18.05.2001 · IWW-Abrufnummer 010660
Bundesfinanzhof: Urteil vom 20.12.2000 – X R 1/97
BUNDESFINANZHOF
Der An- und Verkauf von Optionskontrakten selbst in größerem Umfang begründet im Allgemeinen keinen Gewerbebetrieb. Eine gewerbliche Betätigung setzt jedenfalls voraus, dass der Steuerpflichtige sich wie ein Händler verhält (Fortführung des BFH-Urteils vom 29. Oktober 1998 XI R 80/97, BFHE 187, 287, BStBl II 1999, 448).
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 2
Urteil vom 20. Dezember 2000 - X R 1/97 -
Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz (EFG 1997, 337)
Gründe
I.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger betreibt seit dem Jahre 1984 eine Versicherungsagentur. Für das Streitjahr 1991 erklärten die Kläger unter Vorlage einer Auflistung sämtlicher Geschäftsvorfälle nebst Effektenabrechnungen einen Verlust aus gewerblichem Wertpapierhandel in Höhe von 437 653,47 DM, der wie folgt ermittelt worden ist:
Betriebseinnahmen:||
aus Wertpapierverk äufen |84 791,08 DM|
aus Optionen|34 774,80 DM|
Dividenden|2 923,96 DM|
||122 489,84 DM
Betriebsausgaben:||
Anschaffungskosten
Wertpapiere|142 778,64 DM|
Anschaffungskosten
Optionen|382 761,06 DM|
Fachzeitschriften|4 061,30 DM|
Rechtskosten|430,70 DM|
Zinsen / Gebühren|29 795,51 DM|
Depotgebühren|316,10 DM|560 143,31 DM
Verlust||./. 437 653,47 DM
Im Einkommensteuerbescheid für 1991 berücksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) diesen Verlust nicht, da die Wertpapiergeschäfte der privaten Vermögensverwaltung zuzurechnen seien. Mit Bescheid vom 11. März 1993 lehnte er die beantragte gesonderte Feststellung eines Verlustes aus Gewerbebetrieb ab. Die hiergegen eingelegten Einsprüche hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Sein Urteil ist veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 337.
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragen,
1. das angefochtene Urteil aufzuheben
2. den Einkommensteuerbescheid für 1991 dahin zu ändern, dass Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus dem Wertpapierhandel in Höhe von ./. 437 653,47 DM steuermindernd berücksichtigt werden.
Der Kläger zu 1. beantragt,
unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 11. März 1993 und der Einspruchsentscheidung vom 17. Januar 1994 betreffend die gesonderte Feststellung eines Verlustes aus Gewerbebetrieb das FA zu verpflichten, einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des Verlustes aus Gewerbebetrieb (Wertpapierhandel) für das Jahr 1991 zu erlassen.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat im Ergebnis zutreffend einen Verlust aus gewerblichem Wertpapierhandel verneint.
1. Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Gewerbebetrieb ist eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt (§ 15 Abs. 2 Satz 1 EStG). Zusätzliches ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ist, dass die jeweilige Betätigung den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet (vgl. Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, 427, BStBl II 1984, 751, 762). Die Absicht, gewerbliche Gewinne zu erzielen, muss durch eine Tätigkeit verfolgt werden, die nach allgemeiner Auffassung als unternehmerisch gewertet wird (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 17. Januar 1972 GrS 10/70, BFHE 106, 84, BStBl II 1972, 700, unter II. 2.).
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) unterliegt der Gewerbesteuer jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des EStG zu verstehen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG).
2. Zur Konkretisierung dieser gesetzlichen Tatbestände hat die Rechtsprechung die folgenden allgemeinen Grundsätze entwickelt.
a) Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb einerseits und der nichtsteuerbaren Sphäre sowie anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 Nrn. 1, 3 bis 7 EStG) andererseits ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und auf die Verkehrsanschauung abzustellen. In Zweifelsfällen ist maßgebend, ob die Tätigkeit, soll sie in den gewerblichen Bereich fallen, dem Bild entspricht, das nach der --gerichtsbekannten und nicht beweisbedürftigen-- Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617).
Die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb wird überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Vermögen im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten entscheidend in den Vordergrund tritt (BFH-Beschluss in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617, unter C. I., m.w.N. der Rechtsprechung). Die in diesem Zusammenhang von der Rechtsprechung entwickelten Beweisanzeichen dienen dem Zweck, eine die Gleichheit der Rechtsanwendung gewährleistende Zuordnung zum "Bild des Gewerbebetriebes" --Handel mit Vermögensgegenständen durch marktmäßigen Umschlag erheblicher Sachwerte sowie der gewerblichen Produktion-- bzw. zur privaten Vermögensverwaltung zu ermöglichen (vgl. --zur gewerblichen Betätigung auf dem Grundstücksmarkt-- BFH-Beschluss in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617). Zu den "Urbildern" des Gewerbebetriebs (Senatsurteil vom 24. Januar 1996 X R 255/93, BFHE 180, 51, BStBl II 1996, 303) gehören neben der unternehmerischen Betätigung des Händlers und des Produzenten auch die des Dienstleistenden. Die im vorliegenden Zusammenhang als Vergleichsmaßstab allein in Betracht kommende Tätigkeit des Händlers ist auf die Ausnutzung substantieller Werte durch Umschichtung von Vermögenswerten gerichtet; sie unterscheidet sich von der "Vermögensumschichtung im Rahmen privater Vermögensverwaltung" durch den marktmäßigen Umschlag von Sachwerten (Senatsbeschluss vom 29. Oktober 1997 X R 183/96, BFHE 184, 355, BStBl II 1998, 332).
b) Dies gilt grundsätzlich auch für die Beurteilung des An- und Verkaufs von Wertpapieren (BFH-Urteil vom 19. Februar 1997 XI R 1/96, BFHE 182, 567, BStBl II 1997, 399). Allerdings lässt sich nicht für alle Wirtschaftsgüter nach einem einheitlichen Maßstab beurteilen, ob eine Tätigkeit schon Gewerbebetrieb oder noch der Vermögensverwaltung zuzuordnen ist. Es sind die Besonderheiten der jeweils "gehandelten Ware" zu beachten. Der Vermögensanlage in Wertpapieren ist eigen, dass bei deren kurzfristigem Umschlag schon wegen der Stichtagsbezogenheit der Gewinnausschüttung von Kapitalgesellschaften die "Fruchtziehung" nicht notwendigerweise im Zufluss von Dividenden und Bezugsrechten besteht, dass sich vielmehr wirtschaftlich die Ertragserwartung des Anlegers auch aus der Kursentwicklung ergeben kann. Der BFH hat mit Urteil vom 11. Juli 1968 IV 139/63 (BFHE 93, 281, BStBl II 1968, 775) ausgeführt, es liege "bei Wertpapieren in der Natur der Sache, den Bestand zu verändern, schlechte Papiere abzustoßen, gute zu erwerben und Kursgewinne zu realisieren". Aus dieser zutreffenden Feststellung folgt, dass selbst mit einem häufigen Umschlag von Wertpapieren der Bereich der privaten Vermögensverwaltung noch nicht verlassen wird. Demgemäß hat der XI. Senat des BFH in seinem Urteil in BFHE 182, 567, BStBl II 1997, 399 ausgeführt, dass Wertpapiergeschäfte selbst in größerem Umfang im Allgemeinen noch zur privaten Vermögensvorsorge und -verwaltung und damit auch dann nicht zum Bereich gewerblicher Betätigung gehören, wenn die sonstigen Merkmale dafür (z.B. Nachhaltigkeit, Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr) gegeben sind. Dies entspricht gefestigter Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteile in BFHE 93, 281, BStBl II 1968, 775; vom 2. April 1971 VI R 149/67, BFHE 102, 261, BStBl II 1971, 620; vom 17. Januar 1973 I R 191/72, BFHE 108, 190, BStBl II 1973, 260; vom 4. März 1980 VIII R 150/76, BFHE 130, 157, BStBl II 1980, 389, und vom 6. März 1991 X R 39/88, BFHE 164, 53, BStBl II 1991, 631).
c) Der An- und Verkauf von Wertpapieren überschreitet die Grenze zur gewerblichen Betätigung daher nur in besonderen Fällen. Der An- und Verkauf von Wirtschaftsgütern ist ein Gewerbebetrieb, wenn sich der Steuerpflichtige "wie ein Händler" (BFH-Urteile in BFHE 182, 567, BStBl II 1997, 399; vom 29. Juni 1987 X R 23/82, BFHE 150, 218, BStBl II 1987, 744; vom 16. Juli 1987 X R 48/82, BFHE 150, 224, BStBl II 1987, 752) --bezogen auf den Streitfall: wie ein Wertpapierhändler-- verhalten hat (vgl. BFH-Urteile in BFHE 164, 53, BStBl II 1991, 631; vom 15. März 1994 X R 38/92, BFH/NV 1994, 850). Beweisanzeichen für eine Zuordnung zum "Bild des Wertpapierhandels" sind der Umfang der Geschäfte, das Unterhalten eines Büros oder einer Organisation zur Durchf ührung von Geschäften, das Ausnutzen eines Marktes unter Einsatz beruflicher Erfahrungen, das Anbieten von Wertpapiergeschäften gegenüber einer breiteren Öffentlichkeit und andere für eine private Vermögensverwaltung ungewöhnliche Verhaltensweisen (BFH-Urteile in BFHE 130, 157, BStBl II 1980, 389; vom 6. Dezember 1983 VIII R 172/83, BFHE 140, 82, BStBl II 1984, 132, 135, und vom 31. Juli 1990 I R 173/83, BFHE 162, 236, BStBl II 1991, 66). Der An- und Verkauf von Wertpapieren kann ferner die Grenze der privaten Vermögensverwaltung überschreiten, wenn der Steuerpflichtige ohne Einsatz eigenen Vermögens mit beruflich erlangten Kenntnissen Kursdifferenzen ausnützt und sich damit "bankentypisch" verhält (BFH-Urteile in BFHE 164, 53, BStBl II 1991, 631; vom 9. Oktober 1992 III R 9/89, BFH/NV 1994, 80). Bei der rechtlichen Zuordnung anhand der vorgenannten Kriterien kann nicht isoliert auf einzelne Merkmale abgestellt werden, vielmehr ist das Gesamtbild entscheidend, wobei die einzelnen Beweisanzeichen zu gewichten und gegeneinander abzuwägen sind.
d) Beim hiernach gebotenen Abgleichen des An- und Verkaufs von Wertpapieren mit dem "Bild des Gewerbebetriebes" ist der Entwicklung der Verhältnisse Rechnung zu tragen. So hat z.B. der technologische Fortschritt Auswirkungen auf die kurzfristige Handelbarkeit von Kapitalanlagen, auf die Technik der Geschäftsabschlüsse ("Bildschirmhandel", "Spekulieren per Mausklick"; vgl. Schmidt-Liebig, Wertpapiergeschäfte von "Daytradern" und andere Phänomene im Grenzbereich der Einkunftsarten, Die Information über Steuer und Wirtschaft --Inf-- 1999, 641) und auf die Möglichkeiten der Gewinnung von geschäftsrelevanten Informationen, die zunehmend auch Privatanlegern zugänglich sind (vgl. Sorgenfrei, Private Vermögensverwaltung contra gewerblicher Wertpapierhandel, Finanz-Rundschau --FR-- 1999, 61 ff.). Außerdem führt die zunehmende Größe der Privatvermögen dazu, dass sich die Anzahl der vermögensverwaltenden Rechtsakte --insbesondere bei der Pflege von Wertpapierdepots-- erhöht. Das früher bei der gebotenen Gesamtabwägung verwendete Kriterium der "büromäßigen Organisation" verliert angesichts der Möglichkeit, beim An- und Verkauf von Wertpapieren handelsübliche Personalcomputer und einschlägige Standard-Software einzusetzen, an Bedeutung. Auch eine Fremdfinanzierung der Wertpapiergeschäfte selbst in nennenswertem Umfang prägt diese nicht als gewerblich. Hingegen führt zu gewerblichen Einkünften insbesondere der "händlertypische" Umschlag von Waren, das Tätigwerden für fremde Rechnung nach Art von Finanzkommissionsgeschäften (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 des Gesetzes über das Kreditwesen --KredWG--) oder anderer Wertpapierdienstleistungen sowie sonstige Verhaltensweisen, die in vergleichbarer Weise der Vermögensverwaltung fremd sind.
e) Das FG hat durch Bezugnahme auf die vom Kläger im Einspruchsverfahren eingereichten Belege und Aufzeichnungen festgestellt, dass dieser zum einen Call- und Put-Optionen geöffnet, zum anderen börsennotierte Optionsscheine an- und verkauft und hieraus jeweils positive oder negative Erträge ("Realisationen") erzielt hat. Die Verluste des Streitjahres rühren im Wesentlichen her aus einem Überschuss der "Anschaffungskosten Optionen" (382 761,06 DM) über die "Einnahmen aus Optionen" (34 774,80 DM), während den "Anschaffungskosten Wertpapiere" in Höhe von 142 778,64 DM "Einnahmen aus Wertpapierverkäufen" im Betrage von 84 791,08 DM gegenüberstehen. Die (bank-)technischen Besonderheiten der vom Kläger getätigten sog. Derivatgeschäfte wirken sich im Streitfall auf die rechtliche Beurteilung am Maßstab des § 15 Abs. 2 EStG nicht aus.
aa) Das ungeschriebene negative Tatbestandsmerkmal der Vermögensverwaltung in Gestalt einer "Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten", die gemeinsames Merkmal der in § 14 Satz 3 der Abgabenordnung (AO 1977) normierten Beispiele für die Vermögensverwaltung insbesondere durch "Nutzung von Vermögen" ist, hat notwendigerweise eine geringere rechtliche Bedeutung, soweit es um die Zuordnung einer Tätigkeit zum "Bild des Produzenten" geht. Dieses Tatbestandsmerkmal ist indes ohne Belang, soweit ein Dienstleistender Gewerbetreibender auch dann sein kann, wenn er keinerlei "Früchte aus Substanzwerten zieht".
bb) Damit ist dem streitfallbezogenen Einwand Rechnung getragen, dass Optionen nicht zur Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen erworben werden. Optionen gewähren keine Früchte, sondern werden dadurch "verwertet", dass der Inhaber sie ausübt oder verfallen lässt, bei Bestehen eines Sekundärmarktes auch durch Veräußerung. Der Erwerber spekuliert auf die Nichtausübung der Option und erbringt durch sein "Stillhalten" eine mit der Optionsprämie entgoltene Leistung (vgl. zu Wertpapieroptionen Senatsurteile vom 28. November 1984 I R 290/81, BFHE 143, 38, BStBl II 1985, 264; vom 28. November 1990 X R 197/87, BFHE 163, 175, 178 f., BStBl II 1991, 300). Diese Geschäfte sind im rechtstatsächlichen Regelfall "privater" Natur und (nur) nach näherer Maßgabe des § 22 Nr. 3, § 23 EStG steuerbar (BFH-Urteile in BFHE 143, 38, BStBl II 1985, 264; BFHE 163, 175, 178 f., BStBl II 1991, 300; s. auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 10. November 1994, BStBl I 1994, 816). Bei der Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und Gewerbebetrieb ist die Grundentscheidung des Gesetzgebers zu respektieren, "gelegentliche" (§ 22 Nr. 3 EStG) (Dienst-)Leistungen sowie auch mehrfache An- und Verkaufsvorgänge nicht in die Gewerblichkeit einzubeziehen (vgl. BFH-Urteil vom 18. Mai 1999 I R 118/97, BFHE 188, 561, BStBl II 2000, 28). Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass zivilrechtlich dem Anspruch auf die Optionsprämie der Einwand der fehlenden Termingeschäftsfähigkeit oder der Differenzeinwand (§ 764 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--) entgegenstehen kann. Der Gesetzgeber hat die grundsätzlich private Natur von Termingeschäften dadurch bestätigt, dass er sie mit § 23 Abs. 1 Nr. 4 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 als im privaten Bereich steuerbar erfasst hat (vgl. Hamacher, Termingeschäfte im privaten Bereich nach neuem Steuerrecht, Wertpapier-Mitteilungen --WM-- 2000, 1721 ff.). Nach § 23 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG n.F. gelten Zertifikate, die Aktien vertreten, und Optionsscheine als Termingeschäfte i.S. dieser Bestimmung.
3. Dies vorausgesetzt hat das FG rechtsfehlerfrei entschieden, dass der Kläger den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten hat.
a) Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger
* was das FG angenommen hat, die Wertpapiergeschäfte deswegen ohne Gewinnerzielungsabsicht getätigt hat, weil "diese Zielvorstellung ... in objektiver Hinsicht nicht berechenbar" ist;
* indem er sich mit seinen Kauf- und Verkaufabsichten lediglich an seine Hausbank gewendet hat, am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen hat (vgl. BFH-Urteil vom 29. Oktober 1998 XI R 80/97, BFHE 187, 287, BStBl II 1999, 448; BFH-Beschluss vom 18. August 1999 IX B 47/99, BFH/NV 2000, 185).
b) Der XI. Senat des BFH hat in seinem Urteil in BFHE 182, 567, BStBl II 1997, 399 (unter II. 1. a der Entscheidungsgründe) --beiläufig-- ausgeführt: Optionsgeschäfte, die eine physische Erfüllung ausschließen, die letztlich nur auf einen Barausgleich zwischen Basispreis und dem aktuellen Marktpreis gerichtet seien, begründeten ebenso wenig wie Differenzgeschäfte (hierzu BFH-Urteil vom 13. Oktober 1988 IV R 220/85, BFHE 154, 532, BStBl II 1989, 39) eine Tätigkeit, die am Markt gegen Entgelt angeboten werde. Der erkennende Senat lässt dahingestellt, ob er dem folgen kann (anders z.B. R. Schick, Die Besteuerung von Optionsgeschäften, 1998, 233 f., mit Nachweisen der Literatur). Denn es ist denkbar, dass ein Steuerpflichtiger Geschäfte in diesem Marktbereich nach Art eines professionellen Stillhalters oder in anderer Weise händler- oder bankentypisch tätigt.
c) Jedenfalls sind besondere Umstände, die dafür sprechen, dass sich der Kläger mit seinen Wertpapiergeschäften gewerblich betätigt hat, nicht erkennbar.
Die Optionsgeschäfte des Klägers haben nach Art, Anzahl und betragsmäßigem Volumen den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten. Die addierte Summe der Basiswerte, die offensichtlich nicht physisch geliefert wurden, ist im vorliegenden Zusammenhang ohne rechtliche Bedeutung. Die Nutzbarmachung eigener einschlägiger beruflicher Kenntnisse macht Wertpapiergeschäfte auf eigene Rechnung noch nicht zu gewerblichen (BFH-Urteile vom 24. Oktober 1969 IV R 139/68, BFHE 98, 494, BStBl II 1970, 411; in BFHE 164, 53, BStBl II 1991, 631; in BFHE 182, 567, BStBl II 1997, 399; in BFHE 187, 287, BStBl II 1999, 448). Daher kann unterstellt werden, dass der Kläger, wie er behauptet, "Sach- und Fachkunde im Bankgeschehen" hat.
d) Der Hinweis des Klägers auf die Nutzung eines "eigenen Büros" im Hause der Stadtsparkasse N verhilft der Revision nicht zum Erfolg. Zwar hat der XI. Senat des BFH in seinem Urteil in BFHE 187, 287, BStBl II 1999, 448 als für die Beurteilung nach dem Gesamtbild bedeutsam angesehen, ob Wertpapiergeschäfte "durch eine eigene Büroorganisation unterstützt" werden. An deren Ausstattung seien keine überhöhten Anforderungen zu stellen, sie müsse jedoch erkennbar für den Wertpapierhandel bestimmt sein. Dass Wertpapiergeschäfte in einem ohnehin vorhandenen, anderweitig gewerblich genutzten Büro abgewickelt würden, sei nicht ausreichend, denn andernfalls wäre das Vorliegen eines gewerblichen Wertpapierhandels von der Gestaltung des jeweiligen Einzelfalls, etwa des Arbeitsplatzes eines Arbeitnehmers oder der Praxis eines Freiberuflers, abhängig. Der erkennende Senat ist aus den dargelegten Gründen der Auffassung, dass dem Fehlen einer Büroorganisation angesichts technischer Innovationen nur eine geringe Indizwirkung zukommt. Dies kann insbesondere dann anders sein, wenn die Geschäfte einen Umfang haben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 KredWG); solches ist hier nicht der Fall.
e) Angesichts des geringen Gewichts der vorstehend erörterten Indizien ist dem Umstand, dass der Kläger die Geschäfte zum Teil fremdfinanziert hat, keine entscheidende Bedeutung beizumessen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 187, 287, BStBl II 1999, 448).
f) Ein anderes Gesamtbild der Tätigkeit des Klägers könnte sich nur ergeben, wenn ein eng mit den eigenen Wertpapiergeschäften verbundenes Tätigwerden für fremde Rechnung besonders ins Gewicht fallen würde (BFH-Urteil in BFHE 130, 157, BStBl II 1980, 389; in BFHE 187, 287, BStBl II 1999, 448). Solches hat das FG nicht festgestellt. Zwar hat der Kläger im Klageverfahren dargelegt, er sei als Bezirksleiter einer Versicherung "vertraglich beauftragt, ... in dieser Eigenschaft Verbundgeschäfte der Stadtsparkasse N zu tätigen"; darüber hinaus sei er "durch Kooperationsvertrag verpflichtet, sämtliche Sparkassengeschäfte mitzubetreiben". Es ist indes nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger nach Art eines Wertpapierhändlers entsprechende Geschäfte für fremde Rechnung getätigt hätte.
g) Es ist auch nicht erkennbar, dass die Wertpapiergeschäfte des Klägers seinem Betrieb als Versicherungsagent zugeordnet werden könnten (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 182, 567, BStBl II 1997, 399, unter 3. der Entscheidungsgründe; zu branchenuntypischen Termingeschäften vgl. BFH-Urteil vom 11. Juli 1996 IV R 67/95, BFH/NV 1997, 114).