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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Sachsen-Anhalt: Urteil vom 07.09.1999 – I 439/96

    1. Eine aus Späneheizkessel, einzelnen Heizkörpern, Ventilen und Anschlussrohren bestehende Heizanlage einer Betriebshalle ist i. S. des § 94 Abs. 2 BGB zur Herstellung der Halle in den einzelnen Räumen eingeführt worden. Sie ist damit zum wesentlichen Bestandteil der Betriebshalle geworden; der Späneheizkessel folglich kein selbständiges Wirtschaftsgut.

    2. Dient die Späneheizungsanlage einer Tischlerei in erster Linie der Erwärmung aller Betriebsräume und daneben der im Bedarfsfall erhöhten Erwärmung des Lackier- und Trocknungsraumes sowie der Verfeuerung (und Entsorgung) der im Betrieb anfallenden Späne, so stellt sie keine Betriebsvorrichtung dar. Das Staatsziel des Umweltschutzes (Art. 20a GG) und die zu seiner Verwirklichung getroffenen Regelungen sind für die Abgrenzung zwischen Grundvermögen und Betriebsvorrichtung ohne Bedeutung.


    Im Namen des Volkes hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, I. Senat, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 07. September 1999 in der Besetzung mit

    dem Präsidenten des Finanzgericht ...;der als Vorsitzenden,

    der Richterin am Finanzgericht ...,

    der Richterin ...

    sowie

    dem ehrenamtlichen Richter ... und

    der ehrenamtlichen Richterin ...

    für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

    3. Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob für eine Späneheizung Investitionszulage zu gewähren ist.

    Der Kläger betreibt eine Tischlerei und stellt u. a. Hobfenster her.

    In seinem am 20. September 1994 beim Beklagten eingegangenen Antrag auf Investitionszulage für das Kalenderjahr 1993 begehrte der Kläger u. a. Investitionszulage für eine Späneheizung mit Anschaffungskosten in Höhe von 67.921 DM. Mit Bescheid vom 10. Mai 1995 setzte der Beklagte die Investitionszulage für das Kalenderjahr 1993 in Höhe von 14.931 DM unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Die Späneheizung sah er dabei als nicht zulagebegünstigt an, weil er davon ausging, dass es sich bei der Späneheizung um ein nicht zulagebegünstigten Gebäudebestandteil handele.

    Die Prozessbevollmächtigte legte hiergegen für den Kläger am 18. Mai 1995 Einspruch ein und führte nachfolgend aus, dass es sich bei der Heizung nicht um einen unselbständigen Gebäudebestandteil, sondern um eine Betriebsvorrichtung handele. Der Kläger habe eine speziell auf den Betrieb ausgerichtete Späneheizanlage angeschafft, die ausschließlich der Ausübung des betriebenen Gewerkes diene. In den Späneheizkessel würden die anfallenden Späne direkt eingeleitet und nach Bedarf verfeuert. Es handele sich somit nicht um Heizkörper oder ähnliche Heizungsanlagen, die im Gebäude installiert seien. Der Späneheizkessel könne nur durch die Verfeuerung der Holzspäne betrieben werden.

    Vor Ergehen der Einspruchsentscheidung besichtigten zwei Mitarbeiter des Beklagten den Späneheizkessel und führten in ihrem Bericht vom 25. Juni 1996 aus, dass der Späneheizkessel in Verbindung mit den Anschlussrohren und den Heizkörpern unmittelbar der Beheizung aller betrieblichen Räume diene. Mit Wärme versorgt würden nicht nur die Werkstatt, sondern auch die Büro- und Sozialräume.

    Mit Bescheid vom 20. August 1996 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und führte darin an, dass es sich bei der Späneheizung um einen Gebäudebestandteil im Sinne des § 94 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB – handele. Nur in Ausnahmefällen seien Heizungsanlagen als bewegliche Wirtschaftsgüter zulagebegünstigt, und zwar dann, wenn sie ganz oder überwiegend einem Betriebsvorgang dienten und damit zu den Betriebsvorrichtungen gerechnet werden könnten. Mit der Späneheizung werde jedoch das Gewerbe nicht unmittelbar betrieben. Die Späneheizung befinde sich im Betriebsgebäude und habe in erster Linie die Funktion, das Gebäude zu beheizen. Hinzu komme, dass es sich bei der zu beurteilenden Investition nicht nur um einen Späneheizkessel, sondern um verschiedene Bestandteile einer Heizungsanlage handele. Geliefert und installiert seien neben dem Späneheizkessel u. a. Heizungspumpen, Wasserspeicher, Ventile und Gewinderohre. Als abgerechnete Leistung weise die Rechnung die Heizungsinstallation in einer neuen Halle aus. Zwar diene der Späneheizkessel auch zugleich der Abfallverwertung der im Betrieb angefallenen Späne, jedoch werde dadurch die Späneheizung noch nicht zu einer Betriebsvorrichtung.

    Hiergegen hat der Kläger am 23. September 1996 Klage erhoben. Er ist weiterhin der Auffassung, dass es sich bei dem Späneheizkessel um eine Betriebsvorrichtung handele, weil der Späneheizkessel nur mit den im Betrieb anfallenden Holzspänen beheizt werden könne. Fielen in dem Unternehmen keine Holzspäne mehr an, müsste der Heizkessel durch einen anderen Heizkessel ersetzt werden. Im übrigen diene die Heizung auch dazu, in dem Lackierraum die erforderliche konstante Temperatur zu sichern. Die notwendige erhöhte Temperatur im Lackierraum sei durch die Installation mehrerer Heizkörper gesichert, die von ihrer Anzahl her für die normale Raumerwärmung überdimensioniert seien. Falls in den anderen betrieblichen Räumen eine Beheizung nicht erforderlich sei, würden die Heizventile der einzelnen Heizkörper in diesen Räumen zugedreht. Über den Heizkreislauf würde dann nur der Lackierraum erwärmt. Ansonsten würde übermäßige Wärme in den sonstigen Räumen durch Lüften entsorgt. Für den Lackierraum müsse während des gesamten Jahres Wärme erzeugt werden. Sowohl für den Lackiervorgang als auch für die Trocknung sei ganzjährig eine konstante Temperatur erforderlich.

    Der Kläger hat beantragt,

    abweichend von dem Bescheid vom 10. Mai 1995 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 20. August 1996 die Investitionszulage für 1993 um 13.584,20 DM erhöht auf 28.515 DM festzusetzen.

    Der Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte ist weiterhin der Ansicht, dass von keiner Betriebsvorrichtung auszugehen sei. Im Sommer 1996 während der Betriebsbesichtigung durch die zwei Mitarbeiter des Beklagten sei die Heizung nicht in Betrieb gewesen. In dem Betrieb des Klägers würden auch nicht Späne in einem derartig hohen Umfang entstehen, dass eine ganzjährige Verbrennung erforderlich sei; im Gegenteil, während der Besichtigung im Jahre 1996 sei die Menge des anfallenden Holzmaterials und der Späne nicht ausreichend gewesen, um den Heizkessel ganzjährig zu betreiben. Die Späne würden gesammelt, um sie im Bedarfsfalle zu verfeuern.

    Der Senat hat im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 03. November 1998 einen Auflagenbeschluss erlassen, auf den Bezug genommen wird. Der Kläger hat Berechnungsunterlagen für die Installation von Heizkörpern und Fotogranen des Lackierraumes und des Späneheizofens eingereicht, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

    Dem Senat hat die vom Beklagten für den Kläger geführte Investitionszulagenakte vorgelegen.

    Gründe

    Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet. Ein Anspruch auf Investitionszulage für die Späneheizung steht dem Kläger nicht zu.

    Nach § 2 des Investitionszulagengesetzes – InvZulG – wird Investitionszulage nur für die Anschaffung oder Herstellung von neuen beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gewährt, soweit diese bestimmte weitere Voraussetzungen erfüllen. Bei dem Späneheizkessel und der Heizungsanlage handelt es sich jedoch um keine beweglichen Wirtschaftsgüter.

    Bei der Auslegung des Begriffs „bewegliches Wirtschaftsgut” orientiert sich die Rechtsprechung am Einkommensteuerrecht (§ 6 Abs. 2 und 7 EStG), das seinerseits auf die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts über die wesentlichen Gebäudebestandteile und Scheinbestandteile (§§ 93 ff BGB) und auf das Bewertungsrecht über die Betriebsvorrichtungen (§ 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG) zurückgreift (Urteil des Bundesfinanzhofes – BFH – vom 10. Juni 1988 III R 65/84, BStBl II 1988, 847; vom 23. September 1988 III R 67/84, BStBl II 1989, 113).

    Der Späneheizkessel ist kein selbständiges Wirtschaftsgut, sondern Teil der aus den einzelnen Heizkörpern, Ventilen und Anschlussrohren bestehenden Heizungsanlage (vgl. Urteil des BFH vom 20. März 1975 IV R 16/72, BStBl II 1975, 689 [690] zur Selbständigkeit von Lufterhitzern). Diese Heizungsanlage ist im Sinne des § 94 Abs. 2 BGB zur Herstellung der Betriebshalle in den einzelnen Räumen eingefügt worden. Sie ist damit zum wesentlichen Bestandteil der Betriebshalle geworden.

    Zur Herstellung eines Gebäudes werden nicht nur die Baustoffe verwendet, sondern auch diejenigen Gegenstände, deren Einfügung dem Gebäude erst eine besondere Eigenart gibt. Ob diese Voraussetzung vorliegt, beurteilt sich nach der Verkehrsanschauung, die für das betreffende Gebäude nach dessen Wesen, Zweck und Beschaffenheit besteht (Urteil des Bundesgerichtshofes vom 10. Juli 1987, Der Betrieb 1987, 2636). Eine Produktionshalle, in der Arbeitnehmer beschäftigt werden sollen, muss nach der Verkehrsanschauung beheizbar sein. Die einzelnen Heizkörper, die in dem Spritzraum in größerer Zahl installiert wurden als in den anderen Räumen, stellen mit dem Späneheizofen eine einheitliche Heizungsanlage dar, die auch die Funktion der Raumbeheizung übernimmt. Erst durch den Einbau dieser Heizungsanlage wurde die Produktionshalle nutzungsfähig. Damit gibt die Heizungsanlage der Halle erst ihre besondere Eigenart als Werkshalle. Der Annahme, dass die Heizungsanlage in das Gebäude eingefügt wurde, steht nicht entgegen, dass der Späneheizkessel jederzeit demontiert werden könnte. Eingefügt im Sinne des § 94 Abs. 2 BGB ist eine Sache nicht erst dann, wenn eine feste Verbindung mit dem Gebäude hergestellt worden ist. Im Gegensatz zu der Regelung in § 94 Abs. 1 BGB ist eine feste Verbindung mit dem Gebäude nicht erforderlich, um eine Sache als eingefügt anzusehen (Holch in Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, § 94 Rdnr. 14). Entscheidend ist nicht die technische Verbindung, sondern der Zweck, den die Heizungsanlage in der Produktionshalle erfüllt.

    Die Heizungsanlage ist auch kein bloßer Scheinbestandteil. Dies wäre nach § 95 Abs. 2 BGB der Fall, wenn die Heizungsanlage nur zu einem vorübergehenden Zweck in die Produktionshalle eingefügt worden wäre. Dafür aber besteht kein Anhaltspunkt. Eine Verbindung erfolgt nur dann zu einem vorübergehenden Zweck, wenn ihre spätere Wiederaufhebung von Anfang an beabsichtigt war. Der Kläger hat hierzu nichts vorgetragen.

    Schließlich handelt es sich bei der Heizungsanlage auch um keine Betriebsvorrichtung. Nach § 68 Abs. 2 Nr. 2 Bewertungsgesetz – BewG – sind Betriebsvorrichtungen Maschinen und sonstige Vorrichtungen, die zu einer Betriebsanlage gehören. Aus dem Erfordernis der Zugehörigkeit „zu einer Betriebsanlage” folgert die Rechtsprechung, dass der Begriff der Betriebsvorrichtung Gegenstände voraussetzt, durch die das Gewerbe unmittelbar betrieben wird. Zwischen der Betriebsvorrichtung und dem Betriebsablauf muss ein ähnlich enger Zusammenhang bestehen, wie er üblicherweise bei Maschinen gegeben ist. Es reicht nicht aus, wenn eine Anlage für einen Gewerbebetrieb lediglich nützlich oder notwendig oder sogar gewerbepolizeilich vorgeschrieben ist (vgl. Urteil des BFH vom 11. Dezember 1991 II R 14/89, BStBl II 1992, 278; vom 23. März 1990 III R 63/87, BStBl II 1990, 751). Derartige Betriebsvorrichtungen sind nach § 68 Abs. 2 BewG nicht in das Grundvermögen einzubeziehen mit der Folge, dass es sich um eigenständige bewegliche Wirtschaftsgüter handelt.

    Heizungsanlagen können danach nur dann zu den Betriebsvorrichtungen gehören, wenn sie überwiegend zu betrieblichen Zwecken, d. h. im Rahmen einer unternehmerischen Tätigkeit als Teil der Fabrikation oder angebotenen Dienstleistung eingesetzt werden, wenn sie also für den Betriebsablauf unentbehrlich sind (Urteil des FG Münster vom 18. Oktober 1994 15 K 3984/90 U,Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 1995, 185; Rössler/Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 17. Aufl., § 68 BewG Anmerkung 122).

    Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Heizung dient in erster Linie der Erwärmung aller Betriebsräume und steht damit in unmittelbarem Funktionszusammenhang mit dem Gebäude. Bezug zu dem Betrieb des Klägers hat sie nur in zweierlei Hinsicht, durch die im Bedarfsfall erhöhte Erwärmung des Lackier- und Trocknungsraumes und durch die Verfeuerung der Holzspäne. Durch die Installation zusätzlicher Heizkörper in dem Lackier- und Trocknungsraum wird es zwar möglich, diesen Raum über das für den Aufenthalt von Menschen Erförderliche hinaus zu erwärmen, doch wird allein durch diese für nur einen Raum geschaffene Möglichkeit die Heizungsanlage noch nicht zur Betriebsvorrichtung, weil ihre Beziehung zum Gebäude viel enger und unmittelbarer ist als zum Betrieb der Tischlerei (vgl. Bundesfinanzhof, Urteil vom 17. Mai 1968, VI R 59/67, BStBl. II 1968, 565). Die Entsorgung der Holzspäne dient dagegen dem Betrieb des Klägers, doch gehört die Beseitigung des Abfalls nicht unmittelbar zu dem Produktionsvorgang. Zwar müsste der Kläger die Holzspäne anderenfalls zu einer Mülldeponie bringen und die damit verbundenen Kosten mögen die Anschaffung des Späneofens wirtschaftlich gerechtfertigt haben, doch wird durch die Vermeidung der bisher üblichen Abfallbeseitigung die Verfeuerung der Späne noch nicht zu einem Teil des Produktionsvorgangs. Der Späneofen dient nicht nur der Entsorgung der Holzabfälle und Späne, sondern gleichermaßen der Erzeugung von Wärme, die sonst durch Einsatz anderer Energien erzeugt werden müsste. Die Beseitigung der Holzspäne ist danach nur ein kostengünstiger Nebeneffekt, der die Heizungsanlage nicht zu einer Betriebsvorrichtung macht.

    Der gegenteiligen Auffassung des Thüringer Finanzgerichts (Urteil vom 15. Mai 1997 II 260/96, EFG 1997 S. 1205, Rev. eingelegt – Az. des BFH: III R 48/97) kann sich der Senat nicht anschließen. Zunächst ist festzuhalten, dass das Finanzgericht Thüringen über einen abweichenden Sachverhalt zu entscheiden hatte. In jenem Fall war nach den Feststellungen des Gerichts für den Betriebsablauf die tägliche Abfallbeseitigung erforderlich, was für den Betrieb des Klägers nicht gilt, wie schon die Tatsache zeigt, dass bei der Besichtigung des Betriebes durch Mitarbeiter des Beklagten der Späneofen kalt war. Im übrigen stützt das Thüringer Finanzgericht seine Auffassung im wesentlichen auf eine verfassungskonforme Auslegung des § 68 BewG im Hinblick auf Art 20a GG. Dabei wird jedoch übersehen, dass das Staatsziel des Umweltschutzes und die zu seiner Verwirklichung getroffenen Regelungen für die Abgrenzung zwischen Grundvermögen und Betriebsvorrichtung ohne Bedeutung sind. Das Ziel des Umweltschutzes mag Bestimmungen erforderlich machen, die von dem Betrieb ein bestimmtes Verhalten verlangen, und es kann andererseits bestimmte Verhaltensweisen wünschenswert erscheinen lassen, doch ergibt sich daraus kein Anhaltspunkt für die entscheidende Frage, ob der jeweilige Vorgang nach Art einer Maschine unmittelbar dem Betriebszweck dient.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Revision war im Hinblick auf die Entscheidung des Thüringer Finanzgerichts vom 17. Mai 1997 (a.a.O.) wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

    VorschriftenBewG § 68 Abs 2 Satz 1 Nr 2, BGB § 94 Abs 2, GG Art 20a, InvZulG § 2