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  • 02.08.2013

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 15.05.2013 – 4 K 43/12

    1. Es gibt keinen allgemeinen Anspruch
    auf Erlass von Säumniszuschlägen für die
    Zeit bis zur Ablehnung eines AdV-Antrags, auch wenn auf einen sodann gestellten
    Antrag Stundung ab dem Zeitpunkt des Stundungsantrags gewährt wird.


    2. Die Stundung steht der als Erlassfall in
    Nr. 7.2.3 f) AO-DV Zoll zu § 227 angesprochenen Zahlung
    der Abgabenschuld nach Ablehnung des AdV-Antrags nicht gleich.


    3. Aus der Verwaltungsanweisung in Nr. 6 b)
    AEAO zu § 240, nach der eine Frist zur Zahlung der rückständigen
    Steuern bewilligt werden kann, wenn ein rechtzeitig gestellter Antrag
    auf Aussetzung der Vollziehung nach Fälligkeit abgelehnt
    worden ist, lässt sich kein Anspruch auf Erlass von Säumniszuschlag
    durch die Zollbehörden ableiten.


    Tatbestand

    Die Klägerin begehrt den Erlass von Säumniszuschlägen.

    I. Das Hauptzollamt
    (HZA) Hamburg-1 erließ am 04.03.2008 einen - zwischenzeitlich
    bestandskräftig gewordenen - Nacherhebungsbescheid über einen
    Betrag von rund EUR ... mit dem Fälligkeitsdatum 18.03.2008.


    Die Klägerin legte am 11.03.2008 Einspruch gegen den
    Bescheid ein und stellte sogleich einen Antrag auf Aussetzung der
    Vollziehung. Der Antrag wurde vom HZA Hamburg-1 mit Bescheid vom
    09.04.2008 abgelehnt; den sodann gegenüber dem Finanzgericht
    (FG) gestellten Antrag auf gerichtliche Aussetzung der Vollziehung lehnte
    das FG Hamburg mit Beschluss vom 31.10.2008 ab (Az. 4 V 82/08).


    Drei Tage nach Zustellung des ablehnenden Beschlusses des FG
    Hamburg stellte die Klägerin beim HZA Hamburg-1 am 10.11.2008
    einen Antrag auf Stundung. Das HZA Hamburg-1 stundete die nacherhobenen
    Einfuhrabgaben mit Bescheid zunächst vom 13.01.2009 und
    dann mit Bescheid vom 09.09.2009 rückwirkend auf das Datum
    des Stundungsantrags 10.11.2008.


    II. Der Beklagte hatte im Rahmen seiner Zuständigkeit
    gegenüber der Klägerin die Zahlung der vom HZA
    Hamburg-1 am 04.03.2008 festgesetzten Abgaben gemahnt und ein Leistungsgebot
    für Säumniszuschläge erlassen.


    In einem als Einspruch gegen die Säumniszuschläge
    bezeichneten Schreiben vom 08.04.2008 wies die Klägerin
    u. a. auf ihren Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Nacherhebungsbescheids
    hin. Der Beklagte wertete das Schreiben als Antrag auf Erlass der
    Säumniszuschläge, den es jedoch mit Bescheid vom
    19.11.2008 ablehnte. Zugleich berechnete der Beklagte die Säumniszuschläge
    für 9 Monate auf rund EUR ....


    Gegen die Ablehnung des Erlasses der Säumniszuschläge
    legte die Klägerin mit Schreiben vom 18.12.2008 Einspruch
    ein. Zur Begründung verwies sie u. a. auf den Inhalt der
    Dienstvorschrift zur Anwendung der Abgabenordnung im Bereich der
    Zollverwaltung (AO-DV Zoll).


    Die AO-DV Zoll benennt unter der Ziffer 7.2 zu § 227
    AO - ausdrücklich nicht abschließend aufgezählte
    - Umstände, die einen Billigkeitserlass von u. a. Säumniszuschlägen
    rechtfertigen können.


    Die Klägerin nahm Bezug auf Nr. 7.2.3. Buchst. f) AO-DV
    Zoll, wo der Erlass von Säumniszuschlägen für
    den Fall geregelt ist, dass eine festgesetzte Abgabe binnen Wochenfrist
    nach Ablehnung eines - wie hier - rechtzeitig gestellten Antrags
    auf Aussetzung der Vollziehung gezahlt wird. Die Klägerin
    meinte, die ihr gewährte Stundung mit Ratenzahlungen sei
    einer Zahlung gleichzustellen.


    Mit Schreiben vom 29.10.2010 korrigierte der Beklagte die Berechnung
    der Säumniszuschläge lediglich um einen Monat
    zugunsten der Klägerin auf EUR .... Mit Einspruchsentscheidung
    vom 09.02.2012 wies der Beklagte den Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid
    sodann als unbegründet zurück. Die Erlassgründe
    für Säumniszuschläge seien in der AO-DV-
    Zoll unter Nr. 7.2.3 zu § 227 AO abschließend
    geregelt. Der Fall des Buchst. f) sei nicht gegeben. Die Stundung
    sei der Zahlung nicht gleichgestellt; der Stundungsantrag sei nicht
    vor Fälligkeit gestellt worden. Wegen der Einzelheiten
    wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.


    III. Die Klägerin hat am 12.03.2012
    Klage erhoben.


    Die Klägerin meint im Hinblick auf die AO-DV Zoll, dass
    der vorliegende Fall, in dem nach Ablehnung eines Antrags auf Aussetzung
    der Vollziehung Stundung mit Ratenzahlung gewährt worden
    sei, in gleicher Weise wie eine Zahlung der Abgabenschuld nach Versagung
    der Aussetzung der Vollziehung zu behandeln sei. Es sei unbillig,
    die Zahlung der gestundeten Einfuhrabgaben weiterhin mit dem besonderen
    Druckmittel der Säumniszuschläge zu belegen. Bei
    der Entscheidung sei auch zu berücksichtigen, dass die
    Klägerin an den Umständen, die zum Erlass des
    Einfuhrabgabenbescheids vom 04.03.2008 geführt haben, kein
    Verschulden treffe, und dass ihr Antrag auf Aussetzung der Vollziehung
    nicht missbräuchlich gewesen sei.


    Die Klägerin weist zur Stützung ihrer Argumentation
    auf den Anwendungserlass für die Finanzbehörden
    der Länder zur AO (AEAO) zu § 240, Nr. 6 Buchst.
    b) hin, nach dem bei Ablehnung eines rechtzeitig gestellten Antrags auf
    Aussetzung der Vollziehung eine neue Frist zur Zahlung gewährt
    werde. Diese Regelung werde von den Finanzämtern der Bundesländer
    regelmäßig angewendet. Die Klägerin habe
    als Schuldnerin einer Einfuhrabgabe einen Anspruch auf Gleichbehandlung
    mit den Schuldnern von Forderungen der Finanzämter. Letztlich
    sei die Regelung der Nr. 6 Satz 1 Buchst. b) AEAO zu § 240
    auch in der Regelung in Nr. 7.2.3. Buchst. f) AO-DV Zoll zu § 227 mitenthalten.


    Die Klägerin meint, die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit
    der Stellung eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung würde
    ins Leere laufen, wenn der Antragsteller von vorneherein die Entstehung
    von Säumniszuschlägen befürchten müsse.


    Die Klägerin trägt weiter vor, dass die Erhebung
    von Säumniszuschlägen nach der Rechtsprechung
    des Bundesfinanzhofs jedenfalls in Höhe von der hälftigen
    Säumniszuschläge sachlich unbillig sei, wenn der
    Zweck von Säumniszuschlägen, nämlich
    die Ausübung von Druck, um beim Schuldner die Zahlung der
    Abgaben zu bewirken, deswegen seinen Sinn verloren habe, weil dem
    Schuldner die rechtzeitige Zahlung der Abgaben wegen Überschuldung
    und Zahlungsunfähigkeit unmöglich sei. Im Rahmen
    der Ermessensentscheidung über den Erlass sei daher auch
    zu berücksichtigen, ob bei Fälligkeit verspätet
    gezahlter Abgaben eine Erlass- oder Stundungssituation bestanden
    habe. Hier habe der Beklagte bei Erlass des Ablehnungsbescheids erkennen
    können, dass bei der Klägerin bereits bei Fälligkeit
    des Abgabenbescheids vom 04.03.2008 eine Stundungssituation bestanden
    habe. Insoweit nimmt die Klägerin Bezug auf näher
    bezeichnete Anträge und Schreiben aus dem Verwaltungsverfahren
    des HZA Hamburg-1.


    Die Klägerin beantragt,

    den Ablehnungsbescheid vom 19.11.2008 in der Form der Einspruchsentscheidung
    vom 09.02.2012 insoweit aufzuheben, als mit ihm der Erlass der Hälfte
    der Säumniszuschläge abgelehnt wird, und den Beklagten
    zu verpflichten, dem Antrag auf Erlass der verwirkten Säumniszuschläge
    in Höhe der Hälfte der Säumniszuschläge
    zu entsprechen.


    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung nimmt der Beklagte Bezug auf seine Einspruchsentscheidung
    und führt erläuternd bzw. ergänzend aus:
    Die Klägerin habe ihren Antrag auf Erlass nicht mit ihrer
    wirtschaftlichen Lage begründet und hierzu in diesem Zusammenhang
    auch keine Angaben gemacht - auch nicht im Einspruchsverfahren gegen
    den Ablehnungsbescheid. Aus den Entscheidungen über ihre
    Anträge auf Aussetzung der Vollziehung habe sich eine prekäre Situation
    nicht ergeben. Das HZA Hamburg-1 habe auf den Stundungsantrag der
    Klägerin die Stundung zwar rückwirkend, aber nur
    auf den Zeitpunkt der Stellung des Stundungsantrags gewährt.
    Damit habe der Beklagte über den Antrag auf Erlass der
    Säumniszuschläge insgesamt zutreffend und ermessensfehlerfrei
    entschieden.


    IV. Dem Gericht lagen außer den Schriftsätzen
    der Beteiligten nebst Anlagen noch drei Heftstreifen mit Kopien
    aus dem Verwaltungsverfahren vor.


    Ergänzend wird auf das Protokoll des Erörterungstermins
    am 28.11.2012 Bezug genommen.


    Die Beteiligten haben im Erörterungstermin am 28.11.2012
    ihr Einverständnis damit erklärt, dass eine Entscheidung
    durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung ergeht.


    Gründe

    Das Gericht entscheidet im Einvernehmen mit den Beteiligten durch
    den Berichterstatter im schriftlichen Verfahren, § 79a
    Abs. 3, 4, § 90 Abs. 2 FGO.


    Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

    Der angefochtene Ablehnungsbescheid vom 19.11.2008 ist in Form
    der Einspruchsentscheidung vom 09.02.2012 rechtmäßig
    und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 101
    S. 1 FGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erlass der
    Säumniszuschläge.


    Als Anspruchsgrundlage kommen Art. 232 Abs. 2 Buchst. a) Zollkodex
    bzw. § 227 AO in Betracht. In jedem Fall handelt es sich
    bei der Entscheidung über den Erlass um eine Ermessensentscheidung,
    die gerichtlich nur in den durch § 102 FGO gezogenen Grenzen überprüfbar
    ist. Das Gericht vermag nicht zu erkennen, dass der Beklagte bei
    der teilweisen Versagung des Erlasses ermessensfehlerhaft gehandelt
    hätte. Erst recht ist der Ermessensspielraum im konkreten
    Fall nicht derart eingeschränkt, dass das Ermessen fehlerfrei
    nur durch Stattgabe des Erlassantrags ausgeübt werden könnte
    (sog. Ermessensreduzierung auf Null, vgl. FG Hamburg, Urteil vom
    02.07.2010, 6 K
    193/09, m. w. N.).


    I.

    1. Gemäß § 227
    AO können die Finanzbehörden Ansprüche
    aus dem Steuerschuldverhältnis, zu denen auch Säumniszuschläge
    gehören (§ 37 Abs. 1 i. V. m. § 3 Abs.
    4 AO), ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage
    des einzelnen Falles unbillig wäre. Eine solche Unbilligkeit
    kann dabei in der Sache selbst (sachliche Gründe) oder
    in den persönlichen, d. h. wirtschaftlichen Verhältnissen
    (persönliche Gründe) begründet sein;
    in letzterem Fall kann der Erlass in gleicher Weise zudem auf Art.
    232 Abs. 2 Buchst. a) Zollkodex gestützt werden.


    Säumniszuschläge sind nach § 240 Abs.
    1 S. 1 AO zu entrichten, falls eine Steuer nicht bis zum Ablauf
    des Fälligkeitstages gezahlt wird. Sie sind nach ständiger
    Rechtsprechung ein Druckmittel eigener Art, das den Steuerpflichtigen
    zur rechtzeitigen Zahlung anhalten soll. Gleichzeitig haben sie
    den Zweck, vom Steuerpflichtigen eine Gegenleistung für
    das Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern zu erhalten
    und die Verwaltungsaufwendungen, die bei den verwaltenden Körperschaften
    dadurch entstehen, dass fällige Steuern nicht oder nicht
    fristgemäß bezahlt werden, abzugelten (BFH, Urteil vom
    16.07.1997, XI
    R 32/96)


    Die Erhebung von Säumniszuschlägen ist sachlich
    u. a. dann unbillig, wenn dem Steuerpflichtigen die rechtzeitige
    Zahlung der Steuer wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit
    unmöglich ist und deshalb die Ausübung von Druck
    zur Zahlung ihren Sinn verliert (ständige Rechtsprechung,
    vgl. z. B. BFH-Urteile vom 13.09.2005, X B 65/05, und vom 07.07.1999 X R 87/96). Überschuldung liegt
    vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten
    nicht mehr deckt (vgl. § 19 Abs. 2 Insolvenzordnung - InsO).
    Unter Zahlungsunfähigkeit ist aus Mangel an Zahlungsmitteln
    beruhende dauernde Unvermögen eines Schuldners zu verstehen,
    seine sofort zu erfüllenden Geldschulden noch im Wesentlichen
    zu berichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 06.04.2000, IV R 56/99).
    Dauerndes Unvermögen wird bejaht, wenn feststeht, dass
    der Schuldner in den nächsten drei bis sechs Monaten seine
    wesentlichen und fälligen Verbindlichkeiten nicht werde
    begleichen können (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 08.03.1984, I R 44/80).
    Ein Erlass von Säumniszuschlägen aus sachlichen
    Gründen ist außerdem geboten, wenn im Zeitpunkt
    ihres Entstehens die Voraussetzungen für die Gewährung
    einer Stundung erfüllt waren (FG München, Urteil
    vom 24.03.2011, 14
    K 2963/09, m. w. N.). In diesen Fällen sind
    dem Schuldner die Säumniszuschläge in - von der
    Klägerin ohnehin nur beantragter - hälftiger Höhe
    zu erlassen.


    2. Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme
    ist eine Ermessensentscheidung, die durch das Gericht nur nach Maßgabe
    des § 102 FGO überprüft werden kann.
    Soweit die Finanzbehörden ermächtigt sind, nach
    ihrem Ermessen zu entscheiden, überprüfen die
    Finanzgerichte (nur), ob der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig
    ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten
    sind - gegebenenfalls eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt
    - oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung
    nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.


    3. Sind Ermessensrichtlinien erlassen, überprüfen
    die Finanzgerichte, ob sich die Behörde an die Richtlinie
    gehalten hat, ob die erlassene Ermessensrichtlinie die gesetzlichen
    Grenzen des Ermessens einhält und ob sie von dem Ermessen
    in eine dem Zweck der Ermächtigung zur Ermessensausübung entsprechenden
    Weise Gebrauch gemacht hat. Die Verwaltung ist in geeigneten Fällen
    zum Erlass von Verwaltungsvorschriften berechtigt, die das Ermessen
    der nachgeordneten Behörden lenken und binden (BFH, Urteil vom
    11.04.2006, VI
    R 64/02). Nach ständiger Rechtsprechung des
    BFH sind die in den Billigkeitsrichtlinien für die Zollbehörden
    entwickelten Grundsätze, da sie den Niederschlag von Rechtsgedanken
    beinhalten, die eine jahrzehntelange Ermessensausübung
    auf dem Gebiet der Zölle und Verbrauchsteuern aus dem Wesen
    dieser Abgaben hervorgebracht hat, unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung
    der Verwaltung und damit der Beachtung des Gleichheitssatzes auch
    bei der gerichtlichen Überprüfung von Ermessensentscheidungen
    als Material für die Rechtsfindung von Bedeutung (BFH,
    Urteil vom 14.02.1989, VII R 189/85, m. w. N.).


    4. Eine solche Richtlinie ist in der AO-DV
    Zoll zu § 227 AO enthalten. Unter Textziffer 7.2 sind Umstände
    erfasst, „die ... - ohne dass dies eine abschließende
    Aufzählung wäre - eine Billigkeitsmaßnahme
    im Hinblick auf ... Nebenleistungen rechtfertigen” können;
    Textziffer 7.2.3 enthält eine Aufzählung weiterer
    Fälle, in denen Säumniszuschläge erlassen
    werden können. Textziffer 7.2.3. Buchst. f) benennt den
    Fall, dass „ein rechtzeitig gestellter Antrag auf Stundung
    oder Aussetzung der Vollziehung erst nach Fälligkeit abgelehnt
    wird und die rückständige Steuer spätestens
    bis eine Woche nach der Bekanntgabe der Ablehnung und Einräumung
    der Schonfrist (§ 240 Abs. 3) vom Ende der vorgenannten
    Wochenfrist an gezahlt worden ist”.


    II.

    Die Entscheidung des Beklagten entspricht der genannten Ermessensrichtlinie, die
    sich ihrerseits im Rahmen der durch das Gesetz eingeräumten
    Ermächtigung zur Ermessensausübung hält.


    1. Die Entscheidung des Beklagten
    entspricht der AO-DV Zoll. Der Sachverhalt des vorliegenden Verfahrens
    ist in der Aufzählung von Fällen der AO-DV Zoll,
    in denen Säumniszuschläge erlassen werden können,
    nicht enthalten.


    Zutreffend hat der
    Beklagte insoweit auch erkannt, dass auch die von der Klägerin
    angesprochenen, in AO-DV Zoll Nr. 7.2.3 Buchst. f) zu § 227 AO
    genannten Fallgestaltungen nicht vorliegen.


    Die erste Alternative des rechtzeitig gestellten Stundungsantrags
    ist schon deswegen nicht gegeben, weil der Antrag auf Stundung erst
    weit nach Fälligkeit gestellt wurde. Die Stundung wurde
    sodann auch rückwirkend auf den Zeitpunkt der Stellung
    des Stundungsantrags gewährt.


    Hinsichtlich der zweiten Alternative liegt ein rechtzeitig gestellter
    Antrag auf Aussetzung der Vollziehung vor. Allerdings ist die Abgabenschuld nicht,
    wie in der Ermessensrichtlinie vorgesehen, nach Ablehnung der Aussetzung
    der Vollziehung gezahlt worden. Zahlung ist die Erfüllung der
    Abgabenforderung. Die Klägerin hat nach Ablehnung der Aussetzung der
    Vollziehung nicht gezahlt, sondern auf ihren sodann gestellten Antrag Stundung
    ab Stellung des Stundungsantrags erhalten. Dass die Gewährung
    einer Stundung keine Zahlung ist, ist offensichtlich und bedarf
    keiner weiteren Begründung. Zu erwähnen ist, dass
    bei Vorliegen der Voraussetzungen der Erlass weiterhin eine Ermessensentscheidung
    der entscheidenden Behörde und kein Automatismus wäre.


    Die zitierte Ermessensrichtlinie ist auch
    nicht dahingehend auszulegen, dass in ihr der Fall der Zahlung lediglich
    beispielhaft für jegliche Situation genannt ist, in der
    der Schuldner nicht (mehr) säumig ist - neben der Zahlung
    also etwa auch eine Stundung. Hätte der Ermessensrichtliniengeber
    jeglichen diese Situationen erfassen wollen, hätte er die
    im Übrigen recht differenziert gestaltete Richtlinie entsprechend
    formulieren können. Es spricht auch ansonsten nichts dafür,
    dass die Richtlinie in diesem Sinne verstanden werden soll. Denn
    nicht jeder dieser Fälle, in denen keine Säumnis
    mehr gegeben ist, gleicht dem Fall der Zahlung. Die - in der Richtlinie
    ausdrücklich angesprochene - Zahlung bewirkt nämlich nicht
    nur, dass der Schuldner nicht mehr säumig ist, sondern
    führt - wie der Beklagte zutreffend ausgeführt
    hat - zum Erlöschen der Forderung, d.h. der Gläubiger
    ist tatsächlich und endgültig befriedigt und weiterhin besteht
    für ihn - anders als etwa bei der Stundung - auch das Risiko
    des Forderungsausfalls nicht mehr oder eines weiteren Verwaltungsaufwands beim
    Vollzug der Forderung nach Beendigung der Stundung.


    Wegen dieser wesentlichen Unterschiede zwischen Zahlung und Stundung
    ist es auch nicht ermessensfehlerhaft, dass der Beklagte den Rechtsgedanken
    der zitierten Ermessensrichtlinie nicht auf die Stundung erstreckt
    hat.


    2. Die Ermessensrichtlinie selbst ist nicht
    zu beanstanden. Insbesondere begegnet es jedenfalls unter Berücksichtigung
    des Umstandes, dass der Katalog der Fälle, in denen die
    Ermessenrichtlinie einen Erlass ermöglicht, ausdrücklich
    nicht abgeschlossen ist, auch unter Gleichheitsaspekten keinen Bedenken,
    dass sie keine dem AEAO zu § 240, Nr. 6 Satz 1 Buchst.
    b) entsprechende Regelung enthält (s. dazu auch unten III.
    4.).


    III.

    Es ist weiterhin nicht zu erkennen, dass die Entscheidung des
    Beklagten im Hinblick auf die gesetzliche Regelung in der Billigkeitsvorschrift
    des § 227 AO ermessensfehlerhaft ist, weil der Beklagte
    die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Erlassvorschrift im
    Hinblick auf eine etwaige sachliche Unbilligkeit über den
    Bereich der in der Ermessensrichtlinie konkret erfassten, aber hier nicht
    vorliegenden Fallgestaltungen hinaus verkannt hat, er den Sachverhalt nicht
    zutreffend erfasst hat oder ansonsten gegen Rechtsgrundsätze
    verstoßen hat.


    Über die Sachverhaltserfassung gibt es zu Recht keinen
    Streit.


    Der Beklagte hat sich mit etwaigen Billigkeitsgesichtspunkten
    hinreichend auseinandergesetzt und ist zu dem vertretbaren Ergebnis
    gekommen, dass kein sachlicher Grund für den Billigkeitserlass
    die Säumniszuschläge gegeben ist.


    1. Gemäß § 240
    AO entstehen Säumniszuschläge, wenn eine Steuer
    nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstags entrichtet wird.
    Die Fälligkeit wird durch die Einlegung eines Rechtsbehelfs
    nicht aufgehoben, da dieser grundsätzlich die Vollziehung
    des angefochtenen Verwaltungsaktes nicht hemmt und die Erhebung
    der Abgabe nicht aufhält (§ 361 AO). Diese die
    Rechtsbehelfe betreffende Regelung gilt sinngemäß auch
    für den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, weil andernfalls
    allein durch die Antragstellung vorübergehend bis zur Bescheidung
    das Ziel des Antrags, die Aussetzung der Vollziehung, bereits erreicht
    werden könnte und der Antrag damit einen Suspensiveffekt
    entfalten würde, den ihm das Gesetz gerade nicht belegt. Dementsprechend
    bleibt die ursprüngliche Fälligkeit so lange bestehen,
    wie sie nicht - gegebenenfalls rückwirkend - beseitigt
    wird. Wird die Abgabe während dieser Zeit nicht entrichtet,
    so entstehen die Säumniszuschläge.


    Gründe, die die Entstehung der Säumniszuschläge
    verhindern oder deren Erlass gebieten können, sind nicht
    erkennbar. Die Erhebung der Säumniszuschläge ist
    nicht unbillig, sondern entspricht den Wertungen des Gesetzes. Wie § 361
    Abs. 1 Satz 1 AO zeigt, sind festgesetzte Abgaben prinzipiell zu entrichten.
    Dieser Grundentscheidung gemäß trägt
    der Steuerpflichtige das Risiko, dass Säumniszuschläge
    anfallen, sofern sein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung keinen
    Erfolg hat. Möglichkeiten, sich diesem Risiko zu entziehen,
    bestehen darin, entweder die fällige Abgabe zu entrichten,
    Aufhebung der Vollziehung zu betreiben und sich gegebenenfalls verzinsen
    zu lassen, oder aber, falls dem Abgabenschuldner dies nicht möglich
    ist, eine Stundung zu bewirken (Weber-Grellet, DStR 1990, 700,
    701). Nach § 222 AO können Ansprüche
    aus dem Steuerschuldverhältnis von der Finanzbehörde
    ganz oder teilweise gestundet werden, wenn die Einziehung bei Fälligkeit
    eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten
    würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet
    erscheint.


    Vor diesem Hintergrund begründet der Umstand, dass eine
    Einfuhrabgabenschuld ohne Verschulden des Abgabenschuldners erhoben
    wird, ebenso wenig einen Anspruch auf Erlass wie der, dass sein
    erfolgloser Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nicht in Missbrauchsabsicht
    gestellt worden ist.


    2. Soweit die Klägerin meint, es
    sei unbillig, die Zahlung der gestundeten Einfuhrabgaben weiterhin
    mit dem besonderen Druckmittel der Säumniszuschläge
    zu belegen, ist zu betonen, dass das HZA Hamburg-1 Stundung zwar rückwirkend
    gewährt hat, aber erst ab den 10.11.2008 und infolgedessen Säumniszuschläge
    auch nur für die Zeit berechnet worden sind, in der die
    Einfuhrabgaben nicht gestundet gewesen sind. Im Übrigen
    lag die Entscheidung über den Zeitraum der Stundung nicht
    beim Beklagten. Zu Recht weist der Beklagte auch darauf hin, dass eine
    Stundung auch für die Zeit der tatsächlichen Säumnis
    grundsätzlich möglich gewesen wäre, die
    Klägerin allerdings eine entsprechende Stundung beim hierfür
    zuständigen HZA Hamburg-1 nicht erwirkt hat.


    3. Die Klägerin kann nicht damit
    gehört werden, der Beklagte habe bereits zum Zeitpunkt
    des Erlasses seines angefochtenen Ablehnungsbescheides vom 19.11.2008
    erkennen können, dass bei der Klägerin eine Stundungssituation schon
    bei Fälligkeit des Einfuhrabgabenbescheids vom 04.03.2008
    bestanden habe und sie deswegen im Erlassverfahren so zu stellen
    ist, als sei von Anfang an gestundet worden.


    Der Klägerin ist zuzugeben, dass für eine Erlassentscheidung über
    Säumniszuschläge zu berücksichtigen sein
    kann, wenn es bereits bei Fälligkeit einen Anspruch auf
    Stundung gegeben hat, es zur Gewährung der Stundung zu diesem
    Zeitpunkt aber tatsächlich nicht gekommen ist. Für
    die Beurteilung der Ermessensentscheidung ist dabei auf den Zeitpunkt
    der Einspruchsentscheidung über den Erlassantrag abzustellen.


    Es kann indes nicht festgestellt werden, dass während
    des Zeitraums der Säumnis eine Stundungssituation vorgelegen
    hat, die für den Beklagten im Zeitpunkt spätestens
    seiner Einspruchsentscheidung erkennbar gewesen ist. Ausweislich
    der vorliegenden Verfahrensakten des Beklagten ist die jetzt im Klageverfahren
    behauptete Stundungssituation weder vor Ablehnung des Erlasses noch
    während des Einspruchsverfahrens überhaupt geltend
    gemacht worden. Der Beklagte hatte auch keinen Anlass, von sich
    aus diesbezüglich Ermittlungen anzustellen (vgl. dazu FG
    München, Urteil vom 24.03.1998, 2 K 3840/96).
    Insoweit ist zunächst einmal darauf hinzuweisen, dass sowohl
    das Verfahren der Festsetzung der Einfuhrabgaben als auch das Verfahren
    der daraufhin gestellten Anträge auf Aussetzung der Vollziehung
    nicht vom Beklagten, sondern vom HZA Hamburg-1 durchgeführt
    worden ist, so dass dem Beklagten die Kenntnis möglicherweise
    in jenen Verfahren vorgetragener Umstände und vorgelegter Unterlagen
    nicht ohne weiteres zugerechnet werden kann. Zugunsten der Klägerin
    kann insoweit nur die Kenntnis des Beklagten vom Inhalt des die beantragte
    Aussetzung der Vollziehung ablehnenden Beschlusses des Finanzgerichts
    Hamburg vom 31.10.2008 (4
    V 82/08) unterstellt werden. Die Klägerin
    hatte ausweislich des Beschlussinhalts ihren Antrag auf Aussetzung
    der Vollziehung allerdings im Wesentlichen nur damit begründet,
    dass der Einfuhrabgabenbescheid rechtswidrig sei. Aus den Ausführungen
    in jenem Beschluss, die die wirtschaftliche Lage der Klägerin
    und ihren diesbezüglichen Vortrag berühren („Soweit
    sie in ihrer Antragsbegründung geltend macht, dass es ihr
    nicht möglich sei, eine Bankbürgschaft über
    den angeforderten Betrag in Höhe von ... € zu
    erhalten ist dieser Vortrag nicht geeignet, einen unersetzbaren
    Schaden zu begründen. Dasselbe gilt für die vorgelegten
    Unterlagen zur wirtschaftlichen Lage der Antragstellerin. Wie der
    Antragsgegner in seinem Schriftsatz vom 23.06.2008 zutreffend ausgeführt
    hat, hätte es im Hinblick auf diese Unterlagen einer ausführlichen
    Erläuterung klärungsbedürftiger Punkte
    bedurft ...”), lässt sich weder das Bestehen einer
    Stundungssituation ableiten noch eine weitere Amtsermittlungspflicht
    des Beklagten begründen. Denn die Darlegung der wirtschaftlichen
    Verhältnisse, die den Anspruch auf Stundung hätten
    begründen können, ist im Wesentlichen eine Obliegenheit
    desjenigen, der Erlass begehrt (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 16.05.2011, 4 K 80/10).


    Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass aufgrund
    des Inhalts der vorliegenden Akten das Bestehen einer seinerzeitigen
    Stundungssituation weiterhin nicht festgestellt werden kann.


    4. Der Beklagte hat auch nicht wegen Verkennung
    des Gleichbehandlungsgebots im Hinblick auf die für die
    Länderfinanzbehörden erlassene Verwaltungsanweisung
    in Nr. 6 Buchst. b) AEAO zu § 240 ermessensfehlerhaft entschieden.
    Nach jener Anweisung kann im Allgemeinen eine Frist zur Zahlung
    der rückständigen Steuern bewilligt werden, wenn
    ein - wie hier - rechtzeitig gestellter Antrag auf Aussetzung der
    Vollziehung nach Fälligkeit abgelehnt worden ist. Weiter
    heißt es dort, dass bis zum Ablauf der Schonfrist keine
    Säumniszuschläge zu erheben seien.


    Zum einen können die für andere Behörden
    erlassenen Verwaltungsanweisungen per se keine Bindungswirkung entfalten.


    Zum anderen entfaltet die zitierte Verwaltungsanweisung aber
    ohnehin (auch gegenüber den Länderfinanzbehörden)
    - jedenfalls für Fallgestaltungen wie die vorliegende -
    keine Bindungswirkung. Nach Ansicht des FG München (Urteil
    vom 26.10.1989,10
    K 10143/85, EFG 1990, 213) gelten Verwaltungsanweisungen,
    nach denen in Fällen, in denen eine Aussetzung der Vollziehung
    vor Fälligkeit des Steueranspruchs beantragt, aber erst
    nach Fälligkeit abgelehnt worden ist, eine Frist zur Entrichtung
    der rückständigen Steuer zu gewähren
    und bei Zahlung der rückständigen Steuer innerhalb
    der Nachfrist im allgemeinen auf die Erhebung der verwirkten Säumniszuschläge
    aus Billigkeitsgründen zu verzichten ist, nicht für
    vom Gericht abgelehnte Aussetzungsanträge. Im streitgegenständlichen
    Fall betrifft die Säumnis im Wesentlichen den Zeitraum,
    in dem der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung beim FG Hamburg
    anhängig war.


    Nach Ansicht des entscheidenden Gerichts ist allerdings mit Weber-Grellet (a.
    a. O.) noch weitergehend davon auszugehen, dass auch für
    die Fälle der Ablehnung des Antrags auf Aussetzung der
    Vollziehung durch die Finanzbehörden eine Bindung der Länderfinanzverwaltungen
    durch die Anweisung nicht erfolgt ist. Denn die Verwaltungsanweisung
    geht über das hinaus, was rechtlich zulässig ist.
    Die Ablehnung eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung hat nach
    der Regelungssystematik der Abgabenordnung keine Auswirkung auf
    die Fälligkeit.


    Eine rückwirkende Stundung führt nicht dazu,
    dass die bis zum Erlass des Stundungs-Verwaltungsakts bereits eingetretenen
    Rechtsfolgen der Säumnis mit der Bekanntgabe des rückwirkenden
    Verwaltungsakts gleichsam automatisch entfallen (BFH, Urteil vom
    08.07.2004, VII
    R 55/03, m. w. N.). Vielmehr bildet die rückwirkende
    Stundung lediglich die rechtliche Grundlage für entsprechende
    Maßnahmen der Finanzbehörden, mit denen sie den
    Abgabenschuldner von den eingetretenen Folgen der Säumnis
    befreien kann; bereits verwirkte Säumniszuschläge
    bleiben trotz rückwirkender Stundung verwirkt (BFH a. a.
    O.). Mag eine neue Fristsetzung nach Ablehnung im Einzelfall gerechtfertigt
    sein, so ist sie doch keinesfalls allgemein geboten (Loose in Tipke/Kruse
    AbgabenordnungFinanzgerichtsordnung, § 240, Rdnr. 25).


    Für eine hälftige Reduzierung der Säumniszuschläge
    im Billigkeitswege auf die Zinshöhe besteht kein Anlass.
    Wegen des fehlenden Suspensiveffekts behalten die Säumniszuschläge
    trotz des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung ihren Sinn. Der
    Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bewirkt keinen stundungsgleichen
    Zustand (Weber-Grellet a. a. O.).


    IV.

    Gründe, die einen Billigkeitserlass aus persönlichen
    Gründen rechtfertigen, sind nicht vorgetragen worden und
    auch ansonsten nicht ersichtlich.


    V.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    Gründe für die Zulassung der Revision, § 115
    Abs. 2 FGO, sind nicht gegeben.

    VorschriftenAO § 222, AO § 227, AO § 240