08.01.2010
Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 06.06.2002 – 3 K 2440/98
1. Aufwendungen für das Handelsblatt sind regelmäßig nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen.
2. Das „Handelsblatt” ist vor dem Hintergrund des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG grundsätzlich dem Bereich der (typischen) Tageszeitungen zuzuordnen.
3. Das Lesen einer örtlichen Tageszeitung zur Befriedigung der privaten Informationsbedürfnisse vermag die private Mitveranlassung für den Bezug einer anderen Tageszeitung nicht auszuschließen.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Aufwendungen für den Bezug des „Handelsblatt” als Kosten der allgemeinen Lebensführung vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen sind. Dem Rechtsstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger erzielte im Streitjahr 1996 als Regionaldirektor der X -Sparkasse…Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Bruttoarbeitslohn: xxx.xxx ,-- DM). Für diesen Zeitraum wurde er - wegen…- vom Beklagten (dem Finanzamt) einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. In seiner Einkommensteuererklärung 1996 machte er bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit eine Reihe unterschiedlicher Aufwendungen als Werbungskosten geltend, u.a. für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, für den Umzug an seinen Arbeitsort (Einrichtung und Renovierung der neuen Wohnung), für den Besuch eines Seminars für „Farb- und Stilberatung” sowie für Fachliteratur in Höhe von insgesamt x.xxx,-- DM, darunter den Betrag von xxx,-- DM für den Bezug des „Handelsblatt”. Außerdem beantragte er, Telefonkosten, die ihm im Zusammenhang mit der Ehescheidung entstanden waren, als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
Das Finanzamt ließ die Aufwendungen für den Bezug des „Handelsblatt” nicht zum Werbungskostenabzug zu. Ebenso ließ es die anderen vorgenannten Aufwendungen ganz bzw. teilweise unberücksichtigt und setzte die Einkommens-teuer entsprechend fest (Einkommensteuerbescheid vom 14.10.1997).
Mit dem hiergegen gerichteten Einspruch erhob der Kläger Einwendungen im Wesentlichen wegen der folgenden Punkte: Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz, Bezug des „Handelsblatt” und Telefonkosten im Rahmen der Scheidung. Zu dem Streitpunkt „Handelsblatt” machte er Folgendes geltend: Das „Handelsblatt” stelle für ihn eine Fachzeitung dar, da es sich um eine Publikation zu Themen des Wirtschafts-, Steuer- und Finanzbereichs handele. Es gehöre zu seinen beruflichen Aufgaben, mittelständische Unternehmen und vermögende Privatkunden intensiv zu beraten. Dazu benötige er aktuelle Informationen über die weltweiten Geld- und Kapitalmärkte. Außerdem brauche er zeitnahe Informationen über Fragen der Geld-, Wirtschafts-, Währungs- und Steuerpolitik sowie Nachrichten über steuersparende Geldanlagen. Wichtig seien für ihn darüber hinaus Erkenntnisse über die konjunkturelle Entwicklung in der gesamten Weltwirtschaft sowie über die Risiken und Chancen in einzelnen Branchen. All dies vermittele ihm die regelmäßige Lektüre des „Handelsblatt”.
Das Finanzamt half dem Einspruch insoweit ab, als es die geltend gemachten Telefonkosten teilweise bei den außergewöhnlichen Belastungen berücksichtigte. Bzgl. der Streitpunkte „Fahren zwischen Wohnung und Arbeitsplatz” sowie „Handelsblatt” wies es den Einspruch als unbegründet zurück. Zu dem Punkt „Handelsblatt” begründete es seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt: Durch den Bezug des „Handelsblatt” sei die private Lebensführung des Klägers berührt. Weil die private Mitbenutzung dieser Zeitung nicht von ganz untergeordneter Bedeutung sei, greife das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ein. Zwar sei der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 12.11.1982 VI R 193/79 (Der Betrieb - DB - 1983, 372) davon ausgegangen, dass der objektive Charakter des „Handelsblatt” - wie der eines Fachbuches oder einer Fachzeitschrift - für seine berufliche Nutzung im wirtschaftlichen Bereich spreche und dass deshalb bei einem auf dem Gebiet der Steuer- und Wirtschaftsberatung tätigen Diplom-Kaufmann der Bezug dieser Zeitung nahezu ausschließlich beruflich veranlasst sei. Für die Tätigkeit eines Bankkaufmanns - wie hier im Falle des Klägers - treffe die vorstehende Annahme des BFH jedoch nicht zu. Im Übrigen befasse sich das „Handelsblatt” nicht nur mit Wirtschaftsfragen, sondern auch mit Bereichen der Kommunal-, Bildungs-, Sozial- und Rechtspolitik. Diese Veröffentlichungen hätten keinen unmittelbaren Bezug zu der Tätigkeit des Klägers als Bankkaufmann. Die Tatsache, dass der Kläger sich politisch auf dem Laufenden halte und die konjunkturelle Entwicklung beobachte, rechtfertige einen Werbungskostenabzug nicht, zumal die Beratungstätigkeit des Klägers sich nicht mit der eines Wirtschafts- und Steuerberaters vergleichen lasse (Einspruchsentscheidung vom 27.02.1998).
Mit der Klage hat der Kläger - nunmehr vertreten durch den Prozessbevollmächtigten - sein Rechtschutzbegehren bzgl. der Punkte „Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte” und „Handelsblatt” weiterverfolgt. Im Hinblick auf das Klagevorbringen zu dem erstgenannten Streitpunkt hat das Finanzamt durch Änderungsbescheid vom 28.07.1998 dem Klagebegehren teilweise entsprochen. Der Kläger hat daraufhin den Änderungsbescheid zum Gegenstand des Verfahrens gemacht (Schreiben vom 30.07.1998). Zu dem verbliebenen Streitpunkt „Handelsblatt” trägt er - ergänzend zu seinem Vorbringen im Einspruchsverfahren - Folgendes vor:
Er erwerbe und lese das „Handelsblatt” ausschließlich aus beruflichen Gründen. Es handele sich hierbei um keine typische Tageszeitung. So fehle es an einem auf seinen Wohnort abgestimmten Regionalteil und an einem nennenswerten Sportteil sowie an weiteren Rubriken, die für eine Tageszeitung herkömmlicher Art typisch seien (z.B.: Feuilleton, Witz- und Rätselseiten, Wochenendjournale, Krimeseiten, Anzeigenmarkt für Immobilien, private Kleinanzeigen). Außerdem habe das „Handelsblatt” eine ganz andere Leserstruktur als eine normale Tageszeitung. Es erscheine nur arbeits- bzw. börsentäglich und nicht - wie andere Tageszeitungen - an Wochenenden. Und es wende sich an einen Leserkreis, der nicht regional begrenzt sei. Die vorstehend genannten Feststellungen habe auch der BFH in seiner Entscheidung in DB 1983, 372 getroffen.
Er, der Kläger, sei als Regionaldirektor der X - Sparkasse…auf die im „Handelsblatt” enthaltenen Wirtschaftsinformationen angewiesen. Die Lektüre des „Handelsblatt” diene daher ausschließlich seinen beruflichen Aufgabenfeldern. Die Annahme des Finanzamts, er dürfe die Kunden nur nach hausinternen Weisungen und Informationen beraten, sei unzutreffend.
Für die Befriedigung seiner allgemeinen privaten Informationsbedürfnisse habe er die Zeitung „Frankfurter Neue Presse” abonniert. Diese Zeitung erscheine täglich von Montag bis Samstag und verfüge über einen ausführlichen Sportteil, einen Regionalteil, ein Feuilleton, eine Rätselecke, einen Wetterbericht sowie einen vielfältigen Anzeigenteil. Er hätte das „Handelsblatt” nie für seine privaten Informationsbedürfnisse bezogen. Vielmehr habe er diese Zeitung ausschließlich als Pflichtlektüre aufgrund seiner beruflichen Stellung angesehen.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 1996 vom 14.10.1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.02.1998 sowie des Änderungsbescheids vom 28.07.1998 in der Weise zu ändern, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosen in Höhe von xxx,-- DM berücksichtigt werden.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt es noch Folgendes vor: Die Aufwendungen für den Bezug des „Handelsblatt” wären nur dann als Werbungskosten anzuerkennen, wenn sie wegen der besonderen Umstände des Einzelfalles nahezu ausschließlich beruflich veranlasst gewesen seien. Diese Voraussetzungen habe der Kläger nicht dargelegt. Es werde zwar nicht bestritten, dass das „Handelsblatt” Themen beinhalte, die für die berufliche Tätigkeit des Klägers nützlich sein könnten. Überwiegend würden hier jedoch übergreifende Themen angesprochen, die keinen unmittelbaren Bezug zur Tätigkeit des Klägers hätten. Die Tatsache, dass der Kläger sich politisch auf dem Laufenden halte und die konjunkturelle Entwicklung beobachte, bringe seine gesellschaftliche Stellung mit sich, rechtfertige jedoch keinen Werbungskostenabzug.
Der Vorsitzende des Senats hat Termin zur mündlichen Verhandlung auf Donnerstag, den 06.06.2002, bestimmt. Die entsprechende Ladung ist dem Prozess-bevollmächtigten des Klägers am 02.05.2002 zugestellt worden. Mit Schreiben vom 16.05.2002 hat der Prozessbevollmächtigten beantragt, die mündliche Verhandlung gemäß § 91a der Finanzgerichtsordnung (FGO) per Videokonferenz durchzuführen und die Terminsladung entsprechend abzuändern. Als Übertragungsort sollte die Dienststelle…in…vorgesehen werden. Mit Schreiben vom 21.05.2002 hat sich der Prozessbevollmächtigte außerdem nochmals zur Sache geäußert und hierbei den Antrag gestellt, zum Beweis für das betreffende Vorbringen den Kläger als Partei zu vernehmen.
Mit Verfügung vom 27.05.2002 hat der Vorsitzende dem Prozessbevollmächtigten auf die letztgenannten Schreiben wörtlich Folgendes mitgeteilt: „Entsprechend Ihrem Antrag kann dem Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung Gelegenheit gegeben werden, sich zu dem streitigen Sachverhalt zu äußern. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens ist jedoch nicht vorgesehen. - Damit der Senat sich einen unmittelbaren Eindruck von der Aussage des Klägers machen kann, erscheint es zweckmäßig, die mündliche Verhandlung nicht per Videokonferenz (§ 91a FGO) durchzuführen. Ihrem diesbezüglichen Antrag kann daher nicht entsprochen werden.”
Daraufhin hat der Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 03.06.2002 gegen die ablehnende Entscheidung des Vorsitzenden über den Antrag auf Durchführung einer Videokonferenz Beschwerde eingelegt. Gleichzeitig hat er den Vor-sitzenden Richter…wegen Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Ablehnung einer Videokonferenz stelle eine Schikane dar. Des Weiteren hat er beantragt, den Termin zur mündlichen Verhandlung aufzuheben und einen neuen Termin mit der Möglichkeit einer Videokonferenz zu bestimmen. Hierzu hat er - sinngemäß - ergänzend ausgeführt, mit der erneuten Terminsbestimmung sei so lange zu warten, bis der BFH über die dort anhängige Beschwerde (wegen Akteneinsicht in seinem Büro) entschieden habe.
Der letztgenannten Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit Verfügung vom 28.03.2002 hat der Berichterstatter des Senats dem Prozessbevollmächtigten mitgeteilt, dass am 06.06.2002 ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattfinden soll. Darauf hat der Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 04.04.2002 darum gebeten, ihm die Akten zur Einsichtnahme in sein Büro zu übersenden. Der Berichterstatter hat hierzu darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des BFH ein Prozessbevollmächtigter grundsätzlich keinen Anspruch auf Übersendung der Akten in sein Büro habe und dass deswegen die Akten allenfalls bei einer Behörde oder einem Gericht eingesehen werden könnten (Verfügung vom 08.04.2002). Hierauf hat der Prozessbevollmächtigte darum gebeten, ihm die Akten in sein Büro, hilfsweise an das Amtsgericht…zu übersenden. Gleichzeitig hat er mitgeteilt, er lege „ansonsten” gegen die Ablehnung der Aktenübersendung in sein Büro Beschwerde ein (Schreiben vom 23.04.2002). Die Senatsgeschäftsstelle hat sodann auf Anweisung des Berichterstatters die Akten an das Amtsgericht…gesandt. Der Prozessbevollmächtigte hat dort am 13.05.2002 Einsicht in die Akten genommen. Mit Schreiben vom 16.05.2002 hat er dann seine „Beschwerde vom 23.04. 2002” näher begründet. Der Senat hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem BFH vorgelegt.
Außerdem hat der Senat den Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter…als unzulässig behandelt und die mündliche Verhandlung in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung durchgeführt. Zuvor hatte der Vorsitzende dem Prozessbevollmächtigten mitgeteilt, dass der Antrag auf Aufhebung des Termins abgelehnt werde (Verfügung vom 05.06.2002). Im Verhandlungstermin am 06.06. 2002 ist weder der Kläger persönlich noch der Prozessbevollmächtigte erschienen.
Die den Streitfall betreffenden Akten des Finanzamts waren Gegenstand des Verfahren.
Gründe
I.
1. Durch die Tatsache, dass der Kläger, vertreten durch den Prozessbevollmächtigten, wegen der Entscheidungen des Berichterstatters bzw. des Vorsitzenden betreffend Akteneinsicht sowie betreffend Durchführung der mündlichen Verhandlung per Videokonferenz jeweils Beschwerde eingelegt hat, war der Senat nicht gehindert, abschließend zur Sache zu entscheiden. Denn die Beschwerden haben, wie sich aus § 131 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ergibt, keine aufschiebende Wirkung. Im übrigen betrifft die letztgenannte Beschwerde eine prozessleitende Verfügung des Vorsitzenden und ist daher nach § 128 Abs. 2 FGO unstatthaft (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 91a Anm. 4).
2. Der Senat war auch nicht durch das gegen den Vorsitzenden Richter…gerichtete Ablehnungsgesuch gehindert, in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung zu entscheiden. Dabei war er nicht gehalten, eine dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters einzuholen und gesondert über das Ablehnungsgesuch zu entscheiden. Denn der Antrag des Prozessbevollmächtigten, den Vorsitzenden Richter…wegen Befangenheit abzulehnen, ist rechtsmissbräuchlich.
Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 42 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Der Ablehnungsgrund ist nach § 44 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen. Das Ablehnungsgesuch muss insofern eine substantiierte und nachvollziehbare Darlegung des Ablehnungsgrundes enthalten. Insbesondere darf die Richterablehnung nicht rechtsmissbräuchlich sein. Fehlt es ganz offensichtlich an den vorgenannten Zulässigkeitsvoraussetzungen für das Ablehnungsgesuch, kann das Gericht hierüber im Rahmen des Urteils entscheiden. In diesem Falle ist es nicht verpflichtet, gemäß § 44 Abs. 3 ZPO eine dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters einzuholen sowie gemäß § 45 Abs. 1 und § 46 Abs. 1 ZPO eine gesonderte Entscheidung (ohne Mitwirkung des abgelehnten Richters) zu treffen (vgl. Gräber/Koch, a.a.O., § 51 Anm. 32 ff. und
67 ff.).
Das Ablehnungsrecht darf nicht zu verfahrensfremden Zwecken eingesetzt werden. So widerspricht es dem Sinn und Zweck des Ablehnungsrechts, wenn es dazu dienen soll, Druck auf das Gericht auszuüben, etwa über Anträge in einer bestimmten Reihenfolge zu entscheiden oder sogar eine Entscheidung in dem von dem Beteiligten gewünschten Sinne zu treffen. Ablehnungsgesuche, die einen derartigen Inhalt haben, sind rechtsmissbräuchlich (vgl. BFH-Beschluss vom 18.10.1994 VIII B 120/93, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFH-NV - 1995, 687; Gräber/Koch, a.a.O., § 51 Anm. 40).
Das gegen den Vorsitzenden Richter…gerichtete Ablehnungsgesuch ist rechtsmissbräuchlich in dem vorgenannten Sinne. Dem Prozessbevollmächtigten geht es ganz offenkundig nur darum, den Senat dazu zu zwingen, die mündliche Verhandlung per Videokonferenz durchzuführen. Dies belegen folgende Umstände: Zum einen hat der Prozessbevollmächtigte sein Ablehnungsgesuch mit der (nicht zulässigen) Beschwerde gegen die Entscheidung verbunden, durch die der Vorsitzende die Abhaltung einer Videokonferenz abgelehnt hat. Zum anderen hat er sich mit den Gründen, die der Vorsitzende für seine ablehnende Entscheidung angeführt hat, inhaltlich überhaupt nicht auseinandergesetzt, sondern lediglich die Behauptung aufgestellt, die Ablehnung stelle eine „Schikane” dar und sei ermessensfehlerhaft.
Im übrigen fehlt es an der notwendigen Darlegung des Ablehnungsgrundes. Den vorgenannten Ausführungen des Prozessbevollmächtigten sind nämlich keine substantiierten und nachvollziehbaren Angaben darüber zu entnehmen, dass aufgrund bestimmter, konkreter Tatsachen die Befürchtung gerechtfertigt ist, der abgelehnte Richter werde nicht unvoreingenommen in der Sache entscheiden. Schlagworte wie „Schikane” und „ermessensfehlerhaft” können die genannten Mindestanforderungen an den Inhalt eines Ablehnungsgesuchs nicht erfüllen.
II.
Die Klage ist unbegründet.
1. Das Finanzamt hat es zu Recht abgelehnt, die streitigen Aufwendungen für den Bezug des „Handelsblatt” als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.
Nach der Rechtsprechung des BFH liegen Werbungskosten - über den unmittelbaren Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG hinaus - vor, wenn zwischen den betreffenden Aufwendungen und der jeweiligen Einkunftsart (ähnlich dem Betriebsausgabenbegriff) ein Veranlassungszusammenhang besteht (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 04.07.1990 GrS 2-3/88, BStBl II 1990, 817, 823). Allerdings sind nach § 12 Nr. 1 EStG Aufwendungen für die Lebensführung vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen und zwar selbst dann, wenn sie den Beruf des Steuerpflichtigen fördern. Die Vorschrift des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG verbietet zur Wahrung der steuerlichen Gerechtigkeit die Aufteilung und damit den Abzug von Aufwendungen, die sowohl der Lebensführung dienen als auch die berufliche Tätigkeit fördern. Dieses Aufteilungs- und Abzugsverbot ist nur dann nicht anzuwenden, wenn die private Veranlassung von ganz untergeordneter Bedeutung ist oder wenn und soweit sich der die berufliche Tätigkeit fördernde Teil der Aufwendungen nach objektiven Maßstäben mit Sicherheit, zutreffend und in leicht nachvollziehbarer Weise abgrenzen lässt (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 19.10.1970 GrS 2/70, BStBl II 1971, 17).
Bei der Prüfung, ob die Anschaffung eines Wirtschaftsguts beruflich veranlasst ist, muss grundsätzlich auf die Zweckbestimmung im Einzelfall abgestellt werden. Allerdings spielt dabei auch der objektive Charakter des Wirtschaftsguts eine große Rolle. Handelt es sich um ein Wirtschaftsgut, bei dem nicht ohne Weiteres nachprüfbar oder nicht klar erkennbar ist, in welchem Umfang es dem Beruf oder den privaten Interessen des Steuerpflichtigen dient, dürfen die für das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG maßgebenden Gerechtigkeitserwägungen nicht außer Acht gelassen werden (vgl. BFH-Beschluss in BStBl II 1971, 17; BFH-Urteil vom 16.10.1981 VI R 180/79, BStBl II 1982, 67).
Entsprechend den vorstehenden Grundsätzen hat der BFH in ständiger Rechtsprechung Aufwendungen für den Bezug von Tageszeitungen nicht zum Be-triebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzug zugelassen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz hat er nur unter der Voraussetzung in Betracht gezogen, dass eine ausschließliche berufliche Verwendung der Zeitung nach den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalles als sicher erscheint (vgl. Urteile vom 05.04.1962 IV 127/60 U, BStBl III 1962, 368; vom 30.06.1983 IV R 2/81, BStBl II 1983, 715, und vom 07.09.1989 IV R 128/88, BStBl II 1990, 19).
So hat der IV. Senat des BFH Aufwendungen für den Bezug der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung” durch eine gewerblich tätige Personengesellschaft nicht zum Betriebsausgabenabzug zugelassen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Es sei zwar zutreffend, dass diese Zeitung einem Gewerbe-treibenden die für ihn notwendigen Wirtschaftsinformationen vermittele. Gleichwohl könne nicht verkannt werden, dass die „Frankfurter Allgemeine Zeitung” - zumindest in einem nicht unerheblichen Umfang - auch private Interessen befriedigen soll. Auf den Unterschied zu einer Tageszeitung mit örtlich begrenztem Verbreitungsgebiet komme es nicht an. Auch die Tatsache, dass die an der Gesellschaft beteiligten Personen für ihren privaten Bereich noch örtliche Tageszeitungen bezogen hätten, sei unerheblich. Denn beim Bezug mehrer Tageszeitungen könne nicht davon ausgegangen werden, dass zumindest eine von diesen Zeitungen überwiegend aus betrieblicher Veranlassung bezogen würde. Etwas Anderes könne nur dann gelten, wenn ein Steuerpflichtiger die selbe Zeitung zweifach - nämlich einmal für seine Wohnung und einmal für seinen Betrieb (etwa zum Lesen für seine Kunden oder seine Arbeitnehmer - beziehe. In diesem Falle läge die ganz überwiegende betriebliche Veranlassung auf der Hand (BFH BStBl II 1983, 715).
Des Weiteren hat der IV. Senat des BFH entschieden, dass ein Kulturkritiker, der mehrere überregionale Tageszeitungen und Wochenzeitschriften bezogen hatte, seine diesbezüglichen Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben abziehen durfte. Es handelte sich dabei um die Tageszeitungen „Frankfurter Allgemeine Zeitung”, „Frankfurter Rundschau” und „Süddeutsche Zeitung” sowie um die Zeitschriften „Spiegel” und „Die Zeit”. Hierzu hat der IV. Senat des BFH im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Es dürfe nicht unterstellt werden, der Kläger befriedige seine privaten Informationsbedürfnisse ausschließlich aus den beiden (vom ihm ebenfalls gehaltenen) regionalen Tageszeitungen und nutze die überregionalen Zeitungen ausschließlich oder so gut wie ausschließlich für seine beruflichen Zwecke. Denn es sei zu bedenken, dass zahlreiche Steuerpflichtige auch ohne jeden beruflichen oder betrieblichen Bezug ständig mehrere Tageszeitungen und daneben auch Wochenzeitungen bezögen. Insbesondere würden sich viele Steuerpflichtige aus einer regionalen und zusätzlich aus einer überregionalen Zeitung informieren. Der Bezug mehrerer Tageszeitungen diene dann sowohl dem Zweck einer besonders umfassenden Information als auch der Möglichkeit, unterschiedliche Wertungen der Tagesereignisse in Form von Kommentaren und Glossen zu erfahren. Es entspreche auch nicht der Lebenserfahrung, dass beim Bezug verschiedener Tageszeitungen die allgemeinen Informationen nur aus der einen und die berufsbezogenen Informationen nur aus der anderen Zeitung bezogen würden (BFH BStBl II 1990, 18).
Allerdings hat der VI. Senat des BFH in seinem Urteil in DB 1983, 372 entschieden, dass Aufwendungen für den Bezug der Zeitung „Handelsblatt” als Betriebsausgaben abgezogen werden können von einem Steuerpflichtigen, der als Diplom-Kaufmann in einer Rechtsanwalts-, Steuerbratungs-, Unternehmungsberatungs- und Wirtschaftsprüfungspraxis beschäftigt ist und dort Mandanten steuerlich und wirtschaftlich zu beraten hat. Zur Begründung hat er u.a. ausgeführt: Bei der Zeitung „Handelsblatt” handele es sich nicht um eine typische Tageszeitung. Das „Handelsblatt” unterscheide sich von einer typischen Tageszeitung schon dadurch, dass es nur an reinen Arbeitstagen, also börsen-täglich, erscheine. Vor allem sei es inhaltlich nicht mit typischen Tageszeitungen vergleichbar, weil es keine lokalen Nachrichten sowie regelmäßig keinen Sportteil und kein Feuilleton enthalte. Anders als bei sonstigen Tageszeitungen befasse sich der ganz überwiegende Inhalt des „Handelsblatt” mit Wirtschaftsfragen. Aus dem objektiven Charakter dieser Zeitung lasse sich deshalb nicht die Vermutung ableiten, sie sei (auch) aus Gründen der Lebenshaltung angeschafft worden. Vielmehr spreche der objektive Charakter dafür, dass das „Handelsblatt” aus beruflichen Gründen bezogen und benutzt werde. Diese Zeitung sei eher wie eine Fachzeitschrift zu beurteilen (Urteil in DB 1983, 372).
Die vorgenannte Entscheidung des VI. Senats des BFH hat im Schrifttum Kritik erfahren. Hierzu wird (bezogen auf die Jahre 1982 und 1983) u.a. angemerkt: Es sei offensichtlich übersehen worden, dass sich das „Handelsblatt” seit einigen Jahren bemühe, die laufende Berichterstattung nicht auf den wirtschaftlichen Bereich zu beschränken, sondern insbesondere den wirtschaftspolitischen Teil auszubauen. Darüber hinaus trete das „Handelsblatt” durch Feuilletonbeiträge und Reiseberichterstattungen mit „typischen” Tageszeitungen in Konkurrenz. Schließlich könne es auch nicht darauf ankommen, dass es an einem Lokalteil fehle. Denn andernfalls würde auch die „Frankfurter Allgemeine” - von der Frankfurter Ausgabe abgesehen - nicht die Merkmale einer „typischen” Tageszeitung erfüllen (vgl. Friedemann in Steuerliche Anmerkungen in Karteiform - StAK - R. 3 zu § 9 Abs. 1 Nr. 6 EStG 1975).
Der erkennende Senat hält die vorstehende Kritik - auch aus heutiger Sicht - für berechtigt. An dem Charakter des „Handelsblatt” als Wirtschaftszeitung mit Merkmalen einer „typischen” Tageszeitung hat sich während der letzten 20 Jahre dem Grunde nach nichts geändert. Wie allgemein bekannt, enthält das „Handelsblatt” regelmäßig u.a. Beiträge zur Innen- und Außenpolitik, Sportnachrichten, Artikel zu kulturellen Themen, Informationen über den Kunstmarkt und einen Service über das Wetter in wirtschaftlich wichtigen Weltregionen. Zwar haben die vorgenannten Teile gegenüber den verschiedenen Wirtschaftssparten einen verhältnismäßig geringen Umfang. Jedoch ist das Gewicht dieser allgemein interessierenden Teile aus Sicht des erkennenden Senats nicht derart geringfügig, dass deswegen im Sinne der vorgenannten Rechtsprechungsgrundsätze zu § 12 Nr. 1 EStG von einer zu vernachlässigenden Größe ausgegangen werden könnte. Denn die betreffenden Teile des „Handelsblatt” bieten dem Leser durchaus die Möglichkeit, in Ergänzung zu anderen Medien sich zu wichtigen Tagesereignissen ein umfassendes Bild zu machen und bei der politischen Bewertung der einzelnen Nachrichten auch die Sichtweise einer wirtschaftlich geprägten Zeitung heranzuziehen. Insofern kann hier dem Grunde nach nichts anderes gelten als bei einem Steuerpflichtigen, der (aus nachvollziehbaren beruflichen Gründen) mehrere Tageszeitungen bezieht (BFH BStBl II 1990, 19).
Der erkennende Senat hält es - abweichend von der Entscheidung in DB 1983, 372 - für nicht erheblich, dass das „Handelsblatt” nicht an Wochenenden erscheint und auch keinen Lokalteil hat. Denn diese Abweichungen sind nicht von entscheidendem Gewicht. Zum einen ändert die Begrenzung auf normale Arbeitstage grundsätzlich nichts am Charakter einer Tageszeitung. Zum anderen besteht der vom VI. Senat des BFH angenommene Unterschied zu anderen Tageszeitungen in einigen gewichtigen Fällen überhaupt nicht. So gibt es eine Reihe von überregionalen Zeitungen, die in einem Großteil ihrer Gesamtausgabe überhaupt keinen Lokalteil haben oder deren Lokalteil für einen großen Teil der Leserschaft nicht von Interesse ist (so z.B.: „Frankfurter Allgemeine Zeitung”, „Süddeutsche Zeitung”, „Die Welt”).
Insgesamt gesehen vermag der erkennende Senat nicht dem VI. Senat des BFH hinsichtlich der Aussage zu folgen, das „Handelsblatt” sei eher wie eine Fachzeitschrift zu beurteilen. Er ist vielmehr der Auffassung, dass das „Handelsblatt” vor dem Hintergrund des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG grundsätzlich dem Bereich der (typischen) Tageszeitungen zuzuordnen ist. In dieser Auffassung sieht er sich bestätigt durch die weitere Entwicklung in der Rechtsprechung des BFH. So hat der IV. Senat des BFH in seinem Urteil in BStBl II 1983, 715 anklingen lassen, dass er nicht ohne Weiteres geneigt war, sich der Entscheidung des VI. Senats anzuschließen. Auch hat der VI. Senat seinerseits die Grundsätze in seinem Urteil in DB 1983, 372 nicht mehr wiederholt. In seinem Urteil vom 19.01.1996 VI R 64/95 (Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 1996, 402) hat er lediglich hervorgehoben, es sei (im zweiten Rechtsgang durch das Finanzgericht) zu prüfen, ob der Bezug des „Handelsblatt” wegen der besonderen Umstände des Einzelfalles nahezu ausschließlich beruflich veranlasst gewesen sei. Diese Aussage betrifft jedoch nicht den objektiven Charakter der Zeitung als Wirtschaftsgut, sondern umschreibt einen (auch in der Rechtsprechung des IV. Senats anerkannten) Ausnahmetatbestand (s. Urteil in BStBl II 1983, 715).
Im Streitfall sind keine Gründe erkennbar, die es rechtfertigen würden, von den vorstehenden Grundsätzen abzuweichen. Dabei erkennt der Senat durchaus das Bestreben des Klägers an, sich wegen seiner beruflichen Stellung als Regionaldirektor einer Sparkasse durch die Lektüre des „Handelsblatt” und umfangreicher Fachliteratur in wirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Fragen auf dem Laufenden zu halten. Er kann jedoch nicht den Umstand außer Acht lassen, dass der Kläger durch den Bezug des „Handelsblatt” auch die Möglichkeit hat, seine privaten Informationsbedürfnisse zu befriedigen. Ob er diese Möglichkeit tatsächlich nutzt, ist unerheblich. Denn die Behauptung des Klägers, er nutze das „Handelsblatt” nur für seine beruflichen Aufgabenfelder, ist einer einwandfreien Überprüfung nicht zugänglich. Schließlich kann der Kläger auch nicht mit seinem Vorbringen gehört werden, zur Befriedigung seiner privaten Informationsbedürfnisse lese er eine örtliche Tageszeitung. Denn dieser Umstand vermag, wie aus den oben dargelegten Rechtsprechungsgrundsätzen ersichtlich, die private Mitveranlassung für den Bezug einer anderen Tageszeitung nicht auszuschließen.
Anhaltspunkte dafür, dass eine nahezu ausschließliche berufliche Verwendung der Zeitung nach den besonderen Umständen des Einzelfalles als sicher erscheint, sind im Streitfall nicht zu erkennen. Einen solchen Ausnahmefall hat der BFH - wie bereits dargelegt - angenommen, wenn ein Steuerpflichtiger eine Zeitung oder Zeitschrift ausschließlich zu dem Zweck bezogen hat, um sie in seinem betrieblichen oder beruflichen Bereich seinen Kunden oder seinen Arbeitnehmern zur Verfügung zu stellen. Demgegenüber trägt der Kläger lediglich vor, er habe das „Handelsblatt” als seine berufliche „Pflichtlektüre” angesehen.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
3. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zuzulassen, weil das vorliegende Urteil von der Entscheidung des BFH in DB 1983, 372 abweicht und insofern die Rechtssache auch von grundsätzlicher Bedeutung ist.