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  • 02.08.2013

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 10.04.2013 – 9 K 2247/10

    Bei der Übertragung einer Pensionsverpflichtung fließt dem Arbeitnehmer Arbeitslohn zu, wenn der Ablösungsbetrag auf sein
    Verlangen an die übernehmende Gesellschaft gezahlt wird. Der Annahme eines Zuflusses steht nicht entgegen, dass dem Steuerpflichtigen
    nach den Vertragsvereinbarungen kein ausdrückliches Wahlrecht eingeräumt wurde, statt der Übertragung der Pensionsverpflichtung
    die Zahlung des Ablösungsbetrages an sich selbst verlangen zu können.


    Im Namen des Volkes


    URTEIL


    In dem Rechtsstreit


    hat der 9. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht
    … ehrenamtlicher Richter … ehrenamtliche Richterin … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 10.04.2013 für Recht
    erkannt:


    Tatbestand

    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine Ausgleichszahlung in Höhe von 761.554 EUR für die Übernahme einer Pensionszusage
    einen steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellt.


    Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde.

    Die Klägerin ist Alleinerbin ihres am ….2008 verstorbenen Ehemannes A, mit dem sie im Streitjahr 2002 zusammen zur Einkommensteuer
    veranlagt wird. Herr A war Alleingesellschafter und Geschäftsführer der … A GmbH und der … A Sport GmbH, die im Veranlagungszeitraum
    1996 durch eine „Ausgründung” aus dem Vermögen der … A GmbH entstanden ist.


    Die … A GmbH hatte Herrn A mit Verträgen vom 12. Januar 1990 und 30. Dezember 1991 eine Pensionszusage erteilt. Am 28. Juni
    2002 schloss Herr A mit der … A GmbH folgende Vereinbarung:


    „Die Gesellschafter der … A GmbH beabsichtigen, die Anteile an der … A GmbH zu veräußern. Es entspricht der allgemeinen Erfahrung,
    dass es schwierig sein wird, einen Käufer für die Anteile zu finden, der bereit ist, die bestehende Pensionsverpflichtung
    zu Gunsten von Herrn A mit zu übernehmen. Aus diesem Grunde vereinbaren die beiden Parteien Folgendes:


    Die Herrn A erteilte Versorgungszusage wird auf den Anspruch, den Herr A bis zum 30. Juni 2002 verdient hat begrenzt. D.h.
    Herr A wird für die Anwendung des Versorgungsvertrages so gestellt, als ob er mit Ablauf des 30. Juni 2002 aus den Diensten
    der Gesellschaft ausgeschieden wäre.”


    Ebenfalls am 28. Juni 2002 schlossen die … A Sport GmbH und die … A GmbH, jeweils vertreten durch Herrn A folgenden Schuldübernahmevertrag:

    (…)

    „Die … A Sport GmbH übernimmt die vorgenannte Pensionsverpflichtung (= der … A GmbH gegenüber Herrn A) mit Ablauf des 30.06.2002
    unter Schuldbefreiung der … A GmbH.


    Als Gegenleistung für die Schuldübernahme zahlt die … A GmbH an die … A Sport GmbH Euro 761.554,00. Dieser Betrag ist am 01.07.2002
    fällig.


    Herr A und Frau A1 als Begünstigte der Pensionszusage stimmen der Schuldübernahme ausdrücklich zu. Ihnen ist bekannt, dass
    alleiniger Schuldner zukünftig nur die … A Sport GmbH ist.”


    Wegen der Einzelheiten wird auf die Vereinbarung vom 28. Juni 2002 verwiesen (Bl. 21, 22 der Prozessakte).

    Im Anschluss an eine vom Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung B bei der … A Sport GmbH und Herrn A durchgeführten
    Außenprüfung vertrat der Beklagte – gestützt auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 12. April 2007 VI R 6/02,
    Bundessteuerblatt II 2007, 581 – die Auffassung, der Schuldübernahmevertrag, mit dem die Pensionszusage auf die … A Sport
    GmbH übertragen worden sei, sei als eine „Verwendung der Pensionszusage zu Gunsten von Herrn A” und damit als Auszahlung bzw.
    Zufluss von Arbeitsentgelt anzusehen. Der Höhe nach sei der Zufluss mit dem Ablösungsbetrag i.H.v. 761.554 EUR anzusetzen.
    Voraussetzung für die Annahme von Arbeitslohn sei, dass der Arbeitnehmer gegenüber einem Dritten, der nicht Arbeitgeber des
    Versorgungsberechtigten sei, einen unmittelbaren Rechtsanspruch auf künftige Leistungen habe. Diese Voraussetzung sei erfüllt,
    weil die … A Sport GmbH die ursprünglich von der … A GmbH erteilte Pensionszusage in vollem Umfang unter Schuldbefreiung übernommen
    habe. Da die Zuwendung des Arbeitgebers im Streitfall nicht im Zusammenhang mit einem Arbeitgeberwechsel erfolgt sei, habe
    die … A Sport GmbH die von der … A GmbH erteilte Pensionszusage als fremder Dritter ähnlich einem Versicherungsunternehmen
    übernommen. Als Zeitpunkt des Zuflusses beim Empfänger sei der Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge beim Arbeitgeber anzusehen.
    Da der begünstigte Arbeitnehmer gegenüber dem Dritten einen Rechtsanspruch auf Auszahlung der Pension besitze, flössen dem
    Arbeitnehmer durch die Zuwendung des Arbeitgebers Leistungen aus einem Dienstverhältnis zu. Es sei wirtschaftlich die Fiktion
    des abgekürzten Zahlungsweges anzunehmen. Von Bedeutung sei dabei, dass die … A Sport GmbH die Pensionsverpflichtung gegen
    Leistung eines Ablösungsbetrages übernommen habe, ohne das bisherige Anstellungsverhältnis als neue Arbeitgeberin fort zu
    führen. Unerheblich sei, ob die Übertragung der Pensionsverpflichtung auf den Dritten unter Ausübung eines Wahlrechts des
    pensionsberechtigten Arbeitnehmers erfolge oder nicht, da die Rechtssprechung des Bundesfinanzhofs ohnehin regelmäßig von
    steuerpflichtigen Übertragungen ausgehe. Eine ausdrückliche Zustimmung des Arbeitnehmers liege im vorgenannten Fall schon
    deshalb vor, weil der Schuldübernahmevertrag in Textziffer 4 eine entsprechende Klausel enthalte.


    Eine Steuerfreiheit des zugeflossenen Arbeitslohnes nach § 3 Nr. 55 des Einkommensteuergesetzes – EStG – komme nicht in Betracht,
    weil kein Arbeitgeberwechsel erfolgt sei. Ebenso scheide eine Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 65 EStG aus, weil die Übertragung
    der Pensionsverpflichtung nicht im Zusammenhang mit einer Liquidation auf ein Lebensversicherungsunternehmen oder eine Pensionskasse
    erfolgt sei. Ferner liege kein steuerfreier Sachverhalt im Sinne des § 3 Nr. 66 EStG vor, weil die Übertragung der Pensionsverpflichtung
    nicht auf einen Pensionsfonds erfolgt sei.


    Wegen der Einzelheiten wird auf die Schreiben des Finanzamtes für Groß- und Konzernbetriebsprüfung B an die Prozessbevollmächtigten
    vom 14. April und 28. Mai 2008 verwiesen (Bl. 28 – 30 und 34 – 36 der Prozessakte).


    Den Ausführungen der Betriebsprüfung folgend änderte der Beklagte am 16. Dezember 2009 den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung
    stehenden Einkommensteuerbescheid 2002 zu Lasten der Klägerin und ihres verstorbenen Ehemannes.


    Den hiergegen eingelegten Einspruch vom 8. Januar 2010 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2010 als
    unbegründet zurück. Zur Begründung stützte er sich im Wesentlichen auf die Ausführungen der Betriebsprüfung in den Schreiben
    vom 14. April und 28. Mai 2008. Ergänzend führte er aus, dass ein Arbeitsverhältnis des Herrn A zu der … A Sport GmbH nicht
    feststellbar gewesen sei und dass Herr A in den Veranlagungszeiträumen 2002 und 2003 keine Einkünfte aus einem solchen Arbeitsverhältnis
    erklärt habe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2010 verwiesen (Bl. 37 ff. der Prozessakte).


    Hiergegen hat die Klägerin, zugleich als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes, am 15. Juli 2010 Klage erhoben.
    Zur Begründung trägt sie vor, Hintergrund der Übertragung der Pensionsvereinbarung im Jahre 2002 sei der Wunsch der Eheleute
    A gewesen, die Geschäftsanteile an der … A GmbH, mithin das gesamte Unternehmen, aus Altersgründen zu veräußern. Hierfür habe
    die Pensionszusage und die hiermit einhergehende Rückstellung bei der … A GmbH ein Verkaufshindernis dargestellt. Einzige
    Alternative zur Übertragung der Pensionszusage auf die … A Sport GmbH sei die Betriebsstilllegung der … A GmbH gewesen. Dies
    hätte wegen der wohl unabwendbaren Sozialplanleistungen an die Arbeitnehmer zu einer deutlichen Wertminderung der Pensionszusage
    geführt. Die Übertragung der Pensionsverpflichtung auf die … A Sport GmbH sei mithin die einzige Möglichkeit gewesen, die
    Pensionszusage zu erhalten und dennoch die Anteile an der … A GmbH zu veräußern. Eine andere Wahl hätten sie nicht gehabt.


    Zu Unrecht stütze sich der Beklagte auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs im Urteil vom 12. April 2007 VI R 6/02 (a.a.O.).
    Entgegen der Annahme des Beklagten habe im Streitfall ein Arbeitgeberwechsel stattgefunden, weil Herr A im Zeitpunkt der Übernahme
    der Pensionsverpflichtung sowohl Geschäftsführer der … A GmbH als auch Geschäftsführer der … A Sport GmbH gewesen sei. Mithin
    hätten zwei Anstellungsverhältnisse bestanden, von denen das zur … A GmbH aufgelöst und das zur … A Sport GmbH fortgeführt
    worden sei. Daher sei die Pensionszusage lediglich von einem Arbeitgeber auf einen anderen übertragen worden. Dieses Arbeitsverhältnis
    sei bereits bei der „Ausgründung” der … A Sport GmbH im Jahre 1996 geschlossen worden. Letztlich könne der Sachverhalt nicht
    anders beurteilt werden als ein Sachverhalt, in dem ein bei einer Konzernholding angestellter Arbeitnehmer Geschäftsführer
    zweier Tochtergesellschaften sei, und eine Geschäftsführerstellung bei Aufrechterhaltung des Angestelltenverhältnisses unverändert
    fortbestehe. In einem solchen Fall seien allein die Fortführung der Pensionsrückstellung und deren konzerninterne Ausgleichung
    zu regeln, ohne dass ein Lohnzufluss beim Arbeitnehmer angenommen werden könne.


    Unzutreffend gehe der Beklagte im Übrigen davon aus, dass die … A Sport GmbH wie eine Versorgungseinrichtung anzusehen sei.
    Diese Gesellschaft sei Arbeitgeber des Herrn A und keine „dritte Person” gewesen.


    Anders als im Sachverhalt des BFH-Urteils vom 12. April 2007, auf das sich der Beklagte stütze, habe im Streitfall kein vertraglich
    verankertes echtes Wahlrecht des Herrn A bestanden, die Ablösezahlung alternativ an sich oder an einen anderen Arbeitgeber
    gegen Übertragung der Pensionsverpflichtung zu verlangen.


    Im Übrigen erfordere § 11 Abs. 1 EStG, dass der Arbeitslohn zufließe. Das sei erst der Fall, wenn der Steuerpflichtige wirtschaftlich
    über ihn verfügen könne, so dass eine Vermögensmehrung eingetreten sei. Daran fehle es im Streitfall, weil Herr A durch die
    Übertragung der Versorgungsverpflichtung nicht über die Pension habe verfügen können.


    Das Finanzgericht Hamburg habe in einem nicht veröffentlichten Gerichtsbescheid vom 28. Juli 2009 3 K 130/09, gegen den seinerzeit
    Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt worden sei, entschieden, dass ein Zufluss von Arbeitslohn verneint werden müsse,
    wenn dem Arbeitnehmer kein Wahlrecht hinsichtlich der Auszahlung der Ablösesumme zustehe. Allein der Umstand, dass der Arbeitnehmer
    einer Übertragung der Pensionszusage zwingend zustimmen müsse (Schuldnerwechsel), führe nicht zu einer Verfügung über den
    Abfindungsbetrag. Im Übrigen seien auch die Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 55 EStG erfüllt.


    Die Klägerin beantragt,

    den Einkommensteuerbescheid 2002 vom 16. Dezember 2009 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2010 mit der
    Maßgabe zu ändern, dass die Einkünfte des Ehemannes aus nichtselbstständiger Tätigkeit um 761.554 EUR gemindert werden,


    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung verweist er auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und die Schreiben der Betriebsprüfung vom
    14. April und 8. Mai 2008.


    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist unbegründet.

    Der Einkommensteuerbescheid 2002 vom 16. Dezember 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§
    100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).


    Zutreffend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass dem Ehemann der Klägerin im Streitjahr zusätzlicher Arbeitslohn in Höhe
    des streitigen Ablösungsbetrages zugeflossen ist.


    Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG Gehälter, Löhne, Gratifikationen,
    Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst oder privaten Dienst gewährt werden.
    Arbeitslohn ist jeder Vorteil, der durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst ist (BFH-Urteil vom 7. Mai 2009 VI R
    28/07, BStBl II 2010, 194). Hierzu gehört dem Grunde nach auch eine Abfindungszahlung für eine Pensionszusage.


    Das gilt auch für die vorliegend in Streit stehende Abfindungszahlung, die insbesondere keine vom Arbeitslohn i.S.d. § 19
    EStG abzugrenzende verdeckte Gewinnausschüttung darstellt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist unter einer
    verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes – KStG – bei einer Kapitalgesellschaft
    eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist,
    sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG auswirkt und nicht im Zusammenhang mit einer
    offenen Ausschüttungen steht (vgl. BFH-Urteile vom 22. Februar 1989 I R 44/85, BStBl II 1989, 475 und I R 9/85, BStBl II 1989,
    631; vom 29.Juli 1992 I R 18/91, BStBl II 1993, 139; vom 7. August 2002 I R 2/02, BStBl II 2004, 131). Für den größten Teil
    der entschiedenen Fälle hat der Bundesfinanzhof eine Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis
    bejaht, wenn die Kapitalgesellschaft ihren Gesellschaftern oder einer diesen nahestehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet,
    den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht
    gewährt hätte (ständige Rechtsprechung, vgl. zum Beispiel BFH-Urteile vom 14. März 1990 I R 6/89, BStBl II 1990, 765 und vom
    2. Dezember 1992 I R 54/91, BStBl II 1993, 311 m. w. N.). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Die Zahlung
    des Ablösungsbetrages hat ihre Wurzeln nicht im Gesellschaftsverhältnis, sondern im schuldrechtlichen Arbeitsverhältnis. Im
    Übrigen sind Ablösezahlungen für die Übertragung von Pensionsverbindlichkeiten auf eine andere Gesellschaft bei einem Verkauf
    von Geschäftsanteilen an einer Kapitalgesellschaft auch bei gesellschaftsfremden Geschäftsführern nicht unüblich. Daher kann
    nicht von der Zuwendung eines Vermögensvorteils gesprochen werden, den die … A GmbH bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen
    und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Insofern ist die Abfindungszahlung unabhängig
    von der Frage ihres Zuflusses bei dem verstorbenen Ehemann der Klägerin dem Grund nach nicht als verdeckte Gewinnausschüttung
    zu qualifizieren, sondern als Arbeitslohn. Hiervon gehen auch beide Beteiligte übereinstimmend aus.


    Arbeitslohn, der wie die vorliegend in Streit stehende Abfindungszahlung nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird, wird
    in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt (§ 11 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG). Nach
    ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind Einnahmen dem Steuerpflichtigen zugeflossen, sobald er über sie wirtschaftlich
    verfügen kann und infolgedessen bei ihm eine Vermögensmehrung eingetreten ist (BFH-Urteile vom 4. Mai 2006 VI R 19/03, BFHE
    213, 381, BStBl II 2006, 832; vom 14. Juni 2005 VIII R 47/03, BFH/NV 2005, 2181; vom 23. April 1996 VIII R 30/93, BFHE 181,
    7, jeweils m.w.N.). Die bloße Einräumung von Ansprüchen durch den Arbeitgeber an seinen Arbeitnehmer führt bei diesem regelmäßig
    noch nicht zum Zufluss von Einnahmen. Erst der Eintritt des Leistungserfolgs durch die Erfüllung der Ansprüche bewirkt den
    Zufluss beim Arbeitnehmer (BFH-Urteile vom 23. Juni 2005 VI R 124/99, BFHE 209, 549, BStBl II 2005, 766; VI R 10/03, BFHE
    209, 559, BStBl II 2005, 770; vom 20. Juni 2001 VI R 105/99, BFHE 195, 395, BStBl II 2001, 689).


    Bei der Übertragung einer Pensionsverpflichtung fließt dem Arbeitnehmer ein zusätzlicher Arbeitslohn zu, wenn der Ablösungsbetrag
    auf sein Verlangen an die übernehmende Gesellschaft gezahlt wird (BFH-Urteil vom 12. April 2007 VI R 6/02, a.a.O., Rz. 11
    der juris-Dokumentation).


    Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Mit der Zahlung des Ablösungsbetrages an die … A Sport GmbH hat die … A
    GmbH wirtschaftlich den Anspruch des Ehemanns der Klägerin aus der ihm erteilten Pensionszusage vorzeitig erfüllt. Die Übertragung
    der Pensionszusage erfolgte ausschließlich im Interesse des Ehemanns der Klägerin, der seine Anteile an der … A GmbH ohne
    die Übertragung der Pensionszusage nur unter erheblichen finanziellen Einbußen hätte verkaufen können. Ein eigenes Interesse
    der … A GmbH oder der … A Sport GmbH an der Übertragung bzw. Übernahme der Pensionsverpflichtung lässt sich nicht feststellen.
    Damit stellt das Verlangen des Herrn A an die … A Sport GmbH, die Pensionsverpflichtung gegen Zahlung des Ablösungsbetrages
    in Höhe des Barwertes zu übernehmen, eine wirtschaftliche Verfügung über den Anspruch aus der Pensionszusage dar.


    Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin steht einem Zufluss i.S.d. § 11 EStG nicht entgegen, dass Herrn A nach den im Streitfall
    geschlossenen Vertragsvereinbarungen kein ausdrückliches Wahlrecht eingeräumt wurde, statt der Übertragung der Pensionsverpflichtung
    an die … A Sport GmbH die Zahlung des Ablösungsbetrages an sich selbst verlangen zu können. In seiner Entscheidung vom 12.
    April 2007 VI R 6/02 hat der Bundesfinanzhof es ausdrücklich dahinstehen lassen, ob der Zufluss des Ablösungsbetrages bereits
    durch das dem dortigen Kläger eingeräumte entsprechende Wahlrecht bewirkt worden ist (Ziff. II 1 des Urteils, a.a.O.). Auch
    ohne das Vorliegen eines solchen Wahlrechtes sei ein Zufluss zu bejahen, wenn der Ablösungsbetrag – wie im Streitfall – auf
    Verlangen des Arbeitnehmers gezahlt werde. Dieser Rechtsauffassung schließt sich der erkennende Senat an. Sofern das Finanzgericht
    Hamburg in einem nicht veröffentlichten Gerichtsbescheid vom 28. Juli 2009 3 K 130/09, der wegen des Antrags auf Durchführung
    einer mündlichen Verhandlung als nicht ergangen gilt (§ 90 FGO), eine andere Auffassung vertreten haben sollte, könnte der
    erkennende Senat dem jedenfalls in Fällen wie dem Vorliegenden, in denen ein Gesellschafter die Übertragung einer Pensionsverpflichtung
    durch eine von ihm beherrschte Gesellschaft an eine von ihm beherrschte Gesellschaft aus einem eigenen – wenn auch sehr gut
    nachvollziehbaren – wirtschaftlichen Interesse heraus beschließt, nicht folgen. Aufgrund seiner beherrschenden Stellung in
    beiden Gesellschaften steht einem solchen Gesellschafter das vom Finanzgericht Hamburg geforderte Wahlrecht de facto zu. Denn
    er allein hat die Gestaltung der vertraglichen Regelung in der Hand. Fehlt eine ausdrückliche Erwähnung des geforderten Wahlrechts
    im Vertrag, bedeutet das nicht, dass ihm ein solches nicht zugestanden hätte, sondern lediglich, dass er ein solches nicht
    schriftlich im Vertrag fixiert hat.


    Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin ist der zugeflossene Arbeitslohn nicht nach § 3 Nr. 55 EStG von der Einkommensteuer
    befreit. Hiernach ist u.a. der in den Fällen des § 4 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 des Betriebsrentengesetzes geleistete Übertragungswert
    nach § 4 Abs. 5 des Betriebsrentengesetzes steuerfrei, wenn die betriebliche Altersversorgung beim ehemaligen und neuen Arbeitgeber
    über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung durchgeführt wird. Diese Vorschrift
    findet im Veranlagungszeitraum 2002 keine Anwendung, weil sie erst mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2005 in das Einkommensteuergesetz
    aufgenommen wurde (§ 52 Abs. 1 EStG in der für den Veranlagungszeitraum 2005 geltenden Fassung).


    Darüber hinaus fehlt es auch an dem für die Anwendung der Vorschrift erforderlichen Arbeitgeberwechsel. Wie sich aus der Einspruchsentscheidung
    ergibt, hat Herr A in den Veranlagungszeiträumen 2002 und 2003 kein Gehalt von der … A Sport GmbH erhalten. Ein Arbeitsverhältnis
    konnte vom Beklagten und der Betriebsprüfung nicht festgestellt werden.


    Die Klägerin, die diesen Feststellungen des Beklagten nicht substantiiert entgegen getreten ist, stellt bei ihrer Argumentation
    allein auf das Geschäftsführerverhältnis ihres Ehemannes bei der … A Sport GmbH ab. Die Bestellung zum Geschäftsführer reicht
    für die Anwendung der Befreiungsvorschrift jedoch aus, weil sie nur dazu führt, dass der Geschäftsführer eine Organstellung
    i. S. d. §§ 6, 35 des Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung – GmbHG – erlangt. Eine solche Organstellung
    ist auch ohne Abschluss eines Arbeitsvertrages möglich und durchaus nicht unüblich. Ein darüber hinausgehendes Arbeitsverhältnis
    bedarf daher eines zusätzlichen Anstellungsvertrages, der im Streitfall mit der … A GmbH nicht abgeschlossen und/oder durchgeführt
    wurde.


    Andere ernsthaft in Betracht kommende Steuerbefreiungsvorschriften liegen nicht vor.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung

    Die Revision war zuzulassen. Die Frage, ob hinsichtlich des Zuflusses von Arbeitslohns aus einer Ablösezahlung allein auf
    das Wahlrecht des Gesellschafter-Geschäftsführers zur Zahlung des Ablösungsbetrages abzustellen ist, wird auch nach Ergehen
    des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 12. April 2007 VI R 6/02 kontrovers betrachtet. Zum Meinungsstand wird auf die Ausführungen
    Geilert/ Retzlaff/ Schnathmeier, Pensionszusagen gegenüber beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern, Deutsches Steuerrecht
    – DStR – 2010, 87, verwiesen. Das gilt auch für die Frage, ob es für einen Zufluss bereits ausreichend ist, dass die schuldbefreiende
    Übertragung der Pensionsverpflichtung gemäß § 415 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches stets der Zustimmung des Pensionsbegünstigten
    bedarf. Die Revisionszulassung dient daher auch im Hinblick auf die Frage der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
    einer klärenden Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Fortbildung des Rechts.

    VorschriftenEStG § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1

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