02.08.2013
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 17.04.2013 – 2 K 154/12
Eine beruflich begründete doppelte Haushaltsführung
liegt nicht vor, wenn ein alleinstehender Steuerpflichtiger außerhalb
des Beschäftigungsorts einen zweiten Hausstand begründet,
die beiden Hausstände aber räumlich nur etwa 30 km
voneinander entfernt liegen, so dass die für die Verlagerung
des Lebensmittelpunktes angeführten sozialen Kontakte und
aufgesuchten Versorgungseinrichtungen ohne übermäßigen
Aufwand auch vom Hausstand am Beschäftigungsort gepflegt
und erreicht werden können.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Berücksichtigung der
Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung.
Der Kläger ist ledig und studierte 1989/1990
Betriebswirtschaftslehre und Sport in Hamburg. Während
dieser Zeit bis zu seinem Eintritt in den Öffentlichen
Dienst in 2000 lebte er überwiegend in Hamburg bei seiner
Schwester und hielt sich regelmäßig an den Wochenenden
in der elterlichen Wohnung in A auf. 2000 erhielt er eine Anstellung
auf einer 3/4-Stelle als Diplom-Handelslehrer an der Staatlichen
Schule B, X-Straße in ... Hamburg (...), an der er auch weiterhin
tätig ist. Er unterrichtete im Streitjahr 2010 auf der
Teilzeitstelle 18 Stunden wöchentlich; der Mittwoch war
in 2010 ein unterrichtsfreier Tag. Ab dem ... 2010 bis zum Jahresende
war der Kläger krankheitsbedingt nicht berufstätig.
Der Kläger bewohnt seit 2000 allein eine 81,69 qm große
3-Zimmer-Wohnung in der Y-Straße in Hamburg. Die Netto-Kaltmiete
der Wohnung betrug am 01.01.2010 579,59 € und ab 01.04.2010
604,51 €. Als Wohnungsnebenkosten hatte der Kläger
2010 1.765,24 € zu zahlen. Des Weiteren unterhält
der Kläger eine ca. 128 qm große Dachgeschosswohnung
mit drei Zimmern im Z-Weg in A, die er nach erfolgtem Ausbau 2007
bezog. Für den Ausbau der Wohnung erhielt der Kläger
ab 2005 eine Eigenheimzulage von jährlich 2.556 €.
Das Wohnhaus war ihm 1994 von seinen Eltern unter Vorbehalt des
Nießbrauchs übertragen worden. Zwei weitere Wohneinheiten
und eine Gewerbeeinheit des Hauses sind vermietet. Der Kläger
meldete sich zum Juni 2000 mit seinen Hauptwohnsitz in Hamburg,
der bisherige Hauptwohnsitz in A wurde als Nebenwohnung beibehalten.
Mit seiner Steuererklärung für 2010 machte
der Kläger Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung
in Höhe von 10.268 € geltend. Davon entfielen 930 € auf
Fahrtkosten für Familienheimfahrten (31 km x 100 Fahrten à 0,30 €) sowie
Kosten der Unterkunft am Arbeitsort in Höhe von 9.338 €.
Mit geändertem Einkommensteuerbescheid für 2010
vom 24.01.2012 setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf 6.786 € fest.
Wie im Vorjahr lehnte er die Berücksichtigung der Aufwendungen
für eine doppelte Haushaltsführung ab.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger fristgemäß Einspruch
ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 24.04.2012
als unbegründet zurückwies.
Am 09.05.2012 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung
führt er aus, dass er die Wohnung in Hamburg nur nutze,
um von dort aus seinen Arbeitsplatz zu erreichen. Sie diene ganz überwiegend
nur zum Arbeiten und Schlafen. Er habe dort sein Arbeitszimmer und
die notwendigen Unterlagen zur Vorbereitung des Unterrichts, so
dass er die Wohnung auch während der Ferien gelegentlich
zur Erledigung dienstlicher Aufgaben aufsuche. Er habe in Hamburg
keinen engen Freundeskreis, keine Ärzte oder eine Zugehörigkeit
zu einem Verein. Außer dem Schulsport sei er nur im Sportverein
in A aktiv. Die Fahrtstrecke von A zu seinem Arbeitsplatz betrage
60,5 km und sei durch hohes Verkehrsaufkommen und Baustellen sehr
stauanfällig, so dass er bei normaler Verkehrslage 60 Minuten,
häufig jedoch erheblich länger benötige.
Sein Beruf als Lehrer bringe es mit sich, dass er sich wiederholt
bis in den späten Abend in der Schule aufzuhalten habe
(Elternabende, Elterngespräche, Konferenzen, Ausbildungsabende
u. ä.). Dadurch würden Zwischenfahrten zum häuslichen Arbeitszimmer
in die Y-Straße unerlässlich. A sei kein typischer
Urlaubsort. Er sei dort aufgewachsen, bei dem Wohnhaus im Z-Weg
handle es sich um sein Elternhaus. Dort habe er eindeutig den Mittelpunkt
seiner Lebensinteressen, denn er sei dort verwurzelt und fahre mindestens
sechs Mal im Monat dort hin, meist sogar noch häufiger.
Er besuche mindestens einmal wöchentlich seinen Vater im
Pflegeheim in der ca. 3 km entfernten Nachbargemeinde B und pflege das
Grab seiner Mutter auf dem A Friedhof. In A und Umgebung lebten
seine Freunde, die er schon aus der Schulzeit kenne, sowie seine
Tante, Cousins und Cousinen, zu denen er engen Kontakt pflege. Er
sei bereits seit über 35 Jahren aktives Mitglied im A Sportverein
und nehme am Training und den Turnieren der Sparte Tischtennis (Winter)
und Tennis (Sommer) teil. Er nehme dort auch an den Veranstaltungen
der Gemeinde teil, besuche VHS-Kurse in C, habe auch seine Autowerkstatt
in C und nutze in der dortigen Umgebung die weiteren Serviceeinrichtungen
für sein Auto, seine Bankgeschäfte und Versicherungen. Auch
befänden sich sein Zahnarzt, seine Hausärztin,
seine Augenärztin und sein Urologe in A bzw. im nahen D
oder C. Eine Waschmaschine habe er ausschließlich in A
und auch im Übrigen zeige sein erheblich höherer
Stromverbrauch in A, dass sein Lebensmittelpunkt dort liege. Der
Kläger hat verschiedene Unterlagen und Bestätigungsschreiben
zum Nachweis seines Vortrags zur Akte gereicht, auf die ergänzend
Bezug genommen wird. In den letzten Jahren habe er auch seinen Urlaub
in den Sommerferien schon wegen der Pflege des Gartens in A verbracht.
Dies sei auch durch seine schwere Erkrankung mit veranlasst gewesen.
Im Hinblick darauf, dass ihm nur die Kosten einer angemessenen Unterkunft
zustünden, reduziere er die steuerlich geltend gemachten
Mietaufwendungen.
Der Kläger beantragt, den Einkommensteuerbescheid 2010
vom 16.06.2011 und die Einspruchsentscheidung vom 24.04.2012 in
der Weise zu ändern, dass Aufwendungen für eine
doppelte Haushaltsführung in Höhe von 8.055 € berücksichtigt
werden und die Steuer entsprechend niedriger festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt, Die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält an seiner Auffassung fest, dass die
Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung nicht beruflich
veranlasst sind. Die steuerliche Abzugsfähigkeit erfordere,
dass das Wohnen am Beschäftigungsort notwendige Voraussetzung
der Erwerbstätigkeit sei und der Ort des eigenen Hausstandes und
der Beschäftigungsort auseinanderfielen. Im vorliegenden
Fall mache die Entfernung zwischen dem vom Kläger als seinem
Lebensmittelpunkt betrachteten Wohnort und seinem Arbeitsplatz ein
tägliches Fahren nicht derart mühsam und zeitaufwändig,
dass dies unzumutbar erscheine. Vielmehr würden derartige Fahrzeiten
von vielen Berufstätigen in Kauf genommen. Eine größere
Nähe zur Arbeitsstätte sei auch nicht durch die
Art der Tätigkeit geboten. Die von dem Kläger
genannten Abendtermine stünden in der Regel so rechtzeitig
fest, dass sein Tagesablauf planbar sei und Zwischenfahrten nicht
zwingend erforderten. Im Übrigen sei der Umfang der geltend
gemachten Termine außerhalb des eigentlichen Unterrichts
vom Kläger auch nicht belegt worden. Zudem sei die Notwendigkeit
der Hamburger Wohnung zweifelhaft, wenn der Kläger seinem Vortrag
zufolge auch häufig in der Woche nach A fahre, um dort
Kontakte zu pflegen und private Termine wahrzunehmen. Darüber
hinaus spreche bei einem ledigen Arbeitnehmer die Lebenserfahrung
dafür, dass die eigentliche Haushaltsführung und
auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen an den Beschäftigungsort
verlegt und eine Heimatwohnung lediglich zu Besuchszwecken vorgehalten
werde. Auch die Größe der Wohnung des Klägers
am Beschäftigungsort sei ein Indiz dafür, dass
diese Wohnung den Lebensmittelpunkt bilde. Schließlich
sei zu berücksichtigen, dass der Kläger seinen
Wohnsitz in A erst 10 Jahre nach seinem Wegzug nach Hamburg begründet
habe und auch in Hamburg familiäre Bindungen habe. Es stelle
sich danach die Frage, wodurch die Wegverlegung des Lebensmittelpunktes
aus Hamburg dokumentiert werde. Nach den Gesamtumständen
erscheine eine nicht unerhebliche private Mitveranlassung für
das Unterhalten der Wohnung in Hamburg gegeben zu sein.
Dem Gericht haben die Einkommensteuerakte und die Rechtsbehelfsakten I
bis III des Beklagten zu der Steuernummer .../.../...
vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser
Akten und die Protokolle über den Erörterungstermin
und die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Der Kläger
hat im Streitjahr keinen Anspruch auf Berücksichtigung
der geltend gemachten Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung.
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt
den Kläger nicht in seinen Rechten.
Nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes
in der Fassung der Bekanntmachung vom 08.10.2009 (EStG) gehören
zu den Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem
Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichen Anlass begründeten
doppelten Haushaltsführung entstehen, und zwar unabhängig
davon, aus welchen Gründen die doppelte Haushaltsführung beibehalten
wird. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn
der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen
Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch
am Beschäftigungsort wohnt. Nach der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) liegt eine beruflich begründete
doppelte Haushaltsführung vor, wenn aus beruflicher Veranlassung
neben einer Wohnung am Beschäftigungsort ein zweiter (doppelter)
Haushalt zum Hausstand des Steuerpflichtigen hinzutritt. Der Haushalt
in der Wohnung am Beschäftigungsort ist beruflich veranlasst,
wenn ihn der Steuerpflichtige nutzt, um seinen Arbeitsplatz von
dort aus erreichen zu können. Dies gilt nach der geänderten Rechtsprechung
des BFH auch dann, wenn ein Steuerpflichtiger seinen Haupthausstand
aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt
und eine bereits vorhandene oder neu eingerichtete Wohnung am Beschäftigungsort
aus beruflichen Gründen als Zweithaushalt nutzt. Denn auch
dann finde die nunmehr doppelte Haushaltsführung ihre berufliche
Veranlassung darin, dass ein weiterer Haushalt in einer Wohnung
am Beschäftigungsort aus beruflichen Motiven begründet
werde (BFH-Urt. vom 05.03.2009, VI R 23/07, BStBl II 2009,
1016). Ebenso wenig wie das private Unterlassen der Hinverlegung
des Haupthausstandes an den Beschäftigungsort der Begründung
des Zweithaushalts am Beschäftigungsort ihre berufliche
Veranlassung nehmen könne, könne dies die private
Wegverlegung des Haupthausstandes. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr.
5 EStG nehme die privat motivierte Wahl des Ortes des privaten Wohnsitzes eines
Arbeitnehmers insoweit hin und gehe in Satz 1 sogar noch darüber
hinaus, wenn danach auch nicht zu prüfen sei, aus welchen
Gründen die doppelte Haushaltsführung beibehalten
werde (BFH-Urt. vom 05.03.2009 VI R 23/07, BStBl II 2009,
1016). Es bedarf letztlich keiner Entscheidung, ob dieser Rechtsprechung
des BFH zu folgen ist. Denn auch bei Zugrundlegung der Erwägungen dieser
Entscheidung liegen die Voraussetzungen für die Berücksichtigung
der geltend gemachten Aufwendungen nicht vor.
Nach ständiger Rechtsprechung kann eine doppelte Haushaltsführung grundsätzlich
auch bei ledigen und alleinstehenden Arbeitnehmern vorliegen. Voraussetzung
ist, dass der Steuerpflichtige den Haushalt am Beschäftigungsort
nutzt, um seinen Arbeitsort von dort aus erreichen zu können.
Der zweite Haushalt muss am Beschäftigungsort konkreten
beruflichen Zwecken dienen. Allein das Vorhandensein zweier Haushalte
reicht nicht aus. Auch der Alleinstehende muss einen Haupthausstand
unterhalten, an dem er sich - abgesehen von den Zeiten der Arbeitstätigkeit
und gegebenenfalls Urlaubsfahrten - regelmäßig
aufhält, den er fortwährend nutzt und von dem
aus er sein Privatleben führt, d. h. wo er seinen Lebensmittelpunkt
hat. Ob die außerhalb des Beschäftigungsorts gelegene
Wohnung des Arbeitnehmers als Mittelpunkt seiner Lebensinteressen
anzusehen ist, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des
Einzelfalls festzustellen. Bei nicht verheirateten Arbeitnehmern
spricht, je länger die Auswärtstätigkeit
dauert, immer mehr dafür, dass die eigentliche Haushaltsführung
und auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen an den Beschäftigungsort
verlegt wurden und die Heimatwohnung nur noch für Besuchszwecke
vorgehalten wird. Eine besondere Prüfung, ob der Lebensmittelpunkt
gewechselt hat, ist daher angezeigt. Indizien können sein,
wie oft und wie lange sich der Arbeitnehmer in der einen oder anderen
Wohnung aufhält, wie beide Wohnungen ausgestattet und wie
groß sie sind. Von Bedeutung sind auch die Dauer des Aufenthalts
am Beschäftigungsort, die Entfernung beider Wohnungen sowie
die Zahl der Heimfahrten. Erhebliches Gewicht hat ferner der Umstand,
zu welchem Wohnort die engeren persönlichen Beziehungen bestehen
(BFH-Urt. vom 09.08.2007, VI R 10/06, BStBl II 2007, 820;
Urteil vom 10. 2004, VI R 82/02, BStBl II 2005, 98). Der
Steuerpflichtige trägt die Darlegungslast dafür,
dass die Aufwendungen für den zweiten Haushalt am Beschäftigungsort
beruflich veranlasst sind und insbesondere dort nicht sein Lebensmittelpunkt
liegt.
Der Kläger hat nicht zur Überzeugung des Gerichts
dargelegt, dass sein Lebensmittelpunkt im Streitjahr in A lag. Der
Kläger lebt seit vielen Jahren in Hamburg und hatte spätestens
seit 2000, als er die eigene Wohnung in der Y-Straße anmietete,
seinen Lebensmittelpunkt in Hamburg. Insoweit kann es dahin stehen,
ob er schon früher, bereits während des Studiums
ab 1989/90, als er ein Zimmer bei seiner in Hamburg lebenden
Schwester hatte, seinen Lebensmittelpunkt nach Hamburg verlagerte,
oder erst während des Referendariats oder der anfänglichen
Teilzeitbeschäftigung als Lehrer in Hamburg. Jedenfalls hatte
der Kläger seit 2000 mit dem Eintritt in das Hamburger
Beamtenverhältnis und der Gründung eines eigenen
Hausstands in der Wohnung Y-Straße seinen Lebensmittelpunkt
in Hamburg. Nach Gesamtwürdigung aller Umstände kann
nicht festgestellt werden, dass der Kläger im Streitjahr
seinen Lebensmittelpunkt wieder nach A verlagert hat. Der Kläger
hat nicht dargelegt, dass er sich - abgesehen von den Zeiten seiner
Arbeitstätigkeit und ggf. Urlaubsfahrten - überwiegend
in A aufhielt. Der Kläger ist - so auch im Streitjahr -
auf einer 3/4-Stelle beschäftigt und hatte 2010
18 Unterrichtsstunden zu geben. Der Mittwoch war unterrichtsfrei.
Der Kläger hätte sich danach auch in der Woche regelmäßig
in A aufhalten können und müssen, wenn dort tatsächlich
der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen gelegen hätte.
Dies behauptet jedoch der Kläger selbst nicht. Auch soweit
er Bestätigungsschreiben über seine Anwesenheit in
A eingereicht hat, wird regelmäßig nur eine Anwesenheit
an den Wochenenden und in einem Fall teilweise für den
Freitag bestätigt. Einem Aufenthalt auch in der Woche in
A standen jedoch nicht berufliche Verpflichtungen entgegen. Dass
der Kläger auch außerhalb der Unterrichtszeiten
in nennenswertem Umfang an der Schule Termine und weitere Verpflichtungen
wahrzunehmen hatte und deshalb nur an den Wochenenden die Wohnung
in A hätte aufsuchen können, ist nicht ersichtlich
und trotz Aufforderung auch nicht nachgewiesen worden. Angesichts
der verhältnismäßig geringen Entfernung
von ca. 58 km zwischen der Arbeitsstätte und A liegt ein
Aufsuchen dieser Wohnung nur an den Wochenenden die Annahme nahe,
dass es sich nicht um den Lebensmittelpunkt, sondern lediglich um
eine zweite Wohnung für Besuchszwecke handelt, die es dem
Kläger zudem erlaubt, seine dortigen Verpflichtungen als
Vermieter bequemer wahrzunehmen. Seine Wohnung in Hamburg ist nach
Größe (81,69 qm) und Ausstattung (drei Zimmer)
in gleicher Weise wie die Wohnung in A geeignet, für ihn
als Alleinstehenden als Lebensmittelpunkt zu dienen. Hinzu kommt,
dass der Kläger auch nach seinen Angaben die Hamburger
Wohnung auch in der unterrichtsfreien Zeit und in Ferienzeiten aufsucht,
um das nur dort befindliche Arbeitszimmer zu nutzen. Die Wohnung
in Hamburg hat danach nicht nur den Charakter eines Zweithaushalts,
um den Beschäftigungsort aufzusuchen, sondern der Kläger
hält sich auch darüber hinaus regelmäßig
dort auf. Dass diese Aufenthalte im Zusammenhang mit seiner Berufstätigkeit
stehen, ist dabei für die Frage des Lebensmittelpunkts
unbeachtlich. Denn Unterrichtsvorbereitung oder die Korrektur von
Arbeiten könnten in gleicher Weise in einem Arbeitszimmer
in A erfolgen. Gerade diese weiteren Aufenthalte des Klägers
in der Hamburger Wohnung belegen, dass die Wohnung nicht nur genutzt
wird, um von dort aus den Arbeitsplatz erreichen zu können.
Der Kläger ist in der Wohnung in Hamburg weiterhin mit
Hauptwohnsitz gemeldet, obwohl es angesichts seiner Unterrichtszeiten
auch möglich wäre, melderechtlich einen überwiegenden
Aufenthalt in A zu begründen. Zudem lässt der
Kläger sich steuerlich in Hamburg veranlagen, was ebenfalls
für einen Lebensmittelpunkt in Hamburg spricht.
Dem gegenüber sind die von dem Kläger vorgetragenen
Gründe und vorgelegten Unterlagen nicht geeignet, eine
Verlegung des Haupthaustands nach A zu belegen. Familiäre
Bindungen bestehen sowohl in Hamburg (Schwester) als auch in A.
Der regelmäßige Besuch des Vaters im Heim und
die Grabpflege sind typische Bindungen an den Geburtsort, die jedoch
nicht den Lebensmittelpunkt bestimmen. Angesichts einer Entfernung
vom Wohnort in Hamburg nach A von wenig mehr als 30 km sind auch
häufigere Besuche des Vaters ohne weiteres mit einem Haupthausstand
in Hamburg zu vereinbaren. Auch die langjährige Mitgliedschaft
im Sportverein in A und die dortige Teilnahme an Mannschaftswettbewerben
in den Sparten Tischtennis (Winter) und Tennis (Sommer) können
nicht belegen, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen im Streitjahr
in A lag. Der Kläger ist nach eigenen Angaben seit 35 Jahren
Mitglied des Vereins. Er hat danach seine Mitgliedschaft und seine
sportlichen Aktivitäten in dem Verein aufrechterhalten
und im Hinblick auf die verhältnismäßig
geringen Entfernungen auch aufrecht erhalten können, als
sein alleiniger Hausstand in Hamburg lag. Der Vereinsmitgliedschaft
kommt deshalb als Indiz dafür, dass der Lebensmittelpunkt
des Klägers 2010 (wieder) in A lag, keine besondere Bedeutung
zu. Soweit der Kläger darlegt, dass sein Stromverbrauch in
A erheblich höher ist als in der Hamburger Wohnung, ist
dies ein Indiz für eine regelmäßige Nutzung
der dortigen Wohnung. Ferner legt der Kläger dar, dass
die Filialen seinen Banken, seiner Autowerkstatt und die von ihm
aufgesuchte TÜV-Prüfstelle den Sitz in A und Umgebung
haben und dass seine Ärzte ebenfalls alle in A und Umgebung
ihren Sitz haben. Ein erheblicher Teil der vorgelegten Nachweise
betrifft allerdings Arzt- oder Krankenleistungen in 2011, 2012 oder
2013 und kann deshalb einen Lebensmittelpunkt im Streitjahr in A
nicht belegen. Lediglich die Fachärztin für Allgemeinmedizin
Dr. F bestätigt, dass der Kläger seit August 2010
in ihrer regelmäßigen Behandlung ist. Diese Indizien
für einen regelmäßigen Aufenthalt des
Klägers in A sind bei einer Würdigung aller Umstände
jedoch nicht ausreichend, um eine Verlagerung des Lebensmittelpunktes
nach A zu begründen. Denn der regelmäßige Aufenthalt
kann ebenso gut Besuchszwecken dienen. Insgesamt hat der Kläger nicht
dargelegt, dass er sich ganz überwiegend in A aufhält,
soweit er nicht aus beruflichen Gründen am Ort der Beschäftigung
zu sein hat. Zwar behauptet der Kläger in seiner Steuererklärung,
dass er in 2010 100 Heimfahrten durchgeführt hat. Nachweise
darüber gibt es jedoch nicht. Angesichts der längerfristigen Erkrankung
des Klägers ab ... 2010 und den Angaben aus den Vorjahren
ist die Anzahl der Fahrten nicht plausibel. Sowohl 2008 als auch
2009 führte er lediglich 52 Heimfahrten durch. Gründe,
weshalb er in den ersten neun Monaten des Jahres 2010 so viel häufiger
nach A gefahren sein will, konnte der Kläger nicht angeben.
Die Zahl der Heimfahrten erscheint vielmehr vom Kläger
ohne konkrete Unterlagen angesetzt worden zu sein. Hinzu kommt,
dass die von dem Kläger vorgelegten Unterlagen zu den Tacho-Ständen
seines Pkw nicht die in 2010 gefahrenen Kilometer eindeutig belegen
können und auch im Übrigen nicht zweifelsfrei
die Annahme zulassen, dass der Kläger in dem angegebenen Umfang
Heimfahrten durchgeführt hat. Unterstellt, dass in dem
...-Bericht vom 03.08.2010 der km-Stand mit 31.052 km fehlerhaft
aufgeführt wurde, kann auf Grund der weiteren Unterlagen
gefolgert werden, dass der Kläger etwa 15.000 km im Jahr
fährt. Diese Fahrleistung erscheint jedoch angesichts von
zu unterstellenden Privatfahrten im üblichen Rahmen, wie
2010 insbesondere zu seiner Schwester nach E oder zu den Krankenbehandlungs-
und Rehabilitationsmaßnahmen, verhältnismäßig
gering, wenn allein 10.380 km der Fahrleistung auf Heimfahrten und
Fahrten zum Arbeitsplatz entfallen sollen und der Kläger zudem
- wie in der mündlichen Verhandlung erklärt - öffentliche
Verkehrsmittel so gut wie nie benutzt.
Nach allem konnte nicht festgestellt werden, dass sich der Lebensmittelpunkt
des Klägers im Streitjahr 2010 in A befunden hat. Die Kosten
für eine doppelte Haushaltsführung sind deshalb
nicht als beruflich veranlasst steuerlich zu berücksichtigen.
Der Kläger hat nach § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung
(FGO) die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gründe für
die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO liegen
nicht vor.