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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Sachsen-Anhalt: Urteil vom 08.11.2001 – 3 (2) K 715/97

    Zugrundelegung des tatsächlichen Kulturartenverhältnisses bei der Ermittlung des Ersatzvergleichswertes für die landwirtschaftliche Nutzung i. S. des § 125 Abs. 6 Satz 2 Nr 1 Buchst. a BewG: Sind Flächen nur deshalb Grünlandflächen, weil eine Nutzung als Ackerland wegen ihrer Lage in einem Überschwemmungsgebiet tatsächlich nicht möglich ist, ist ein Abstellen auf das tatsächliche Kulturartenverhältnis nur dann möglich, wenn und soweit diese Grünlandflächen den durchschnittlichen (gegendüblichen) Grünlandanteil in der jeweiligen Gemeinde übersteigen. Denn nur insoweit obliegt der Umfang der Grünlandflächen nicht dem Einfluss des Betriebsleiters, so dass für diese Flächen das tatsächliche Kulturartenverhältnis als maßgeblich anzusehen ist.


    IM NAMEN DES VOLKES

    hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt – 3. Senat – im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung am 08. November 2001 durch

    den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht …,

    den Richter am Finanzgericht …,

    die Richterin am Finanzgericht …,

    sowie die ehrenamtliche Richterin … und

    den ehrenamtlichen Richter Dr. …

    für Recht erkannt:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

    Tatbestand

    Mit Bescheid vom 10. Januar 1994 hatte der Beklagte im Wege der Neuveranlagung den Grundsteuermessbetrag für die Nutzungseinheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens des Klägers in … auf den 01. Januar 1994 auf 2.090,40 DM festgesetzt. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Mit Bescheid vom 20. März 1995 änderte der Beklagte diese Festsetzung; er setzte den Grundsteuermessbetrag auf 2.397,60 DM fest. Er ging dabei von einem Ersatzwirtschaftswert in Höhe von 399.600 DM aus, den er durch Multiplikation der berücksichtigenden Fläche mit landwirtschaftlicher Nutzung (ohne Hopfen und Spargel) von 126,1944 ha mit einer Vergleichszahl von 85,00 je Hektar und einem Ertragswert von 37,26 DM ermittelte. Der Bescheid wurde bestandskräftig; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Die Berechnung des Ersatzwirtschaftswertes erfolgte im Einzelnen wie folgt:

    (1) Flächenübersicht

    GemeindeZusammen
    Gesamtfläche der landwirtschaftlichen Nutzung (Acker- und Grünlandfläche)96,1140 ha2,2324 ha17,2932 ha7,3415 ha3,2133 ha126,1944 ha


    (2) Berechnungsgrundlagen

    Gemeinde
    a) durchschnittliche Ackerzahl (AZ)8994859493
    b) durchschnittliche Grünlandzahl (GZ)4851537032
    c) landwirtsch. Nutzfläche der Gemeinde (LN)133177742096414113
    d) bodengeschätzte Ackerfläche der Gemeinde (AL)123771537576133836
    e) bodengeschätzte Grünlandfläche der Gemeinde (GL)754523917183
    f) gegendüblicher Grünlandanteil = GL × 100: LN5,635,795,682,654,45


    (3) Berechnungsgang

    (AZ × AL) + (GZ × GL): (AL + GL) = EMZ ergibt im Streitfall folgende Ertragsmesszahlen:

    … 86,66

    … 91,45

    … 83,09

    … 93,35

    … 90,22

    durchschnittliche Ertragsmeßzahl der Nutzung

    (96,1140 × 86,66)+(2,2324 × 91,45) + (17,2932 × 83,09) + (7,3415 × 93,35) + (3,2133 × 90,22)= 86,74 EMZ
    126,1944


    durchschnittlicher Grünlandanteil der Nutzung

    (96,1140 × 5,63) + (2,2324 × 5,79) + (17,2932 × 5,68) + (7,3415 × 2,65) + (3,2133 × 4,45)= 5,44 v.H.
    126,1944


    Landwirtschaftliche Vergleichszahl in 100 je ha (LVZ)

    Abrechnung bei 5,44 v.H. Grünlandanteil und 86,74 EMZ
    = 2 v.H. (= ./. 1,74)= 85,00 LVZ


    Landwirtschaftlicher Hektarwert der Nutzung

    85,00 LVZ/ha × 37,26 DM/LVZ= 3.167,10 DM/ha


    Ersatzvergleichswert der Nutzung

    126,1944 ha × 3.167,10 DM/ha= 399.670,28 DM
    Ersatzvergleichswert (abgerundet)= 399.600,00 DM


    Am 03. März 1997 ging beim Beklagten ein Schreiben der … GmbH beim Beklagte ein, in dem diese ausführte, dass sie den Kläger betriebswirtschaftlich berate. Sie bitte um Überprüfung des Ersatzwirtschaftswertes. Der Kläger bewirtschafte einen Milchviehbetrieb und habe „entgegen allen anderen Landwirten die Grünlandflächen”. Sie würden im Überflutungsgebiet der … sowie der … liegen. Die Wertigkeit des Grünlandes weiche mit 40 BP erheblich von den Ackerflächen ab. Wenn der Durchschnitt der Gemarkung auf den Ersatzwirtschaftswert bezogen werde, dann würden die „reinen Ackerbauern” von den Wirtschaftserschwernissen des Klägers profitieren. Überflutungen und Nässe im Sommer würden selbst eine mittlere Ernte nach den Vergleichszahlen der Region nicht zulassen. In der Gemarkung … bewirtschafte der Kläger ca. 30 ha Grünland.

    In einem an die … GmbH gerichteten Schreiben vom 25. März 1997 führte der Beklagte unter Angabe des Aktenzeichens des Grundsteuermessbescheides und dem Betreff „Grundstück in … aus, daß gemäß § 125 Abs. 4 des Bewertungsgesetzes – BewG – der Ersatzwirtschaftswert in einem vereinfachten Verfahren ermittelt werde. Bei dem Vergleich der Ertragsbedingungen seien abweichend von § 38 Abs. 2 Nr. 1 BewG ausschließlich die in der Gegend als regelmäßig anzusehenden Verhältnisse zugrunde zu legen (§ 15 Abs. 4 Satz 2 BewG). Im Beitrittsgebiet seien daher die natürlichen Ertragsbedingungen, insbesondere Bodenbeschaffenheit, Geländegestaltung und klimatische Bedingungen, beim Vergleich der Ertragsbedingungen nicht zu berücksichtigen. Das Schreiben ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung (Einspruch) versehen.

    Am 04. April 1997 ging ein Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers beim Beklagten ein, in dem Einspruch gegen den „Ablehnungsbescheid vom 25. März 1997” eingelegt wurde. Man folge dem Beklagten, wenn er nach § 125 Abs. 4 BewG bezüglich des Ersatzwirtschaftswertes von einem vereinfachten Verfahren ausgehe. Dieses vereinfachte Verfahren dürfe aber nicht zu einer unbilligen Bewertung führen. Dies sei im Falle des Klägers jedoch gegeben. Es sei auch richtig, dass bei dem Vergleich der Ertragsbedingungen abweichend von § 38 Abs. 2 Nr. 1 BewG ausschließlich von den gegendüblichen Verhältnissen auszugehen sei. Auch § 38 BewG gehe zunächst von den Ergebnissen der Bodenschätzung aus und leite durch entsprechende Zu- und Abschläge, die § 38 Abs. 2 BewG im einzelnen aufführe, die landwirtschaftliche Vergleichszahl ab. § 38 Abs. 2 BewG regele also den Schritt zwischen den aufgrund der Bodenschätzung ermittelten Ertragsmesszahlen der landwirtschaftlichen Nutzung und der nach Abs. 2 vorzunehmenden Berichtigungen, die zur Vergleichszahl führen. § 125 Abs. 4 BewG nehme ausdrücklich auf § 50 BewG Bezug, der auf die Ertragsmesszahlen eingehe. Das nach Maßgabe von § 125 Abs. 4 BewG vorgeschriebene vereinfachte Verfahren beziehe sich lediglich auf diese Ertragsmesszahlen und lasse die weitere Fortschreibung zur Überprüfung der Bodenschätzungsergebnisse außer acht. Insoweit werde erneut beantragt, für die Bestimmung des Ersatzwirtschaftswertes die tatsächlichen Ertragsmesszahlen zugrunde zu legen. Die Fortschreibung nach § 38 Abs. 2 Nr. 1 BewG würde in diesem Fall außer Ansatz bleiben und infolge dessen erfolgte dann die Bewertung im Rahmen des vereinfachten Verfahrens.

    Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 07. November 1997 als unbegründet zurück. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

    Der Kläger hat am 05. Dezember 1997 Klage „wegen unzutreffender Festsetzung des Grundsteuermessbetrages per 1.1.1994 durch Bescheid vom 20.3.1995 in Form der Einspruchsentscheidung vom 7.11.1997” erhoben. Er trägt vor, es ergebe sich für die 30 ha große Dauergrünlandfläche mit einer durchschnittlichen Bodenzahl von 35 eine hektarbezogene Ertragsmesszahl von 1.050. Strittig sei die weitere Fortschreibung. Der Beklagte bringe einen gegendüblichen Grünlandanteil in Abrechnung. Dieser Abschlag sei zu gering, da die Gegend einer der besten Ackerbaustandorte sei, in welcher Grünlandbewirtschaftung unüblich sei. Das vereinfachte schematische Verfahren führe im Ergebnis zu einer überschätzten Ertragsfähigkeit. Das Verfahren des § 125 Abs. 4 BewG führe zu einer unbilligen Bewertung. Da die Ergebnisse der Reichsbodenschätzung unstrittig einer Überprüfung bzw. Korrektur bedürften, sollte diese unter Zugrundelegung der tatsächlichen, nicht der gegendtypischen Ertragsbedingungen erfolgen. Nur so gelange man zur Gerechtigkeit im Einzelfall.

    Nach mündlicher Verhandlung ist dem Kläger aufgegeben worden, a) die in den einzelnen Gemeinden belegenen Grundstücke seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebse im Einzelnen durch Angabe von Flur und Flurstücksnummern zu bezeichnen, b) die Größe des jeweiligen Grundstücks anzugeben, c) darzulegen, wie die einzelnen Grundstücke genutzt werden (Ackerland oder Grünland), d) die in Überschwemmungsgebieten belegenen Grundstücke zu bezeichnen und e) zu den Punkten a) bis d) geeignete Beweismittel vorzulegen bzw. zu bezeichnen. In Erfüllung des Auflagenbeschlusses hat der Kläger mit Schriftsatz vom 28. Februar 2000 weiter vorgetragen. Auf diesen Schriftsatz (mit Anlagen) wird Bezug genommen.

    Der Kläger hatte zunächst beantragt (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung am 09. Dezember 1999),

    den Bescheid vom 25. März 1997 und die Einspruchsentscheidung vom 07. November 1997 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Grundsteuermessbetrag für die Nutzungseinheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens des Klägers in Groß Germersleben auf den 01. Januar 1994 auf 2.324,40 DM festzusetzen.

    Zuletzt hat der Kläger schriftsätzlich eine Festsetzung auf 1.929,60 DM beantragt.

    Der Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Nach § 125 Abs. 4 Satz 2 BewG seien bei der Ermittlung des Ersatzwirtschaftswertes im vereinfachten Verfahren beim Vergleich der Ertragsbedingungen keine tatsächlichen Verhältnisse des einzelnen Betriebes, wie vom Kläger begehrt, sondern ausschließlich die in der Gegend als regelmäßig anzusehenden Verhältnisse zugrunde zu legen. Ermessensspielräume des Finanzamtes im Einzelfall gebe es nicht.

    Der Beklagten hält auch nach den in Erfüllung des Auflagenbeschlusses erfolgten Erläuterungen des Klägers an seiner Auffassung fest.

    Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

    Gründe

    Die Klage ist unbegründet.

    Nach § 126 Abs. 1 Satz 1 BewG gilt für die Grundsteuer von im Beitrittsgebiet belegenen Betrieben der Land- und Forstwirtschaft der sich nach § 125 BewG ergebende Ersatzwirtschaftswert. Der Ersatzwirtschaftswert wird in einem vereinfachten Verfahren ermittelt. § 125 Abs. 4 BewG legt dazu fest, welche Vorschriften des BewG bei der Ermittlung des Ersatzwirtschaftswertes gelten.

    Das land- und forstwirtschaftliche Vermögen ist mit dem Ertragswert zu bewerten (§ 125 Abs. 4 i.V.m. § 36 Abs. 1 BewG). Dabei ist für die Bewertung nicht der individuell erzielbare Ertrag, sondern die Ertragsfähigkeit des Betriebes maßgebend. Der Ertragswert ist das Achtzehnfache des Reinertrages (§ 36 Abs. 2 BewG). Bei der Beurteilung der Ertragsfähigkeit sind die Ertragsbedingungen zu berücksichtigen, soweit sie nicht unwesentlich sind. Man unterscheidet natürliche und wirtschaftliche Ertragsbedingungen, bei denen entweder die tatsächlichen Verhältnisse oder die in der Gegend als regelmäßig anzusehenden Verhältnisse zugrunde zu legen sind (§ 38 Abs. 2 BewG). Abweichend von § 38 Abs. 2 Nr. 1 BewG sind bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft im Beitrittsgebiet ausschließlich die in der Gegend als regelmäßig anzusehenden Verhältnisse beim Vergleich der Ertragsbedingungen zugrunde zu legen (§ 125 Abs. 4 Satz 2 BewG). Während deshalb bei einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft in den alten Bundesländern die natürlichen Ertragsbedingungen wie Bodenbeschaffenheit, Geländegestaltung, klimatische Verhältnisse und die wirtschaftlichen Ertragsbedingungen, wie innere und äußere Verkehrslage sowie die Betriebsgröße (wirtschaftliche Nachteile einer zu geringen Betriebsgröße), mit ihren tatsächlichen Verhältnissen dem Vergleich der Ertragsbedingungen zugrunde zu legen sind, gelten auch für diese im Beitrittsgebiet die in der Gegend als regelmäßig anzusehenden Verhältnisse.

    Bei der Ermittlung des Ersatzvergleichswertes für die landwirtschaftliche Nutzung (ohne Hopfen und Spargel) ist – anders als bei den in § 125 Abs. 6 und 7 genannten Nutzungen – die landwirtschaftliche Vergleichszahl nicht unmittelbar aus dem Gesetz ersichtlich. Sie errechnet sich auf der Grundlage der Ergebnisse der Bodenschätzungen (§ 50 Abs. 1 BewG) unter Berücksichtigung weiterer natürlicher und wirtschaftlicher Ertragsbedingungen der Gegend. Aus den durchschnittlichen Wertzahlen des Ackerlandes und des Grünlandes wird die landwirtschaftliche Vergleichszahl ermittelt. Der Ersatzvergleichswert ergibt sich aus der Multiplikation der maßgeblichen Fläche des Nutzungsteils in Hektar mit der landwirtschaftlichen Vergleichszahl je Hektar und dem 100 Vergleichszahlen entsprechenden gesetzlichen Ertragswert von 37,26 DM (§ 40 Abs. 2 BewG). Die im Tatbestand dargestellte Berechnung des Beklagten folgt diesen Grundsätzen.

    Der Einwand des Antragstellers betrifft nicht die Bodenbeschaffenheit und damit eine natürliche Ertragsbedingung. In den alten Bundesländern wären insoweit nach § 38 Abs. 2 Nr. 1 BewG die tatsächlichen Bedingungen zugrunde zu legen. Wegen des im Beitrittsgebiet nach § 125 Abs. 4 BewG anzuwendenden vereinfachten Bewertungsverfahrens, bei dem die Anwendung des § 38 Abs. 2 Nr. 1 BewG ausdrücklich ausgeschlossen ist (§ 125 Abs. 4 Satz 2 BewG) könnte die im konkreten Fall vorhandene Bodenbeschaffenheit der vom Kläger als Grünland genutzten Flächen für die Frage der Ertragsfähigkeit nicht berücksichtigt werden. Mit dem Ansatz der in der Gegend als regelmäßig anzusehenden Verhältnisse sind alle Ertragsbedingungen abgegolten.

    Das Vorbringen des Klägers ist so zu verstehen, dass er sich gegen das vom Beklagten berücksichtigte Verhältnis der Grünflächen zu den Ackerflächen richten will. Das Kulturartenverhältnis gehört zu den wirtschaftlichen Ertragsbedingungen. Entsprechend dem in § 38 Abs. 2 Nr. 2 BewG aufgestelltem Grundsatz für die Berücksichtigung wirtschaftlicher Ertragsbedingungen werden bei der vergleichenden Bewertung die in der Gegend als regelmäßig anzusehenden Verhältnisse zugrunde gelegt. Insoweit gilt für die alten Bundesländer nichts anderes als für das Beitrittsgebiet. Das Zugrundelegen der in der Gegend als regelmäßig anzusehenden Verhältnisse hat bei dem Kulturartenverhältnis seinen Grund darin, dass das Kulturartenverhältnis im Normalfall wesentlich von der Initiative des Betriebsleiters abhängt. Der Betriebsleitereinfluss darf sich nach § 36 Abs. 2 BewG aber auf die steuerliche Bewertung nicht auswirken. Nur wenn das Kulturartenverhältnis nicht vom Betriebsleiter abhängt, sondern durch die tatsächlichen Verhältnisse der Nutzung bestimmt wird (z. B. Lage an einem Flusslauf, die eine Nutzung als Acker nicht gestattet [Überschwemmungsgebiet]), dann sollen nach § 50 Abs. 2 BewG in Abweichung von dem Grundsatz des § 38 Abs. 2 Nr. 2 BewG die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend sein (Gürsching/Stenger, Bewertungsgesetz/Vermögensteuergesetz, Kommentar, § 50 BewG Anm. 16). In diesem Fall ist das tatsächliche Kulturartenverhältnis maßgebend, nicht das in den Wertzahlen der Schätzungsrahmen für Ackerland und Grünland unterstellte. Da § 50 BewG nach § 125 Abs. 4 BewG ohne Einschränkung auch für das Beitrittsgebiet gilt, muss insoweit, auch wenn die Bewertung in einem vereinfachten Verfahren erfolgt, ausnahmsweise doch auf die tatsächlichen Verhältnisse abgestellt werden. § 125 Abs. 4 Satz 2 BewG steht dem nicht entgegen, denn das Kulturartenverhältnis fällt nicht unter § 38 Abs. 2 Nr. 1 BewG.

    Bei dem Abstellen auf die tatsächlichen Verhältnisse, darf jedoch der Rechtsgedanke nicht außer Betracht bleibe, dass sich der Betriebsleitereinfluss nicht auf die steuerliche Bewertung auswirken darf. Das heißt für den Fall, dass Flächen nur deshalb Grünlandflächen sind, weil eine Nutzung als Ackerland wegen ihrer Lage in einem Überschwemmungsgebiet tatsächlich nicht möglich ist, dass ein Abstellen auf das tatsächliche Kulturartenverhältnis nur dann möglich ist, wenn und soweit diese Grünlandflächen den durchschnittlichen (gegendüblichen) Grünlandanteil in der jeweiligen Gemeinde übersteigen. Denn liegt die in einem Überschwemmungsgebiet belegene Grünlandfläche unter dem gegendüblichen Grünlandanteil, so unterliegt es weiterhin dem Einfluss des Betriebsleiters, ob und inwieweit der gegenübliche Grünlandanteil überschritten wird. Das will § 36 Abs. 2 BewG aber gerade vermeiden. Liegt die in einem Überschwemmungsgebiet belegene Grünlandfläche über den gegendüblichen Grünlandanteil, so ist diese Fläche als die für das Kulturartenverhältnis maßgebliche anzusehen. Darüber hinausgehende Grünlandflächen sind für die Berechnung des tatsächlichen Grünlandanteils nicht zu berücksichtigen, weil ihr Umfang wieder dem Einfluss des Betriebsleiters unterliegt.

    Für den Streitfall bedeutet dies, dass bezüglich der Gemeinden … und … bei denen der Kläger im Rahmen seiner Berechnung einen Grünlandanteil von 0 v.H. angesetzt hat, der vom Beklagten berücksichtigte gegendübliche Grünlandanteil anzusetzen ist. Zu diesen Gemeinden hat der Kläger keine Umstände vorgetragen, aus denen sich ergibt, warum das Kulturartenverhältnis seiner Einflussnahme entzogen sein sollte. Grünlandflächen hat der Kläger tatsächlich nur im Bereich der Gemeinden … und … Er hat für … einen tatsächlichen Grünlandanteil von 23,68 v.H. und für … von 22,50 v.H. ermittelt. Ein Ansatz dieser Grünlandanteile anstatt der gegendüblichen Grünlandanteile ist jedoch nicht möglich. Denn es konnte nicht festgestellt werden, dass die Nutzung als Grünland in vollem Umfang der Einflussnahme des Klägers entzogen ist. Dem mit Schriftsatz vom 28. Februar 2000 vorgelegten Schreiben des Landrates des Bördekreises vom 14. Februar 2000 und den dazugehörigen Karten ist zu entnehmen, dass ein Großteil der Grünlandflächen des Klägers nicht in einem Überschwemmungsgebiet belegen sind, d. h. insoweit unterliegt die Nutzung als Grünland dem Einfluss des Klägers. Mehrere Flächen werden als „überflutet”, als „geringfügig betroffen” oder als „Feuchtgebiet” bezeichnet. Da in dem Schreiben des Landrates und den Karten diese Flächen jedoch nicht mit Flur und Flurstücksnummer bezeichnet sind, konnte das Gericht nicht feststellen um welche Flächen es sich im Einzelnen handelt. Damit konnten auch nicht die Grünlandflächen ermittelt werden, hinsichtlich derer dem Kläger wegen ihrer Lage in einem Überschwemmungsgebiet keine andere Nutzung als Grünland möglich ist. Da der Kläger zu seinen Gunsten eine Abweichung von dem grundsätzlich anzusetzenden gegendüblichen Grünlandanteil begehrt, trägt er insoweit die Darlegungs- und Feststellungslast. Eine weitere Sachaufklärungspflicht des Gerichts besteht nicht, denn dem Kläger war bereits mit Auflagenbeschluss vom 09. Dezember 1999 aufgegeben worden, die in den Überschwemmungsgebieten belegenen Grundstücke zu bezeichnen. Er hätte damit zu den in dem Schreiben des Landrates mit „F1”, „F2”, etc. bezeichneten Teilflächen Flur und Flurstücksnummer angeben müssen. Dem ist er jedoch nicht nachgekommen.

    Ist damit vom Ansatz des gegenüblichen Grünlandanteils auszugehen, so ist die Berechnung des Ersatzwirtschaftswertes durch den Beklagten auch im Übrigen nicht zu beanstanden. Die angesetzten Zahlen sind anhand des Verzeichnisses der Bodenschätzungsergebnisse der Gemeinden (GEMDAT) nachzuvollziehen. Nicht nachvollziehbar sind dagegen die Zahlen, die der Kläger in seine Berechnung eingestellt hat.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –, die weiteren Nebenentscheidungen aus §§ 151 Abs. 1 FGO, 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung – ZPO –.

    VorschriftenBewG 1991 § 125 Abs. 4 S. 2, BewG 1991 § 50 Abs. 2, BewG § 125 Abs. 6 S. 2 Nr. 1 Buchst. a, BewG 1991 § 36 Abs. 2, BewG 1991 § 38 Abs. 2 Nr. 2, BewG 1991 § 126 Abs. 1 S. 1, GrStG