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  • 13.08.2012 · IWW-Abrufnummer 122486

    Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 12.12.2011 – 6 K 3103/09

    1. Erfolgt die Berichtigung des frühestmöglichen Kündigungstermins eines –wegen eines Tages – nicht auf mindestens fünf Jahre abgeschlossenen Gewinnabführungsvertrages zu einem Zeitpunkt, in dem der Fünfjahreszeitraum bereits abgelaufen ist, ist der Beschluss wegen des steuerlichen Rückwirkungsverbots nicht anzuerkennen.


    2. Eine Auslegung des Ergebnisabführungsvertrages i. S. d. nicht steuerlich anzuerkennenden Berichtigungsbeschlusses, dass statt des 30.12. der 31.12. eines Jahres entgegen dem Wortlaut als frühester Kündigungstermin dem Willen der Vertragsparteien entspricht, scheidet aus, wenn kein eindeutiger Beleg für diese Auslegung besteht. Der Grundsatz „falsa demonstratio non nocet”, nach dem ohne Rücksicht auf einen abweichenden Wortlaut das von den Vertragsschließend tatsächlich Gemeinte als Inhalt des Vertrags gilt, kann im Bereich der objektiverten Auslegung körperschaftlicher Vereinbarungen nicht uneingeschränkt angewendet werden.


    FG Baden-Württemberg v. 12.12.2011

    6 K 3103/09

    Tatbestand
    Streitig ist, ob die Mindestlaufzeit eines Gewinnabführungsvertrages infolge einer notariellen Berichtigung erfüllt ist.

    An dem streitgegenständlichen Organschafts- und Gewinnabführungsvertrag vom 7. Januar 1999 waren die X GmbH als Organträgerin sowie die Y GmbH als Organgesellschaft beteiligt.

    Aus der Organgesellschaft entstand die Klägerin, die A GmbH, wie folgt:

    Ausweislich des Handelsregistereintrags vom 29. September 2000 übernahm die Organgesellschaft das bisher unter der Firma „B GmbH” betriebene Handelsgewerbe und änderte die Firma in „Z GmbH”.

    Gemäß dem Handelsregistereintrag vom 9. Januar 2002 wurde die Gesellschaft (übertragender Rechtsträger) aufgrund des Verschmelzungsvertrags vom 8. August 2001 mit der Firma „C GmbH”, fortan: „D GmbH” mit Sitz in Q im Wege der Aufnahme verschmolzen. Diese Gesellschaft wurde am 22. Januar 2004 in „F GmbH” umfirmiert.

    Die F GmbH wurde aufgrund des Verschmelzungsvertrags vom 9. Mai 2007 und 20. Juni 2007 auf die Klägerin verschmolzen.

    Die X GmbH als Organträgerin des oben genannten Gewinnabführungsvertrags wurde ausweislich des Handelsregistereintrags vom 31. Januar 2006 in „G GmbH” umfirmiert.

    Im Organschafts- und Gewinnabführungsvertrag vom 7. Januar 1999 verpflichtet sich die Organgesellschaft in § 3 Nr. 1, erstmals für das Geschäftsjahr 1999 den ganzen, nach den maßgeblichen handelsrechtlichen Vorschriften ermittelten Gewinn…. an die Organträgerin abzuführen. Gemäß § 4 Ziffer 1 beginnt der Vertrag rückwirkend mit dem 1. Januar 1999 und läuft unkündbar bis zum 30. Dezember 2003. Er kann erstmalig zu diesem Zeitpunkt mit einer Kündigungsfrist von einem Jahr gekündigt werden.

    Die Zustimmung der Gesellschafterversammlung der Organgesellschaft zum o.g. Vertrag wurde am 23. Februar 1999 von Notar W beim Notariat R (Urkundenrolle 1…/1999) notariell beurkundet; der o.g. Vertrag war verlesen worden und bildete eine Anlage zur Urkunde.

    Der Eintrag ins Handelsregister erfolgte am 4. März 1999, wobei wegen des näheren Inhalts auf den Vertrag und die Zustimmungsbeschlüsse Bezug genommen wurde.

    Im November 2004 wurde bei der Rechtsnachfolgerin der Organgesellschaft, der F GmbH, eine Außenprüfung für die Jahre 1999 und 2000 durchgeführt. Dabei wurde beanstandet, dass die Mindestlaufzeit des Gewinnabführungsvertrags keine volle fünf Jahre betrage und daher steuerlich unbeachtlich sei.

    Mit Datum vom 7. Dezember 2004 berichtigte Notar W die Urkunde nach § 44a Abs. 2 Beurkundungsgesetz. Auf Seite 2 in § 4 Ziffer 1 2. Zeile sei das Datum mit 30.12.2003 angegeben. Richtig müsse das Datum dort 31.12.2003 lauten. Die Berichtigung wurde zur Urkunde 2./1999 beim Registergericht des Amtsgerichts M zur Einfügung in die Akte HRB 3. gegeben. Eine Eintragung dieser Urkundsberichtigung in das Handelsregister erfolgte nicht.

    Am 6. April 2006 wurde Herr Notar W als Auskunftsperson gemäß § 93 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) vom Beklagten befragt (Bl. 102 – 106 der Akten). Herr Notar W sagte aus, die Anlage zur Urkunde sei nicht im Notariat geschrieben worden. Er habe sie vermutlich von der X GmbH erhalten; die Anlage sei aber nicht erst zum Termin am 23. Februar 1999 mitgebracht worden. Vorab sei er von der X GmbH darüber informiert worden, dass aufgrund eines Tippfehlers in § 4 Ziffer 1 der Anlage zur Urkunde ein falsches Datum wiedergegeben sei. Nicht der 30.12.2003 sei gemeint gewesen, sondern der 31.12.2003. Ein Grund für die gewünschte Änderung des Datums sei ihm nicht genannt worden. Die Berichtigung sei erforderlich gewesen, um den richtigen Willen der Parteien zu dokumentieren. Er sei zur Überzeugung gelangt, dass die Beteiligten die Beurkundung des Datums 31.12.2003 gewollt hätten. Es komme praktisch täglich vor, dass beim Vorlesen von Urkunden mit ihren Anlagen immer wieder eine Unrichtigkeit überhört werde.

    Im Bp-Bericht vom 5. Oktober 2006 wurde die Auffassung vertreten, die Berichtigung vom 7. Dezember 2004 könne als Änderung im Erklärungsinhalt nicht zurückwirken. Der Gewinnabführungsvertrag vom 7. Januar 1999 habe daher weiterhin keine Mindestlaufzeit von fünf Jahren und könne der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden. Der Gewinn sei bei der Organgesellschaft zu berücksichtigen.

    Daraufhin erließ der Beklagte am 11. Dezember 2006 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid für 2000 über Körperschaftsteuer, der an die F GmbH „für Firma B GmbH zu Händen des Rechtsnachfolgers” adressiert wurde und in dem der Gewinn für das Streitjahr der Organgesellschaft zugerechnet wurde.

    Der hiergegen form- und fristgerecht eingelegte Einspruch wurde in der Einspruchsentscheidung vom 1. Juli 2009, auf die Bezug genommen wird, als unbegründet zurückgewiesen. Die steuerliche Berücksichtigung der vorgenommenen Berichtigung scheitere an der fehlenden Eintragung des notariellen Nachtrags im Handelsregister. Gemäß dem Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22. Oktober 2008, BFH/NV 2009, 299 bedürften alle eventuellen späteren Ergänzungen und Änderungen eines Gewinnabführungsvertrags zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung in das Handelsregister.

    Dagegen richtet sich die Klage vom 24. Juli 2009. Die Urkunde sei nach § 44a Abs. 2 Satz 1 Beurkundungsgesetz zu berichtigen gewesen. Den Notar treffe insofern eine Berichtigungspflicht, die eine Amtspflicht sei. Er habe als eine nach § 415 Zivilprozessordnung (ZPO) „mit öffentlichem Glauben versehene Person” ohne Ermessensspielraum jeden falschen Schein zu vermeiden, der sich aus einem Fehler in einer notariellen Urkunde ergeben könnte. Eine Berichtigung sei selbst dann möglich, wenn der Fehler nicht aus der Urkunde selbst oder aus sonst für die Beteiligten ohne weiteres zugänglichen Informationsquellen ersichtlich sei. Ausreichend sei auch, dass die Fehlerhaftigkeit nicht für Jedermann, sondern nur für den beurkundenden Notar offensichtlich sei.

    Entgegen der Behauptung des Beklagten sei keine nachträgliche Änderung im Erklärungsinhalt erfolgt. Allein aufgrund der Tatsache, dass der Monat Dezember 31 Tage habe, sei schon erkennbar, dass das Datum 30. Dezember 2003 nicht vereinbart und gewollt gewesen sein könne. Zudem sei der Vertrag ausdrücklich als „Organschaftsund Gewinnabführungsvertrag” bezeichnet worden, was für sich allein auf die gewollten steuerlichen Konsequenzen weise. Der Vertrag habe auch keine abweichende, mit der streitigen Laufzeit übereinstimmende Vereinbarung eines abweichenden Gewinnermittlungszeitraums vorgesehen.

    Mit der streitigen Mindestlaufzeit zwingend verknüpft sei § 3 des Vertrags, wonach erstmals für das Geschäftsjahr 1999 die Klägerin den ganzen, nach den maßgeblichen handelsrechtlichen Vorschriften ermittelten Gewinn abzuführen habe. Die Gewinnabführung beziehe sich somit auf das jeweilige Geschäftsjahr, mithin auf den 31.12. eines Kalenderjahres. Wäre die Mindestlaufzeit tatsächlich auf den 30.12. vereinbart gewesen, würde dies zusätzlichen Zeitaufwand und Kosten der Parteien für die Erstellung eines Zwischenabschlusses zum 30.12. bedeuten, gleichwohl auch noch eine Jahresbilanz zum 31.12. erstellt werden müsste.

    Die Formerfordernisse der §§ 293 ff. Aktiengesetz seien eingehalten. Berichtigungen des Vertragsinhalts seien keine Änderungen im Sinn des § 295 Aktiengesetz. Der Nachtragsvermerk nach § 44a Abs. 2 Satz 1 Beurkundungsgesetz sei aber eine solche Berichtigung. Der Nachtragsvermerk sei anders zu beurteilen als eine privatrechtliche Ergänzungsvereinbarung, der der BFH wegen des steuerlichen Rückwirkungsverbotes die rückwirkende Wirksamkeit versagt habe (BFH vom 28. November 2007 I R 94/06); der notarielle Nachtragsvermerk als öffentliche Urkunde erbringe den Beweis der Erklärung, dass die Parteien des Vertrages eine Mindestlaufzeit von mindestens fünf Jahren von Beginn an abgeschlossen hätten (§§ 415 Abs. 1, 418 Abs. 1 ZPO). Im Übrigen trage der Beklagte die Beweislast dafür, dass das vom Notar durch Nachtragsvermerk richtig gestellte Datum des Vertrags unrichtig beurkundet sei (§ 415 Abs. 2 ZPO).

    Die Klägerin beantragt,

    den geänderten Bescheid über Körperschaftsteuer 2000 vom 11. Dezember 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. Juli 2009 ersatzlos aufzuheben,

    die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,

    hilfsweise für den Fall des vollständigen oder teilweisen Unterliegens die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise für den Fall des vollständigen oder teilweisen Unterliegens die Revision zuzulassen.

    Allein aus dem Umstand, dass der Notar als Amtsperson eine Berichtigung nach § 44a Abs. 2 Beurkundungsgesetz vorgenommen habe, ergäbe sich nicht zwangsläufig die offenbare Unrichtigkeit des berichtigten Datums.

    Es habe sich bei der Nennung des 30. Dezember 2003 auch nicht um eine unbeachtliche Falschbezeichnung gehandelt, die jedem objektiven Betrachter auch offenbar sei. Bei einem erstmaligen Kündigungsrecht zum 30.12.2003 sei der Gewinnabführungsvertrag erstmals mit Wirkung zum Ablauf des 30.12.2004 kündbar gewesen. Die Kündigung hätte steuerlich auf den Beginn des 1.1.2004 zurückgewirkt, der Gewinnabführungsvertrag sei damit letztlich für das Wirtschaftsjahr 2003 durchzuführen gewesen. Beim erstmaligen Kündigungsdatum 31.12.2003 wäre der Vertrag bis zum Ablauf des 30.12.2004, mithin für insgesamt mindestens sechs volle Wirtschaftsjahre, durchzuführen gewesen. Ob dies angesichts der steuerlich geforderten Mindestlaufzeit von fünf Jahren tatsächlich und für Jedermann offensichtlich gewollt gewesen sei, erscheine zumindest zweifelhaft.

    Selbst wenn der Auffassung der Klägerin gefolgt würde und die Umänderung des Datums einer Berichtigung nach § 44a Beurkundungsgesetz zugänglich sei, würde dies zumindest eine Änderung redaktioneller Art im Sinne von § 295 Aktiengesetz darstellen, die ins Handelsregister einzutragen gewesen sei. Aus Gründen der Publizität des Handelsregisters und der berechtigten Interessen aller am Rechtsverkehr Beteiligten sei die Eintragung erforderlich.

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die sich in der finanzgerichtlichen Akte befinden, die vom Finanzamt vorgelegten Steuerakten sowie die Niederschriften über den Erörterungstermin vom 7. Oktober 2010 bzw. den Verhandlungstermin vom 6. Dezember 2011 Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe
    Die Klage ist unbegründet.

    1. Gemäß §§ 17, 14 Nr. 4 Satz 1 KStG 1999 ist, wenn sich eine GmbH mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland (Organgesellschaft) durch einen Gewinnabführungsvertrag im Sinne des § 291 Abs. 1 des Aktiengesetzes verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes inländisches gewerbliches Unternehmen abzuführen, das Einkommen der Organgesellschaft, soweit sich aus § 16 KStG nichts anderes ergibt, dem Träger des Unternehmens (Organträger) zuzurechnen, wenn der Gewinnabführungsvertrag bis zum Ende des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft, für das Satz 1 erstmals angewendet werden soll, auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen ist und bis zum Ende des folgenden Wirtschaftsjahrs wirksam wird.

    Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt, da der Gewinnabführungsvertrag nicht auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen wurde.

    2. Der Berichtigungsbeschluss vom 7. November 2004 führt zu keiner anderen Beurteilung, da er wegen des steuerlichen Rückwirkungsverbots (vgl. § 38 Abgabenordnung (AO)) keine Wirkung entfaltet. Zwar haben die Vertragspartner nach der Auffassung des berichtigenden Notars keine Vertragsänderung vorgenommen wie im vom BFH entschiedenen Fall I R 94/06 (vgl. oben). Das Rückwirkungsverbot gilt aber auch hinsichtlich eines Merkmals, das zum Tatbestand eines Steueranspruchs gehört (Klein/Brockmeyer/Ratschow, AO, § 38 Rn. 11). Da die Berichtigung des Datums der erstmaligen Kündigungsmöglichkeit von 30.12. auf 31.12.2003 aber am 7. November 2004 in die Vergangenheit wirkte, und der Fünfjahreszeitraum, gerechnet ab dem 1. Januar 1999, bereits abgelaufen war (die Berichtigung mithin nicht während des noch laufenden Fünfjahreszeitraumes vorgenommen wurde), greift der Berichtigungsbeschluss in einen bereits abgeschlossenen Tatbestand des § 14 Nr. 4 Satz 1 KStG 1999 (Mindestlaufzeit von fünf Jahren) ein und ist steuerlich nicht anzuerkennen.

    Somit kann der Senat dahingestellt lassen, ob er inhaltlich an den Berichtigungsbeschluss gebunden wäre, er diesen lediglich auf offensichtliche Mängel oder aber uneingeschränkt überprüfen könnte bzw. die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 44a Abs. 2 Satz 1 Beurkundungsgesetz erfüllt waren.

    3. § 4 Nr. 1 Satz 1 des Vertrages kann auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass der Vertrag bis zum 31. Dezember 2003 anstatt bis zum 30. Dezember 2003 lief.

    a) Wie der BFH ausgeführt hat, ist bei der Prüfung, ob ein Gewinnabführungsvertrag auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen ist, der Vertrag nach objektiven Gesichtspunkten auszulegen. Die Entstehungsgeschichte und die Vorstellungen der am Vertragsschluss beteiligten Personen können bei der Vertragsauslegung nicht berücksichtigt werden (BFH-Beschluss vom 2. November 2010 I B 71/10, BFH/NV 2011, 849).

    Korporationsrechtliche Bestimmungen – wie die Bestimmung über die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages – sind nach objektiven Gesichtspunkten einheitlich aus sich heraus auszulegen. Wortlaut, Sinn und Zweck der Regelung kommt dabei ebenso maßgebende Bedeutung zu wie dem systematischen Bezug der Klausel zu anderen Satzungsvorschriften. Umstände, für die sich keine ausreichenden Anhaltspunkte in der Satzung finden, können zur (ergänzenden) Auslegung grundsätzlich nicht herangezogen werden. Außerhalb der Satzung liegende Sachzusammenhänge sind bei der Kündigungsklausel eines Beherrschungsund Gewinnabführungsvertrages auch dann nicht einzubeziehen, wenn deren Kenntnis bei den Mitgliedern und Organen allgemein vorausgesetzt werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 28. November 2007 I R 94/06, BFHE 220, 51, m.w.N.).

    Nicht allgemein erkennbare Umstände außerhalb der zum Handelsregister eingereichten Unterlagen, wie z.B. die Entstehungsgeschichte, die vom beurkundenden Notar gefertigten Vorentwürfe und die Vorstellungen und Äußerungen der am Vertragsschluss beteiligten Personen, können im Rahmen der objektivierten Auslegung nicht berücksichtigt werden. Selbst wenn also die am Vertragsschluss beteiligten Vertreter der Vertragsparteien sich konkrete Gedanken über die Länge der Mindestvertragsdauer gemacht und übereinstimmend eine erstmalige Kündigungsmöglichkeit erst zum 31. Dezember 2003 gewollt haben sollten, wäre dies für die Vertragsauslegung nicht bedeutsam. Der aus § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abzuleitende und grundsätzlich auch auf formbedürftige Verträge anzuwendende Grundsatz „falsa demonstratio non nocet”, nach dem ohne Rücksicht auf einen abweichenden Wortlaut das von den Vertragschließenden tatsächlich Gemeinte als Inhalt des Vertrags gilt, kann im Bereich der objektivierten Auslegung körperschaftlicher Vereinbarungen nicht uneingeschränkt angewendet werden. Findet sich nämlich im Vertrag und in den allgemein zugänglichen Unterlagen kein eindeutiger Beleg für den dem Wortlaut entgegenstehenden subjektiven Willen der Vertragsparteien, ist kein Raum für dessen Berücksichtigung (BFH-Urteil vom 28. November 2007 I R 94/06, BFH/NV 2008, 1270).

    b) Diese Grundsätze sind auch auf den Streitfall anzuwenden und daher eine Auslegung des Ergebnisabführungsvertrages dahingehend, dass dieser statt bis zum 30. Dezember 2003 – wie ausdrücklich vereinbart – als bis zum 31. Dezember 2003 geschlossen gelten soll, nicht möglich.

    aa) Die vom Klägervertreter im der mündlichen Verhandlung geäußerte Vermutung, in einem Textverarbeitungsprogramm sei aus einer anderen Urkunde das Datum „30. September” herauskopiert und in die streitgegenständliche Vertragsurkunde lediglich mit der Änderung „September” in „Dezember” eingefügt worden, kann als nicht allgemein erkennbar Umstand außerhalb der zum Handelsregister eingereichten Unterlagen bei der Auslegung nicht berücksichtigt werden.

    bb) Der Senat vermag im Vertragswerk keine objektiven Gesichtspunkte erkennen, die die klägerseits präferierte Auslegung zuließen. Der Systematik des § 4 und dessen Einordnung in den Gesamtzusammenhang des Vertrages lässt sich nicht eindeutig entnehmen, dass es sich bei der Datumsangabe in § 4 Abs. 1 Satz 1 um ein Redaktionsversehen handelt und die Vertragsparteien tatsächlich einen bestimmten anderen frühesten Kündigungszeitpunkt – etwa den 31. Dezember 2003 – vereinbart haben.

    In § 4 („Vertragsdauer”) findet sich keine weitere Datumsangabe (z.B. 31. Dezember 2003), aus der Rückschlüsse darauf gezogen werden könnten, dass mit dem 30. Dezember der 31. Dezember gemeint sein könnte. Es werden in § 4 Nr. 1 Satz 1 auch keine Zeiträume genannt, die zur Auslegung herangezogen werden könnten, z.B. „…läuft unkündbar für die Dauer von fünf Jahren…”. Dagegen heißt es in § 4 Nr. 1 Satz 2, der Vertrag könne „erstmalig zu diesem Zeitpunkt mit einer Kündigungsfrist von einem Jahr” gekündigt werden. Somit wird auf den in Satz 1 genannten Zeitpunkt nochmals explizit Bezug genommen, ohne dass in Satz 1 eine Mindestlaufzeit genannt ist. Diese ausdrückliche Bezugnahme lässt die Auslegung zu, dass der 30. Dezember bewusst gewählt wurde.

    Aus der Einordnung des § 4 in den Gesamtzusammenhang des Vertrages folgt nichts anderes. § 3 („Gewinnabführung, Verlustübernahme”) nimmt unter Nr. 1 auf das Geschäftsjahr 1999 Bezug, aber eben nicht auf das Kalenderjahr. Der in Nr. 5 und 6 genannte „Jahresabschluss” ist nicht zwingend auf den 31. Dezember durchzuführen. Aber selbst wenn man eine solche Auslegung zuließe, müsste der Zeitpunkt der erstmaligen Kündbarkeit in § 4 nicht zwingend mit dem Ende des Geschäftsjahres zum 31. Dezember einhergehen.

    4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

    RechtsgebieteKStG, AO, BGBVorschriftenKStG 1999 § 14 Nr. 4 S. 1 KStG 1999 § 17 KStG 2002 § 14 Nr. 3 S. 1 AO § 38 BGB § 133 BGB § 157 Beurkundungsgesetz § 44a Abs. 2