18.09.2003 · IWW-Abrufnummer 032079
Bundesfinanzhof: Urteil vom 05.06.2003 – IV R 36/02
1. Hat ein Gesellschafter, dessen Besteuerungsgrundlagen mangels Abgabe einer Feststellungserklärung zu schätzen sind, Verluste im Bereich seines Sonderbetriebsvermögens erlitten, kann sein Anteil am Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft nur dann mit 0 DM/? festgestellt werden, wenn ausreichend Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Sonderbetriebseinnahmen oder sein Anteil am Gesellschaftsgewinn diesen Verlust auszugleichen vermögen.
2. Der Ausgleichsanspruch gegen die KG, der einem Kommanditisten zusteht, weil er Schulden der KG beglichen hat, gehört zu dessen Sonderbetriebsvermögen. Wird der Anspruch wertlos, wird der hieraus resultierende Verlust erst dann realisiert, wenn die Mitunternehmerschaft --beispielsweise durch Veräußerung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen-- beendet wird.
Gründe:
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Arzt. Er gründete zusammen mit M die A-GmbH (GmbH), an der er und M zu je 50 v.H. beteiligt waren. Die GmbH wurde später Komplementärin der A-GmbH & Co. KG (KG). Der Kläger war an dieser Gesellschaft zusammen mit anderen Personen als Kommanditist beteiligt. Eine der Kommanditistinnen war seine geschiedene Ehefrau, die Klägerin zu 1 des finanzgerichtlichen Verfahrens.
Im April 1994 wurde über die Vermögen der GmbH und der KG der Konkurs eröffnet. Da für die KG keine Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung 1994 (Streitjahr) abgegeben wurde, schätzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Besteuerungsgrundlagen auf 0 DM. Der Bescheid datiert vom 3. März 1995. Er erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung --AO 1977--). In der "Anlage ESt 1, 2, 3, B (V) zur Feststellung von Besteuerungsgrundlagen in Fällen des § 15 a EStG" löste das FA die negativen Kapitalkonten der Kommanditisten auf und verrechnete sie mit den gleich hohen verrechenbaren Verlusten i.S. des § 15 a des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Der Kläger beantragte zunächst, diesen Bescheid nach § 164 Abs. 2 AO 1977 in der Weise zu ändern, dass ihm Sonderbetriebsausgaben in Höhe von 249 496 DM zugewiesen würden. Gegen den Bescheid, mit dem das FA diesen Antrag ablehnte, legte der Kläger Einspruch ein. Er beantragte nunmehr die Berücksichtigung von Sonderbetriebsausgaben in Höhe von 255 496 DM bei ihm und 44 000 DM bei seiner Ehefrau. Diese Beträge setzten sich wie folgt zusammen:
1. Der Kläger war in den Jahren 1989 und 1990 für Schulden der GmbH in Höhe von 70 000 DM und für Schulden der KG in Höhe von insgesamt 120 000 DM bei der B-Bank Bürgschaften eingegangen. Mit Schreiben vom 22. Februar 1994 teilte die B-Bank dem Kläger mit, dass sie infolge des Konkursantrages der GmbH gezwungen sei, ihn aus den Bürgschaften in Anspruch zu nehmen. In Höhe von 40 000 DM verzichtete sie später auf eine Inanspruchnahme.
2. Mit Vertrag vom 31. März 1994 nahm der Kläger zusammen mit M bei der D-Bank ein Darlehen über 172 000 DM auf. Der Betrag sollte der Ablösung von Schulden der GmbH dienen. Im Innenverhältnis entfiel das Darlehen zur Hälfte auf den Kläger.
3. Die Ehefrau des Klägers nahm zusammen mit M bei der B-Bank ein Darlehen über 50 000 DM auf, das nach dem Klägervorbringen ebenfalls der Ablösung von Schulden der KG gedient haben soll. Hiervon will der Kläger im Innenverhältnis 6 000 DM getragen haben.
4. Bei dem verbleibenden Betrag in Höhe von 13 496 DM handelt es sich um Zinsen.
Das FA erkannte im Einspruchsverfahren lediglich die Zinsaufwendungen (13 496 DM) als Sonderbetriebsausgaben an und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Es vertrat unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 4. Juli 1974 IV R 166/70 (BFHE 113, 30, BStBl II 1974, 677) die Auffassung, bei den in Erfüllung der Bürgschaften geleisteten Zahlungen handle es sich nicht um Sonderbetriebsausgaben, sondern um Kapitaleinlagen der Kommanditisten. Ein Verlust könne daher erst bei Beendigung der Gesellschaft entstehen.
Die Einspruchsentscheidung wies im Rubrum lediglich den Kläger, nicht jedoch dessen Ehefrau aus.
Hiergegen wandten sich der Kläger und seine Ehefrau mit der Klage. Sie machten unter Berufung auf das BFH-Urteil vom 18. Juni 1991 VIII R 84/87 (BFH/NV 1992, 229) geltend, jedenfalls dann, wenn die Ersatzforderung gegen die KG nicht vollwertig sei, müsse die Inanspruchnahme des Kommanditisten aus einer Bürgschaft nicht erst bei Auflösung der Gesellschaft, sondern sofort zu einem Sonderverlust führen.
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, Sonderbetriebsausgaben könnten generell nicht geltend gemacht werden, wenn für die Gesellschaft keine Gewinnfeststellungserklärung abgegeben worden sei. Das FA sei nicht verpflichtet, einzelnen Sonderbetriebsausgaben nachzugehen, solange es nicht feststellen könne, wie hoch die positiven Einkünfte der Gesellschafter aus ihrer Beteiligung seien.
Mit der vom Senat nur hinsichtlich des Ehemannes zugelassenen Revision, die auf Verfahrensmängel und die Verletzung materiellen Rechts gestützt ist, verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Er beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil, die Einspruchsentscheidung sowie den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 1994 der KG, soweit sie ihn betreffen, aufzuheben und die Besteuerungsgrundlagen des Jahres 1994 in der Weise festzustellen, dass für ihn Sonderbetriebsausgaben in Höhe von 255 496 DM berücksichtigt werden.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
I. Der Senat hat mit Beschluss vom 18. März 2003 die KG zum Verfahren beigeladen.
1. Klagt ein Gesellschafter einer Personengesellschaft mit dem Ziel der Anerkennung von Verlusten im Bereich des Sonderbetriebsvermögens, so sind die nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 FGO Klagebefugten --hier die KG-- nach § 60 Abs. 3 FGO notwendig beizuladen, weil der Ausgang des Verfahrens Auswirkungen auf die Höhe des Gesamtgewinns der Gesellschaft hat (BFH-Beschluss vom 31. Januar 1992 VIII B 33/90, BFHE 167, 5, BStBl II 1992, 559; Beschluss des FG München vom 8. Juli 1998 1 K 1025/97, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1998, 1532). Diese vom FG unterlassene Beiladung hat der Senat gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO nachgeholt.
2. Die Beiladung der Ehefrau des Klägers war demgegenüber nicht notwendig. Im Revisionsverfahren ist nur noch die Höhe der Sonderbetriebsausgaben des Klägers streitig. Über den Gewinnanteil der Ehefrau hat das FA im Gewinnfeststellungsbescheid vom 3. März 1995 formell bestandskräftig entschieden. Gegen diesen Bescheid wurde kein Einspruch eingelegt. Der Einspruch richtete sich vielmehr allein gegen den Bescheid vom 23. November 1995, mit dem ein Änderungsantrag abgelehnt wurde, den ausschließlich der Kläger gestellt hatte und der auch nur mit seinen Bürgschafts- und Darlehensverlusten begründet worden war. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Entscheidung über die Anerkennung von Sonderbetriebsausgaben des Klägers sich auf den Gewinnanteil seiner geschiedenen Ehefrau auswirken könnte.
3. Die von der Bevollmächtigten des Klägers angeregte Beiladung des Konkursverwalters kommt nicht in Betracht. Eine notwendige Beiladung nach § 60 Abs. 3 FGO scheitert daran, dass der Konkursverwalter über das Vermögen einer KG im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung der KG nicht prozessführungsbefugt ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 30. September 1987 VIII B 60/87, BFH/NV 1989, 441). Eine einfache Beiladung war nicht erforderlich, weil der Ausgang des Rechtsstreits für die Konkursmasse ohne jede Bedeutung ist. Der Konkursverwalter kann möglicherweise als Zeuge im zweiten Rechtszug gehört werden.
II. Die Verfahrensrügen können keinen Erfolg haben. Insbesondere ist nicht feststellbar, dass das FG den klaren Inhalt der Akten nicht berücksichtigt habe. Entgegen dem Vorbringen der Klägervertreterin ist aus den Akten nicht ersichtlich, dass für die KG --anders als vom FG angenommen-- eine das Streitjahr betreffende Erklärung zur gesonderten Gewinnfeststellung (§ 181 Abs. 2 AO 1977) abgegeben worden wäre. Der Kläger mag im Einspruchs- und Klageverfahren verschiedene "Erklärungen" abgegeben haben. Darunter befand sich jedoch keine Erklärung, die den Anforderungen des --entsprechend anzuwendenden-- § 150 AO 1977 entsprochen hätte.
III. Allerdings teilt der Senat nicht die materiell-rechtliche Auffassung des FG.
1. Zu Unrecht hat das FG die Berücksichtigung von etwaigen Verlusten, die dem Kläger nach seinem Vorbringen im Zusammenhang mit dem Wertloswerden von Forderungen gegen die Gesellschaft entstanden sind, mit der Begründung abgelehnt, das FA sei nicht verpflichtet, einzelnen Sonderbetriebsausgaben nachzugehen, solange es mangels Abgabe einer Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung nicht feststellen könne, wie hoch die positiven Einkünfte der Gesellschafter seien.
a) Die Gewinne und Verluste einer gewerblich tätigen KG sind im Wege des Betriebsvermögensvergleichs nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung zu ermitteln (§ 4 Abs. 1 Satz 1, § 5 Abs. 1 EStG und gesondert festzustellen (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977). Auch nach Eröffnung des Konkursverfahrens (ab 1999 Insolvenzverfahren) und Einstellung ihrer werbenden Tätigkeit bleibt die gewerblich tätige KG Kaufmann und ist deshalb verpflichtet, für die Zwecke der Besteuerung Bücher zu führen und Steuerbilanzen zu erstellen. Nach Konkurseröffnung obliegt es dem Konkursverwalter, für die ordnungsgemäße Erfüllung der steuerrechtlichen Buchführungs- und Bilanzierungspflichten zu sorgen (BFH-Urteil vom 19. Januar 1993 VIII R 128/84, BFHE 170, 511, BStBl II 1993, 594, m.w.N.).
b) Ist der Konkursverwalter --wie im Streitfall-- dieser Verpflichtung nicht nachgekommen, so hat das FA die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen (§ 162 Abs. 2 Satz 2 AO 1977). Dabei sind die für den Steuerpflichtigen maßgeblichen Gewinnermittlungsvorschriften zu beachten (BFH-Urteile vom 30. September 1980 VIII R 201/78, BFHE 132, 228, BStBl II 1981, 301, und vom 28. Januar 1992 VIII R 28/90, BFHE 168, 30, BStBl II 1992, 881). Die Schätzung ist so vorzunehmen, dass sie im Ergebnis einem ordnungsgemäß durchgeführten Bestandsvergleich möglichst nahe kommt (Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 162 AO 1977 Tz. 29). Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind (§ 162 Abs. 1 Satz 2 AO 1977).
c) In die Schätzung sind auch Verluste einzubeziehen, die einem Gesellschafter dadurch erwachsen, dass seine Forderungen gegen die Gesellschaft wertlos werden (BFH-Urteil in BFHE 170, 511, BStBl II 1993, 594, unter III.1.).
Entgegen der Vorstellung, die offenbar dem FG-Urteil zugrunde liegt, wird bei der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen einer Personengesellschaft nicht notwendigerweise lediglich der Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft geschätzt. Vielmehr kann der Gewinnfeststellungsbescheid nach ständiger Rechtsprechung mehrere selbständige Feststellungen über einzelne Besteuerungsgrundlagen enthalten (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 6. Dezember 2000 VIII R 21/00, BFHE 194, 97, BStBl II 2003, 194). Zu diesen Besteuerungsgrundlagen, die innerhalb eines Gewinnfeststellungsbescheids selbständig festzustellen sind, gehören insbesondere Gewinne und Verluste im Bereich des Sonderbetriebsvermögens eines Gesellschafters (BFH-Urteil vom 10. Februar 1988 VIII R 352/82, BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544). Hat ein Gesellschafter Verluste im Bereich des Sonderbetriebsvermögens erlitten, könnte daher sein Anteil am Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft nur dann mit 0 DM festgestellt werden, wenn ausreichende Anhaltspunkte dafür bestünden, dass Sonderbetriebseinnahmen oder sein Anteil am Gesellschaftsgewinn diesen Verlust auszugleichen vermögen. Dies wäre im Schätzungswege in den Gewinnfeststellungsbescheid aufzunehmen. Davon, dass derartige Anhaltspunkte bestehen, ist indessen auch das FA nicht ausgegangen.
2. Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um entscheiden zu können, ob beim Kläger im Streitjahr ein Verlust steuerlich zu berücksichtigen ist, weil ihm zustehende Ausgleichsforderungen gegen die KG wertlos geworden sind.
a) Der Kläger ist seinen Angaben zufolge von den Gläubiger-Banken als Bürge für Schulden der GmbH und der KG in Anspruch genommen worden. Außerdem hat er, wie sich aus den dem FG vorgelegten Unterlagen ergibt, ein Darlehen aufgenommen, mit dem Schulden der KG getilgt wurden. Schließlich hat er sich --wiederum nach seinen Angaben-- mittelbar an der Aufnahme eines Darlehens durch seine Ehefrau beteiligt, das ebenfalls der Tilgung von Schulden der KG gedient haben soll.
b) Zahlt ein Kommanditist Schulden der KG, so steht ihm gegen die Gesellschaft ein Ausgleichsanspruch nach §§ 110, 161 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) zu. Dieser Anspruch besteht neben einem eventuellen Anspruch aus gesetzlichem Forderungsübergang (vgl. Palandt/Spau, Bürgerliches Gesetzbuch, 62. Aufl., § 774 Rdnr. 1 - 4, m.w.N.), der sich ergeben kann, wenn der Kommanditist als Bürge in Anspruch genommen wird (§ 774 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--) oder wenn der Zahlung ein Schuldbeitritt vorausgegangen ist, durch den er zum Gesamtschuldner geworden ist (§ 426 Abs. 2 BGB).
c) Diese Ansprüche gehören --ebenso wie Ansprüche eines Gesellschafters aus einer gegenüber der KG bestehenden Darlehensforderung-- zwar nicht zu dem in der Gesellschaftsbilanz auszuweisenden Eigenkapital, wohl aber zum Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten, das in der aus Gesellschaftsbilanz und Sonderbilanzen zu bildendenden Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft als Eigenkapital behandelt wird (BFH-Urteile vom 12. Juli 1990 IV R 37/89, BFHE 162, 30, BStBl II 1991, 64; in BFHE 170, 511, BStBl II 1993, 594, unter III.1.; vom 24. März 1999 I R 114/97, BFHE 188, 315, BStBl II 2000, 399, unter B.IV.1.b). Auch wenn feststeht, dass ein solcher Ersatzanspruch wertlos ist, weil er weder von der KG noch vom persönlich haftenden Gesellschafter beglichen werden kann, folgt aus der Behandlung als Eigenkapital, dass eine Wertberichtigung während des Bestehens der Gesellschaft regelmäßig nicht in Betracht kommt. Das Imparitätsprinzip gilt insoweit nicht (Senatsurteil vom 26. September 1996 IV R 105/94, BFHE 182, 33, BStBl II 1997, 277, unter 4. a.E.; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., S. 452; Schmidt, Einkommensteuergesetz, 22. Aufl., § 15 Rz. 404, jeweils m.w.N.). Vielmehr wird dieser Verlust im Sonderbetriebsvermögen --ebenso wie der Verlust der Einlage in das Gesellschaftsvermögen-- grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Beendigung der Mitunternehmerstellung, also beim Ausscheiden des Gesellschafters oder bei Beendigung der Gesellschaft realisiert (BFH-Urteile in BFHE 162, 30, BStBl II 1991, 64; in BFHE 170, 511, BStBl II 1993, 594, unter III.1.; in BFHE 182, 33, BStBl II 1997, 277, unter 4. a.E.).
d) Aus der Gleichbehandlung eines Verlustes im Sonderbetriebsvermögen mit dem Verlust einer Einlage in das Gesellschaftsvermögen folgt, dass maßgeblich für die Verlustrealisierung der Zeitpunkt ist, zu dem die Gesellschaft ihren Gewerbebetrieb im Ganzen aufgibt oder veräußert. Die auf diesen Zeitpunkt aufzustellende Schlussbilanz zur Ermittlung des Gewinns oder Verlustes aus der Betriebsveräußerung oder -aufgabe tritt an die Stelle der handelsrechtlichen Liquidationsschlussbilanz. Der Veräußerungs- oder Aufgabegewinn schließt grundsätzlich das Ergebnis der gewerblichen Betätigung des Gesellschafters ab. Deshalb sind bei der Ermittlung des Aufgabegewinns oder -verlustes sämtliche Aufwendungen des Gesellschafters gewinnmindernd zu berücksichtigen, die mit dem Aufgabevorgang verbunden sind (vgl. BFH-Urteile in BFHE 162, 30, BStBl II 1991, 64, unter 1., und in BFHE 170, 511, BStBl II 1993, 594, unter II.1.c, m.w.N.).
e) Demgegenüber können Verluste aus dem Wertloswerden einer gegenüber der KG bestehenden Ausgleichsforderung eines Kommanditisten nicht bereits dann geltend gemacht werden, wenn das negative Kapitalkonto aufgelöst wird, weil wegen Einstellung der werbenden Tätigkeit weitere Gewinne, mit denen das negative Kapitalkonto ausgeglichen werden könnte, nicht mehr zu erwarten sind. Es kann dahinstehen, ob der vorzeitigen Auflösung des negativen Kapitalkontos unter der Geltung des § 15a EStG überhaupt noch Bedeutung zukommt (offen lassend Senatsurteil in BFHE 182, 33, BStBl II 1997, 277, unter 3.). Sie führt zumindest nicht mehr zu einem steuerlichen Gewinn. Auf jeden Fall hat sie aber --wie schon vor Geltung des § 15a EStG-- nicht die Beendigung der Mitunternehmerstellung zur Folge. Daher sind jederzeit Veränderungen im Hinblick auf zu erwartende Inanspruchnahmen für Gesellschaftsschulden und eventuelle Rückgriffsforderungen möglich (Senatsurteil in BFHE 182, 33, BStBl II 1997, 277, unter 4.).
f) Auch die Konkurseröffnung über das Vermögen der KG führt als solche nicht bereits zur Betriebsaufgabe. Die Eröffnung des Konkursverfahrens (heute: Insolvenzverfahren) hat zwar die Auflösung der KG zur Folge (§ 131 Nr. 3, § 161 Abs. 2 HGB), der Betrieb der Personengesellschaft wird dadurch jedoch weder aufgegeben noch veräußert. Die Gesellschaft tritt vielmehr in ein Abwicklungsstadium. Sie betreibt in dieser Phase der Verwertung des Gesellschaftsvermögens ein gewerbliches Unternehmen i.S. des § 15 EStG. Das gilt auch dann, wenn sie jede werbende Tätigkeit eingestellt hat (Senatsurteile vom 27. April 1978 IV R 187/74, BFHE 126, 114, BStBl II 1979, 89, und vom 11. Februar 1988 IV R 19/87, BFHE 153, 26, BStBl II 1988, 825).
g) Zur Betriebsaufgabe kommt es jedoch dann, wenn der Konkursverwalter alle wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert. Die Zurückbehaltung von Wirtschaftsgütern, die nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören, steht der Beendigung der Betriebsaufgabe nicht entgegen (BFH-Urteil in BFHE 170, 511, BStBl II 1993, 594, unter II.1.d).
h) Demnach kann die vom Kläger begehrte Anerkennung eines Verlustes aus dem Wertloswerden seiner Ausgleichsforderungen --entgegen der Auffassung des FA-- nicht davon abhängig gemacht werden, dass das Konkursverfahren beendet worden ist (BFH-Urteil in BFHE 170, 511, BStBl II 1993, 594, unter II.1.d). Zwar hört die Gesellschaft erst mit der Vollbeendigung auf zu existieren. Dieser Zeitpunkt hat im Steuerrecht aber lediglich verfahrensrechtliche Bedeutung. Die gewerbliche Tätigkeit der Gesellschaft kann schon vorher geendet haben.
i) Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Zunächst fehlen Feststellungen dazu, in welcher Höhe dem Kläger Ausgleichsforderungen gegen die KG zustehen. Hierzu mögen zwar die vom Kläger eingereichten Unterlagen Anhaltspunkte bieten. Das FG hat sie bisher jedoch nicht gewürdigt. Des Weiteren wird das FG im zweiten Rechtszug festzustellen haben, ob und ggf. zu welchem Zeitpunkt der Konkursverwalter die wesentlichen Betriebsgrundlagen der KG veräußert hat.