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  • 20.05.2010

    Bundesfinanzhof: Beschluss vom 19.01.2010 – X B 32/09


    Gründe

    1

    I.

    Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wenden sich gegen die Verrechnung erstatteter Kirchensteuer mit gezahlter Kirchensteuer im Erstattungsjahr, da sich die entrichtete Kirchensteuer im Zahlungsjahr wegen eines negativen Gesamtbetrags der Einkünfte steuerlich nicht ausgewirkt hatte. Das Finanzgericht (FG) hat ausgeführt, die Verrechnung sei zu Recht erfolgt, da die Kläger in Höhe der Erstattung nicht wirtschaftlich belastet seien.

    2

    Mit ihrer auf den Gesichtspunkt der Fortentwicklung des Rechts gestützten Nichtzulassungsbeschwerde machen die Kläger geltend, dass nach ständiger Rechtsprechung (u.a. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. Februar 2005 XI R 68/03, BFH/NV 2005, 1304) erstattete Kirchensteuer mit der im Zahlungsjahr geleisteten Kirchensteuer zu verrechnen sei, soweit sie nicht mit gezahlter Kirchensteuer im Jahr der Erstattung verrechnet werden könne. Das bedeute aber folgerichtig, dass die Verrechnung im Erstattungsjahr nur stattfinden dürfe, wenn die Aufwendungen sich steuerlich zu Gunsten ausgewirkt hätten. Sonst wirkten sich Kichensteuer-Zahlungen möglicherweise gar nicht als Sonderausgaben aus, obwohl eine tatsächliche und endgültige wirtschaftliche Belastung vorliege.

    3

    II.

    Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet. Ein Bedürfnis nach Fortentwicklung des Rechts besteht nicht; die von den Klägern befürwortete Einschränkung der Verrechnung kommt nach gefestigter Rechtsprechung nicht in Betracht.

    4

    1.

    Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsfähig und besitzt deshalb keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), wenn sie bereits höchstrichterlich geklärt oder aus anderen Gründen eindeutig ist oder wenn die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat (vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 27. Januar 2006 II B 6/05, BFH/NV 2006, 908, sowie Senatsbeschluss vom 16. Januar 2007 X B 38/06, BFH/NV 2007, 757). Für die Rechtsfortbildungsrevision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 Alternative 1 FGO gilt dieser Maßstab entsprechend (vgl. BFH-Beschluss vom 25. Juni 2008 X B 210/05, BFH/NV 2008, 1649).

    5

    2.

    Nach ständiger Rechtsprechung des BFH einschließlich des beschließenden Senats (vgl. Entscheidungen vom 26. Juni 1996 X R 73/94, BFHE 181, 144, BStBl II 1996, 646; in BFH/NV 2005, 1304; vom 28. Juni 2006 XI B 163/05, BFH/NV 2006, 1836; vom 2. September 2008 X R 46/07, BFHE 222, 215, BStBl II 2009, 229; vom 16. September 2008 X B 267/07, BFH/NV 2009, 5; vom 26. November 2008 X R 24/08, BFH/NV 2009, 568, und vom 3. März 2009 X B 145/08, nicht veröffentlicht) sind aus Gründen der Praktikabilität erstattete Kirchensteuern im Jahr der Erstattung vorrangig mit den in diesem Jahr gezahlten Kirchensteuern zu verrechnen und mindern den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Erstattungsjahr. Nur wenn die Erstattung die gezahlten Kirchensteuern im Erstattungsjahr übersteigt, mindert der Erstattungsüberhang --und nur dieser-- über § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung den Sonderausgabenabzug im Zahlungsjahr.

    6

    Die Verrechnung im Erstattungsjahr findet mithin stets statt, wenn und soweit sie möglich ist. Sie hängt nicht davon ab, ob sie auch im Zahlungsjahr möglich gewesen wäre oder wie sich der Sonderausgabenabzug im Zahlungsjahr ausgewirkt hatte. Die im Streitfall vorgenommene und durch das FG bestätigte Verrechnung der Erstattung im Erstattungsjahr entspricht deshalb gefestigter Rechtsprechung.

    7

    3.

    Mit ihrer Rechtsansicht, die Verrechnung im Erstattungsjahr setze umgekehrt eine steuerliche Auswirkung des Sonderausgabenabzugs im Zahlungsjahr voraus, setzen die Kläger zu Unrecht die Verrechnungsmöglichkeit mit der steuerlichen Auswirkung gleich.

    8

    a)

    Die Rechtsprechung knüpft die Verrechnung des Erstattungsüberhangs im Zahlungsjahr nicht daran an, dass der Erstattungsüberhang sich im Erstattungsjahr nicht steuerlich auswirkt, sondern daran, dass im Erstattungsjahr keine Zahlungen vorhanden sind, mit denen eine Verrechnung möglich wäre.

    9

    b)

    Richtig ist, dass sich bei Anwendung dieser Grundsätze in bestimmten Fällen Kirchensteuer-Zahlungen nicht steuerlich auswirken, obwohl eine tatsächliche und endgültige wirtschaftliche Belastung vorliegt. Dies ist, wie das FG zu Recht ausgeführt hat, systemimmanent, weil Grund und Umfang der steuerlichen Auswirkungen des Sonderausgabenabzugs von der Höhe des zuvor zu ermittelnden Gesamtbetrags der Einkünfte nach § 2 Abs. 3 EStG abhängen.

    10

    Andererseits ist allerdings darauf hinzuweisen, dass sich bei Anwendung dieser Grundsätze einschließlich der unter 1. dargestellten Verrechnungsmethode in bestimmten Fällen auch Kirchensteuer-Erstattungen nicht steuerlich auswirken, obwohl die Kirchensteuer-Zahlung sich ausgewirkt hat. Dazu kann es kommen, wenn im Erstattungsjahr zwar Kirchensteuer-Zahlungen vorhanden sind, die eine Verrechnung ermöglichen, der Gesamtbetrag der Einkünfte jedoch so gering ist, dass sich der Sonderausgabenabzug und hieraus folgend auch die den Abzug mindernde Verrechnung nicht auswirkt. Die Verrechnungsmethode ist daher unter systematischen Gesichtspunkten zu Gunsten und zu Lasten der Steuerpflichtigen belastungsneutral.