08.01.2010
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 27.01.2000 – V 6/99
Ein Urteil des Inhalts, daß der Kläger mit einer bestimmten Note zur mündlichen Steuerberaterprüfung zuzulassen sei, kommt nicht in Betracht. Für die Erteilung der Noten zur schriftlichen Steuerberaterprüfung ist nicht das Gericht, sondern die Prüfer bzw. der Prüfungsausschuß zuständig.
(Nichtamtlicher Leitsatz)
Tatbestand
Mit der Klage wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung zur mündlichen Steuerberaterprüfung 1995 - wie schon in dem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren V 22/96.
Der Kläger hat bereits an den Steuerberaterprüfungen 1992 und 1993 ohne Erfolg teilgenommen. Er wurde 1992 und 1993 nicht zur mündlichen Prüfung zugelassen, weil der Prüfungsausschuss seine schriftlichen Arbeiten jeweils mit der Durchschnittsnote 4,83 bewertete. Auch bei der Steuerberaterprüfung 1995 hat der Kläger im schriftlichen Prüfungsteil nicht den Notendurchschnitt von 4,5 erreicht, der nach § 25 Abs. 2 der Durchführungsverordnung zum Steuerberatergesetz (DVStB) für die Zulassung zur mündlichen Prüfung erforderlich ist - sondern nur die Durchschnittsnote 4,66 (5,0 + 4,5 + 4,5). Noch ausreichende Noten, nämlich jeweils eine 4,5, hat er in der Ertragsteuerrechtsklausur und in der Klausur aus dem Bereich der Buchführung und dem Bilanzwesen erhalten. Die Note 5,0 hat er für die Klausur „Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete” bekommen - bei 36 bzw. 32 Punkten (Prüfer „Schwarz” bzw. Prüfer „Rot”).
Bei der Bepunktung der Klausuren orientieren sich die Prüfer an bundeseinheitlich verwendeten Lösungshinweisen („Lösungshinweis zur Prüfungsaufgabe”). Die Lösungshinweise und die zugrundeliegenden Prüfungsaufgaben werden - in turnusmäßigem Wechsel - jeweils von einem Bundesland und der dort zuständigen Finanzverwaltungsbehörde entworfen und den anderen Bundesländern zugesandt, damit sie den Prüfern bei der zeitgleich im ganzen Bundesgebiet stattfindenden Steuerberaterprüfung zur Verfügung stehen. Der Lösungshinweis zur Prüfungsaufgabe ordnet den Lösungsteilen der betreffenden Klausur Punkte zu, die am Seitenrand des Lösungstextes ausgeworfen und zum Teil abschnittsweise dort auch addiert werden. Erreichbar sind nach den Lösungshinweisen jeweils maximal 100 Punkte. Zur weiteren Arbeitserleichterung der Prüfer - so der Vortrag der Beklagten - existiert neben der ausführlichen Langfassung der Lösungshinweise zur Prüfungsaufgabe eine stichwortartige Kurzfassung, die die Lösungsteile - mit den zugeordneten Punkten - zu Stichworten zusammenfasst. Neben den Lösungshinweisen verwenden die Prüfer einen - i.d.R. ebenfalls bundeseinheitlichen - Bewertungsvorschlag, der der Punkt-Skala von 0 bis 100 abschnittsweise bestimmte Noten zuordnet. Nach dem in Hamburg (für alle drei Examensklausuren) angewandten Bewertungsvorschlag - den die Prüfungsausschüsse nach dem Vortrag der Beklagten seit Jahren bundesweit verwenden - erhalten die Prüflinge bei 30 bis 39 Punkten die Note 5,0, bei 40 bis 49 Punkten die Note 4,5 und bei 50-58 Punkten die Note 4,0 (vgl. den Bewertungsvorschlag für Hamburg auf FGA Bl. 56). In Schleswig-Holstein hat bei der Steuerberaterprüfung 1995 ein Prüfungsausschuss für die Klausur aus dem Verfahrensrecht und anderen Steuerrechtsgebieten einen abweichenden Bewertungsvorschlag angewandt, der bereits bei 36-42 Punkten die Note 4,5 vorsah und erst bei 28-35 Punkten die Note 5,0. Warum ein Prüfungsausschuss in Schleswig-Holstein einen „gemilderten” Bewertungsvorschlag verwendet hat, ist nicht geklärt. Der zuständige Beamte des Ministeriums für Finanzen und Energie des Landes Schleswig-Holstein hat auf Anfrage des Berichterstatters mitgeteilt: ”... Zu den Motiven der Prüfungsausschüsse ... mag ich mich angesichts der Unabhängigkeit der Ausschüsse nicht äußern. ...”(FGA Bl.124/125). In Hamburg sind 1995 im Durchschnitt aller Prüfungsausschüsse 46,30 % der Prüflinge nicht zur mündlichen Prüfung zugelassen worden, beim Prüfungs-ausschuss 4, der den Kläger geprüft hat, lag diese Quote bei 38,80 %. Da der Kläger im Durchschnitt aller drei Klausuren nur die Note 4,66 erreicht hatte, teilte die Beklagte dem Kläger - gemäß § 25 Abs. 4 DVStB - mit, dass er die Prüfung nicht bestanden habe (Bescheid vom 18.12.1995). Gegen den genannten Bescheid vom 18.12.1995 hatte der Kläger am 18.1.1996 zum Az. V 22/96 Klage erhoben. Er wandte sich bereits in diesem Verfahren gegen die Bewertung seiner Klausuren und meinte, er hätte mehr Punkte und bessere Noten bekommen müssen, namentlich in der Klausur „Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete”. In dieser Klausur sei auch die nach § 24 Abs. 3 DVStB gebotene Abstimmung zwischen Erst- und Zweitprüfer - zumindest teilweise - unterblieben. Die mangelnde Abstimmung habe dazu geführt, dass das „Günstigkeitsprinzip” verletzt worden sei. So habe der Erstprüfer richtigerweise Punkte verteilt, die der Zweitprüfer nicht gegeben habe. In der Klausur aus dem Gebiet der Buchführung und des Bilanzwesens hätten die Prüfer Fehler mit Folgewirkung nicht erkannt. In einem weiteren Fall entspreche der Lösungshinweis nicht der geltenden Rechtslage. Im Einzelnen hatte der Kläger im Verfahren V 22/96 seine Einwendungen gegen die Punktebewertung seiner Klausuren in Tabellenform dargestellt: Zur Klausur Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete in den Tabellen auf Bl. 44-49 FGA, zu der Klausur aus dem Bereich der Buchführung und des Bilanzwesens auf Bl. 36-43 FGA und für die Ertragsteuerrechtsklausur auf Bl. 49-54 FGA. Darauf wird auch für das vorliegende Verfahren Bezug genommen.
Im Ergebnis ist der Kläger der Meinung, dass er bei zutreffender Bewertung der Klausuren für die Klausur „Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete” die Note 4,5, für die Buchführungsklausur die Note 3,5 und für die Ertragsteuerrechtsklausur die Note 4,0 hätte erhalten müssen; daraus ergebe sich eine Durchschnittsnote von 3,83, mit der er zur mündlichen Prüfung hätte zugelassen werden müssen. Nach dem oben erwähnten Bewertungsvorschlag für die Klausur „Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete” in Schleswig-Holstein hätte seine Klausur „Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete” in Hamburg schon dann mit 4,5 benotet werden müssen, wenn die Punktzahl unverändert bliebe. Der Senat hatte im Verfahren V 22/96 auf Antrag des Klägers das Verfahren gemäß § 74 FGO ausgesetzt, damit die Prüfer die Bewertung der Klausuren überdenken können. In dem Verfahren des Überdenkens sind die Prüfer im Ergebnis bei den Noten 5,0 bzw. 4,5 bzw. 4,5 geblieben: Die Klausur „Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete” hatten sie ursprünglich mit der Note 5,0 bei 36 (Prüfer Schwarz) bzw. 32 Punkten (Prüfer Rot) bewertet. Im Verfahren des Überdenkens verbesserten sie die Punktewertung auf 37 bzw. 34 Punkte; die Zensur blieb jedoch unverändert bei 5,0 (FGA Bl. 75). Auf die Kritik des Klägers (FGA Bl. 101) nahmen die Prüfer erneut Stellung (FGA Bl. 136-137); der Prüfer Schwarz gab nunmehr einen Punkt weniger (FGA Bl. 136); die Note blieb unverändert bei 5,0. In der Klausur aus dem Bereich der Buchführung und des Bilanzwesens hatten die Prüfer (violett und grün) ursprünglich 36,5 bzw. 41 Punkte vergeben (Note 4,5). Nach dem Verfahren des Überdenkens der Einwände des Klägers gegen die Punktebewertung (FGA Bl. 36-43) kamen die Prüfer auf 45 Punkte bzw. 45,5 Punkte; die Note blieb unverändert bei 4,5 (FGA Bl. 69-71). Auf die neuerlichen Einwände des Klägers (FGA Bl. 97-101) gewährten beide Prüfer einen Zusatzpunkt (FGA Bl. 132) und kamen zu einer Gesamtpunktzahl von 46 bzw. 46,5 Punkten; die Klausurnote blieb auch hier die gleiche. Für die Ertragsteuerrechtsklausur vergaben die Prüfer (rot, blau) die Note 4,5 bei 43,5 bzw. 43 Punkten. Nach dem Überdenken der Kritik des Klägers an der Punktewertung (FGA Bl. 49-54) blieben die Prüfer im Ergebnis bei der ursprünglichen Bewertung (FGA Bl. 81-85). Auch nach weiteren Einwänden des Klägers (FGA Bl. 106-110) blieben die Prüfer bei ihrer anfänglichen Punktewertung und Benotung (FGA Bl. 134-135). Auf die angegebenen Fundstellen wird Bezug genommen.
Der Kläger trug weiter vor:
Die Beklagte habe bei der Steuerberaterprüfung 1995 dadurch gegen das auf Art. 3 und 12 Grundgesetz gestützte Prinzip der Chancengleichheit verstoßen, dass sie einen ungünstigeren Bewertungsvorschlag angewandt habe, als das im Nachbarland Schleswig-Holstein geschehen sei. Nach dem für Schleswig-Holstein maßgeblichen Bewertungsvorschlag hätte er, der Kläger, bei gleicher Punktzahl die Prüfung bestanden. Die Steuerberaterprüfung sei eine bundeseinheitlich geregelte berufsbezogene Prüfung; die Klausuren würden bundeseinheitlich zur gleichen Zeit geschrieben und seien inhaltlich grundsätzlich identisch. Es widerspreche dem verfasssungsrechtlichen Prinzip der Chancengleichheit, wenn lediglich das Überschreiten einer Grenze eines Bundeslandes über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Prüfung entscheide. Die Anwendung unterschiedlicher Bewertungsvorschläge bei einer solchen bundeseinheitlichen Prüfung sei Willkür. Zwar habe der BFH in einem Beschluss vom 13.3.1990 VII B 141/89 davon gesprochen, dass nur in einem Bundesland einheitliche Prüfungsbedingungen gewährleistet sein müssten. In dem entschiedenen Fall sei es aber nur um den Umfang der Aufgabenstellung gegangen, während hier die Bewertung identischer Leistungen in Frage stehe. Wenn man indessen § 158 Steuerberatungsgesetz dahin verstehe, dass der Landesgesetzgeber in diesem Sinne unterschiedliche Prüfungsbedingungen schaffen könne, dann sei die Bestimmung verfassungswidrig.
Im Übrigen sei die Ertragsteuerrechtsklausur schon technisch nicht lösbar gewesen. Die Lösungshinweise hätten 35 Schreibmaschinenseiten umfasst. Die für die Klausur zur Verfügung stehende Zeit habe bei diesem Umfang der Aufgabenstellung nicht ausgereicht, um eine nur mit ausreichend zu bewertende Lösung der Prüfungsaufgabe zu Papier zu bringen. Nach vorsichtigen Schätzungen habe daher die Durchfallquote im Jahr 1995 in Hamburg ca. 75-80 % betragen. Die Durchfallquote des Jahres 1994 habe dagegen wesentlich niedriger gelegen. Die hohe Durchfallquote belege im Übrigen, dass die Beklagte von einer absoluten Bestehensgrenze bei der Durchführung der Prüfung ausgegangen sei. Eine solche absolute Bestehensgrenze sei aber verfassungswidrig (Bundesverfassungsgericht BVerfGE 80, 1, Beschluss vom 14.4.1989). Bei einer relativen Bestehensgrenze sei eine so hohe Durchfallquote wie 1995 nicht zu erwarten. Besondere Kritik sei an der Bewertung der Klausur im Bilanzwesen angebracht. Die Prüfer bzw. die Beklagte hätten ihren Beurteilungsspielraum überschritten, weil sie das Nichterkennen eines einzelnen Problems, nämlich der Möglichkeit der Bildung einer Rücklage gem. § 6b Einkommensteuergesetz, mit einem Punkteverlust von 18 Punkten „bestraft” hätten. Außerhalb des Beurteilungsspielraums liege es auch, wenn die Prüfer substantielle Ausführungen deshalb nicht zur Kenntnis nähmen, weil mit einem falschen Basiswert weitergerechnet werde (Folgefehler). Auch insofern sei die Bewertung der Klausur im Bereich des Bilanzwesens fehlerhaft. In der Klausur „Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete” hätten die Prüfer in Verkennung ihres Beurteilungsspielraums die Prüfungsaufgabe erweitert. So sei in der Prüfungsaufgabe danach gefragt worden, ob bestimmte Positionen im Betriebsvermögen anzusetzen seien oder nicht. Die Prüfer hätten aber zu den Lösungspunkten 88, 90, 95 nicht nur geprüft, ob eine Position zum Betriebsvermögen gehöre, sondern darüber hinaus auch eine „anderweitige Zuordnung” in die Bewertung einbezogen.
Die Behauptung, dass eine Abstimmung der Prüfer bei der Bewertung der Klausuren nicht stattgefunden habe, ergebe sich daraus, dass offensichtlich der Zweitprüfer Punkte nicht gegeben habe, die der Erstprüfer richtigerweise - nach den Lösungshinweisen - gegeben habe.
Der Korrekturbogen zur Ertragsteuerrechtsklausur sei so aufgebaut, dass die Lösungshinweise auf wenige Worte oder nur einzelne Begriffe verdichtet seien (FGA Bl. 94). Der Begriff oder die Formulierung führe zur Bepunktung. Der Korrekturbogen bewirke eine Gleichrichtung der Prüferarbeit; er sei nicht nur Arbeitserleichterung für den Prüfer, sondern auch Maßnahme zur Vereinheitlichung der Bepunktung. Von daher bleibe kein Raum für eine von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Bepunktung. Durch diesen Korrekturbogen mit einer bestimmten Punktevorgabe werde der Beurteilungsspielraum der Prüfer erheblich eingeengt. Ein Abweichen von der Bepunktung sei im Korrekturbogen nicht vorgesehen. Die Prüfer hätten sich auch an den Korrekturbogen gehalten. Der Prüfungsausschuss habe sich in dem Verfahren des Überdenkens mit der Folgeproblematik, wie sie in der Klagschrift angesprochen sei, nicht auseinandergesetzt. Die Stellungnahme der Prüfer beruhe insoweit auf einer fachwissenschaftlichen Fehlentscheidung (Beweis: Sachverständigengutachten).
In der Vergangenheit seien in den Ländern bei den Bewertungsvorschlägen Änderungen der Skala vorgenommen worden. Die Notenskalen seien gemäß § 15 DVStB zu bestimmen. Es widerspreche nicht nur der Logik, sondern auch Art. 3 Grundgesetz in Verbindung mit § 158 StBerG, wenn dieselbe Arbeit mit derselben Punktzahl in einem Bundesland mit „ausreichend”, im anderen Bundesland mit „befriedigend” beurteilt werde.
Dem Klagvortrag war die Beklagte wie folgt entgegengetreten: Die verwaltungsinterne Überprüfung der Prüfungsentscheidungen im Verfahren des Überdenkens erfordere kein erneutes Zusammentreten des Prüfungsausschusses (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 8.10.1993 - 3 L 47/93 NDÖV 1994, 394; FG Bremen, Beschluss vom 15.11.1994 294024K2 in EFG 1995, 346). Der übereinstimmende Notenvorschlag der Prüfer nach § 24 Abs. 3 DVStB gelte als Note des Prüfungsausschusses. Aus dieser Vorschrift ergebe sich, dass der Prüfungsausschuss im Verfahren des Überdenkens der Benotung der schriftlichen Prüfungsausgaben keinen Beschluss fassen müsse, wenn die jeweiligen Klausurenprüfer ihren übereinstimmenden Notenvorschlag bestätigt hätten. Die Prüfungsausschüsse der Beklagten hätten sich an das übliche und langjährig verwendete Punkteschema gehalten. Dieses Prüfungsschema werde auch in den anderen Bundesländern seit Jahren verwendet.
Die Grundzüge der Steuerberaterprüfung seien durch § 37a Steuerberatungsgesetz (StBerG) bundeseinheitlich geregelt. Da die Prüfung bundesweit zur Zulassung als Steuerberater berechtige, biete sich eine Abstimmung der Bundesländer an. Diese Abstimmung verlange jedoch keine einheitliche Verfahrensweise. Die Stellung der Prüfungsaufgabe, die Bestimmung der Hilfsmittel sowie der Bearbeitungszeit gemäß § 18 Abs. 1 DVStB obliege der jeweiligen obersten Landesbehörde. Ein Recht des Prüflings auf bundeseinheitliche Prüfungsbedingungen bestehe daher nicht. Der Kläger habe daher auch kein Recht auf Anwendung des in Schleswig-Holstein offenbar angewandten Bewertungsvorschlages. Der Bewertungsvorschlag sei lediglich ein Hilfsmittel für den jeweiligen Prüfer, und solle eine gleichmäßige Bewertung innerhalb der Prüfungsausschüsse eines Bundeslandes bewirken. Die Vorstellung des Klägers, dass ein bundesweites „Meistbegünstigungsgebot” allein Art. 3 Grundgesetz entspreche, wäre das Ende eines prüferischen Beurteilungsspielraums. Die Ausführung des Klägers zur technischen Lösbarkeit der Klausur auf dem Gebiet der Ertragsteuern sei nicht nachvollziehbar. Schließlich hätten mehr als die Hälfte der Kandidaten die Zulassung zur mündlichen Prüfung erreicht. Auch die vom Kläger angesprochene Durchfallquote der Prüflinge bei der Prüfung 1995 besage nichts. Die Zusammensetzung der Kandidaten sei von Jahr zu Jahr inhomogen, die Ergebnisse aus diesem Grunde sehr unterschiedlich. Der vom Kläger zitierte Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14.3.1989 (BVerfGE 80, 1, 26) betreffe das Antwort-Wahl-Verfahren als Form der ärztlichen Prüfung. Bei diesem Prüfungsverfahren könne eine Antwort nur richtig oder falsch sein; eine Wertung des Prüfers finde in diesen Fällen gar nicht statt. Die Forderung des Bundesverfassungsgerichts nach einer Relativierung der absoluten Bestehensgrenze sei daher auf die Steuerberaterprüfung nicht übertragbar.
Der dem Gericht vorgelegte Bewertungsvorschlag „Ertragsteuern” sei nicht nur bei der Ertragsteuerrechtsklausur, sondern auch in den anderen Klausurgebieten zugrunde gelegt worden; er sei bereits in den Vorjahren gleichbleibend der Benotung zugrunde gelegt worden. Da die Durchführung der Steuerberaterprüfung der Landeshoheit unterliege, finde ein Informationsaustausch über Bewertungsvorschläge nicht statt. Der Beklagten sei nicht bekannt, ob in Schleswig-Holstein andere Maßstäbe angewandt worden seien. Die Bewertungsvorschläge seien für die Prüfer und den Prüfungsausschuss nicht bindend. Gerade durch diese Unabhängigkeit von den Bewertungsvorschlägen werde der Grundsatz der Chancengleichheit gewahrt, nicht verletzt (vgl. BFH, Urteil vom 8.4.86 VII R 9/84, BFH/NV 1986, 768). Die Beklagte habe auch kein Weisungsrecht gegenüber dem Prüfungsausschuss, kraft dessen sie den Prüfungsschuss hätte anweisen können, den Bewertungsvorschlag des Landes Schleswig-Holstein anzuwenden. Die Lösungshinweise und Bewertungsvorschläge seien für die Prüfer nur unverbindliche Hilfe; die Prüfer seien an die in den Lösungshinweisen gegebene Punktbewertung nicht gebunden, sondern hätten einen eigenen Bewertungsspielraum (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Urteil vom 20.4.71 VII R 95/68, BStBl II 71, 499; Urteil vom 20.12.83 VII R 123/83, BStBl II 84, 280). Der Terminsvertreter der Beklagten hat in diesem Zusammenhang von einem Richtliniencharakter der Langfassung der Lösungshinweise gesprochen.
Die Unabhängigkeit der Prüfungsausschüsse werde auch in § 24 Abs. 5 DVStB deutlich. Auch das FG Hamburg (Gerichtsbescheid vom 28.12.95 V 16/94) habe in jüngster Zeit bestätigt, dass die Prüfer nicht an bestimmte Punktsysteme gebunden seien. Der BFH habe in seinem Urteil vom 8.4.86 VII R 9/84 BFH/NV 86, 768 festgestellt, dass die Gerichte nicht verpflichtet seien, Ermittlungen hinsichtlich der unterschiedlichen Bewertung von Prüfungsklausuren in verschiedenen Bundesländern anzustellen (BFH-Urteil vom 8.4.86 VII R 9/84, BFH/NV 1986, 768).
Auch nach dem Bewertungsschema Schleswig-Holsteins für die Klausur „Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete” hätte der Kläger nur bei einem der Prüfer - mit 36 Punkten - die notwendige Punktzahl von 36 Punkten für die Note 4,5 erreicht. Es hätte also auch nach dem milderen Bewertungsschema des Landes Schleswig-Holstein eine Abstimmung der beiden Prüfer gemäß § 24 Abs. 3 DVStB bedurft. Danach sei keineswegs sicher, dass der Kläger in Schleswig-Holstein die Zulassung zur mündlichen Prüfung erhalten hätte.
Die Behandlung und Bewertung eines Folgefehlers liege allein im prüferischen Ermessen. Der Prüfer habe festzustellen, welches Gewicht der Folgefehler im Gesamtgefüge der Klausur habe. Der Prüfer müsse auch auf die Gefahr achten, dass falsche Lösungen in der Bewertung zu gut eingestuft werden könnten - im Hinblick auf die Kandidaten, die die richtige Lösung gebracht hätten (FGA Bl. 127). Der Kläger wende sich auch zu Unrecht gegen den Punktabzug, den der Prüfer Schwarz im Verfahren des Überdenkens bei der Klausur „Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete” vorgenommen habe. Auch bei zwei Punkten mehr wäre der Prüfer „Schwarz” lediglich zu 39 Punkten gelangt. Erst ab 40 Punkten hätte dieser Prüfer die Note 4,5 geben können. Dann hätte - da der Prüfer „Rot” mit 34 Punkten im Bereich der Note 5 gelegen hätte - das Verfahren nach § 24 Abs. 3 Satz 2 DVStB stattfinden müssen.
Im Verfahren V 22/96 hat der Senat den angefochtenen Bescheid der Beklagten wegen eines Verfahrensfehlers aufgehoben; der Tenor des Urteils vom 22.8.97 lautet wie folgt:
„Der Bescheid der Beklagten über das Nichtbestehen der Steuerberaterprüfung 1995 vom 18.12.1995 wird mit der Maßgabe aufgehoben, daß der Prüfungsausschuß 4 bei Benotung der Klausuren des Klägers - in Abstimmung mit den anderen Prüfungsausschüssen - überprüft, ob der angewandte Bewertungsvorschlag in Anbetracht der hohen Nichtzulassungsquote zur mündlichen Prüfung unter Beachtung einer relativen Bestehensgrenze zu korrigieren ist.”
Das Urteil zum Az. V 22/96 ist rechtskräftig.
Der Prüfungsausschuss 4 hat daraufhin unter dem 11. 12. 1998 - einstimmig (V 7/99, FGA 19) - folgenden Beschluss gefasst:
„Der bei den Klausuren angewandte Bewertungsvorschlag ist in Anbetracht der für das Jahr 1995 festgestellten Nichtzulassungsquote zur mündlichen Prüfung unter Beachtung einer relativen Bestehensgrenze nicht zu korrigieren.”
Der Beschluss ist in einer „Stellungnahme des Prüfungsausschusses 4 der Steuerberaterprüfung in Hamburg zu den Prüfungsanforderungen in der Steuerberaterprüfung 1995 ” begründet worden; darauf wird Bezug genommen (FGA Bl. 9).
Die Beklagte hat - ebenfalls am 11.12.1998 - den Kläger dahin beschieden, dass die Gesamtnote seiner schriftlichen Prüfung unverändert bei 4,66 liege; der Kläger habe deshalb - gemäß § 25 Abs. 2 DVStB - die Prüfung 1995 nicht bestanden, weil die Gesamtnote der schriftlichen Arbeiten die Note 4,5 übersteige.
Dagegen hat der Kläger am 5.1.1999 Klage erhoben. Zur Begründung bezieht er sich auf sein Vorbringen in der Sache V 22/96.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid über die Versagung der Zulassung für die mündliche Prüfung der Steuerberaterprüfung 1995 vom 11.12.1998 aufzuheben und den Kläger zur mündlichen Prüfung der Steuerberaterprüfung 1995 mit einer Note von 3,83 zuzulassen;
hilfsweise,
den Bescheid vom 11.12.1998 aufzuheben und festzustellen, dass die Gesamtnote für die schriftliche Prüfung des Klägers die Zahl 4,5 nicht übersteigt;
weiter hilfsweise,
den Bescheid vom 11.12.1998 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, den Kläger erneut zu bescheiden (FGA Bl. 2, 3).
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor:
Der angefochtene Bescheid vom 11.12.98 genüge den Vorgaben des rechtskräftigen Urteils des Senats vom 22.8.1997. Der Prüfungsausschuss habe in seiner Sitzung am 11.12.98 in der Zeit von 9 Uhr bis 10.15 Uhr beraten, ob der Bewertungsvorschlag angesichts der hohen Durchfallquote zu korrigieren sei, und habe einstimmig den Beschluss gefasst, das nicht zu tun. Dabei habe er sich maßgeblich von der Überlegung leiten lassen, dass die Prüfungsaufgaben nicht zu schwer gewesen seien. Diese Einschätzung des Schwierigkeitsgrades der Klausuren teilten auch die anderen Prüfungsausschüsse (FGA Bl. 18, V 7/99).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze - auch in der Sache V 22/96 - und auf die Sitzungsniederschrift vom 27. Januar 2000 Bezug genommen.
Dem Senat haben die Prüfungsakten des Klägers sowie alle drei Examensklausuren einschließlich der Lösungshinweise in Lang- und Kurzfassung vorgelegen.
Gründe
Die Klage ist mit dem zweiten Hilfsantrag begründet.
1. Der Hauptantrag des Klägers ist unzulässig. Ein Urteil des Inhalts, dass der Kläger mit einer bestimmten Note, nämlich 3,83, zur mündlichen Steuerberaterprüfung 1995 zuzulassen sei, kommt nicht in Betracht. Nicht das Gericht erteilt die Prüfungsnoten, sondern die Prüfer bzw. der Prüfungsausschuss.
Auch der erste Hilfsantrag ist unzulässig. Für ein Feststellungsurteil fehlt in der Regel - so auch hier - ein Rechtsschutzinteresse, solange das Klagziel im Anfechtungsprozess verfolgt werden kann.
Der zweite Hilfsantrag hat Erfolg:
1.1 Allerdings teilt der Senat nicht die Rechtsauffassung des Klägers, der Prüfungsausschuss habe sich bei der Beratung der Frage, ob die Prüfungsanforderungen bei der schriftlichen Steuerberaterprüfung 1995 überspannt gewesen sind, nicht an die Vorgaben des rechtskräftigen Urteils des Senats vom 22. 8. 1997 in der Sache V 22/96 gehalten. Nach dem Tenor des Urteils vom 22.8.1997 - in Verbindung mit den Entscheidungsgründen des Urteils - war dem Prüfungsausschuss 4 bei der Beklagten aufgegeben, sich in Abstimmung mit den anderen Prüfungsausschüssen in Hamburg darüber Rechenschaft zu geben, ob die Prüfungsaufgaben bei der Steuerberaterprüfung 1995 - im Vergleich zu früheren Prüfungen - objektiv zu schwer waren und deshalb eine Korrektur des Prüfungsergebnisses durch Korrektur des Bewertungsschlüssels geboten sei. In den Entscheidungsgründen hatte der Senat ausgeführt, dass der generelle Hinweis auf unterschiedliche Vorbildung der Kandidaten nicht geeignet sei, ein fehlerfreies Verfahren zu garantieren. Auch die Floskel, es sei im Einzelfall wohlwollend geprüft worden, reiche nicht aus. Der Prüfungsausschuss 4 hat in seiner „Stellungnahme ... zu den Prüfungsanforderungen in der Steuerberaterprüfung 1995” vom 11. Dezember 1998 - zu Ziff. 3 a und 3 b die Rechtsauffassung der Beklagten wiederholt, dass die unterschiedlich schlechten Prüfungsergebnisse ganz generell auf die unterschiedlichen Vorbildungsvoraussetzungen zurückzuführen seien, die die einzelnen Kandidaten in den betreffenden Jahren mitbrächten. Der Prüfungsausschuss 4 hat in der genannten Stellungnahme nicht auf die Vorbildungen der Kandidaten der Prüfung des Jahres 1995 abgestellt, obwohl eine solche Prüfung anhand der vorliegenden Zulassungsunterlagen der Kandidaten möglich und unter Umständen auch aufschlussreich für das Prüfungsergebnis gewesen wäre. Der Senat verkennt nicht, dass die Durchsicht der „Zulassungsakten” die Vorbildungsvoraussetzungen nicht vollständig hätte erfassen können, insbesondere nicht den Besuch von Kursen und anderen Vorbereitungsveranstaltungen; auch eine vergleichsweise Bewertung der Qualität der unterschiedlichen Vorbildungen wäre schwierig. Immerhin hätte eine summarische Prüfung der Vorbildungsvoraussetzungen des konkreten Prüfungsjahrganges 1995 Anhaltspunkte für das schlechte Prüfungsergebnis liefern können. Im Ergebnis ist festzustellen, dass der Prüfungsausschuss 4 - mangels darauf gerichteter Ermittlungen - nichts Konkretes zu der Frage festgestellt hat, ob ungleich schlechtere Vorbildungsvoraussetzungen der Kandidaten - im Verhältnis zu früheren Jahren - zu dem schlechten Prüfungsergebnis 1995 beigetragen haben. Diesen Eindruck vermittelt jedenfalls das Sitzungsprotokoll über die Ausschusssitzung; der Vertreter der Beklagten hat demgegenüber in der mündlichen Verhandlung erklärt, er habe an der Sitzung des Ausschusses teilgenommen und könne be- stätigen, dass das Thema - entgegen der lückenhaften Darstellung im Protokoll der Sitzung - eingehend erörtert worden sei. Der Senat ist - ungeachtet der dargestellten Bedenken - der Auffassung, dass der Prüfungsausschuss 4 dem Auftrag des Urteils des Senats vom 22. 8. 1997 gerecht geworden ist. Die Stellungnahme lässt erkennen, dass der Ausschuss versucht hat, sich Rechenschaft zum objektiven Schwierigkeitsgrad der Klausuraufgaben - gemessen an den Vorjahren - zu geben. Die Überlegungen der Prüfer haben nach der Stellungnahme vom 11. Dezember 1998 zu dem Ergebnis geführt, dass „die inhaltlichen Anforderungen in den fraglichen Klausuren des Jahres 1995 ... nicht unangemessen ...” sind (Ziff. 3 d der Stellungnahme). Der Senat versteht diesen Passus so, dass die Prüfer nach ihrer eigenen Prüfungserfahrung eine Bewertung der gestellten Aufgaben durch Vergleich mit früheren Prüfungsaufgaben durchgeführt haben und zu dem Ergebnis gelangt sind, dass sie nicht zu schwer waren und dass eine Korrektur des Bewertungsrahmens nicht geboten gewesen sei. Sie haben sich dabei (auch) an Ausführungen verschiedener Finanzgerichtsurteile orientiert, die Steuerberaterprüfungen 1995 zum Gegenstand hatten; die Entscheidungsgründe dieser Urteile ließen nicht erkennen, dass Bedenken gegen den Schwierigkeitsgrad der Klausuraufgaben bestanden hätten. Allerdings kann die gebotene Ausschöpfung des eigenen Beurteilungsspielraums nicht darin bestehen, die Wertung der genannten Finanzgerichtsurteile zu übernehmen. Erforderlich war eine eigene Wertung der Prüfer. Der Senat versteht den Hinweis in der Stellungnahme auf die genannten Finanzgerichtsentscheidungen aber als Bekräftigung der eigenen Einschätzung des Schwierigkeitsgrades der Aufgaben, die die Prüfer letztlich aufgrund eigener Bewertungen getroffen haben.
1.2. Nachzuholen ist im anhängigen Verfahren die Prüfung der Einwände des Klägers im Verfahren zum Az. V 22/96 gegen die Bewertung seiner Prüfungsklausuren, die der Kläger im anhängigen Verfahren wieder aufgegriffen hat. Der Senat hatte im Verfahren zum Az.V 22/96 die Prüfung dieser Einwände offengelassen, weil die Prüfungsentscheidung schon wegen eines Verfahrensfehlers aufzuheben war: Diese Prüfung ist nun - nachdem der Prüfungsausschuss seine Entscheidung im Ergebnis bestätigt hat - nachzuholen.
Das Gericht kann bei Prüfungsentscheidungen nur überprüfen, ob die Prüfer bzw. der Prüfungsausschuss allgemeingültige Bewertungsgrundsätze nicht beachtet haben, sich von sachfremden Erwägungen haben leiten lassen, von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen sind und ob die für die Prüfung maßgeblichen Verfahrensbestimmungen eingehalten worden, die Prüfungsanforderungen in bezug auf Bewertung und Aufgabenstellung der Arbeiten überspannt worden sind (BFH in ständiger Rsprg., vgl. BFH Urt. v. 8.4.1986 VII R 9/84 , BFH/NV 12/86 S. 768).
Die Bewertung der Prüfer verstößt nach Auffassung des Senats bei der Klausur aus dem Bereich der Buchführung und des Bilanzwesens - bei der Vergabe der Wertungspunkte 33 bis 37 - gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze. Es ist nicht auszuschließen, dass der Kläger, der nach dem Überdenkensverfahren von den Prüfern 46 bzw. 46,5 Punkte erhalten hat, durch die Prüfer mehr als 49 Punkte - und damit die Note 4,0 - erhält, wenn die Prüfer - bei Beachtung der nachstehenden Aus-führungen - den durch die Wertungspunkte 33 bis 37 umrissenen Komplex der Klausur neu bewerten; der Kläger würde dann gegebenenfalls die Durchschnittsnote 4,5 erreichen, die ihn zur Teilnahme an der mündlichen Prüfung berechtigt.
Bewertungspunkt 33:
Die Musterlösung (Klausurakte Bl. 220) geht davon aus, dass die Nichtaktivierung der Hofpflasterung ein Bilanzierungsfehler sei und dass die Hofbefestigung, die ein unbewegliches materielles Wirtschaftsgut darstelle, linear nach § 7 Abs. 1 EStG abzuschreiben sei. Im Aufgabentext heißt es dazu (Klausurakte Bl. 208): Der Hof des Grundstücks werde nur im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb der OHG genutzt. Der Hof sei im März 1987 erstmalig gepflastert worden... Der Kläger hat auf Bl. 8 seiner Klausur (Akte Bl. 184) die Hofbefestigung als Betriebsvorrichtung behandelt und deshalb als selbstständiges bewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens. Die Prüfer meinen: Der Sachverhalt sei eindeutig; auf eine Betriebsvorrichtung deute nichts hin (FGA Bl. 70). Das erscheint dem Senat in dieser Absolutheit zweifelhaft. Es ist - obschon eine Überinterpretation des Sachverhalts, so doch - jedenfalls nicht abwegig, den Sachverhalt so zu verstehen, wie das der Kläger getan hat. Gleichwohl ist nicht zu beanstanden, dass der Kläger den Punkt 33 nicht bekommen hat; denn der Kläger hat die Frage letztlich falsch beantwortet - ohne seine nach dem Sachverhalt nicht ohne weiteres mögliche Lösung zu begründen. Insoweit können die Prüfer auf den ihnen zustehenden Beurteilungsspielraum verweisen. Fehlerhaft ist nach Auffassung des Senats aber, dass die Prüfer dem Kläger keinen der Wertungspunkte 34-37 gegeben haben. Der Kläger hat die in der Musterlösung vorgesehenen Punkte für die Kontenentwicklung bei der Hofbefestigung alle vier nicht bekommen, weil er zu Wertungspunkt 33 eine selbstständige Betriebsvorrichtung angenommen hat - ausgehend von einem Sachverhalt, der diese Annahme nicht abwegig erscheinen lässt. Der Kläger reklamiert hier zu Recht einen Folgefehler. Die Prüfer haben in ihrer Stellungnahme (FGA Bl. 70) ausgeführt: „Der Kläger ist fälschlicherweise bei Punkt 33 von einer Betriebsvorrichtung ausgegangen und hat damit die Gesamtaufgabe falsch gelöst...”. Sie gehen damit selber von einem Folgefehler aus. Es verstößt unter diesen Umständen gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze, wenn sie überhaupt keinen Punkt vergeben. Es liegt zwar im Rahmen des Beurteilungsermessens der Prüfer, dass der Kandidat nicht alle Punkte bekommt, die bei richtiger Lösung zuzuordnen wären. Aber es kann nicht richtig sein, dass er überhaupt keinen Punkt bekommt. Ob die Korrektur des Bewertungsfehlers dazu führt, dass die Prüfer die Klausur letztlich mit 4,0 bewerten, muss offenbleiben, weil der Senat nicht selber bewerten kann. Denkbar ist, dass die Prüfer dem Kläger alle 4 Punkte geben - weil er ausgehend von einem falschen Ansatz die in den Lösungshinweisen geforderte AfA-Entwicklung dargestellt hat. Die Entwicklung der degressiven AfA, wie sie der Kläger entwickelt hat, war sicher auch nicht einfacher als die nach den Lösungshinweisen geforderte Entwicklung der linearen AfA. Der Kläger hat sich daher durch die falsche „Weichenstellung” das „Leben auch nicht leichter gemacht”. Je nachdem, wie viele Punkte die Prüfer nach geläuterter Auffassung vergeben, kann der Kläger mehr als 49 Punkte und damit die Note 4,0 erreichen. Dieses Prüfungsergebnis - die Note 4,0 - wäre auch dann denkbar, wenn die Prüfer - bei der nunmehr erneut gebotenen Gesamtbewertung der Arbeit - den einen oder anderen halben Punkt zusätzlich vergäben - eine Korrektur, die nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich immer im Bewertungsspielraum der Prüfer liegt (vgl. unten). Diese Möglichkeit der Höherbewertung der Buchführungs- und Bilanzwesenklausur des Klägers genügt, um den Bewertungsverstoß als kausal für den angefochtenen Bescheid über das Nichtbestehen der Prüfung anzusehen.
1.3. Der vom Senat getroffenen Entscheidung, die sich auf die Nichtvergabe bestimmter in der Musterlösung vorgesehener „Punkte” stützt, steht der oben dargestellte Grundsatz des weitreichenden Prüferermessens im Streitfall nicht entgegen. Denn es ist nicht erkennbar, dass die Prüfer für die Benotung der Klausur „Buchführung und Bilanzwesen” andere - über die Vergabe der einzelnen „Punkte” hinausgehende - Erwägungen angestellt hätten. Solche Erwägungen könnten in einer - zwar auf der Bewertung der einzelnen Punkte beruhenden, aber letztlich darüber hinausgreifenden - die „Gesamtleistung” des Kandidaten würdigenden Bewertung bestehen. Dass von den Prüfern im Streitfall eine solche „Gesamtwürdigung und -bewertung” der Prüfungsleistung vorgenommen worden wäre, ist nicht ersichtlich. Die Prüfer haben sich offensichtlich für die Bewertung der Arbeit mit der Note 4,5 lediglich an der Summe aus der Addition der einzelnen vergebenen Punkte orientiert, wie es die in der Musterlösung enthaltene Segmentierung der Bewertung in (fast ausschließlich einzelne) „Punkte” sowie die stets auf 100 erreichbare Punkte angelegte Notenskala nahe legen. In einem solchen Falle schematischer Ableitung der Gesamtbewertung aus der Addition der einzelnen Wertungspunkte ergibt sich die Kausalität von Fehlbewertungen automatisch aus ihrer Auswirkung auf die erreichte bzw. erreichbare Gesamt-Punktezahl.
2. Über die Erwägungen unter 3. hinaus nimmt der Senat zu den sonstigen - im rechtlichen Ergebnis erfolglosen - Einwänden des Klägers (Tabelle auf Bl. 36 ff der FG Akte V 22/96 , Anlage K 1 - 3 zum Schriftsatz v. 6.5.1996) wie folgt Stellung:
Klausur Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete:
I. AO Bewertungspunkt 2 - 5:
Nach den Lösungshinweisen sollte der Kandidat die steuerlichen Pflichten der Geschäftsführer der GmbH darstellen und erläutern, welche Pflichten verletzt worden sind. Die Darstellung des Klägers in der Klausur ist lückenhaft und ist von den Prüfern mit 2 von 5 möglichen Punkten bewertet worden. Diese Bewertung liegt im Rahmen des Prüferermessens.
II. Umsatzsteuer
Bewertungspunkt 48:
In der Kurzfassung der Lösungshinweise ist der Punkt 48 dafür zu vergeben, dass der Kandidat Ausführungen dazu macht, dass der gemeinnützige Verein „Kinderhilfe e.V.” die Umsatzsteuer, die auf das Honorar des Sängers entfällt, nach § 51 UStDV nicht einbehalten muss. Das hat der Kläger auf Bl. 10 Abs. 3 tatsächlich auch so dargestellt. Dennoch liegt kein gerichtlich relevanter Beurteilungsfehler vor. Im Überdenkensverfahren haben die Prüfer zu Recht darauf hingewiesen, dass der Kläger den Sachverhalt im Wesentlichen falsch gelöst hat: Er hat den Auftritt des Sängers gegen Spendenbescheinigung als nicht entgeltlich behandelt. Für den Sachverhalt 1 b waren nach den Lösungshinweisen insgesamt 5 Punkte vorgesehen. Es liegt im Beurteilungsspielraum der Prüfer, wie sie richtige Teillösungen bei einer grundsätzlich falschen Lösung bewerten. Ein Prüfer hat einen Punkt, der andere zwei Punkte gegeben. Das verstößt nicht gegen Bewertungsgrundsätze. Es gibt kein „Günstigkeitsprinzip” wie es der Kläger postuliert. Abgesehen von der oben dargestellten Problematik des „Folgefehlers” liegt es im Prüferermessen, ob man „in der Luft hängende” Teillösungen bepunktet.
Bewertungspunkt 56:
Nach den Lösungshinweisen (Klausurakte Bl. 64) sollte der Kandidat erläutern, dass die Ärztin Unternehmerin i.S. des § 2 Abs. 1 UStG ist, aber ausschließlich steuerfreie Umsätze bewirkt, bei denen gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG der Abzug der Vorsteuer ausgeschlossen ist. Auf Seite 13/14 der Klausur hat der Kläger ausgeführt, dass die Ärztin bestimmte Beträge nicht als Vorsteuerbeträge geltend machen kann und verweist zur Begründung u.a. auf § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG. Den Punkt 56 gibt es aber nach den Lösungshinweisen (vgl. Sachverhalt 2 b (Besteuerung im Bestimmungsland durch den Möbelfabrikanten)), dafür, dass der Kandidat erläutert: Die zu 2 b gewählte alternative Lieferkonstruktion - Verlagerung des Ortes der Lieferung gemäß § 3 c UStG in das Inland - setzt voraus, dass Abnehmer ein Unternehmer im Binnenland ist, der steuerfreie Um- sätze tätigt und deshalb vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist. Die Prüfer weisen in ihrer Stellungnahme im Überdenkensverfahren zutreffend darauf hin, dass die Ausführungen des Klägers in der Klausur bereits mit Punkt 49 honoriert worden sind; den Punkt 56 habe der Kläger mit seinen Ausführungen nicht verdient (FGA Bl. 136). Dies liegt im Prüferermessen.
Bewertungspunkt 65:
Die Prüfer haben beide („Schwarz” und „Rot”) je einen Punkt gegeben (vgl. FGA Bl. 137 oben). Mehr verlangt anscheinend auch der Kläger nicht (FGA Bl. 44). Wenn das doch der Fall sein sollte, so ist ihm entgegenzuhalten, dass die Lösung lückenhaft ist, wie die Prüfer im Überdenkensverfahren zu Recht monieren. Wenn sie dafür nur einen Punkt statt der vorgesehenen zwei gegeben haben, so liegt das in dem Bewertungsspielraum der Prüfer.
Bewertungspunkt 68:
Die AG liefert an FF. durch Tausch mit Baraufgabe. Der Kläger verlangt einen halben Punkt mehr, hält diese Forderung aber nach der Entgegnung der Prüfer im Überdenkensverfharen (FGA Bl. 103) offenbar nicht mehr aufrecht, und das zu Recht; denn die in den Lösungshinweisen geforderten Ausführungen zu dem „Tausch mit Baraufgabe” finden sich im Klausurtext des Klägersnicht; er kommt auch zu einem falschen Ergebnis, nämlich dass der Umsatzsteuer der Lieferungswert über 1000 KW zugrunde gelegt wird, statt wie richtig: 1050 KW (Kl-A Bl. 68). Im Übrigen liegt eine Bewertungsdifferenz um einen halben Punkt immer im Beurteilungsspielraum.
III. Einheitsbewertung:
Bewertungspunkt 84:
Der Kläger verlangt einen Punkt mehr, weil es sich um einen Folgefehler handele (FGA Bl. 46). Die Prüfer haben im Überdenkensverfahren (FGA Bl. 74) beide einen halben Punkt statt des vorgesehenen ganzen Punktes gewährt. Sie erkennen an, dass ein Folgefehler vorliegt, meinen aber, dass die Ausführungen gleichwohl nur mit einem halben Punkt honoriert werden könnten - zur Abgrenzung von den Kandidaten, deren Lösung richtig war. Das ist vertretbar. Ein Verstoß gegen Bewertungsgrundsätze ist nicht erkennbar. Insbesondere kann von dem Prüfer nicht verlangt werden, dass er bei Folgefehlern die vom Ergebnis her an sich unrichtigen Ausführungen mit der vollen Punktzahl honoriert.
Bewertungspunkt 98:
Der Kläger verlangte ursprünglich einen Punkt mehr, nämlich den Punkt 98. Die Prüfer haben im Überdenkensverfahren (FGA Bl. 74) einen („Schwarz”) bzw. halben („Rot”) Punkt gewährt. Mit dieser Bewertung ist der Kläger offensichtlich einverstanden, denn in der Entgegnung (FGA Bl. 103) taucht der Bewertungspunkt 98 nicht mehr auf.
Bewertungspunkt 99:
In den Lösungshinweisen (Kurzfassung) wird der Punkt 99 für die „Zurechnung des Gesamthandsvermögens gemäß Antrag” zugesprochen. Der Kläger schreibt in seiner Klausur:
„Die Anteile am Unterschiedsbetrag sind nach dem Gewinnverteilungsschlüssel antragsgemäß zu verteilen.” (Klausur Seite 27). Dazu haben die Prüfer im Überdenkensverfahren zu Recht ausgeführt, dass der Kläger mit diesem Passus auf S. 27 lediglich den Sachverhalt der Aufgabenstellung wiederholt, nicht aber den Unterschiedsbetrag verteilt hat, wie das nach der Aufgabe erforderlich gewesen wäre. Offensichtlich hat der Kläger insoweit auch seine Einwände aufgegeben. In seiner Kritik zu der Stellungnahme der Prüfer hat er diesen Punkt nicht wieder aufgegriffen (vgl. FGA Bl. 103).
Sonstiges:
Der Prüfer „Schwarz” hat in der Klausur ursprünglich 36 Punkte aufaddiert. Der Prüfer „Rot” 32 Punkte. Der Kläger hat in der Klagbegründung einen Zählfehler des Prüfers Schwarz festgestellt, der richtigerweise nur 35 Punkte hätte verbuchen dürfen. Daraufhin haben die Prüfer in der Überdenkensphase (FGA Bl. 74) wie folgt Stellung genommen: Im Abschnitt Abgabenordnung seien die Punkte 13 und 14 für eine Verhältnisrechnung gewährt worden (die Geschäftsführerin der GmbH hätte die Steuerschulden im Verhältnis der übrigen Schuldentilgungen berücksichtigen müssen (vgl. Klausurakte Bl. 58)). Für die Verhältnisrechnung habe der Kläger von dem Prüfer Schwarz zwei Punkte und von dem Prüfer Rot einen Punkt erhalten. Nach nochmaliger Durchsicht hätten sich beide Prüfer darauf geeinigt, für die unvollkommene Berechnung keinen Punkt zu geben. In der Kurzfassung der Musterlösung heißt es: Entsprechend dem Anteil an den Gesamtverbindlichkeiten hätten Tilgungen in folgender Höhe an das Finanzamt erfolgen müssen: 12,4 % x 1,3 Mio. DM = 152.520 DM (Klausurakte Bl. 77). Dafür gab es die Punkte 13 und 14. In der Langfassung der Musterlösung ist die geforderte Lösung auf S. 2 (Klausurakte Bl. 58) dargestellt. Dieses Ergebnis der Prüfer ist vertretbar und von dem Beurteilungsspielraum gedeckt:
Das Ergebnis der Lösung des Klägers auf S. 2 der Klausur ist im Ergebnis falsch. Für den Grundsatz, dass sich eine Haftungsschuld nur ergibt, wenn im Verhältnis zu den übrigen Schuldentilgungen unter Einbeziehung der verrechneten Vorsteuerbeträge zu wenig auf die Steuerschuld gezahlt worden wäre, gab es den Punkt Nr. 12 (vgl. Klausurakte Bl. 58). Das anschließende Rechenwerk des Klägers ist falsch. Insbesondere fehlt in der Lösung des Klägers auch die Überlegung, dass die verrechneten Vorsteuern mit einzubeziehen sind. Es liegt im Beurteilungsspielraum der Prüfer, ob sie dafür einen Teil der vorgesehenen Punkte geben wollen oder nicht. Im Ergebnis kommen die Prüfer nach dem Überdenken zu 34 Punkten (Prüfer Rot) bzw. 37 Punkte (Prüfer Schwarz) - vgl. FGA Bl. 75 - Note 5,0 (30-39 Punkte).
Im Übrigen bekräftigen die Prüfer die nach dem Punkterahmen für diese Punktzahl vorgesehene Note dadurch, dass sie zusätzlich auf den Gesamteindruck der Arbeit abstellen, den sie als „mangelhaft” qualifizieren. Dieser Gesamteindruck sollte auch nach Auffassung des Gerichts bei der Beurteilung eine maßgebliche Rolle spielen, neben den erzielten Wertungspunkten der Musterlösung.
Die Kritik des Klägers an der Stellungnahme der Prüfer im Überdenkensverfahren (FGA Bl. 103) überzeugt nicht. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Prüfer, nachdem sie die Klausur erneut durchgesehen haben, zu der Überzeugung gelangen können, dass der Kandidat auch zu viele Punkte bekommen hat. Die Bewertung der Arbeit mit insgesamt 34 Punkten (Korrektur „Rot”) bzw. 37 Punkten (Korrektur „Schwarz”) begegnet danach keinen Bedenken.
Ertragsteuer-Klausur:
Bewertungspunkt 1:
Nach der Langfassung der Lösungshinweise gab es den Wertungspunkt 1 für eine Darstellung der Einnahmen aus Kapitalvermögen. Der Kläger verlangt diesen Punkt. Die Prüfer haben den Punkt nicht gegeben, weil der Kläger den angegebenen Betrag nicht als Bardividende, sondern als Nettodividende angesehen hat. Das ist zutreffend, denn in der Aufgabenstellung ist von 14 % gezahlter Dividende die Rede (auf 100.000 DM Aktienkapital). Außerdem heißt es, dass die Ausschüttung auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruhte. Der Kläger hat in seiner Klausur (Klausurakte Bl. 85) 14.000 DM angesetzt statt 14.000 plus 6.000 DM (nämlich 3/7 von 14.000, §§ 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG, 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG, Klausurakte Bl. 139). Im übrigen ist der Hinweis der Prüfer berechtigt, dass der Kläger in seiner weiteren Berechnung den Betrag einmal als Bruttodividende (Körperschaftsteuerguthaben 30 % von 14.000 DM = 4.200 DM) und zum anderen als Nettodividende (KapSt 17,5 % von 14.000 DM = 2.450 DM) behandelt hat.
Bewertungspunkt 6:
Der Kläger verlangt einen halben Mehr-Punkt; der Kläger hat einen halben Punkt erzielt und möchte einen halben dazu haben. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass er eine Bewertungsspanne von einem halben Punkt im Regelfall als im Beurteilungsermessen der Prüfer liegend ansieht.
Bewertungspunkt 9:
Diesen Punkt hat der Kläger nachträglich bekommen (vgl. FGA Bl. 82). Das gilt auch für die Wertungspunkte 33 und 34, die der Kläger für sich reklamiert, tatsächlich aber bekommen hat (vgl. FGA Bl. 82).
Bewertungspunkt 66:
In den Lösungshinweisen Lang (Klausurakte Bl. 166) wird erwartet, dass der Kandidat den Verzicht der GmbH auf einen Schadensersatzanspruch wegen des Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot als VGA qualifiziert und berechnet. Der Kläger möchte einen Punkt mehr haben (FGA Bl. 51), weil es „hier um die allgemeine Behandlung der Umsatzsteuer” geht. Der Wertungspunkt 66 wird nach der Musterlösung (Lang) dafür vergeben, dass der Kandidat erkennt, dass die durch die VGA ausgelöste Umsatzsteuer Teil der VGA ist; die ausgelöste Umsatzsteuer ist jedoch andererseits Betriebsausgabe. Darauf haben die Prüfer im Überdenkensverfahren zutreffend hingewiesen (FGA Bl. 83). Das hat der Kläger anscheinend auch akzeptiert. Er kommt auf diesen Punkt nicht mehr zurück (vgl. FGA 107, 108).
Bewertungspunkt 75:
Die Prüfer ziehen im Überdenkensverfahren in Erwägung, einen halben Punkt zusätzlich zu geben (FGA Bl. 83). Ob der Kläger Anspruch auf einen weiteren halben Punkt hat, liegt nach der Rechtsprechung des Senats im Prüferermessen.
Bewertungspunkt 76 mit 53, 54, 77, 80:
Die Prüfer weisen im Überdenkensverfahren zutreffend darauf hin, dass der Kläger für diese Passagen insgesamt 3,5 bzw. 3,0 Punkte (von max. 5 Punkten) bekommen hat (FGA Bl. 83). Nach der Musterlösung (Lang) (S. 27/28, Klausurakte Bl. 165, 166) war die VGA darzustellen, die durch den Verstoß des Gesellschaftergeschäftsführers gegen ein Wettbewerbsverbot ausgelöst wird. Nach der Musterlösung war u.a. zu erläutern, dass der Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot einen Schadensersatzanspruch gegen den Geschäftsführer auslöst und dass der Verzicht auf diesen Schadensersatzanspruch die rechtstheoretische Begründung für die VGA liefert. Der Kläger hat auf S. 22 seiner Klausur (Klausurakte Bl. 106) das, was in der Musterlösung verlangt war, nicht vollständig gebracht. Die Bewertung mit 3 bzw. 3,5 Punkten hält sich im Rahmen des Prüferermessens.
Bewertungspunkt 81:
Dieser Wertungspunkt war nach der Musterlösung für die richtige Zwischensumme bei der Einkommensermittlung (Klausurakte Bl. 167) zu vergeben. Der Kläger hat diese Zwischensumme falsch errechnet (FGA Bl. 84). Das bestreitet auch der Kläger nicht, wendet aber ein, dass teilweise Folgefehler zu dem falschen Ergebnis geführt haben „lediglich die Vorabausschüttung” sei versehentlich hinzugerechnet worden (FGA Bl. 108, 109). Die Entscheidung der Prüfer, den Punkt nicht zu gewähren, hält sich im Rahmen des Prüferermessens.
Bewertungspunkt 90:
Der Kläger verlangt einen halben Punkt mehr. Das liegt nach der Rechtsprechung des Senats regelmäßig im Rahmen des Prüferermessens. Der Einwand eines Additionsfehlers (FGA Bl. 53) ist ausgeräumt durch die Stellungnahme im Überdenkensverfahren (FGA Bl. 85), wie auch die fehlende Entgegnung des Klägers im Schriftsatz vom 8. 10. 96 (FGA Bl. 109, 110) erkennen lässt.
Im Ergebnis haben die Prüfer im Überdenkensverfahren zu Recht keine weiteren Punktzahlen zugebilligt.
Buchführung und Bilanzwesen:
Bewertungspunkt 14 (FGA Bl. 36):
Der Kläger verlangt einen halben Punkt mehr. Es gilt - wie oben erwähnt -, dass eine Wertungsdifferenz von 0,5 Punkte immer im Prüferermessen liegt.
Bewertungspunkt 15:
Der Wertungspunkt wurde nach der Musterlösung (Lang), (vgl. Klausurakte Bl. 217) dafür gegeben, dass der einzubuchende Gebäudewert 1990 ermittelt wurde. Der Kläger hat in seiner Klausur (Bl. 2, Klausurakte Bl. 178) sozusagen den richtigen Weg aufgezeigt: Anschaffungskosten minus AfA. Er hat aber nicht den Gebäudewert 1990 rechnerisch ermittelt. Das steht auch nicht auf S. 6 der Klausur, wie der Kläger reklamiert (FGA Bl. 97). Auf S. 6 der Klausur ist nur der Bilanzansatz für das Grundstück (Grund und Boden) erläutert.
Bewertungspunkte 19, 20, 21, 23-25:
Es geht um die Kontenentwicklung des Gebäudes, das in der Bilanz der OHG fehlerhaft nur zur Hälfte aktiviert war. Die Musterlösung teilt die richtige Kontenentwicklung in die Aktivierung des bislang nicht aktivierten Teils und dessen Fortschreibung sowie die Fortschreibung des bereits aktivierten Gebäudeteils, weil eigenständige Wirtschaftsgüter vorliegen. Insgesamt waren für die richtige Darstellung sechs Punkte vorgesehen; davon hat der Kläger nur einen bekommen. Die Prüfer haben in der Überdenkensphase den Punkt 23 nachträglich erteilt; im Übrigen haben sie die Einwände des Klägers zurückgewiesen (FGA Bl. 69), dies zu Recht. Der Kläger hat in der Klausur auf Seite 3 oben und auf Seite 7 (Klausurakte Bl. 183) den Bilanzansatz des Gebäudes nicht getrennt nach Gebäudeteilen behandelt. Dabei hat er einige Fragen, die sich nach der Musterlösung ergaben (vgl. FGA Bl. 69) nicht behandelt. Wenn die Prüfer bei einer offensichtlich lückenhaften Lösung zwei von den insgesamt sechs Punkten gegeben haben, bewegen sie sich im Rahmen des Prüferermessens.
Bewertungspunkt 43:
Der Kläger verlangt insoweit einen halben Punkt mehr. Diesen haben die Prüfer im Überdenkensverfahren (FGA Bl. 98) zusätzlich gewährt.
Bewertungspunkt 44:
Die Prüfer haben nachträglich (FGA 70) einen halben Punkt zusätzlich gewährt. Der Kläger verlangt zwar einen Punkt mehr. Die Differenz von einem halben Punkt bleibt aber im Rahmen des Prüferermessens (s. oben).
Bewertungspunkte 79 und 80:
Der Kläger verlangt 1,5 Punkte mehr. Er hat 0,5 Punkte bekommen. Die Prüfer haben im Überdenkensverfahren (FGA Bl. 70) einen weiteren halben Punkt gewährt. Die Berechnung der stillen Reserven für Grund und Boden Kantstraße und Gebäude Kantstraße, die der Kläger in der Klausur auf Bl. 20 dargestellt hat, musste falsch sein, weil er das zu Wertungspunkt 3 zu erörternde Problem falsch behandelt hat. Er ist u.a. fälschlich davon ausgegangen, dass der fremdvermietete Gebäudeteil nicht zum notwendigen Betriebsvermögen der OHG gehört (vgl. Seite 3 der Klausur bzw. Klausurakte Bl. 179 unten). Die Prüfer haben einen zusätzlichen halben Punkt gewährt und damit mit einem Punkt statt zwei möglichen Punkten den Folgefehler hinreichend honoriert (vgl. FGA Bl. 70). Der Kandidat, der letzten Endes das richtige Ergebnis nicht gefunden hat, kann nicht die volle Punktzahl bei Folgefehlern erwarten. Aber immerhin haben die Prüfer ihm hier einen Teil der möglichen Punkte gewährt - anders als oben bei den Bewertungspunkten 33, 34-37.
Bewertungspunkt 81:
Der Kläger reklamiert einen weiteren halben Punkt. Es gilt, wie oben, dass die Vergabe eines halben Bewertungspunktes im Rahmen des Prüferermessens liegt.
Bewertungspunkt 85:
Die Prüfer gewährten den Punkt nachträglich (FGA Bl. 71).
Bewertungspunkt 86:
Der Kläger streitet um einen halben Punkt mehr. Es gilt, wie oben, dass insoweit das Prüferermessen reicht. Im Übrigen ist die Stellungnahme der Prüfer überzeugend (FGA Bl. 71).
Bewertungspunkt 96:
Der Kläger verlangt auf FGA Bl. 43 zunächst einen Punkt mehr, korrigiert das aber im Schriftsatz vom 8.10.96 und verlangt nur noch einen halben Punkt zusätzlich, weil die notwendige Ausbuchung der Kaufpreisverbindlichkeiten richtig erkannt sei. Ein Bewertungsspielraum von 0,5 Punkten ist nicht justiziabel.
3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 115 Abs. 2, 136 Abs. 1 FGO.
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