04.04.2013
Bundesfinanzhof: Urteil vom 11.12.2012 – IX R 9/12
Tatbestand
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I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war im Streitjahr (2006) hälftig beteiligter Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR); Zweck der 1998 gegründeten GbR war die Vermietung der Eigentumswohnung S-Straße. Weitere, ebenfalls zu 50 v.H. beteiligte Gesellschafterin war die (seit 2005 geschiedene) Ehefrau des Klägers (Beigeladene). Das Objekt S-Straße war im Zeitraum zwischen seiner Anschaffung (im Jahr 1998) und Februar 2003 fremdvermietet; seit März 2003 stand das Objekt bis zu seiner Veräußerung durch notariell beurkundeten Vertrag vom Dezember 2007 leer.
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Bereits im Zuge der Bearbeitung der Erklärung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für den Veranlagungszeitraum 2004 forderte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) konkrete Nachweise über das Bestehen einer Einkünfteerzielungsabsicht hinsichtlich des Objekts S-Straße an. Hierzu erklärte der Kläger mit Schreiben vom November 2005, er bemühe sich "permanent um einen Nachmieter". Im Widerspruch hierzu hatte der Kläger dem FA schon im Oktober 2005 fernmündlich mitgeteilt, dass das Objekt S-Straße verkauft werden solle. Im Zuge eines gegen den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für den Veranlagungszeitraum 2004 gerichteten Einspruchsverfahrens bestätigte der Kläger mit Schreiben vom Januar 2006 erneut, dass er "zwischenzeitlich" einen Makler "mit dem Verkauf der Wohnung beauftragt" habe. Im Zuge des Einspruchsverfahrens legte der Kläger zudem eine vom November 2005 datierende Bestätigung eines Interessenten vor, der bekundete, das Objekt S-Straße im Juni 2004 besichtigt zu haben. Ob die Besichtigung zum Zwecke der Anmietung oder zum Zwecke des Kaufs des Objekts stattfand, ergibt sich aus der Bestätigung nicht.
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Auch im Zuge seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger Aufwendungen für das seit März 2003 leerstehende Objekt als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das FA berücksichtigte die Aufwendungen für das Objekt S-Straße im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr nicht, da im Hinblick auf die bereits 2005 mitgeteilte Veräußerungsabsicht keine Einkünfteerzielungsabsicht mehr bestanden habe. Im Einspruchsverfahren machte der Kläger geltend, er habe auch im Streitjahr eine Vermietung des Objekts beabsichtigt; dies werde durch die Bestätigung eines Interessenten, der das Objekt im Frühjahr 2006 besichtigt habe, belegt. Demgegenüber erklärte die Beigeladene mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom November 2007, dass seit dem Abschluss der Scheidungsvereinbarungen im Jahr 2005 seitens der Eheleute nur noch beabsichtigt gewesen sei, das Objekt zu veräußern. Dies habe sich bislang indes nicht verwirklichen lassen. Soweit der Kläger im Zuge des weiteren Einspruchsverfahrens Nachweise über Inserate, mit denen das Objekt in der Tagespresse angeboten war, vorgelegt hatte, handelte es sich ausschließlich um Veräußerungsanzeigen. Auch ein in diesem Zusammenhang tätiger Immobilienmakler war mit dem Verkauf des Objekts S-Straße betraut; seinen Angaben zufolge wurde die Immobilie potentiellen Interessenten nur auf gezielte Nachfrage auch als Mietobjekt angeboten, da "ganz klar die Absicht auf dem Verkauf" gelegen habe.
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Der Einspruch des Klägers gegen den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 694 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab. Zwar hätten im finanzgerichtlichen Verfahren zwei Zeugen unabhängig voneinander bestätigt, das Objekt im Herbst 2005 bzw. Frühjahr 2006 zwecks Anmietung besichtigt zu haben, jedoch habe die Beweisaufnahme nicht ergeben, dass im Streitjahr noch eine Vermietungsabsicht bestanden habe. Der ebenfalls als Zeuge gehörte Immobilienmakler habe bestätigt, dass er vorrangig mit dem Verkauf der Wohnung befasst gewesen sei. Eine zur Veräußerung alternativ erwogene Vermietung sei --auch auf seinen Rat hin-- alsbald wieder verworfen worden. Auch soweit sich aus der Beweisaufnahme ergeben habe, dass der Kläger jedenfalls im Frühjahr 2006 selbst eine (einzelne) Annonce wegen Vermietung des Objekts aufgegeben habe, auf die sich ein Zeuge gemeldet und die Wohnung besichtigt habe, könne dies jedoch bei gleichzeitigen erheblichen Verkaufsbemühungen nicht ausreichen, um eine Einkünfteerzielungsabsicht zu belegen.
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Mit der hiergegen gerichteten Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen Rechts.
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Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Es vertritt die Ansicht, dass die GbR-Gesellschafter ihre Einkünfteerzielungsabsicht hinsichtlich des Objekts S-Straße bereits vor dem Streitjahr aufgegeben hätten. Insoweit sei es ohne Bedeutung, dass der Kläger das Objekt im Streitjahr oder zu einem späteren Zeitpunkt ggf. auch habe vermieten wollen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG ist im Streitfall zu Recht davon ausgegangen, dass die vom Kläger geltend gemachten Werbungskostenüberschüsse im Streitjahr mangels Vorliegens einer Einkünfteerzielungsabsicht nicht zu berücksichtigen sind.
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1. Die geltend gemachten Verfahrensrügen greifen nicht durch. Die behauptete Verletzung des Rechts auf Gehör liegt nicht vor. Das FG hat sich in seiner Entscheidung mit den schriftlichen Einlassungen des vom Kläger benannten Zeugen B sachlich auseinandergesetzt; jenseits dessen hat der Kläger --mit Blick auf die zu diesem Zeitpunkt bereits vorliegende schriftliche Äußerung des Zeugen B-- bereits im Zuge der Beweisaufnahme am 11. November 2010 auf die persönliche Befragung dieses Zeugen in einem künftigen (weiteren) Termin zur mündlichen Verhandlung verzichtet. Die behauptete Verletzung der richterlichen Hinweispflicht (§ 76 Abs. 2 FGO) kann der rechtskundig vertretene Kläger schon deshalb nicht erfolgreich geltend machen, weil er auf die Einhaltung der Verfahrensvorschrift verzichtet hat, indem sie ihre (vorgebliche) Verletzung in der mündlichen Verhandlung nicht gerügt hat (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung). Auch ein Überraschungsurteil i.S. des § 96 Abs. 2 FGO liegt erkennbar nicht vor; dem rechtskundig vertretenen Kläger oblag es vielmehr, alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht zu ziehen und seinen Vortrag darauf einzurichten.
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2. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen; sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie bei ihr erwachsen, und d.h., durch sie veranlasst sind. Fallen Aufwendungen mit der beabsichtigten Vermietung eines (leerstehenden) Wohngrundstücks an, bevor mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen erzielt werden, können sie als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird. Die Berücksichtigung von Aufwand als (vorab entstandene) Werbungskosten bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung setzt voraus, dass der Steuerpflichtige sich endgültig entschlossen hat, aus dem Objekt durch Vermieten Einkünfte nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erzielen und diese Entscheidung später nicht aufgegeben hat.
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Danach sind Aufwendungen für eine Wohnung, die nach vorheriger (auf Dauer angelegter) Vermietung leersteht, auch während der Zeit des Leerstands als Werbungskosten abziehbar, solange der Steuerpflichtige den ursprünglichen Entschluss zur Einkünfteerzielung im Zusammenhang mit dem Leerstand der Wohnung nicht endgültig aufgegeben hat. Die Einzelfallumstände, aus denen sich der endgültige Entschluss zu vermieten ergibt, sind in erster Linie ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen des Steuerpflichtigen. Für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Vermietungsbemühungen als Voraussetzungen einer (fort-)bestehenden Einkünfteerzielungsabsicht, deren Feststellung und Würdigung im Wesentlichen dem FG als Tatsacheninstanz obliegt, trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast. Das FG entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung, ob im Einzelfall eine Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt; es ist bei seiner tatrichterlichen Würdigung nicht an starre Regeln für das Gewichten einzelner Umstände gebunden. Der Senat verweist zur weiteren Begründung und zur Vermeidung von Wiederholungen auf sein zur amtlichen Veröffentlichung bestimmtes Urteil vom 11. Dezember 2012 im Verfahren IX R 14/12.
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3. Nach diesen Grundsätzen ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass hinsichtlich des Objekts S-Straße im Streitjahr keine Einkünfteerzielungsabsicht mehr bestanden hat.
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Zwar kann regelmäßig nicht von einer endgültigen Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht ausgegangen werden, solange sich der Steuerpflichtige ernsthaft und nachhaltig um eine Vermietung der leerstehenden Wohnung bemüht, selbst wenn er die Wohnung zugleich zum Verkauf anbietet (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9. Juli 2003 IX R 102/00, BFHE 203, 86, BStBl II 2003, 940; vom 9. Juli 2003 IX R 48/02, BFH/NV 2004, 170). Soweit das FG aus den von ihm festgestellten Umständen des Streitfalles gleichwohl die Überzeugung gewonnen hat, dass der Kläger seine --in der Leerstandszeit indiziell zunächst weiterbestehende-- Vermietungsabsicht bereits vor dem Streitjahr selbst endgültig aufgegeben hat, ist dies nach dem eingeschränkten Maßstab revisionsrechtlicher Kontrolle (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 118 Rz 30) nicht zu beanstanden. Das FG hat es insbesondere zutreffend als Beweisanzeichen für die Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht gewertet, dass der Kläger den hinsichtlich des Objekts erteilten Maklerauftrag vorrangig zur Veräußerung der Wohnung erteilt hat (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 2. März 1993 IX R 69/89, BFH/NV 1993, 532) und auch in --bereits seit 2005-- selbst geschalteten Anzeigen die Wohnung als Verkaufsobjekt beworben hat. Auch im Zuge der Veranlagungsverfahren 2004 bis 2006 hat der Kläger sich im Wesentlichen dahin eingelassen, dass ein Verkauf des Objekts geplant sei. Mit Blick auf die im Streitfall bestehende gesellschaftsrechtliche Verbundenheit des Klägers und der Beigeladenen ist es ferner als Beweisanzeichen für die Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht zu werten, dass die GbR-Gesellschafter --nach Angaben der Beigeladenen im finanzgerichtlichen Verfahren-- bereits mit Inkrafttreten der Scheidungsvereinbarungen im Jahr 2005 eine Wiedervermietung des Objekts ausgeschlossen hatten. Vor diesem Hintergrund hat das FG zutreffend die nur gelegentlich der Veräußerungsbemühungen --und mithin nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht-- vorgenommenen punktuellen Vermietungsversuche --nach den den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG hat es nur zwei Besichtigungen von potentiellen Mietern Ende 2005/Anfang 2006 gegeben-- nicht als für eine (Wieder-)Aufnahme der Einkünfteerzielungsabsicht ausreichend angesehen.
Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 11.12.2012 IX R 14/12