06.04.2011 · IWW-Abrufnummer 111144
Finanzgericht Münster: Urteil vom 30.11.2010 – 9 K 1842/10 K
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster
9 K 1842/10 K
Tenor: Der Körperschaftsteuerbescheid 2008 vom 18.6.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.4.2010 wird dahingehend geändert, dass der auf den 31.12.2007 festgestellte verbleibende Verlustabzug von 60.046 € in voller Höhe vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird. Die Berechnung der festgesetzten Körperschaftsteuer wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Die Beteiligten streiten darum, ob die Beschränkung des Verlustabzugs nach § 8c Abs. 1 KStG bei einem unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerb auch für den Abzug eines zum Schluss des Vorjahres festgestellten Verlustvortrags von einem im laufenden Jahr bis zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs entstandenen Gewinn bzw. dem hierauf entfallenden Gesamtbetrag der Einkünfte gilt.
Die Klägerin, eine GmbH, wurde mit notariellem Gesellschaftsvertrag vom 8.3.1991 unter der Firma "A Gesellschaft mit beschränkter Haftung" mit Sitz in J (Landkreis T) gegründet. Gegenstand des Unternehmens war die Herstellung und der Einbau sowie der Vertrieb und die Wartung von Sportgeräten aller Art aus eigener Produktion und solchen aus Zulieferungen. Das Stammkapital betrug 50.000 DM. Die Geschäftsanteile hielten zu je 50 % (25.000 DM) die in N ansässigen Tischlermeister L und U. Alleiniger Geschäftsführer war zunächst U, ab 1996 auch L. Mit notariellem Vertrag vom 30.5.2000 veräußerte L seinen Geschäftsanteil an den in N ansässigen Feinmechanikermeister V und trat ihn an diesen ab. Veräußerung und Abtretung sollten mit Wirkung zum 30.4.2000 erfolgen. In der Folge wurde auch V zum Geschäftsführer bestellt.
Mit notariellem Vertrag vom 16.3.2004 veräußerte U (der aufgrund Eheschließung inzwischen den Namen G führte) seinen Geschäftsanteil an V und trat ihn an diesen ab. Durch Gesellschafterbeschluss vom gleichen Tag wurden die Geschäftsanteile zu einem Geschäftsanteil zusammengelegt, das Stammkapital auf Euro umgestellt und auf 26.000 € erhöht. Außerdem wurde die Firma der Klägerin in "A B GmbH" geändert und ihr Sitz nach N verlegt. Der Gegenstand ihres Unternehmens wurde in die Herstellung, den Einbau, den Vertrieb und die Wartung von Sportgeräten aller Art und sämtliche Feinwerkmechanik geändert.
Mit notariellem Vertrag vom 3.7.2008 veräußerte V nach vorheriger Teilung seines Geschäftsanteils einen Geschäftsanteil von 50 % (13.000 €) an den in N ansässigen Dipl.-Betriebswirt H und trat ihn an diesen ab. Der Gewinn für das laufende Geschäftsjahr sollte insoweit V zustehen, als er auf den Zeitraum bis zum Tag der Beurkundung entfiel. Mit Gesellschafterbeschluss vom gleichen Tag wurde die Firma der Klägerin in "C GmbH" geändert. H wurde zum weiteren Geschäftsführer bestellt.
Mit Bescheid vom 14.10.2008 wurde für die Klägerin der verbleibende Verlustabzug zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2007 i.H.v. 60.046 € festgestellt.
In dem hier in Rede stehenden Zeitraum ermittelte die Klägerin ihren Gewinn nach einem mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden Wirtschaftsjahr. In ihrem Jahresabschluss zum 31.12.2008 wies sie einen Jahresüberschuss i.H.v. rd. 121.815 € aus. Unter Hinzurechnung nicht abziehbarer Betriebsausgaben (Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer) i.H.v. insgesamt 41.485 € ergab sich für den Veranlagungszeitraum 2008 ein Gesamtbetrag der Einkünfte i.H.v. 163.300 €.
Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) war der Auffassung, dass mit der Übertragung des 50 %-igen Geschäftsanteils zum 3.7.2008 der zum 31.12.2007 festgestellte Verlustabzug i.H.v. 60.046 € zu 50 % (also i.H.v. 30.023 €) gemäß § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG nicht mehr berücksichtigungsfähig sei und untergehe. Der danach noch verbleibende Verlustabzug von ebenfalls 30.023 € könne vom Gesamtbetrag der Einkünfte des Jahres 2008 abgezogen werden. Im Bescheid über Körperschaftsteuer 2008 vom 18.6.2009 zog das FA vom Gesamtbetrag der Einkünfte daher lediglich einen Verlustvortrag i.H.v. 30.023 € ab. Mit Bescheid vom gleichen Tag stellte es den verbleibenden Verlustabzug auf den 31.12.2008 mit 0 € fest.
Die Klägerin legte gegen den Bescheid über Körperschaftsteuer 2008 Einspruch ein, mit dem sie sich gegen die nur beschränkte Berücksichtigung des Verlustabzugs wandte. Hierzu reichte die Klägerin einen Zwischenabschluss zum 31.5.2008 ein, der einen bis dahin angefallenen Jahresüberschuss i.H.v. 50.737 € auswies. Der verbleibende Verlustabzug zum 31.12.2007 sei bis zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung am 3.7.2008 bereits vollständig verbraucht gewesen. Der bis dahin angefallene Gewinn habe allein V zugestanden. Den ebenfalls zunächst eingelegten Einspruch gegen die Verlustfeststellung zum 31.12.2008 nahm die Klägerin zurück.
Mit Einspruchsentscheidung vom 26.4.2010 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Gemäß § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG sei mit der vorliegenden Übertragung von 50 % der Geschäftsanteile zum 3.7.2008 der zum 31.12.2007 festgestellte verbleibende Verlustabzug zu einem entsprechenden Anteil untergegangen. Erfolge wie im Streitfall ein schädlicher Beteiligungserwerb während des laufenden Wirtschaftsjahres, könne auch ein bis zu diesem Zeitpunkt erzielter Gewinn nicht mit den noch nicht genutzten Verlusten verrechnet werden (Hinweis auf BMF-Schreiben vom 4.7.2008, BStBl I 2008, 736 Tz 31). Weder die mit dem Zwischenabschluss teilweise dargestellte zeitliche Zuordnung des in 2008 erzielten Betriebsergebnisses noch die vertraglichen Vereinbarungen rechtfertigten eine davon abweichende Beurteilung.
Hiergegen richtet sich die Klägerin mit ihrer Klage. Sie macht geltend, Verlustvorträge würden nach § 8c Abs. 1 KStG nur insoweit untergehen, als sie zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs noch nicht ausgeglichen oder abgezogen seien. Dies sei aber vorliegend gerade nicht der Fall, da der Verlustvortrag von dem bis zum Beteiligungserwerb am 3.7.2008 erzielten Gewinn abzuziehen sei. Einen solchen Verlustabzug habe der Gesetzgeber mit § 8c Abs. 1 KStG nicht ausschließen wollen.
Die Klägerin beantragt,
den Körperschaftsteuerbescheid 2008 vom 18.6.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.4.2010 dahingehend zu ändern, dass der auf den 31.12.2007 festgestellte verbleibende Verlustabzug von 60.046 € in voller Höhe vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Das FA verweist auf die Einspruchsentscheidung.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die Klage ist begründet. Der angefochtene Körperschaftsteuerbescheid 2008 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
I. Der zum 31.12.2007 festgestellte verbleibende Verlustvortrag i.H.v. 60.046 € war gemäß § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG im Veranlagungszeitraum 2008 in voller Höhe vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen.
1. Der Abzug des verbleibenden Verlustvortrags war im Streitfall nicht gemäß § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG ausgeschlossen. Die Verlustabzugsbeschränkung des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG liegt zwar ihren tatbestandlichen Voraussetzungen nach vor. Jedoch betrifft sie ihren Rechtsfolgen nach nicht den hier in Rede stehenden Verlustabzug.
a) Aufgrund des Erwerbs des 50 %-igen Geschäftsanteils durch H mit notariellem Vertrag vom 3.7.2008 liegt ein schädlicher Beteiligungserwerb i.S.v. § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG vor. Es wurden dadurch innerhalb von fünf Jahren mehr als 25 %, aber nicht mehr als 50 % des gezeichneten Kapitals der Klägerin an einen Erwerber übertragen.
b) Als Rechtsfolge sieht § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG vor, dass die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte (sog. nicht genutzte Verluste) anteilig i.H. des Beteiligungserwerbs von 50 % nicht mehr abziehbar sind. Dies hindert den Abzug des für die Klägerin zum 31.12.2007 festgestellten verbleibenden Verlustvortrags i.H.v. 60.046 € jedoch nicht.
aa) Das Abzugsverbot des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG erfasst nicht den Abzug eines zum Schluss des Vorjahres festgestellten verbleibenden Verlustvortrags von einem bis zum Zeitpunkt eines unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerbs entstandenen Gewinn bzw. dem hierauf entfallenden Gesamtbetrag der Einkünfte. Es wird vielmehr ausschließlich der Abzug von einem nach diesem Zeitpunkt entstandenen Gewinn bzw. dem hierauf entfallenden Gesamtbetrag der Einkünfte ausgeschlossen (ebenso Brandis in Blümich, § 8c KStG Rz 56; B. Lang in Ernst & Young, § 8c KStG Rz 77; dies., DStZ 2008, 549, 559; Suchanek in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Rz 32; ders., GmbHR 2008, 292, 296; Roser in Gosch, 2. Aufl., § 8c KStG Rz 97; wohl auch ders., DStR 2008, 1561, 1564; Behrens, BB 2009, 1169, 1170; Schick/Franz, DB 2008, 1987, 1993; Meiisel/Bokeloh, BB 2008, 808, 815; Neyer, BB 2007, 1415, 1419). Der u.a. von der Finanzverwaltung vertretenen Gegenauffassung (BMF-Schreiben vom 4.7.2008, BStBl I 2008, 736 Tz 31; Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rz 81; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz 78d, unter Aufgabe der in der vorherigen Lieferung vertretenen Auffassung; wohl auch van Lishaut, FR 2008, 789, 799) folgt der Senat nicht.
Der Wortlaut des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG lässt insoweit allerdings keine klaren Schlussfolgerungen zu. Zum Teil wird im Schrifttum darauf abgestellt, dass über den Verlustabzug nach § 10d EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG verfahrensrechtlich erst am Ende des Veranlagungszeitraums zu entscheiden sei. Als Konsequenz gehöre in der in Rede stehenden Situation der zum Ende des Vorjahres festgestellte Verlustvortrag zu den "bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht abgezogenen [...] negativen Einkünfte [n]", die daher nunmehr "nicht mehr abziehbar" seien (so wohl van Lishaut, FR 2008, 789, 799; vgl. hierzu auch Behrens, BB 2009, 1169, 1170, der allerdings im Ergebnis die hier vertretene Auffassung vertritt). In ähnlicher Weise wird argumentiert, ein Gewinn entstehe jedenfalls erst am Ende des Wirtschaftsjahres und ein Verlustabzug komme daher frühestens zu diesem Zeitpunkt in Betracht, der Verlustvortrag sei dort aber bereits "nicht mehr abziehbar" (so Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz 78d, wohl ebenfalls van Lishaut, FR 2008, 289, 799). Ein Verlustabzug sei danach nur dann möglich, falls das Wirtschaftsjahr auf den Zeitpunkt des unterjährigen Beteiligungserwerbs umgestellt werde oder ohnehin so liege (vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz 78d). Wenngleich die beiden vorgenannten Auslegungsvarianten vom Wortlaut der Regelung möglich erscheinen, sind sie nach diesem jedenfalls nicht zwingend. Vielmehr kann der Wortlaut ebenso so verstanden werden, dass nicht jeder verfahrensrechtlich nach dem schädlichen Beteiligungserwerb vorzunehmende Verlustabzug vollständig ausgeschlossen ist, sondern bei einem solchen materiell-rechtlich nur noch ein Abzug für den Zeitraum "bis zum schädlichen Beteiligungserwerb" möglich, für den danach liegenden Zeitraum dagegen ausgeschlossen ist. Auch dass der Gewinnermittlungszeitraum – für buchführungspflichtige Körperschaften – nach § 7 Abs. 4 Satz 1 KStG das (gesamte) Wirtschaftsjahr ist und der Gewinn nach § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG bei abweichendem Wirtschaftsjahr als in dem Kalenderjahr bezogen gilt, in dem das Wirtschaftsjahr endet, lässt jedenfalls nicht zwingend den Schluss darauf zu, dass der während des Wirtschaftsjahres erwirtschaftete Gewinn nicht für Zwecke des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG auf die vorgenannten Zeiträume aufzuteilen ist.
Ausschlaggebend für die vom Senat vertretene Auslegung ist angesichts des unklaren Wortlauts der Sinn und Zweck der Regelung. § 8c KStG liegt der Gedanke zugrunde, dass sich ungeachtet des Trennungsprinzips "die wirtschaftliche Identität einer Gesellschaft durch das wirtschaftliche Engagement eines anderen Anteilseigners" ändere. Die in früherer Zeit erwirtschafteten Verluste sollen für das "neue wirtschaftliche Engagement" unberücksichtigt bleiben (so die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 16/4841, S. 76). Nach diesem Gesetzeszweck spricht nichts dafür, dass der Abzug eines vorher festgestellten Verlustvortrags von einem Gewinn ausgeschlossen werden soll, der bis zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs erwirtschaftet wird. Der vorherige Verlustvortrag wird gerade nicht für das "neue", sondern noch für das "alte" wirtschaftliche Engagement genutzt (vgl. auch BFH-Urteil vom 5.6.2007 I R 9/06, BStBl II 2008, 988, unter II.3., zum maßgeblichen Zeitpunkt für den Ausschluss des Verlustabzugs nach der Vorgängerregelung des § 8 Abs. 4 KStG a.F. u.a. unter Heranziehung der in dieser Hinsicht vergleichbaren Regelungsintention). Zudem erschiene es – sowohl im Hinblick auf das von der oben angeführten Gegenauffassung vertretene Wortlautverständnis als auch den Gesetzeszweck – widersprüchlich, dass die Verlustabzugsbeschränkung nach § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG einen bis zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs entstandenen laufenden Verlust erfassen soll (so das nach Auffassung des Senats zutreffende allgemeine Verständnis, der Norm, vgl. Brandis in Blümich, § 8c KStG Rz. 56 m.w.N., sowie die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 16/4841, S. 76; a.A. soweit ersichtlich nur Neumann, GmbH-StB 2007, 249, 251), im Falle eines bis dahin entstandenen Gewinns dieser dagegen bereits dem "neuen" wirtschaftlichen Engagement zugerechnet würde. Für eine – konsequenterweise beide Konstellationen betreffende – andere Auslegung wonach ein im laufenden Veranlagungszeitraum erzielter Gewinn bzw. Verlust nicht auf den Zeitraum vor und nach dem schädlichen Beteiligungserwerb aufgeteilt werden müsste ließen sich allenfalls Vereinfachungsgesichtspunkte anführen. Für einen solchen mit der Regelung verfolgten Vereinfachungszweck sind angesichts des unklaren Wortlauts und der für eine unterjährige Aufteilung sprechenden Gesetzes-begründung jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte ersichtlich.
Dafür, dass § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG den Verlustabzug von einem bis zu einem unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerb entstandenen Gewinn nicht ausschließt, spricht schließlich auch die Regelung zur Einschränkung des Verlustabzugsverbots aufgrund vorhandener stiller Reserven nach § 8c Abs. 1 Satz 6 - 8 KStG i.d.F. des Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) vom 22.12.2009 (BGBl I 2009, 3950, BStBl I 2010, 2), die gemäß § 34 Abs. 7b Satz 2 KStG in der Fassung dieses Gesetzes allerdings erst auf schädliche Beteiligungserwerbe nach dem 31.12.2009 und damit im Streitjahr noch nicht anwendbar ist. Diese Bestimmung stellt auf die stillen Reserven zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs ab. Es wäre nur schwer nachvollziehbar, wenn zwar stille Reserven zu diesem Zeitpunkt das Verlustabzugsverbot des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG einschränken würden, bei Realisierung der stillen Reserven im laufenden Jahr vor diesem Zeitpunkt die Verlustabzugsbeschränkung dagegen voll eingriffe. Auch wenn der Gesetzgeber die Einschränkung des Verlustabzugsverbots nach § 8c Abs. 1 Satz 6 - 8 KStG erst nachträglich eingefügt hat, lässt sich ihr ein Hinweis darauf entnehmen, welchen Regelungsgehalt er der zuvor bestehenden Bestimmung des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG beimisst.
bb) Ausgehend hiervon war der für die Klägerin zum 31.12.2007 festgestellte verbleibende Verlustvortrag i.H.v. 60.046 € im Streitjahr in voller Höhe vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen. Der Gesamtbetrag der Einkünfte des Jahres 2008 von 163.299 € entfiel mindestens i.H. eines Betrags von 60.046 € auf den Zeitraum bis zum schädlichen Beteiligungserwerb am 3.7.2008.
Die Klägerin hat einen Zwischenabschluss zum 31.5.2008 aufgestellt, der einen Jahresüberschuss von 50.737 € auswies und zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Wird die im Zwischenabschluss ausgewiesene Gewerbesteuer von 9.200 € als gemäß § 4 Abs. 5b EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG nicht abziehbare Betriebsausgaben hinzu gerechnet, ergibt sich ein bis zum 31.5.2008 entstandener Gesamtbetrag der Einkünfte von 59.937 €. Zwar wird damit noch nicht der o.g. Betrag von 60.046 € erreicht, doch lag zwischen dem Zwischenabschluss und dem schädlichen Beteiligungserwerb noch etwas mehr als ein Monat. Der Senat hat im Streitfall keine Bedenken, zumindest den auf den Zeitraum nach dem 31.5.2008 entfallenden oder alternativ auch den gesamten Gesamtbetrag der Einkünfte zeitanteilig aufzuteilen (vgl. zur von der Finanzverwaltung vorgesehenen zeitanteiligen Aufteilung eines im Jahr des schädlichen Beteiligungserwerbs angefallenen Verlustes BMF-Schreiben vom 4.7.2008, BStBl I 2008, 736 Tz 32). In beiden Fällen ergibt sich ein hinreichend hoher Betrag. Dementsprechend haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich unstreitig gestellt, dass der bis zum 3.7.2008 entstandene Gesamtbetrag der Einkünfte mindestens 60.046 € beträgt.
2. Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht aus der gemäß § 34 Abs. 6 Satz 3 KStG für einen Übergangszeitraum unter bestimmten Voraussetzungen fortgeltenden Verlustabzugsbeschränkung gemäß § 8 Abs. 4 KStG a.F.. Es wurden bereits nicht – wie von der vorgenannten Übergangsregelung gefordert – mehr als die Hälfte der Anteile an der Klägerin innerhalb eines vor dem 1.1.2008 beginnenden Zeitraums von fünf Jahren übertragen. Zwar hatte V mit notariellem Vertrag vom 16.3.2004 zusätzlich zu seinem dort bereits vorhandenen Geschäftsanteil von 50 % den bis dahin von U gehaltenen weiteren Geschäftsanteil von 50 % erworben, bevor er mit dem oben unter 1. angeführten notariellen Vertrag vom 3.7.2008 einen Geschäftsanteil von 50 % an H übertrug. Da USch seit dem Jahr 2000 durchgehend mindestens einen Geschäftsanteil von 50 % hielt, waren sich die Beteiligten jedoch in der mündlichen Verhandlung einig, dass ungeachtet der zwischenzeitlichen Zusammenlegung der beiden Geschäftsanteile durch V mit beiden Verträgen keine schädliche Anteilsübertragung über 50 % i.S.v. § 34 Abs. 6 Satz 3 KStG bzw. § 8 Abs. 4 KStG a.F. selbst vorlag (vgl. auch die nach Auffassung der Finanzverwaltung nur einfache Zählung mehrfacher Übertragungen des nämlichen Anteils laut BMF-Schreiben vom 19.4.1999, BStBl I 1999, 455 Tz 5). In jedem Fall ist aber für § 8 Abs. 4 KStG a.F. geklärt, dass der Abzug eines zum Schluss des Vorjahres festgestellten Verlustvortrags von einem bis zum Zeitpunkt einer schädlichen Anteilsübertragung entstandenen Gewinn bzw. dem hierauf entfallenden Gesamtbetrag der Einkünfte nicht ausgeschlossen wird (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2008, 988, unter II.3.).
II. Die Berechnung der festgesetzten Körperschaftsteuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO
IV. Die Revision war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).