten FMS vom 15. 10. 1997 berufen (vgl. FG München, Beschluss vom 13. 9. 2000 4 V 3340/00, EFG 2001, 124). Vertrauensschutz aufgrund Selbstbindung der Verwaltung kommt lediglich in Betracht, soweit die Verwaltung im Rahmen des Gesetzes eine diesem nicht widersprechende Regelung trifft (vgl. BFH-Urteil vom 22. 4. 1980 VIII R 149/75, BStBl II1980, 441,446; Tipke / Kruse, AO, § 4 Tz. 56).
Eine Anpassung des Richtwerts wegen der tatsächlichen Bebauung kann der Kläger im Hinblick auf das vorgenannte FMS vom 15. 10. 1997 auch nicht unter Hinweis auf die Vorschrift in § 196 Abs. 1 Satz 4 BauGB erreichen, nach der die Bodenrichtwerte „nach ergänzenden Vorgaben der Finanzverwaltung” zu ermitteln sind. Solche ergänzenden Vorgaben der Finanzverwaltung im Sinne von § 196 Abs. 1 Satz 4 BauGB sind nicht Vorgaben zur Wertfindung im engeren Sinn, wie sie das FMS vom 15. 10. 1997 für die vom Finanzamt zu treffende Bedarfswertfeststellung enthält. Denn dies erschiene für eine Richtwertermittlung durch einen eigenen unabhängigen (§ 192 Abs. 1 BauGB) Gutachterausschuss nicht sachgerecht. Vielmehr sind unter Vorgaben in § 196 Abs. 1 Satz 4 BauGB solche etwa zur Einteilung und Aufgliederung der Richtwerte bzw. Richtwertgebiete zu verstehen.
Der Kläger hat auch nicht gemäß § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG in geeigneter Weise nachgewiesen, dass der gemeine Wert des unbebauten Grundstücks niedriger ist als der vom Finanzamt angesetzte Mindestwert. Einen solchen Nachweis enthalten weder die Stellungnahme des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) B. vom 17. 11. 2000 noch sein in der mündlichen Verhandlung vorgelegtes Gutachten vom 12. 3. 2000. In beiden Äußerungen des Sachverständigen wird kein niedrigerer Wert des (fiktiv) unbebauten Grundstücks in schlüssiger und inhaltlich richtiger Weise dargelegt. Denn in beiden Äußerungen wird eine Anpassung des Richtwerts anhand der Geschossflächenzahlen für die bestehende Bebauung auf dem streitigen Grundstück vorgenommen. Dieses Vorgehen widerspricht jedoch der gesetzlichen Vorgabe in §§ 146 Abs. 6, 145 Abs. 3 Satz 3 BewG, nach der der gemeine Wert des (fiktiv) unbebauten Grundstücks nachzuweisen ist. Eine andere Beurteilung ergibt sich - wie dargelegt - auch nicht aus der Anweisung im FMS vom 15. 10. 1997. Unter Berufung auf dieses Schreiben wird in der Stellungnahme der Richtwert nach der Anpassung wegen der infolge der Bebauung geringeren Geschossflächenzahl sogar nochmals gemindert, wobei wiederum die Größe des zu bewertenden Grundstücks in die Berechnung der Geschossflächenzahl eingeht. Ferner kann bei der Wertermittlung für ein (fiktiv) unbebautes Grundstück eine baurechtlich zulässige Teilbarkeit des Grundstücks nicht unberücksichtigt bleiben und folglich nicht sogenanntes Hinterland mit einem geringeren Wert angesetzt werden.
Aufgrund dieser sachlichen Mängel können weder die Stellungnahme des Sachverständigen vom 17. 11. 2000 noch sein Gutachten vom 12. 3. 2000 als Nachweis eines niedrigen gemeinen Werts dienen, und zwar auch nicht teilweise.
Das Finanzamt hat auch zutreffend den festgestellten Wert für den ererbten Grundstücksanteil zur Hälfte dem Kläger und entsprechend zur anderen Hälfte dem Beigeladenen zugerechnet. Dabei kann offen bleiben, ob der angefochtene Bescheid einschließlich der Einspruchsentscheidung entsprechend der Vorschrift in § 138 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BewG zumindest konkludent auch eine Zurechnung des Grundstücks enthält oder nur eine Zurechnung der Anteile am Grundbesitzwert. Denn auch für eine Zurechnung des Grundstücks gilt im Ergebnis nichts anderes.
Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten und trotz der gegenteiligen Handhabung durch das Finanzamt Amberg im vorgelegten Erbschaftsteuerbescheid vom 1. 12. 2000 hat der Kläger den ererbten Grundstücksanteil nicht als Vorausvermächtnis erhalten. Vielmehr liegt in der Verfügung der Erblasserin in ihrer Erklärung vom 26. 8. 1979, dass sie dem Kläger ihren halben Anteil am Haus in A. vererbe, eine erbschaftsteuerlich (vgl. BFH-Urteil vom 1. 4. 1992 II R 21/89, BStBl II 1992, 669) und folglich auch für die Zurechnung der Anteile am Wert des ererbten Grundstücks unbeachtliche Teilungsanordnung. Für die Abgrenzung der Teilungsanordnung (§ 2048 BGB) von einem Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB) ist maßgebend, ob eine für ein Vorausvermächtnis wesentliche wertmäßige Begünstigung des Bedachten durch den Erblasser feststellbar ist (vgl. dazu BGH-Urteil vom 15. 10. 1997 IV ZR 327/96, NJW 1998, 682). Dass die Erblasserin den Kläger mit dem halben Anteil am streitigen Grundstück begünstigen wollte, ist ihrer Erklärung vom 26. 8. 1979 nicht zu entnehmen. Denn sie hat auf der anderen Seite verfügt, dass sie dem Beigeladenen allein ihren halben Anteil an dem Anwesen St.-Gasse 13 vererbe. Damit hat sie ersichtlich ausgeglichen, dass der Kläger ihren halben Anteil am streitigen Grundstück erhalten sollte. Von einer ungefähren Wertgleichheit beider Grundstücksanteile ist auch das Finanzamt Amberg nach seinem Schreiben an den Prozessbevollmächtigten vom 21. 1. 2000 ausgegangen. Zudem sind der Kläger und der Beigeladene zu einem Anteil von je 1/2 Erben geworden. Eine wertmäßige Verschiebung der Erbquote ist daraus nicht zu ersehen. Ferner sind auch der Kläger und der Beigeladene als Miterben wegen der Verfügungen der Erblasserin hinsichtlich der genannten Grundstücksanteile zivilrechtlich ersichtlich von Teilungsanordnungen ausgegangen, wie sich aus der notariellen Urkunde vom 25. 5. 1998 ergibt. Sie haben darin dem Kläger den erbengemeinschaftlichen Anteil am streitigen Grundstück „in Erfüllung der Teilungsanordnung der Erblasserin” übertragen.
Weshalb im Übrigen - wie der Prozessbevollmächtigte meint - die Verfügung der Erblasserin in ihrer Erklärung vom 26. 8. 1979, dass sie ihren halben Anteil am streitigen Grundstück dem Kläger vererbe, als Teilungsanordnung nicht wirksam sein soll, hingegen aber ein wirksames F Vorausvermächtnis enthalten soll, ist dem Senat nicht ersichtlich.
Auch wenn das Finanzamt Amberg im gegenüber dem Kläger ergangenen Erbschaftsteuerbescheid vom 1. 12. 2000 hinsichtlich des streitigen Grundstücksanteils von einem Vorausvermächtnis ausgegangen ist, bindet dies das beklagte Finanzamt und das Gericht bei der Bedarfswertfeststellung nicht. Eine Bindung aufgrund des Verhältnisses Grundlagen- und Folgebescheid kann - wenn überhaupt (vgl. Hessisches Finanzgericht, Beschluss vom 28. 3. 2000 1 V 4736/99, EFG 2000, 632, Gebel in Troll / Gebel / Jülicher, ErbStG, § 12 Rn. 520) - allenfalls im umgekehrten Verhältnis besteht.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 FGO. Eine Erstattung von Auslagen des Beigeladenen kommt nicht in Betracht, weil er keine erfolgreichen eigenen Sachanträge gestellt und das Verfahren auch nicht weiter gefördert oder unterstützt hat. Ebenso werden ihm aus diesen Gründen auch keine Kosten auferlegt, zumal er mit seinem Antrag nur dem Kläger beigetreten ist und dieser Antrag keine zusätzlichen Ermittlungen erforderlich gemacht hat (§ 135 Abs. 3 FGO).
Die Zulassung der Revision erfolgt nah § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO im Hinblick auf die Frage, ob und wieweit der festgesetzte Richtwert wegen unterschiedlicher lagetypischer Merkmale des Grundstücks gegenüber dem Bodenrichtwertgrundstück anzupassen ist (vgl. R 161 Abs. 1 Satz 3 ErbStR sowie FMS vom 15. 10. 1997).