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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 20.10.2000 – 8 K 5497/00 Verk

    Die Ermäßigung der Kraftfahrzeugsteuer wegen Schwerbehinderung kann auch für den Steuertatbestand der Zuteilung eines Oldtimer-Kennzeichens beansprucht werden.


    Der Ablehnungsbescheid vom 26.7.2000 und die Einspruchsentscheidung vom 29.8.2000 werden aufgehoben.

    Der Beklagte wird verpflichtet, den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 26.7.2000 dahin zu ändern, dass die Kraftfahrzeugsteuer für das Fahrzeug mit amtlichem Kennzeichen . . . für die Zeit ab 26.6.2000 auf jährlich 187 DM festgesetzt wird.

    Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Streitig ist, ob die Kraftfahrzeugsteuer für ein Fahrzeug, dem ein Oldtimer-Kennzeichen zugeteilt worden ist, nach § 3a Abs. 2 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes - KraftStG - ermäßigt werden kann.

    Der Kläger ist zu 70 % schwer behindert und Inhaber eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen G; er nimmt nicht das Recht zur unentgeltlichen Beförderung in Anspruch. Der Kläger ist Halter eines Pkw Mercedes SL mit amtlichem Kennzeichen . . . , für das er in der Vergangenheit eine Steuerermäßigung wegen Schwerbehinderung gemäß § 3a Abs. 2 KraftStG auf 50 % in Anspruch genommen hat. Am 26.6.2000 wurde auf den Kläger darüber hinaus ein Pkw, Baujahr 1931, zugelassen; das Fahrzeug erhielt das Oldtimer-Kennzeichen . . . Der Kläger beantragte, den Pkw Mercedes SL nunmehr wieder dem vollen Steuertarif zu unterwerfen und stattdessen den Oldtimer ermäßigt (50 % von 375 DM) zu besteuern. Der Beklagte setzte jedoch mit Bescheid vom 26.7.2000 die Kraftfahrzeugsteuer für den Oldtimer auf 375 DM fest. Mit - nicht mit Rechtsmittelbelehrung versehenem - Schreiben vom gleichen Tag führte der Beklagte aus, eine Steuervergünstigung wegen Schwerbehinderung komme nicht in Betracht. Entsprechend dem Urteil des Finanzgerichts - FG - Köln vom 16.2.2000 6 K 6982/98, Umsatz- und Verkehrssteuerrecht - UVR - 2000, 232, setze § 3a Abs. 2 KraftStG eine Besteuerung des „Haltens” eines Fahrzeuges voraus; hier sei Besteuerungsgegenstand aber die „Zuteilung” des Oldtimer-Kennzeichens.

    Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gegen die Ablehnung der Gewährung der beantragten Steuervergünstigung verfolgt der Kläger sein Begehren mit der Klage weiter. Er ist der Ansicht, die gesetzliche Steuervergünstigung gelte auch für Schwerbehinderte, auf die ein Oldtimer zugelassen sei. Die vom Beklagten vorgenommene einschränkende Auslegung rechtfertige sich weder aus Wortlaut noch aus Entstehungsgeschichte, Zweck oder Gesetzeszusammenhang der Vorschrift. Der Kläger verweist hierzu auf das Urteil des FG Hamburg vom 7.12.1999 VII 147/99, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2000, 1098.

    Der Kläger beantragt,

    den ablehnenden Bescheid des Beklagten vom 26.7.2000 und die Einspruchsentscheidung vom 29.8.2000 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid über Kraftfahrzeugsteuer betreffend das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen dahin zu ändern, dass die Steuer für die Zeit ab dem 26.6.2000 auf jährlich 187 DM festgesetzt wird,

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Gründe

    Die Klage ist begründet.

    Der Beklagte ist verpflichtet, durch Erlass eines Änderungsbescheides i.S.v. § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG die beantragte Steuervergünstigung zu gewähren.

    Gemäß § 9 Abs. 4 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 KraftStG beträgt die Jahressteuer bei Zuteilung eines Oldtimer-Kennzeichens 375 DM.

    Nach § 3 a Abs. 2 KraftStG ermäßigt sich die Steuer um 50 v.H. für Kraftfahrzeuge, solange die Fahrzeuge für Schwerbehinderte zugelassen sind, die durch einen Ausweis i.S.d. Schwerbehindertengesetzes mit orangefarbenem Flächenaufdruck nachweisen, dass sie die Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 S. 1 des Schwerbehindertengesetzes erfüllen. Die Steuerermäßigung wird nicht gewährt, solange der Schwerbehinderte das Recht zur unentgeltlichen Beförderung nach § 59 des Schwerbehindertengesetzes in Anspruch nimmt.

    Die Voraussetzungen für diese Vergünstigungsvorschrift sind sämtlich erfüllt. Der Oldtimer ist ein Kraftfahrzeug, das auf den Kläger zugelassen ist, der über den i.S. obiger Regelung erforderlichen Schwerbehindertenausweis verfügt und nicht das Recht zur unentgeltlichen Beförderung in Anspruch nimmt.

    Versteht man die Norm des § 3 a Abs. 2 KraftStG dahin, dass sie - obwohl dort nicht ausdrücklich bestimmt - wegen ihres Zusammenhangs mit der Grundnorm des § 3a Abs. 1 KraftStG ebenso wie diese darüber hinaus ein „Halten” des Fahrzeugs voraussetzt, so ist auch dieses Erfordernis erfüllt.

    Der Begriff des „Haltens” (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG) knüpft an das Recht zur Benutzung des Fahrzeugs an, bei zulassungspflichtigen Fahrzeugen an das Innehaben der Zulassung (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13.1.1987 VII R 147 - 150/84, Bundessteuerblatt II 1987, 272). Eine Zulassung wiederum erfolgt, wenn dem Fahrzeug die Betriebserlaubnis erteilt und das amtliche Kennzeichen zugeteilt worden ist, § 18 Abs. 1 der Straßenverkehrszulassungsordnung - StVZO -. Der Kläger hat für den Oldtimer eine derartige Zulassung inne. Denn ein Oldtimer-Kennzeichen wird seit der 25. VO zur Änderung der Straßenverkehrsvorschriften (Bundesgesetzblatt - BGBl - I 1997, 1889) vom 22.7.1997 gemäß § 23 Abs. 1 c StVZO nur dann auf Antrag zugeteilt, wenn das Fahrzeug - neben verschiedenen weiteren Voraussetzungen - eine Betriebserlaubnis als Oldtimer erhalten hat.

    Eine Annahme, dass die Steuervergünstigung des § 3 a Abs. 2 KraftStG, obwohl sämtliche dort wörtlich bestimmten Voraussetzungen erfüllt sind, dennoch für Oldtimer nicht gelte, ist nicht gerechtfertigt. Eine derartige einschränkende Auslegung lässt sich nach Ansicht des Senats auch nicht darauf stützen, dass die Steuerermäßigung nur für Fahrzeuge in Betracht komme, die ausschließlich wegen ihres „Haltens” i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG der Kraftfahrzeugsteuer unterliegen; der Senat schließt sich insoweit dem o.a. Urteil des FG Hamburg an.

    Der Wortlaut der Vorschrift bietet für eine solche Beschränkung keinen Anhaltspunkt; das Oldtimer-Kennzeichen wird dort nicht erwähnt. Gleiches gilt für den Sinn und Zweck der Ermäßigungsregelung. Das Ziel, Behinderten einen steuerlichen Vorteil als Ausgleich für deren starke Beeinträchtigung in der Beweglichkeit im Straßenverkehr zu gewähren, stellt nicht auf Typ oder Qualität des Fahrzeugs ab; die Wahl des seine Mobilität steuerbegünstigt steigernden Kfz muss vielmehr dem Behinderten selbst verbleiben.

    Ebenso wenig lässt sich ein Ausschluss der Steuerermäßigung für Oldtimer daraus herleiten, dass das KraftStG bei Bestimmung des Steuergegenstandes (§ 1 KraftStG) für Oldtimer auf die Zuteilung eines Oldtimer-Kennzeichens abstellt (Abs. 1 Nr. 4 S. 1 ) und nicht auf das Halten des Fahrzeugs (Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 ). Die hier maßgebliche Vorschrift des § 3 a Abs. 2 KraftStG nimmt auf § 1 KraftStG nicht Bezug. Zudem sollte die Neufassung des § 1 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 KraftStG (Kraftfahrzeugsteueränderungsgesetz 1997 vom 18. 4. 1997) durch zusätzliche Aufnahme der Oldtimer-Kennzeichen zu den bisher dort nur geregelten roten Kennzeichen festlegen, dass es auch für die neuen Oldtimer-Kennzeichen - trotz Wegfalls einer Nutzungsbeschränkung infolge Änderung des Straßenverkehrsrechts - bei dem bisher für rote Kennzeichen geltenden Steuertarif von 375 DM verbleibt, vgl. § 9 Abs. 4 KraftStG (Zum Vorstehenden: Recktenwald UVR 1997, 225).

    Zwar ist der Steuertarif für Oldtimer von 375 DM im Hinblick auf das Alter der Fahrzeuge, die nicht über moderne Abgasreinigungsanlagen verfügen und deshalb nach den geänderten Steuertarifen It. Kraftfahrzeugsteueränderungsgesetz 1997 besonders hoch zu besteuern gewesen wären, verhältnismäßig niedrig; es handelt sich hier um ein „großes Entgegenkommen” des Gesetzgebers (vgl. Recktenwald a.a.O.). Weder der Wortlaut noch die sonstigen Umstände bieten jedoch einen hinreichenden Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber eine nochmalige Reduzierung des Steuertarifs für Oldtimer über die Vorschrift des § 3 a Abs. 2 KräftStG auf 50 % hätte ausschließen wollen. Vielmehr eher gegen eine beabsichtigte Differenzierung je nach wirtschaftlicher Auswirkung der Steuer spricht zudem, dass der Gesetzgeber die bis zum 31.5.1979 gültige Fassung (vgl. Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuer, § 3 Rdnr. 135) des § 3 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG, nach der die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schwerbehinderten bedeutsam waren, in die Neuregelung der Vergünstigungsvorschriften für Schwerbehinderte nicht übernommen hat (vgl. ebenso o.a. Urteil des FG Hamburg).

    Der Beklagte wird bei Rechtskraft der Entscheidung die Kraftfahrzeugsteuer für den Pkw Mercedes SL antragsgemäß durch Änderungsbescheid i.S.v. § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG ohne Steuervergünstigung festsetzen, da dem Kläger gem. § 3 a Abs. 3 S. 1 KraftStG die Steuervergünstigung i.S.v. § 3 a Abs. 2 KraftStG nur für ein Fahrzeug zusteht.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Revision hat der Senat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen; zu der Rechtsfrage der Gewährung einer Steuervergünstigung gemäß § 3 a Abs. 2 KraftStG für Oldtimer-Kennzeichen liegt bisher keine höchstrichterliche Entscheidung vor.

    VorschriftenKraftStG § 1 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1, KraftStG § 3a Abs. 2, KraftStG § 9